Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.02.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Sterbegeldes nach § 37 Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die Klägerin ist die Tochter des am 00.00.1926 geborenen und am 00.00.2005 verstorbenen Kriegsbeschädigten I (im Folgenden: KB). Der KB wurde am 25.08.1944 durch einen Volltreffer auf seinen Panzerwagen schwer verwundet. Unter anderem verlor er seinen rechten Oberschenkel. Als Schädigungsfolgen wurden anerkannt:
– Verlust des rechten Oberschenkel
– Narben nach Verbrennung zweiten und dritten Grades im Bereich der rechten Gesäßbacke, des Gesichts, an beiden Handrücken und im Bereich des rechten Handgelenks sowie am linken Oberschenkel und linken Knie
– Verlust der linken sowie Verstümmelung der rechten Ohrmuschel
und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 80 v.H. festgestellt.
Ab dem 01.01.1980 bezog der KB Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 13.11.1980 stellte das Versorgungsamt E bei ihm einen MdE von 100 fest einschließlich 10 v.H. gem. § 30 Abs. 2 BVG (Berufsschadensausgleich). Am 03.03.1997 stellte ein amtliches versorgungsärztliches Gutachten beim KB den Eintritt der Hilflosigkeit überwiegend aufgrund der Schädigungsfolgen fest. Von 1998 an lebte der KB in einer barrierefreien Seniorenwohnung.
Mit Bescheid vom 18.12.2003 gewährte das Versorgungsamt E dem KB die angemessenen Kosten für die erforderliche Pflege von vier Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche und erhöhte dafür die dem Kläger gewährte Pflegezulage um den die pauschale Pflegezulage übersteigenden Betrag.
Ab dem 16.08.2004 übernahm die Klägerin durch Vertrag mit dem KB die Pflege und Betreuung für acht Stunden täglich gegen Entgelt. Die Bezahlung erfolgte in Anlehnung an die Arbeitsvertragsrichtlinie des Deutschen Caritas-Verbandes Gruppe 7 AVR. Die Kosten trug das Versorgungsamt E im Rahmen der Pflegezulage.
Am 00.00.2005 verstarb der KB. Mit Antrag vom 23.10.2005 beantragte die Klägerin Sterbe- und Bestattungsgeld. Mit Bescheid vom 15.12.2005 bewilligte das Versorgungsamt E der Klägerin Bestattungsgeld i.H.v. 751,00 EUR, das es gegen überzahlte Versorgungsbezüge i.H.v. 3.997,00 EUR aufrechnete.
Mit Bescheid vom 22.02.2006 lehnte das Versorgungsamt E den Antrag der Klägerin vom 13.01.2006 auf Erstattung von Ersatzpflegekosten für den KB für die Zeiträume vom 19. bis 26.05.2004, 09. bis 18.07.2004 und 29.07. bis 15.08.2004 ab, weil der Anspruch aufgrund der Antragstellung erst nach dem Tod des KB nach § 59 SBG I erloschen sei. Die dagegen nach erfolglosem Widerspruchsbescheid vom 9.10.2006 erhobene Klage nahm die Klägerin am 27.06.2008 zurück, weil sich ein früherer Eingang des Antrags nicht nachweisen ließ (Az. S 1 (3) V 201/06).
Mit Bescheid vom 22.03.2006 lehnte das Versorgungsamt E den Antrag auf Sterbegeld ab. Das Sterbegeld sei nach § 37 BVG als Ermessensleistung nur insoweit zu zahlen, als ein wirtschaftlicher Ausgleich angebracht erscheine. Der wirtschaftliche Ausgleich erschöpfe sich in diesen Fällen im Ersatz der ungedeckten Aufwendungen. Zur Deckung der Aufwendungen seien alle gesetzlichen oder vertraglichen Leistungen, die für den gleichen Zweck gewährt würden und auch der Nachlass in Anspruch zu nehmen. Die Pflege bis zum Tode könne als Aufwendung beim Sterbegeld daher nur berücksichtigt werden, wenn sie unentgeltlich erfolgt sei. Indes sei die Pflege des KB entgeltlich durchgeführt und die dafür angemessenen Aufwendungen bereits erstattet worden. Die übrigen Kosten der letzten Krankheit und für die Bestattung seien in voller Höhe durch andere, für den gleichen Zweck gewährte Leistungen und den Nachlass gedeckt.
Mit Widerspruch vom 30.03.2006 trugen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin vor, diese habe den Vater überobligatorisch gepflegt und aus eigenen Mitteln weitere Beträge eingesetzt. Ihr Einsatz als Pflegekraft sei nur das Ergebnis eines Kompromisses mit dem Beklagten zur Vermeidung unnötigen bürokratischen Aufwands gewesen. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren angestrengte Klage nahm die Klägerin zurück, nachdem der Beklagte sich verpflichtet hatte, sie hinsichtlich des Sterbegeldes neu zu bescheiden.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.11.2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin ein Sterbegeld i.H.v. 3.149,00 EUR, das er gegen eine Teilforderung aus dem Bescheid vom 16.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2006 aufrechnete. Nach dem Ergebnis der Überprüfung seien die Voraussetzungen für die Gewährung eines Sterbegeldes nach § 37 Abs. 3 BVG erfüllt. Insoweit seien die Kosten der Bestattung des KB i.H.v. 3.900,00 EUR abzgl. des bereits erstatteten Bestattungsgeldes i.H.v. 751,00 EUR zu zahlen. Die ungedeckten Aufwendungen i.H.v. 3.149,00 EUR stünden der Klägerin als Sterbegeld zu. Die Pflege bis zum Tode sei entgeltlich erfolgt und damit abgegolten.
Mit dem dagegen am 25.11.2008 erhobenen Widerspruch rügte die Klägerin, eine Begrenzung auf die tatsächlich nachgewiesenen Kosten der Bestattung sehe § 37 Abs. 3 BVG nicht vor. Der Widerspruch richte sich ausschließlich gegen die Höhe des Sterbegeldes. Die Verrechnung der Beiträge werde nicht beanstandet.
Zur Begründung ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 01.04.2009) am 06.05.2009 erhobenen Klage hat die Klägerin ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Es sei keine umfassende und vollständige Erstattung der Pflegekosten tatsächlich erfolgt. Für die Zeiträume 19. bis 26.05.2004, 09. bis 18.07.2004 und 29.07. bis 15.08.2004 seien dem KB die anfallenden Ersatzpflegekosten nicht erstattet worden. Im Gegensatz zu den Ausführungen im Widerspruchsbescheid habe sie – die Klägerin – die tatsächlichen Kosten der Krankheit i.S.d. BVG getragen. Hierfür sei ein wirtschaftlicher Ausgleich erforderlich.
Der Beklagte hat erwidert, die Übernahme der Kosten für die Fremdpflege durch die Klägerin beruhe darauf, dass sie es versäumt habe, rechtzeitig einen ordnungsgemäßen Erstattungsantrag zu stellen. Folge man ihrem Begehren, hätte dies zur Folge, dass die Rechtsfolgen dieses Versäumnisses über den Umweg des Sterbegeldes ausgehebelt würden.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 01.02.2011 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, der Klägerin Sterbegeld i.H.v. 5.562,00 EUR abzgl. zu erstattender 3.246,00 EUR zu zahlen. Die Ansicht des Beklagten, er könne die Höhe des Anspruchs im Wege des Ermessens abweichend von § 37 Abs. 1 Satz 1 BVG bestimmen, sei rechtsirrig. Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts dieser Vorschrift betrage das Sterbegeld das Dreifache der zuletzt gezahlten Versorgungsbezüge. § 37 Abs. 3 BVG bestimme lediglich den Kreis der ggf. Anspruchsberechtigten näher und räume damit nur Ermessen hinsichtlich des Ob ein. Er räume dem Beklagten damit nur ein Entschließungsermessen ein. Die Verwaltungsvorschrift Nr. 3 zu § 37 BVG sei rechtsirrig, wenn sie etwas anderes annehme. Hätte der Gesetzgeber einen solchen Inhalt des Gesetzes gewollt, hätte er die Vorschrift leicht entsprechend § 18 Abs. 2 Nr. 2 Beamtenversorgungsgesetz fassen können, was er aber nicht getan habe.
Gegen das ihm am 27.02.2011 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 02.03.2011 Berufung eingelegt. Beim Anspruch auf Sterbegeld handele es sich um einen selbständigen Anspruch eigener Art für die in § 37 Abs. 2 genannten Anspruchsberechtigten. Die Verwaltungsvorschrift Nr. 3 zu § 37 BVG konkretisiere das in Abs. 3 von § 37 BVG eingeräumte Ermessen dahingehend, dass das Sterbegeld nur insoweit zu zahlen sei, als ein wirtschaftlicher Ausgleich angebracht erscheine. Die angemessenen Pflegekosten seien indes im Rahmen des § 35 BVG übernommen worden. § 37 Abs. 3 BVG sei auf Fälle zugeschnitten, in denen Krankheitskosten oder Pflegekosten oder Bestattungskosten anderweitig nicht angemessen übernommen werden könnten. § 37 Abs. 3 BVG in Zusammenschau mit Abs. 2 erhelle, dass der Gesetzgeber und Verordnungsgeber gerade nicht anderen als in § 37 Abs. 2 genannten Anspruchsberechtigten das ungeschmälerte Sterbegeld zukommen lassen wolle.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.02.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich damit schriftlich einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung weiteren Sterbegelds über den Ersatz der von ihr getragenen und nicht bereits anderweitig gedeckten Bestattungskosten hinaus. Daher war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 37 Abs. 2 S. 1 BVG i.V.m. § 37 Abs. 1 S. 1 BVG, weil die Klägerin beim Tod des KB nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BVG ist beim Tod eines Berechtigten ein Sterbegeld in Höhe des Dreifachen der Versorgungsbezüge zu zahlen, die ihm für den Sterbemonat nach den §§ 30 bis 33, 34 und 35 BVG, also aufgrund der Beschädigtenrente einschließlich der Pflegezulage, zustanden. Anspruch auf Sterbegeld haben nach § 37 Abs. 2 Satz 1 BVG u.a. die Kinder des Beschädigten, wenn sie mit ihm zur Zeit des Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben. Obwohl die Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, sie habe mehr Zeit bei ihrem Vater zugebracht als in ihrer eigenen Wohnung, kann nicht von einer häuslichen Gemeinschaft mit dem KB ausgegangen werden, da dieser in einem behindertengerechten Seniorenwohnheim gewohnt hat.
Ebenso wenig kann die Klägerin weiteres Sterbegeld nach § 37 Abs. 3 BVG verlangen. Der Beklagte hat entgegen der Ansicht des Sozialgerichts die Zahlung höheren Sterbegeldes nach dieser Vorschrift ermessensfehlerfrei abgelehnt.
Sind anspruchsberechtigte Hinterbliebene i.S.d. § 37 Abs. 2 BVG, wie hier, nicht vorhanden, kann das Sterbegeld nach § 37 Abs. 3 BVG dem gezahlt werden, der die Kosten der letzten Krankheit oder der Bestattung getragen oder den Verstorbenen bis zu seinem Tode gepflegt hat. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Ermessensausübung des Beklagten nach dieser Norm lagen vor. Zum einen hat die Klägerin die Kosten der Bestattung getragen. Die Höhe der von dem Beklagten dafür in Anwendung der Vorschrift des § 37 Abs. 3 Alt. 2 BVG erstatteten Kosten ist zwischen den Beteiligten indes nicht streitig. Zum anderen hat die Klägerin den KB bis zu seinem Tode gepflegt. Soweit der Beklagte insoweit die Zahlung weiteren Sterbegelds nach § 37 Abs. 3 BVG abgelehnt hat, vermag der Senat Fehler bei der Ermessensausübung des Beklagten nicht zu erkennen. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts räumt § 37 Abs. 3 BVG dem Beklagten Ermessen insoweit auch hinsichtlich der Höhe des Sterbegelds ein. Das folgert der Senat aus Entstehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift.
Der Wortlaut des § 37 Abs. 3 BVG unterscheidet nicht zwischen einer vollständigen oder teilweisen Zahlung des Sterbegelds und lässt damit beide Auslegungsmöglichkeiten – lediglich vollständige oder auch nur teilweise Auszahlung – zu.
Für ein Ermessen des Beklagten hinsichtlich der Höhe der Zahlung nach § 37 Abs. 3 BVG sprechen maßgeblich die systematische Auslegung sowie Sinn und Zweck der Regelung.
Die Vorschrift über das Sterbegeld bildet einen eigenen Abschnitt des BVG nach dem Bestattungsgeld und vor der Regelung der Hinterbliebenenrente. Dies kennzeichnet ihren Charakter als Regelung für einen Übergangszeitraum nach dem Tod des Versorgungsberechtigten. Das Sterbegeld begründet dafür einen Versorgungsanspruch eigener Art (Vorberg-Van Nuis, Das Rechte der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, Auflage 1970/1971, IV. Teil, Seite 316). Sein Zweck erschließt sich aus dem Inhalt des § 37 Abs. 2 BVG. Diese Vorschrift begründet einen Anspruch auf Auszahlung des Sterbegelds für die dort genannten Verwandten, wenn sie mit dem verstorbenen Versorgungsberechtigten entweder in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, § 37 Abs. 2 S. 1 BVG, oder (sonst) von ihm unterhalten worden sind, § 37 Abs. 2 Satz 2 BVG. Die wirtschaftlichen Folgen des Todes des Versorgungsberechtigten prägen somit beide anspruchsbegründende Situationen des § 37 Abs. 2 BVG. Die Zahlung von Sterbegeld an Hinterbliebene nach § 37 Abs. 2 BVG dient als Starthilfe (nicht als Unterhaltsersatz) und soll vor überstürzten Entschlüssen bewahren, weil sich die Hinterbliebenen infolge des Todes des Versorgungsempfängers im Leben neu einrichten oder erstmals selbst behaupten müssen. Ihnen soll der Übergang auf die durch den Tod des Versorgungsempfängers veränderte wirtschaftliche Lage durch befristete Fortgewährung der bisherigen Versorgungsbezüge erleichtert werden, die bisher für die allgemeine Lebensführung zur Verfügung standen (Fehl, Versorgungsbeamter 1971, S. 79, Vorberg-Van Nuis, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, Auflage 1970/1971, IV. Teil, Seite 316). Dieser Regelungszweck einer zeitweisen Überbrückung der durch den Fortfall der Versorgungsbezüge entstandenen "misslichen Lage" in wirtschaftlicher Hinsicht lag schon der Vorgängervorschrift des § 35 Reichsversorgungsgesetz (RVG) über die so genannten "Gebührnisse für das Sterbevierteljahr" zu Grunde (vgl. Arendts, RVG, 2. Auflage 1929, § 35 Seite 193 unter Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien).
Diese Funktion des § 37 Abs. 2 BVG spricht in systematischer Betrachtung dafür, auch in § 37 Abs. 3 BVG eine Regelung über den Ausgleich der wirtschaftlichen Auswirkungen des Todes des Versorgungsempfängers zu sehen. Für die ersten beiden Varianten des § 37 Abs. 3 BVG, die Zahlung des Sterbegelds an denjenigen, der die Kosten der letzten Krankheit oder Bestattung getragen hat, liegt dies auf der Hand. Insoweit steht für den Senat außer Frage, dass die von der Vorschrift eröffnete Möglichkeit einer Zahlung des Sterbegelds in der Höhe durch die zu ersetzenden Kosten für die Krankheit oder Bestattung, also auf einen Aufwendungsersatz, begrenzt wird (Vorberg-Van Nuis, Das Rechte der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, Auflage 1970/1971, IV. Teil, S. 319; Lamla, KOV 1972, 121 f.). Für darüber hinausgehende Zahlungen gäbe es in diesen Konstellationen keinerlei Rechtfertigung. Aus der systematischen Reihung der beiden vorangestellten Alternativen der Kostenerstattung für Krankheit oder Bestattung mit der hier streitentscheidenden 3. Alternative in § 37 Abs. 3 BVG, der Zahlung des Sterbegelds an die Pflegeperson, schließt der Senat, dass auch in diesem Fall eine an die Erfordernisse des Einzelfalls anzupassende wirtschaftliche Ausgleichsregelung insbesondere für die mit der Pflege geleisteten Aufwendungen darstellt, soweit sich die Pflegeperson nicht in einer wirtschaftlichen Übergangssituation befindet, vergleichbar mit den in § 37 Abs. 2 BVG aufgezählten Verwandten. Wollte man in § 37 Abs. 3 Alt. 3 BVG dagegen eine Art materielle Anerkennungsleistung für eine Aufopferung bei der Pflege sehen (so wohl Fehl, Versorgungsbeamter 1971, S. 80), stünde sie als Fremdkörper in der Systematik des § 37 Abs. 2 und 3 BVG. Ohnehin wäre eine solche Anerkennungsleistung im Fall der Klägerin nicht ohne weiteres zu rechtfertigen, weil sie keinen Fremden, sondern ihren Vater gepflegt hat und dafür – anders als viele andere pflegende Angehörige – zudem eine Entlohnung nach Tarifvertrag erhalten hat.
Für die Ansicht des Senats spricht auch die Gesetzgebungsgeschichte. Bis zur Neufassung des BVG durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 27.06.1960, BGBl. I S. 453, lautete die Vorschrift des § 37 Abs. 3 BVG a.F.:
"Hat der Verstorbene mit keiner der in Abs. 2 bezeichneten Personen in häuslicher Gemeinschaft gelebt, so bestimmt die zuständige Verwaltungsbehörde, ob und an wen die Bezüge für das Sterbevierteljahr zu zahlen sind".
Diese Formulierung entsprach – bis auf die Ersetzung des veralteten Begriffs der Gebührnisse durch Bezüge – wörtlich der Vorgängervorschrift des § 35 Abs. 3 RVG. Eine sachliche Änderung der Vorschrift war damit nicht bedingt (Schickel, BVG, 1956, § 37 BVG Rn.1.). Unter der Geltung des RVG sah das Versorgungsrecht die Zahlung der Gebührnisse für das Sterbevierteljahr an Pflegepersonen vor, wenn sie sich in einer mit Verwandten vergleichbaren Situation befanden, weil sie mit dem Versorgungsberechtigten zusammen gelebt und sich deshalb auf die Zahlung der Versorgungsbezüge eingestellt hatten. Die einschlägige Verwaltungsvorschrift zu § 35 RVG bestimmte in Ziffer 2, die Gebührnisse für das Sterbevierteljahr seien nach Ermessen an andere als die in 35 Abs. 2 RVG genannten Personen zu zahlen, die wie die in § 35 Abs. 2 RVG genannten Verwandten mit dem Verstorbenen in häuslicher Gemeinschaft gelebt hätten, für ihn gesorgt, insbesondere ihn zuletzt gepflegt hätten (zitiert nach Arendts, RVG, 2. Auflage 1929, § 35, S. 192).
Ausgehend von der beschriebenen Entstehungsgeschichte ist der Gesetzgeber auch bei Erlass des § 37 Abs. 3 BVG in der heutigen Fassung davon ausgegangen, dass die von der Vorschrift begünstigten Pflegepersonen mit dem Versorgungsberechtigten regelmäßig in häuslicher Gemeinschaft leben und sich deshalb in vergleichbarer wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Versorgungsberechtigten befinden würden, wie die von § 37 Abs. 2 BVG begünstigten Verwandten. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber, indem er den Wortlaut des § 37 BVG geändert hat, den ohnehin seit jeher anerkannten weiten Entscheidungsspielraum der Versorgungsbehörde bei der Gewährung der Bezüge für das Sterbevierteljahr nach § 37 Abs. 3 BVG (vgl. Arendts, RVG, 2. Auflage 1929, § 35, S. 194) nunmehr auch im Wortlaut der Vorschrift klargestellt. Während dem § 37 Abs. 3 BVG a.F. noch eine Beschränkung des Ermessens auf die Entscheidung darüber entnommen werden konnte, "ob und an wen" das Sterbegeld zu gewähren war, enthält die weitere Formulierung "kann" in der aktuellen Fassung des § 37 Abs. 3 BVG diese Beschränkung jedenfalls nicht mehr.
Ein ungekürzte Auszahlung der Bezüge für das Sterbevierteljahr lässt sich vor dem Hintergrund dieser Normgenese daher nur dann rechtfertigen, wenn die Pflegeperson sich in der beschriebenen vergleichbaren Lage wie die in § 37 Abs. 2 BVG genannten Verwandten befindet. Ansonsten kann es bei der Ermessensbetätigung nach § 37 Abs. 3, nur auf den Ausgleich konkreter wirtschaftlicher Belastungen durch die Pflege bis zum Tod ankommen. Dafür eignet sich das vom Sozialgericht angenommen "Alles-oder-Nichts-Prinzip" nicht.
Der vom Sozialgericht gezogene Umkehrschluss zu § 18 Abs. 2 Nr. 2 Beamtenversorgungsgesetz überzeugt den Senat nicht. Denn diese Vorschrift sieht ein Sterbegeld an denjenigen, der den Beamten bis zum Tode gepflegt hat, nicht vor. Die dortige Begrenzung der Aufwendungen auf die Höhe der aufgebrachten Kosten bezieht sich nur auf die Kosten der letzten Krankheit oder der Bestattung und erscheint ohnehin als verzichtbare Klarstellung.
Daher ist sachgerecht, wenn die Versorgungsbehörde darauf abstellt, ob ein wirtschaftlicher Ausgleich durch Gewährung des Sterbegelds angebracht ist (Förster in: Wilke, SozEntschR, 7. Auflage, § 37 BVG Rn. 5; Vogl in: Knickrehm, SozEntschR, § 37 Rn. 12). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen (Vorberg-Van Nuis, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, Auflage 1970/1971, IV. Teil, Seite 319).
Nach dieser rechtlichen Maßgabe hat der Beklagte sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigungsnorm des § 37 Abs. 3 BVG ausgeübt und die von ihr gezogenen gesetzlichen Grenzen eingehalten, vgl. § 39 SGB X. Er ist ermessensfehlerfrei davon ausgegangen, dass ein weiterer wirtschaftlicher Ausgleich an die Klägerin nicht angebracht war, weil sie für ihre jahrelange Pflege des KB im Rahmen der Gewährung der Pflegezulage gemäß § 35 BVG nach Tarifvertrag entlohnt worden ist. Die von ihr im Verwaltungsverfahren behaupteten ständigen finanziellen Aufwendungen für die Pflege, die die ihr gewährte Vergütung überstiegen hätten, hat die Klägerin nicht belegt. Dafür, dass sie durch den Wegfall der tarifvertraglichen Entlohnung für ihre Pflegeleistung in eine schwierig zu überbrückende wirtschaftliche Übergangssituation geraten wäre, vergleichbar mit den in § 37 Abs. 2 BVG genannten Personen, ist weder etwas vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich.
Auch die von ihr geltend gemachten Ersatzpflegekosten i.H.v. 2.920,00 EUR konnte die Klägerin nicht nach § 37 Abs. 3 BVG vom Beklagten verlangen. Denn sie hat das auf Erstattung der Ersatzpflegekosten gerichtete vorangegangene Gerichtsverfahren S 1 V 198/06 durch Klagerücknahme beendet. Zwischen den Beteiligten steht damit durch den bestandskräftigen Verwaltungsakt des Beklagten vom 22.2.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.10.2006 fest, dass die Klägerin gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Ersatzpflegekosten hat. Daher kann sie diese Kosten auch nicht über § 37 Abs. 3 Alt. 3 BVG im Wege der Ermessensentscheidung verlangen.
Ob die vom Beklagten vorgenommene Aufrechnung, die eine selbständige anfechtbare Verwaltungsentscheidung darstellt, des der Klägerin zustehenden Sterbegelds gegen überzahlte Versorgungsbezüge wirksam war, hat der Senat nicht zu entscheiden, weil die Klägerin sie mit ihrer Klage nicht angegriffen, sondern sich damit bereits im Verwaltungsverfahren einverstanden erklärt hat.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision hat der Senat nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil die zugrunde liegende Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts noch nicht geklärt ist.
Erstellt am: 22.05.2012
Zuletzt verändert am: 22.05.2012