Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.12.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der aus Marokko stammende Kläger begehrt die Zuteilung einer neuen Versicherungsnummer unter Zugrundelegung eines geänderten Geburtsdatums.
Der Kläger reiste am 29.9.1972 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Anlässlich seines am 11.10.1972 bei der Stadt I mit dem Ziel der Aufnahme einer Beschäftigung bei der Bauunternehmung F in I gestellten Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gab er seinen Namen mit I1 I2 B N und als Geburtsdatum das Jahr 1951 an. Dabei legte der Kläger einen Reisepass vor, der maschinenschriftlich in dem verwandten Antragsformular mit der Nummer 0000 und dem Gültigkeitsdatum des 30.09.1974 vermerkt wurde. Diese Daten wurden nachträglich gestrichen und handschriftlich durch die Passnummer 0000 und das Gültigkeitsdatum des 30.12.1974 ersetzt. Aufgrund der vorgenannten Angaben des Klägers wies die damalige Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz ihm am 3.11.1972 die Versicherungsnummer 0000 zu.
Am 24.1.1978 stellte der marokkanische Generalkonsul in Düsseldorf im Namen des Ministeriums für Auswärtiges des Königreiches Marokko nach Einsicht in einen am 31.12.1971 in Nador ausgestellten Pass mit der Nummer 0000 und das am 6.12.1977 (ebenfalls in Nador) ausgestellte Stammbuch des Klägers mit der Nummer 0000 eine Bescheinigung des Inhalts aus, dass der richtige Name des Klägers F1 I1 C laute und das zutreffende Geburtsdatum der 00.00.1957 sei. Daraufhin wurde dem Kläger am 12.4.1978 nach Stilllegung der alten Versicherungsnummer die Versicherungsnummer 0000 zugeteilt.
Am 6.12.2004 fasste der Provinzausschuss in Nador den Beschluss, dass dem Standesbeamten der Gemeinde Ben Tieb genehmigt werde, das Geburtsdatum des Klägers in der 1967 ausgestellten Geburtsurkunde Nr. 000 (im Stammbuch des Vaters) vom 00.00.1957 auf den 00.00.1951 zu ändern. Das ursprünglich eingetragene Geburtsdatum des 00.00.1957 wurde daraufhin nachträglich sowohl in dem Stammbuch des Vaters als auch in dem Stammbuch des Klägers handschriftlich gestrichen und durch das Datum des 00.00.1951 ersetzt.
Am 22.12.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage einer Übersetzung des o.g. Beschlusses des Provinzausschusses in Nador die Überprüfung und Berichtigung seines Geburtsdatums. Nach Beiziehung der Vorgänge der Stadt I und Einsichtnahme in das von dem Kläger vorgelegte Familienstammbuch seines Vaters lehnte die Beklagte diesen Antrag mit Bescheid vom 2.3.2005 ab und stellte als maßgebliches Geburtsdatum in der gesetzlichen Rentenversicherung den 00.00.1957 fest. Zur Begründung führte sie aus, dass der Rentenversicherungsträger eine neue Versicherungsnummer zu vergeben habe, wenn das Geburtsdatum in der bestehenden Versicherungsnummer unrichtig sei. Dabei seien Personenstandseintragungen im Ausland dann zu beachten, wenn deren Richtigkeit nicht ernstlich infrage gestellt sei. Maßgebend sei zunächst gemäß § 33a Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) das Geburtsdatum, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten gegenüber einem Sozialleistungsträger ergebe. Nach § 33a Abs. 2 SGB I dürfe von einem bisher angegebenen Geburtsdatum nur abgewichen werden, wenn feststehe, dass ein Schreibfehler vorliege oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor der erstmaligen Einreise des Klägers in die Bundesrepublik Deutschland ausgestellt worden sei, ein anderes Geburtsdatum ergebe. Zwar sei bei der Einreise das Geburtsjahr 1951 als richtiges Geburtsdatum benannt worden. Es habe sich hierbei jedoch nachweislich um eine falsche Angabe gehandelt, um eine Arbeitserlaubnis zu erlangen. Durch die Bescheinigung des marokkanischen Generalkonsulats vom 24.8.1978 sei die Identität des Klägers und damit verbunden das Geburtsdatum richtiggestellt worden. So belege auch das marokkanische Familienstammbuch des Vaters, dass der Kläger am 00.00.1957 geboren worden sei und dass seine Geburt erstmalig am 16.2.1965 in das marokkanische Personenstandsregister eingetragen worden sei. Die Geburtsdatenänderung durch ein marokkanisches Gerichtsurteil sei erst am 6.12.2004 erfolgt und damit für die Festlegung des Geburtsdatums in der Versicherungsnummer und für die deutsche Sozialversicherung ohne Bedeutung.
Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.8.2005 zurück.
Mit seiner am 14.9.2005 bei dem Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht, er sei in der Lage, sowohl durch Urkunden als auch durch seine älteren Brüder als Zeugen zu beweisen, dass er (sehr wohl) am 00.00.1951 geboren sei. Er habe damit Anspruch auf (erneute) Berichtigung des in seiner Versicherungsnummer enthaltenen Geburtsdatums. Für die Richtigkeit des beantragten Geburtsdatums sprächen nicht nur der autorisierte Beschluss einer Behörde seines Heimatlandes, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger unmittelbar nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland 1972 bei Stellung seines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ebenfalls 1951 als sein Geburtsjahr angegeben habe. Auch in der Heiratsurkunde und im Stammbuch des Klägers sei als Geburtsjahr das Jahr 1951 vermerkt. Er sei auch nicht unter Angabe unzutreffender Personendaten nach Deutschland eingereist. Die falsche Namensangabe in seinem Pass beruhe vielmehr auf einer Ungenauigkeit der marokkanischen Behörden. Statt des Familiennamens C sei die Bezeichnung I2 in seinen Pass aufgenommen worden. Dies sei die Bezeichnung eines Moslems, der die Wallfahrt nach Mekka gemacht habe. Bei der Richtigstellung des Namens sei dann versehentlich das falsche Geburtsdatum eingetragen worden. Der Kläger hat als Zeugen seine beiden Brüder benannt und die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens beantragt. Er hat außerdem eine Übersetzung seiner am 25.1.1977 von dem Provinzgericht Tamsaman ausgestellten Heiratsurkunde vorgelegt, in der die Hochzeit des Herrn "F1 I1", geboren 1951, mit Frau G A, geboren am 00.00.1963 bescheinigt, wird.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23.12.2008 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten am 28.1.2009 zugestellte erstinstanzliche Urteil am 26.2.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er erneut geltend, dass er bereits unmittelbar nach seiner Einreise in Deutschland anlässlich seines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Jahr 1972 das Jahr 1951 als sein Geburtsjahr angegeben habe. Auch in seiner Heiratsurkunde und in seinem Stammbuch sei das Jahr 1951 als Geburtsjahr vermerkt. Soweit dann bei der Namensberichtigung durch den Generalkonsul in Düsseldorf das Geburtsdatum des 00.00.1957 aufgenommen worden sei, handele es sich um einen Irrtum beziehungsweise einen Schreibfehler. Es habe damals lediglich der Name berichtigt werden sollen, nicht hingegen das Geburtsdatum. Soweit in dem Familienbuch seines Vaters (ebenfalls) das Jahr 1957 als Geburtsjahr des Klägers vermerkt sei, handele es sich um eine Falscheintragung. Der ausstellenden Behörde sei ein Schreibfehler unterlaufen. Anhand der Aufzeichnungen in ihren Registern hätten die marokkanischen Behörden dann später offensichtlich feststellen müssen, dass das Geburtsjahr tatsächlich 1951 gewesen und nur falsch eingetragen worden sei. Aufgrund dieser Tatsache sei die spätere Berichtigung durchgeführt worden. Seinen bei der Einreise nach Deutschland vorgelegten Pass könne er nicht beibringen, da dieser Pass von dem marokkanischen Generalkonsulat in Düsseldorf nach Ablauf eingezogen worden sei. Der Kläger hat zur weiteren Stützung seines Begehrens in der mündlichen Verhandlung sein Stammbuch vorgelegt, das in Ablichtung zu den Akten genommen worden ist.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.12.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.03.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2005 zu verurteilen, ihm unter Zugrundelegung des Geburtsdatums des 00.00.1951 eine neue Versicherungsnummer zuzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 2.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.8.2005 beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn diese Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Vergabe einer Versicherungsnummer unter Zugrundelegung des 00.00.1951 als für ihn rechtlich maßgebliches Geburtsdatum beanspruchen.
Nach den §§ 147, 152 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) i. V. m. § 3 Abs. 1 der Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung (VKVV) besteht ein Anspruch auf Neuvergabe (Berichtigung für die Zukunft) einer Versicherungsnummer durch Verwaltungsakt, wenn in der zugeteilten Versicherungsnummer das Geburtsdatum unrichtig ist oder aufgrund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Änderung unrichtig geworden ist. Ob ein Geburtsdatum unrichtig ist oder unrichtig geworden ist, bestimmt sich ausschließlich nach § 33a SGB I (so auch noch zu der bis zum 30.06.2001 geltenden Verordnung über die Vergabe und Zusammensetzung der Versicherungsnummer (VNrV): BSG, Urteil vom 05.04.2001 – B 13 RJ 35/00 R – = SozR 3-1200 § 33a Nr. 4). In Anwendung dieser Bestimmungen ist das in der Versicherungsnummer des Klägers enthaltene und von der Beklagten durch den angefochtenen Bescheid vom 2.3.2005 als maßgeblich festgestellte Geburtsdatum des 00.00.1957 nicht unrichtig.
Seit Einführung des § 33a SGB I mit Wirkung zum 1.1.1998 ist sowohl für die Versicherungsnummer (§ 33 a Abs. 3 SGB I) als auch im Leistungsfall (§ 33 a Abs. 1 SGB I) – zunächst – das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten gegenüber einem Sozialleistungsträger bzw. – soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des Sechsten Abschnitts des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB IV) handelt – gegenüber dem Arbeitgeber ergibt.
Ausgehend von dieser gesetzlichen Regelung mag es zunächst naheliegend erscheinen, das Jahr 1951 als das für den Kläger rechtsverbindliche Jahr seiner Geburt anzusehen. Der Kläger hatte nämlich dieses Jahr bei der erstmaligen Benennung eines Geburtsdatums in Deutschland anlässlich seines zum Zwecke der Arbeitsaufnahme gestellten Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Jahre 1972 als Jahr seiner Geburt benannt, so dass die damalige Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz als zuständiger Träger der gesetzlichen Rentenversicherung das Jahr 1951 bei der Vergabe einer Versicherungsnummer (zunächst) berücksichtigt hatte. Gleichwohl kann der Kläger nicht die erneute Zuweisung dieser Versicherungsnummer beanspruchen, denn die ihm 1978 – abweichend von seinen erstmaligen Angaben – zugeteilte Versicherungsnummer 0000 ist nicht unrichtig im Sinne des Gesetzes. Der in § 33a Abs. 1 SGB I verankerte Grundsatz wird nämlich durch § 33a Abs. 2 SGB I dahingehend ergänzt, dass von dem nach Abs. 1 maßgebenden Geburtsdatum abgewichen werden darf, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass 1. ein Schreibfehler vorliegt oder 2. sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Abs. 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Dabei wird dem zuständigen Sozialleistungsträger mit dem Wort "darf" kein Ermessensspielraum eingeräumt. Er wird durch § 33a Abs. 2 SGB I als Ermächtigungsgrundlage vielmehr verpflichtet, das nach dieser Bestimmung rechtserhebliche Geburtsdatum festzustellen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. BSG Urteil vom 5.4.2001 B 13 RJ 35/00 R). Diese gesetzliche Regelung hat die Beklagte durch die Feststellung des 00.00.1957 als das für die Rentenversicherung maßgebliche Geburtsdatum des Klägers und die Ablehnung der Feststellung eines hiervon abweichenden Geburtsdatums zutreffend angewandt.
Der Anwendbarkeit des § 33a SGB I steht nicht entgegen, dass diese gesetzliche Bestimmung in der Praxis regelmäßig die Fälle erfasst, in denen nach erstmaliger Benennung eines Geburtsdatums gegenüber einem Sozialleistungsträger oder Arbeitgeber im nachhinein die Feststellung eines hiervon abweichenden Geburtsdatums begehrt wird und dass der Gesetzgeber insbesondere den hierdurch begründeten Gefahren des Missbrauchs durch die Verabschiedung des § 33a SGB I entgegenwirken wollte (vgl. BT-Drucks 13/8994 S.85). Dem Gesetz kann auch nicht entnommen werden, dass ein Abweichen von dem erstbenannten Geburtsdatum nur auf Verlangen des Versicherten und / oder nur zu seinen Gunsten zulässig sein soll. § 33a SGB I regelt vielmehr abschließend und alle Fälle erfassend unter welchen Voraussetzungen welches Geburtsdatum von einem Sozialleistungsträger als rechtsverbindlich festzustellen ist, soweit Rechte oder Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist (vgl. BSG a.a.O.). § 33a Abs. 2 SGB I begründet damit auch die Befugnis und Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, ein von dem erstbenannten Geburtsdatum abweichendes Datum als rechtsverbindlich festzustellen, wenn die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind.
Das dahingehende Verständnis des vorgenannten Gesetzes ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut, der im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Vorschrift keine Unterscheidung dahingehend trifft, wer – ob Leistungsträger oder Versicherter – berechtigt ist, die Feststellung eines bestimmten Geburtsdatums auf § 33a SGB I zu stützen. Die Vorschrift ist als gesetzliche Definition des rechtsverbindlichen Geburtsdatums für den Bereich des Sozialrechts neutral gefasst und nicht als Anspruchsnorm der Versicherten zu verstehen. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift legen keine einschränkende Auslegung dahingehend nahe, dass sich etwa nur der Versicherungsträger auf Absatz 1 der Regelung und nur der Versicherte auf Absatz 2 berufen könnte. Denn die Gefahr missbräuchlicher, vorzeitiger Inanspruchnahme von Sozialleistungen (insbesondere Altersrenten) besteht ebenso in Fällen, in denen von von Beginn an, also schon bei der erstmaligen Benennung, ein falsches Geburtsdatum angegeben wird und dem Leistungsträger erst in der Folgezeit Urkunden bekannt werden, die ein hiervon abweichendes Geburtsdatum als zutreffendes Datum nahe legen. Dem weiteren Zweck der Regelung, nämlich der Verwaltung eine ermittlungsintensive und häufig kaum zu erbringende Prüfung und Feststellung des wahren Geburtdatums zu ersparen, wird die Regelung nur dann hinreichend gerecht, wenn sie alle möglichen Fälle der Bestimmung eines Geburtsdatums erfasst, die für die Begründung von Sozialleistungsansprüchen von Bedeutung sein kann.
Die Voraussetzungen des vorliegend damit anwendbaren § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I sind erfüllt, denn es existiert eine Urkunde, deren Original vor der erstmaligen Benennung eines Geburtsdatums durch den Klägers anlässlich seiner Arbeitsaufnahme in Deutschland im Jahre 1972 datiert, die ein anderes als das von dem Kläger angegebene Geburtsdatum ausweist. Dabei handelt es sich um die Geburtsurkunde des Klägers Nr. 000, die Teil des Stammbuchs des Vaters ist, und auf einer am 16.2.1965 abgegebenen Erklärung beruhend (offenbar) im Jahr 1967 und damit vor 1972 ausgestellt wurde. Aus dieser Urkunde ergibt sich, so wie sie im Original ausgestellt worden war, das Geburtsdatum des 00.00.1957. In ihrer geänderten Form, also mit dem Geburtsdatum 00.00.1951, wurde diese Urkunde erst nach dem 6.12.2004 (Datum des Beschlusses des Provinzausschusses in Nador), also nach der erstmaligen Angabe eines Geburtsdatums des Klägers in Deutschland, erstellt.
Allerdings ist bei der Bestimmung des rechtserheblichen Geburtsdatums und seiner Verwendung in der Versicherungsnummer nicht automatisch das Geburtsdatum maßgeblich, das in der nach § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I zu berücksichtigenden Urkunde verzeichnet ist. Vielmehr ist bei Vorliegen einer derartigen (älteren) Urkunde nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts zu entscheiden, ob sich aus dieser Urkunde ein anderes Geburtsdatum als das bisher bzw. zuletzt verwandte "ergibt" (BSG Urteil vom 5.4.2001 B 13 RJ 35/00 R; ebenso BSG Urteil vom 31.1.2002 B 13 RJ 9/01 R). Dabei war der Senat allerdings nicht gehalten, in die von dem Kläger beantragte (weitere) Beweiserhebung durch Einvernahme seiner Brüder oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens einzutreten, denn die im Rahmen der nach § 33a SGB I durchzuführende Beweiswürdigung ist nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift auf den Urkundsbeweis beschränkt, d.h. allein die nach Durchführung der gebotenen Ermittlungen von Amts wegen vorliegenden entscheidungserheblichen Urkunden sind bei der nach allgemeinen Beweisgrundsätzen durchzuführenden Bestimmung des rechtserheblichen Geburtsdatums zu berücksichtigen. Das Gesetz hat mit der Einführung des § 33a SGB I die zwingende Anknüpfung an das wahre Geburtsdatum aufgegeben (BSG, a.a.O.) und will die Sozialleistungsträger und Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gerade von der in jeder Hinsicht umfassenden Ermittlung des wahren historischen Geburtsdatums als das für das Sozialrecht rechtserhebliche Geburtsdatum befreien. Die Verpflichtung, bei Vorliegen einer älteren Urkunde im Sinne des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I in alle Beweismittel einbeziehende Ermittlungen einzutreten, würde dem durch § 33a SGB I damit offenkundig begründeten Zweck der Verfahrensvereinfachung zuwiderlaufen. Im Übrigen bliebe der Effekt der Vereinfachung auf die Fälle beschränkt, in denen keine Urkunde im Sinne des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I existiert. Sobald jedoch eine solche Urkunde vorliegt, hätten der Versicherungsträger oder das erkennende Gericht in Durchbrechung des Vereinfachungsprinzips unter Einbeziehung aller Beweismittel alle gebotenen Ermittlungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Eine derartige Handhabung des Gesetzes stünde jedoch mit seinem Sinngehalt nicht im Einklang.
Im Rahmen der allein auf der Grundlage von Urkunden durchzuführenden Beweiswürdigung konnte der erkennende Senat es dahingestellt bleiben lassen, ob bei der Bestimmung des rechtserheblichen Geburtsdatums nach § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I nur die (ggfs. mehreren) Urkunden zu berücksichtigen sind, deren Originale vor der erstmaligen Nennung des Geburtsdatums ausgestellt wurden, oder ob in diese Beweiswürdigung – unabhängig von ihrem Ausstellungsdatum – alle Urkunden einzubeziehen sind, die Feststellungen zum Geburtsdatum des Versicherten enthalten. Denn auch unter Berücksichtigung sämtlicher hier vorliegenden Urkunden, die Feststellungen zum Geburtsdatum des Klägers enthalten, hat die Beklagte zu Recht den 00.00.1957 als das rechtserhebliche Geburtsdatum festgestellt.
Für die Richtigkeit dieses Geburtsdatums spricht entscheidend die Tatsache, dass das Datum des 00.00.1957 als zuerst vermerktes Geburtsdatum des Klägers in der im Stammbuch seines Vaters enthaltenen Geburtsurkunde Nr. 000 verzeichnet ist. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei dieser im Jahr 1967 ausgestellten Urkunde um die der Geburt des Klägers zeitlich am nächsten datierte Urkunde handelt und das darin vermerkte Geburtsdatum des 00.00.1957 auf der Mitteilung des Vaters des Klägers beruhte, die – ohne dass hiervon abweichende Absichten ersichtlich sind – den alleinigen Zweck verfolgte, die Geburt seines Sohnes und den Tag der Geburt anzuzeigen. Die Behauptung des Klägers, dass die Eintragung dieses Geburtsdatums auf einem Fehler der örtlichen Meldebehörde beruht, entbehrt jeder Grundlage. Worauf dieser Fehler beruhen soll, wurde von ihm nicht dargelegt. Widersprüche mit anderen zeitlich dokumentierten Ereignissen, etwa der Geburt der Eltern oder der Geschwister, sind nicht gegeben. Es ist zwar einzuräumen, dass die taggenaue Eintragung der Geburt des Klägers in die o.g. Urkunde erst im Jahr 1967 und damit zehn Jahre nach seiner Geburt gewisse Unsicherheiten hinsichtlich der Genauigkeit dieser Eintragung begründen mag. Jedoch konnte der Kläger keine schlüssige Erklärung dafür abgeben, warum seine Eltern bei der Meldung seiner Geburt versehentlich ein um sechs Jahre abweichendes Datum angegeben haben sollten, zumal ihnen die Unterscheidung zwischen einem achtjährigen und einem vierzehjährigen Kind zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen sein sollte. Der sich aus dieser Urkunde damit ergebende Beweiswert kann nicht maßgeblich damit entkräftet werden, dass der Kläger bei seiner Einreise in Deutschland und damit bei der erstmaligen Nennung eines Geburtsdatums das Jahr 1951 als Geburtsjahr angegeben hat. Ausgehend von dem Datum des 00.00.1957 als zutreffendes Geburtsdatum und damit einem Alter des Klägers bei seiner Einreise nach Deutschland im Jahr 1972 von erst 15 Jahren lag für ihn – in Übereinstimmung mit der Einschätzung der Beklagten – ein durchaus nachvollziehbarer Beweggrund dafür vor, zur Gewährleistung des begehrten Arbeitseinsatzes in Deutschland ein früheres Geburtsdatum anzugeben bzw. einen Pass mit einem früheren Geburtsdatum vorzulegen. Zudem ist auffällig, dass der Kläger immerhin vom Zeitpunkt der Berichtigung seiner Versicherungsnummer im Jahre 1978 bis zu dem im Jahr 2004 mit dem Ziel der erneuten Berichtigung eingeleiteten Verwaltungsverfahren keine Einwendungen gegen die Verwendung des (neuen) Geburtsdatums des 00.00.1957 erhoben hat. Bei Unrichtigkeit dieses Geburtsdatum hätte es jedoch nahe gelegen, dass der Kläger bereits bei Ausstellung der Bescheinigung über die Namensberichtigung im Jahre 1978 gegenüber dem marokkanischen Generalkonsulat Einwendungen gegen das auf der Urkunde des Konsulats vermerkte Geburtsdatum erhoben und auf die Verwendung des aus seiner Sicht richtigen – und bei den deutschen Sozialversicherungsträgern bis dahin allein bekannten – Geburtsdatums hingewirkt hätte. In jedem Falle wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger bei Vorlage der Urkunde des Generalkonsulats bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger auf die Unrichtigkeit des darin vermerkten Geburtsdatums hingewiesen hätte, anstatt die Zuteilung einer darauf beruhenden, aus seiner Sicht unrichtigen neuen Versicherungsnummer mit einem unzutreffenden Geburtsdatum zu tolerieren.
Vor diesem Hintergrund vermag der Vortrag des Klägers, bei der Entscheidung über die Berichtigung seines Namens durch das marokkanische Generalkonsulat in Düsseldorf im Jahr 1978 sei es hinsichtlich des Geburtsdatums zu einem Schreibfehler gekommen, nicht zu überzeugen. Dabei ist ergänzend zu berücksichtigen, dass die Berichtigungen des Generalkonsulats nach Einsicht in den Pass des Klägers mit der Nummer 0000 (ausgestellt am 31.12.1971) und in das Stammbuch mit der Nummer 0000 (ausgestellt am 6.12.1977) vorgenommen wurden. In diesem Stammbuch war jedoch, wovon sich der Senat durch Inaugenscheinnahme des Dokuments im Termin zur mündlichen Verhandlung überzeugt konnte, im Jahre 1978 noch das Datum des 00.00.1957 als Geburtsdatum des Klägers vermerkt. Erst aufgrund des Beschlusses des Provinzausschusses in Nador vom 6.12.2004 wurde das Geburtsdatum auch in dieser Urkunde in das Datum des 00.00.1951 geändert, wie dem handschriftlichen Vermerk, der demjenigen über die Änderung im Stammbuch des Vaters entspricht, zu entnehmen ist.
Der Berichtigungsbeschluss des Provinzausschusses in Nador vom 6.12.2004 kann den Beweis der Richtigkeit des Geburtsdatums des 00.00.1957, der durch den Vermerk dieses Datums in dem Familienbuch des Vaters begründet wird, ebenfalls nicht erschüttern. Es ist nämlich nicht im Einzelnen erkennbar, auf welchen Erkenntnissen die Entscheidung des Provinzausschsses beruht. Der Beschluss enthält insbesondere keine Begründung, so dass ihm nicht entnommen werden kann, ob der Provinzausschuss etwa Einsicht in Meldeunterlagen oder andere Urkunden genommen hat oder der Kläger Unterlagen vorgelegt oder Zeugen benannt hat, die das korrigierte Geburtsdatum belegen konnten. In dem Beschluss ist lediglich ausgeführt, dass die Einleitung des Verfahrens des Provinzausschusses und dessen Entscheidung auf einen Bericht des Standesbeamten der Gemeinde Ben Tieb vom 27.10.2004 zurückzuführen ist, wonach das Geburtsdatum des Inhabers der Urkunde Nr. 0000 aus dem Jahre 1967 fehlerhaft sei. Aufgrund welcher Umstände dieser Bericht wiederum erstellt wurde und was die Grundlagen für die Feststellungen des Standesbeamten gewesen sein könnten, kann dem Beschluss des Provinzausschusses jedoch ebenfalls nicht entnommen werden.
Die vom Kläger vorgelegte Heiratsurkunde aus dem Jahre 1977 ist ebenfalls nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit des Geburtsdatums des 00.00.1957 zu begründen. Auch im Hinblick auf diese Urkunde blieb es bis zum Schluss des Verfahrens unklar, aufgrund welcher Angaben oder Dokumente sie mit dem Geburtsdatum des 00.00.1951 ausgestellt wurde. Der Kläger hat dazu in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er zur Ausstellung der Heiratsurkunde die "erforderlichen Unterlagen" des entsprechenden Amtes seines Geburtsortes und seinen marokkanischen Personalausweis, bei dem es sich nicht um einen Reisepass gehandelt habe, habe vorlegen müssen. An weitere Einzelheiten konnte er sich nicht erinnern. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen bei der Ausstellung der Heiratsurkunde das Datum des 00.00.1951 und nicht das damals noch in der Geburtsurkunde allein eingetragene Geburtsdatum des 00.00.1957 in die Heiratsurkunde eingetragen wurde.
Der Kläger kann den streitbefangenen Anspruch schließlich auch nicht darauf stützen, dass in seinem bei Einreise nach Deutschland vorgelegten Reisepass als Urkunde im Sinne des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I nach seinen Behauptungen das Geburtsdatum des 00.00.1951 vermerkt gewesen sein soll, denn dieses Vorbringen lässt sich nicht beweisen. Weder der – zwischenzeitlich eingezogene – Pass selbst noch ein anderes damals gültiges Ausweisdokument haben der Beklagten oder dem Senat vorgelegen. Auch die vorhandenen Unterlagen lassen eine eindeutige Bestimmung des in diesem Pass eingetragenen Geburtsdatums nicht zu. Es ist zwar davon auszugehen, dass ein Reisepass des Klägers mit der Nummer 0000, der wohl am 31.12.1971 ausgestellt wurde, existent war. Es lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei feststellen, welches Geburtsdatum in diesem Reisepass dokumentiert war. Anhaltspunkte liefern insoweit die Urkunde über die Berichtigung des Namens des Klägers vom 24.01.1978 und der bei seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus dem Jahre 1972, bei dem die oben genannte Passnummer zunächst maschinenschriftlich in das Antragsformular aufgenommen worden war, später jedoch handschriftlich durch die Nummer 0000 ersetzt wurde. Damit erscheint es zunächst ungewiss, ob der Kläger überhaupt anlässlich des Antrags auf Namensberichtigung und auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis dasselbe Dokument vorgelegt hat. Jedoch erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass er nicht über zwei Reisepässe verfügte, sodass von der jeweiligen Verwendung desselben Passes auszugehen sein dürfte, der lediglich eine weitere, von der Stadt I versehentlich als Passnummer angenommene Ziffernkombination aufwies. Es bleibt jedoch festzustellen, dass im Rahmen der Namensberichtigung durch das marokkanische Generalkonsulat unter Vorlage dieses Passes das Geburtsdatum des 00.00.1957 zu Grunde gelegt wurde, wohingegen in dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne Angabe eines genauen Datums das Geburtsjahr 1951 vermerkt worden ist. Damit sind sichere Rückschlüsse auf das in dem Pass vermerkte Geburtsdatum ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung folgt § 193 SGG.
Der Senat hat die Berufung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil er der Frage, welche Beweismittel bei der Anwendung der Grundsätze des allgemeinen Beweisrechts im Rahmen der Bestimmung des Geburtsdatums nach § 33a Abs. 2 SGB I heranzuziehen sind, grundsätzliche Bedeutung beimisst und diese Frage höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt erscheint.
Erstellt am: 21.01.2010
Zuletzt verändert am: 21.01.2010