Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 23.09.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung streitig.
Mit Bescheiden vom 26.02.2009 bewilligte der Rechtsvorgänger des Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter) dem Kläger Leistungen für September 2008 und Oktober 2008 sowie für Januar 2009. Gegen diese Bescheide legte der Kläger, vertreten durch den Beschwerdeführer, Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2009 als unbegründet zurückwies.
Hiergegen erhob der Kläger, vertreten durch den Beschwerdeführer, Klage.
Durch Beschluss vom 18.01.2011 bewilligte das Sozialgericht Dortmund dem Kläger für die Zeit ab dem 06.07.2009 Prozesskostenhilfe und ordnete ihm den Beschwerdeführer bei.
Am 13.05.2011 telefonierte der Beschwerdeführer mit einer Mitarbeiterin des Beklagten, die über dieses Telefonat einen Vermerk aufnahm.
Mit Schriftsatz vom 25.05.2011 teilte der Beschwerdeführer dem Sozialgericht mit, man habe die Angelegenheit mit einem Mitarbeiter der Beklagten zum Zwecke einer vergleichsweisen Erledigung am 13.05.2011 telefonisch erörtert. Der Beklagte habe sich – auch nach längeren Diskussionen – nicht bereit erklärt, Nachzahlungen vorzunehmen. Das Verfahren solle aber, vor dem Hintergrund, dass es sich um lange zurückliegende Zeiträume handele, der Kläger inzwischen Student sei und die Angelegenheit im Hinblick auf die zahlreichen vorgenommenen Berechnungen äußerst kompliziert sei, nicht fortgeführt werden, weswegen die Rücknahme der Klage erklärt werde.
Am 27.05.2011 hat der Beschwerdeführer beantragt, seine Vergütung aus der Staatskasse auf 464,10 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von
Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR
Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR
Auslagenpauschale gemäß Nr. 7200 VV RVG 20,00 EUR
19% Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 74,10 EUR
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts hat die Vergütung am 16.06.2011 auf 226,10 EUR festgesetzt. Die Terminsgebühr sei nicht erstattungsfähig, weil ein Termin nicht stattgefunden habe. Auch die Voraussetzungen nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG lägen nicht vor. Diese Gebühr entstehe nicht, wenn sich die Parteien außergerichtlich besprechen. Die anwaltlichen Bemühungen, den Rechtsstreit zu einem positiven Ende zu führen, seien Teil des Prozessauftrages und mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Die Mehrwertsteuer ermäßige sich entsprechend.
Gegen die Nichtberücksichtigung der Terminsgebühr legte der Beschwerdeführer Erinnerung ein. Gemäß Vorbemerkung 3 zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses RVG entstehe die Terminsgebühr auch dann, wenn Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts stattfänden, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet seien. Dies gelte auch für Nr. 3106 VV RVG.
Durch Beschluss vom 23.09.2011 hat das Sozialgericht Dortmund die Erinnerung zurückgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 30.09.2011 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 27.10.2011 Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Beschwerdeführer verfolgt sein Begehren weiter. Er vertritt die Auffassung, es komme lediglich darauf an, dass telefonisch versucht worden sei, eine Einigung im Rechtsstreit herbeizuführen. Dies löse das Entstehen der Terminsgebühr aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und nicht durch den Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 Hs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), auch wenn der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. § 33 Abs. 8 Satz 1 Hs. 2 RVG, wonach auch über die Beschwerde der Einzelrichter entscheidet, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen worden ist, findet im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung, selbst wenn die angefochtene Entscheidung durch den Kammervorsitzenden allein ergangen ist. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG weist die Entscheidung dem Einzelrichter als Mitglied des Gerichts zu. Der Kammervorsitzende des Sozialgerichts entscheidet nicht als einzelnes Mitglied der Kammer, sondern als Kammer in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter, denn diese wirken gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mit. Die Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist daher keine Einzelrichterentscheidung im Sinne des § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG (vgl. Beschluss des Senats vom 16.12.2009 – L 19 B 179/09 AS – m.w.N.; Beschluss des Senats vom 13.05.2011 – L 19 AS 726/11 B = juris Rn. 19; LSG NRW Beschluss vom 06.04.2011 – L 8 R 688/10 B = juris Rn. 5; a. A. LSG NRW Beschluss vom 21.12.2009 – L 9 B 17/09 AS = juris Rn. 4).
Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel der Beschwerde gegen eine Erinnerungsentscheidung nach 56 Abs. 1 Satz 1 RVG ist gegeben (ständige Rspr. des Senats, vgl. Beschluss des Senats vom 13.05.2011 – L 19 AS 726/11 B = juris Rn. 20 m.w.N.).
Die Beschwerde ist statthaft. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG gelten für die Beschwerde gegen eine Entscheidung über eine Erinnerung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG die Regelungen des § 33 Abs. 3 bis 8 RVG entsprechend. Danach findet die Beschwerde gegen eine Entscheidung über eine Erinnerung statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, die Beschwerde zugelassen hat (§ 33 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 RVG).
Der Beschwerdewert bestimmt sich nach der Differenz zwischen der festgesetzten und der mit der Beschwerde geltend gemachten Gebühr zuzüglich Umsatzsteuer (Beschluss des Senats vom 13.05.2011 – L 19 AS 726/11 B = juris Rn. 21 m.w.N.). Vorliegend übersteigt die Beschwer den Betrag von 200,00 EUR. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung einer Vergütung des Beschwerdegegners auf 226,10 EUR und begehrt die Festsetzung einer Vergütung von 464,10 EUR. Die Differenz zwischen festgesetzter und begehrter Vergütung beträgt 238,00 EUR. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) hat der Beschwerdeführer zwar nicht gewahrt. Im Hinblick auf die dem Beschluss beigefügte falsche Rechtsmittelbelehrung über eine Beschwerdefrist von einem Monat hat aber die Beschwerdefrist noch nicht zu laufen begonnen. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 Satz 1 RVG).
Dem Beschwerdeführer steht gegenüber der Staatskasse keine höhere Vergütung als die festgesetzte Vergütung aus § 48 Abs, 1Satz 1 RVG zu.
Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung von der Staatskasse, soweit in Abschnitt 8 des RVG nichts anderes bestimmt ist. Dieser Vergütungsanspruch ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG nach seinem Grund und seiner Höhe vom Umfang der Beiordnung abhängig (Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl. § 48 Rn. 5 m.w.N.). Der beigeordnete Rechtsanwalt kann sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab dem Wirksamwerden seiner Beiordnung und unter der Voraussetzung einer wirksamen Vollmacht des begünstigten Beteiligten ergeben. Vorliegend besteht ein Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers. Zwischen dem Kläger und ihm hat ein Mandatsverhältnis bestanden, welches durch die Vorlage einer Prozessvollmacht dokumentiert ist. Im Beschluss vom 18.01.2011 über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe an den Kläger ist der Beschwerdeführer ab dem 06.07.2009 beigeordnet worden.
Das Sozialgericht hat zutreffend den Anfall einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG, verneint.
Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 VV RVG i.V.m. Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG in der ab dem 31.12.2006 geltenden Fassung (Zweites Justizmodernisierungsgesetz – 2. JuMOG – vom 22.12.2006, BGBl. I, 3416) ist nicht angefallen. Danach entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.
Ein gerichtlicher oder von einem Sachverständigen anberaumter Termin im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG hat vorliegend nicht stattgefunden.
Darüber hinaus hat auch keine auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung zwischen den Beteiligten i. S. d. Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG (vgl. hierzu Bundesgerichtshof – BGH – Beschluss vom 21.10.2009 – IV ZB 27/09) stattgefunden. Das zwischen dem Beschwerdeführer und einer Mitarbeiterin des Beklagten geführte Telefonat genügte diesen Anforderungen nicht. Aus dem Gesprächsvermerk des Beklagten vom 13.05.2011 ergibt sich für den Senat eindeutig, dass auf Seiten des Beklagten keine Bereitschaft zu einer Erledigung des Verfahrens bestand. Dies sieht ausweislich seines Schriftsatzes vom 25.01.2012 offensichtlich auch der Beschwerdeführer so.
Die Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 VV RVG i.V.m. Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG wird nicht schon durch ein allgemeines Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Erledigung ausgelöst. Vielmehr muss es sich gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVGG um eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung handeln (vgl. BGH Beschluss vom 27.02.2007 – XI ZB 38/05 = juris Rn. 10; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 18. Aufl. 2008, Vorbem. 3 VV Rn. 95). Dabei reicht es zwar bereits aus, wenn sich der Gesprächspartner an einer außergerichtlichen Erledigung des Rechtsstreits interessiert zeigt, also grundsätzlich Gesprächsbereitschaft besteht (vgl. BGH Beschluss vom 27.02.2007 – XI ZB 38/05 = juris Rn. 10; BGH Beschluss vom 20.11.2006 – II ZB 9/06 = juris Rn. 8; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 18. Aufl. 2008, Vorbem. 3 VV Rn. 102). Verweigert – wie im vorliegenden Fall – der Gegner von vornherein entweder ein sachbezogenes Gespräch oder eine gütliche Einigung, kommt eine Besprechung bereits im Ansatz nicht zustande (BGH Beschluss vom 20.11.2006 – II ZB 9/06 = juris Rn. 8; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 18. Aufl. 2008, Vorbem. 3 VV Rn. 102).
Ebenso ist der Tatbestand der fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nrn. 1 – 3 VVG RVG nicht gegeben, da der Kläger die Klage zurückgenommen hat.
Die antragsgemäße Festsetzung der Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102, 3103 VV RVG und der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG ist – wie auch die Ermittlung und Festsetzung der Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG – nicht zu beanstanden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Erstellt am: 10.05.2012
Zuletzt verändert am: 10.05.2012