Auf die Beschwerde des Klägers vom 20.04.2012 wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 19.03.2012 geändert. Dem Kläger wird für die Zeit ab 26.07.2011 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T, E, bewilligt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt im Hauptsacheverfahren für die Zeit vom 01.11.2011 bis 30.06.2011 die Gewährung eines zusätzlichen monatlichen Betrages für die Kosten der Unterkunft (KdU) insbesondere der Heizung.
Der am 1954 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er beheizt seine 50 qm große Zweiraumwohnung mit Nachtspeicherheizgeräten. Den Strom für diese Geräte bezieht der Kläger von dem E Energieversorgungsunternehmen E. Bis zum Jahr 2009 ergab sich aus der Stromabrechnung ein Betrag von ca. 65,00 Euro für Nachtstrom und ca. 15 Euro für Tagstrom. Aus der Endabrechnung für den Zeitraum Juni 2009 bis Juni 2010, die der Beklagte am 27.12.2010 direkt von der E erhielt, ergibt sich ein Betrag von ca 28,00 Euro für Tagstrom und nur noch ca. 13,00 Euro für Nachtstrom. Mit Bescheid vom 01.12.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Kosten der Unterkunft in Höhe von 383,97 Euro. Hierin enthalten war – wie auch im Bewilligungsabschnitt zuvor – ein Betrag von 84,00 Euro für Heizkosten. Nach Kenntnis der og. Endabrechnung änderte der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 01.12.2010 mit Bescheid vom 13.12.2010 und legte als Abschlagbetrag für die Heizkosten (nach einer telefonischen Rücksprache mit der E) nur noch 16,00 Euro als Heizkosten zugrunde. Die Kosten der Unterkunft wurden abweichend nur noch in Höhe von 315,97 Euro bewilligt.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2011 zurück.
Am 24.06.2011 ging bei dem Beklagten die Endabrechnung der E für den Zeitraum 16.06.2010 bis 08.06.2011 ein. Aus dieser ergab sich eine Nachforderung des Energieversorgers in Höhe von 224,01 Euro und eine ungefährer monatlicher Verbrauch des Klägers für Nachtstrom in Höhe von 13,00 Euro und für Tagstrom in Höhe von 43,00 Euro. Den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme der Nachzahlung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 04.07.2011 ab.
Der Kläger hat am 12.07.2011 Klage erhoben. Mit dieser verfolgt er sein Begehren weiter.
Die zeitgleich mit der Klageerhebung beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes hat das Sozialgericht Dortmund mit Beschluss vom 19.03.2012 abgelehnt. Die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Klage fehle es am Rechtsschutzbedürfnis. Schon zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei für den streitgegenständlichen Zeitraum durch den Energieversorger abgerechnet worden. Ab dem Zeitpunkt der Jahresabrechnung könnten keine weiteren Vorauszahlungen gegenüber dem Beklagten mehr geltend gemacht werden, da die Vorauszahlungen auch nicht mehr an den Vermieter oder Energieversorger weitergegeben werden könnten. Stattdessen habe der Energieversorger ab Vorlage der Jahresrechnung nur noch einen Anspruch auf die eventuell errechnete Nachzahlung. Auch der Kläger könne gegenüber dem Beklagten, wenn überhaupt, nur die vom Energieversorger errechnete Nachzahlung geltend machen. Ein Anspruch auf höhere Vorauszahlungen für den bereits abgerechneten Zeitraum bestehe nicht. Da bereits zum Zeitpunkt der Klageeinreichung die Abrechnung des Energieversorgers vorgelegen habe auch von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg bestanden.
Gegen den am 27.03.2012 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 20.04.2012 Beschwerde eingelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stelle eine Nachzahlungsforderung des Vermieters einen Teil der KdU und Heizung im Monat der Fälligkeit dar und erhöhe diese gegebenenfalls. Insoweit dürfe die Frage, dass eine Nachforderung bestehe, den hier ausgetragenen Höhenstreit nicht berühren.
Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) ist nach § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rz. 7a; st. Rspr. des erkennenden Senats, z.B. Beschluss vom 23.03.2010, L 6 B 141/09 AS). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht überspannt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der PKH vorzuverlagern (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer aaO § 73a Rz. 7). Das PKH-Verfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Ein Fachgericht, das § 114 Satz 1 ZPO dahin auslegt, dass auch schwierige, noch nicht geklärte Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren "durchentschieden" werden können, verkennt damit die Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit (vgl. BVerfG vom 14.06.2006 – 2 BvR 626/06 -, vom 08.11.2004 – 1 BvR 2095/04 – und 04.02.2004 – 1 BvR 596/03 – alle juris). Eine Beweisantizipation ist in engen Grenzen möglich. Kommt eine Beweisaufnahme jedoch ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen würde, ist PKH in der Regel zu gewähren (BVerfG Beschluss vom 29.09.2004 – 1 BvR 1281/04 juris Rn 14 – NJW-RR 2005, 140).
In Anwendung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts vorliegend zu bejahen. Denn dem Klageverfahren kann nicht von vornherein jegliche Erfolgsaussicht abgesprochen werden.
Der Senat sieht es nicht als offensichtlich geklärte Rechtsfrage an, dass das Rechtschutzbedürfnis für die Anfechtung des Bewilligungsbescheides wegen höherer Heizkostenvorauszahlungen entfällt, wenn die Abschlussrechnung des Energieversorgers erstellt ist. Das BSG hat zur Frage des Anspruchs auf Nachzahlungen von Betriebs/Heizkosten entschieden, dass, soweit eine Nachforderung in einer Summe fällig wird, diese als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen ist (vgl. BSG Urteil vom 06.04.2011 – B 4 AS 12/10 R – juris Rdnr 15 mwN, 1. auch § 21 Abs. 3 SGB II n.F.). Streitig ist hier jedoch nicht die Frage des Bedarfs im Zeitpunkt des Fälligkeitsmonats der Nachforderung, sondern die Festsetzung des Heizkostenbedarfs im – inzwischen abgelaufenen – Bewilligungsabschnitt. Die Heizkostenvorauszahlungen betreffen den aktuellen Bedarf eines (abgelaufenen) Bewilligungsabschnitts, die Nachforderung denjenigen eines späteren Bewilligungszeitraums.
Die Argumentation des Sozialgerichts, das darauf abstellt der Energieversorger könne gegenüber dem Kläger keine Vorauszahlungen mehr geltend machen, geht hier schon deswegen fehl, weil der Abschlag an den Energieversorger insgesamt für Haushaltstrom und Heizstrom geleistet worden ist. Dem Kläger hat somit – falls der Anteil der Heizkosten tatsächlich zu niedrig bemessen worden ist – seinen Regelbedarf für den überschießenden Heizkostenbedarf verwenden müssen.
Im vorliegenden Fall ist die Erfolgsaussicht der Klage auch nicht deswegen zu verneinen, weil kein Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides besteht. Vielmehr deuten die aus den Akten gewonnenen Erkenntnisse durchaus darauf hin, dass die Bemessung des Betrages für Heizkosten fehlerhaft sein könnte. Dafür spricht zum einen die Tatsache, dass in der Vergangenheit der Anteil von Nachtstrom erheblich höher war als der für Tagstrom. Zudem weist der Senat darauf hin, dass der Schluss, ausschließlich der ausgewiesene Teil für Nachtstrom sei den Heizkosten zuzuordnen, nicht zwingend ist. Vielmehr ist der Betrieb von Nachtspeicherheizungen grundsätzlich durchaus auch ergänzend mit Tagstrom möglich. Welche monatlichen Vorausszahlungen tatsächlich auf den Verbrauch von Heizenergie entfallen sind, ist ggf. durch eine Nachfrage beim Kläger und beim Energieversorger zu ermitteln. Im Übrigen deckt der durch den Energieversorger abgerechnete Zeitraum nur die Zeit bis zum 08.06.2011 ab, also nicht den gesamten von dem angefochtenen Bescheid erfassten Bewilligungsabschnitt.
Der Kläger ist ausweislich seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und angesichts seines fortdauernden Leistungsbezuges bedürftig. Er verfügt über kein im Rahmen des § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen oder Vermögen, so dass ihm (ratenfrei) Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 29.01.2013
Zuletzt verändert am: 29.01.2013