I. Die Klage gegen den Bescheid vom 15. September 2008 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2008 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist eine Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum ab 15.09.2008 streitig (hier: Rücknahme einer Bewilligung von Leistungen in Höhe von 266,84 EUR wegen einer nichtgenehmigten Ortsabwesenheit).
Der am 1953 geborene Kläger erhält von der Beklagten seit dem 01.01.2005 ergänzend zu seinem Erwerbseinkommen als Taxifahrer Arbeitslosengeld II. Mit Bescheid vom 07.07.2008 in Fassung des Änderungsbescheides vom 05.08.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.08.2008 bis 31.12.2008 monatlich in Höhe von 446,64 EUR.
Mit Schreiben vom 09.09.2008 forderte die Beklagte ihn auf, am 15.09.2008 um 8.00 Uhr vorzusprechen und dabei fehlende Nachweise zu seiner finanziellen Situation mitzubringen. Gegen das Schreiben legte der Kläger am 15.09.2008 mit Schreiben vom 12.09.2008 Widerspruch ein. Er habe alle angeforderten Unterlagen bereits eingereicht. Zudem könne er den angesetzten Termin nicht wahrnehmen, da er ab Montag, den 15.09.2008 nicht in A-Stadt sei. Das habe er Frau H. bei der BINS-Informationsveranstaltung am 12.08.2008 mitgeteilt. Sie habe dies eingetragen.
Mit Bescheid vom 15.09.2008 hob die Beklagte daraufhin ihre Bewilligung für die Zeit ab 15.09.2008 auf. Der Kläger sei ohne Genehmigung ortsabwesend gewesen. Die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 4 a SGB II i.V.m. § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Entgegen den Ausführungen im Schreiben vom 12.09.2008 sei die Ortsabwesenheit nicht durch Frau H. genehmigt worden. Da die genaue Dauer der Ortsabwesenheit nicht bekannt sei, laut den Angaben im Schreiben vom 12.09.2008 jedoch am 15.09.2008 beginne, sei die Bewilligung der Leistungen ab diesem Zeitpunkt komplett aufzuheben. Am 29.09.2008 meldete sich der Kläger zurück. Mit Bescheid vom 06.10.2008 bewilligte anschließend die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld II vorläufig für die Zeit vom 29.09.2008 bis 28.02.2009 in Höhe von monatlich 533,69 EUR. Gegen den Aufhebungsbescheid vom 15.09.2008 legte der Kläger am 02.10.2008 Widerspruch bei der Beklagten ein. Für ihn sei Frau H. seine persönliche Ansprechpartnerin gewesen. So habe er seinen Urlaub während seiner Tätigkeit bei der Caritas auch mit ihr geregelt. Woher solle er wissen, wer im jeweiligen Zeitpunkt sein persönlicher Ansprechpartner sei. Unter Zeugen habe Frau H. die Urlaubsmeldung mündlich entgegengenommen und gesagt, dass sie sie weiterleiten werde. Da er von der Arge nichts mehr gehört habe, sei für ihn die Sache erledigt gewesen. Im Übrigen sei er bereits am Freitag, den 26.09.2008 aus Tschechien zurückgekehrt. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2008 zurück. Die Ermittlungen, insbesondere aufgrund eines Aktenvermerks der zuständigen Vermittlerin sowie einer Rücksprache mit Frau H., hätten ergeben, dass Frau H. die Ortsabwesenheit abgelehnt habe, da der Kläger nicht in ihrer Betreuung stehe.
Hiergegen hat der Kläger am 22.10.2008 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung hat er weiter vorgetragen, dass er mit Frau H. bei der Besprechung über das "50 Plus-System" gesprochen habe. Unter Zeugen habe er ihr mitgeteilt, dass er zwischen dem 15.09. und 26.09.2008 Urlaub wünsche. Sie habe nur gesagt, dass sie dies weiterleite. Er habe danach von keiner Seite mehr etwas gehört und sei sich sicher gewesen, dass der Urlaub genehmigt sei. Hätte Frau H. ihm mitgeteilt, dass er einen extra Antrag stellen müsse, so hätte er dies bestimmt getan.
In der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2008 beantragt der nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger sinngemäß,
den Bescheid vom 15.09.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogene Verwaltungsakte und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 15.09.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2008 ab 15.09.2008 ihre ursprüngliche Bewilligung aufgehoben.
Rechtsgrundlage für den Wegfall der Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 15.09.2008 bis 28.09.2008 ist § 7 Abs. 4 a SGB II. Danach erhält Leistungen nicht, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb der Erreichbarkeitsanordnung vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685), geändert durch die Anordnung vom 16.11.2001 (ANBA 2001, 1476) definierten zeit- und ortsnahen Bereichs aufhält. Der § 7 Abs. 4 a SGB II normiert als direkte Folge eines Verstoßes gegen die Erreichbarkeitsanordnung als Sanktion den Leistungsausschluss (vgl. hierzu Schumacher in Oestreicher, SGB II, § 7 SGB II Rdnr. 30 a sowie Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 7 Rdz 78 mit dem Hinweis darauf, dass der Abs. 4 a keine Residenzpflicht als positive Anspruchsvoraussetzung begründet). Einen Rückgriff auf die §§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. den §§ 45 bzw. 48 SGB X bedarf es daher nach Ansicht des Gerichts nicht. Vielmehr handelt es sich bei § 7 Abs. 4 a SGB II um eine eigenständige Rechtsgrundlage zum Entzug der Leistungen nach dem SGB II, wie z.B. auch § 31 SGB II.
Es haben sodann die Voraussetzungen für den Entzug der Leistungen ab Ortsabwesenheit des Klägers am 15.09.2008 vorgelegen. Da der Kläger sich ab 15.09.2008 in Tschechien aufgehalten hat, hat er sich nämlich außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs im Sinn des § 1 Abs. 1 Satz 2 der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) aufgehalten. Er hat dies ohne Zustimmung seines persönlichen Ansprechpartners getan. Selbst der Kläger bestreitet nicht, dass er keine Zustimmung von seiner persönlichen Ansprechpartnerin, seiner Arbeitsvermittlerin, erhalten hat. Vielmehr hat er von Frau H., bei der es sich eben gerade nicht um seine persönliche Ansprechpartnerin gehandelt hat, nur die Auskunft erhalten, dass sie den Urlaubsantrag weiterleiten werde. Zwar besteht grundsätzlich ein Urlaubsanspruch von bis zu drei Wochen, falls durch die Abwesenheit die berufliche Eingliederung nicht beeinträchtigt wird gemäß § 3 Abs. 1 EAO. Um dies sicherzustellen, bedarf es jedoch bei Urlaubsantritt einer vorherigen Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners, also einer vorherigen Entscheidung über den gestellten Urlaubsantrag. Zwar kann angenommen werden, dass der Kläger bei der Informationsveranstaltung über Frau H. als Botin einen Urlaubsantrag bei der Beklagten gestellt hat. Allerdings ist er vor Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten über den gestellten Urlaubsantrag, also insbesondere ohne vorherige Zustimmung nach Tschechien verreist. Eine Zustimmung hat der Kläger, wie bereits dargelegt, selbst nach seinem eigenen Vortrag nicht erhalten. Vielmehr hat nach diesem die Beklagte zu seinem Antrag geschwiegen. Grundsätzlich hat Schweigen jedoch keinen Erklärungswert. Weder bedeutet dieses eine Zustimmung zum gestellten Urlaubsantrag noch eine Ablehnung. Damit fehlte die erforderliche vorherige Zustimmung vor dem Urlaubsantritt des Klägers. Vielmehr wäre es Sache des Klägers gewesen, nachdem ihm keine Entscheidung der Beklagten über seinen gestellten Urlaubsantrag zugegangen war, sich einer Zustimmung vor Abreise zu vergewissern. Da sich der Kläger also ohne vorherige Zustimmung außerhalb des in der EAO definierten zeit- und ortsnahen Bereichs ab 15.09.2008 aufgehalten hat, war zu diesem Zeitpunkt sein Leistungsanspruch entfallen. Nicht Gegenstand des Verfahrens war der Bescheid vom 06.10.2008, mit dem die Beklagte dem Kläger ab 29.09.2008 wiederum Leistungen ab Rückkehr von Tschechien bewilligt hat. Es handelt sich hierbei nach Auffassung des Gerichts nicht um einen Bescheid im Sinn des § 96 bzw. § 86 SGG. Danach wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens bzw. Widerspruchsverfahrens , wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids bzw. des angefochtenen Bescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Ein Abändern oder Ersetzen setzt voraus, dass der Regelungsgegenstand des neuen einzubeziehenden Verwaltungsaktes mit dem des frühren identisch ist. Dies ist hier nicht der Fall, da streitgegenständlich im Klageverfahren bezüglich des Bescheids vom 15.09.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2008 lediglich ist, ob der Kläger ab 15.09.2008 ortsabwesend war. Dagegen betrifft der Bescheid vom 06.10.2008 die Rechtsfrage, zu welchem Zeitpunkt dem Kläger gegebenenfalls wieder Leistungen angesichts seiner Rückkehr zu bewilligen sind.
Insgesamt war daher die Klage gegen den Bescheid vom 15.09.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2008 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da der Beschwerdewert nicht 750,00 EUR übersteigt war gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG über die Zulassung der Berufung zu entscheiden. Zulassungsgründe im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, so dass die Berufung nicht zuzulassen war.
Erstellt am: 09.06.2009
Zuletzt verändert am: 09.06.2009