Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.05.2014 geändert. Den Antragstellern wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt U, H, bewilligt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren.
Die Antragsteller sind bulgarische Staatsangehörige. Die Antragstellerin zu 1) arbeitete als Gebäudereinigerin auf selbständiger Basis in einem Hotel in E. Pro Zimmer erhielt sie pauschal 2,70 EUR. Dabei erzielte die Antragstellerin zu 1) nach im Verwaltungsverfahren vorgelegten Einnahme-/Überschussrechnungen folgende Gewinne:
– September 2012 = 117,40 EUR
– Oktober 2012 = 495,50 EUR
– November 2012 = 603,05 EUR
– Dezember 2012 = 375,25 EUR
– Januar 2013 = 57,10 EUR
– Februar 2013 = 78,10 EUR
– März 2013 = 543,60 EUR
– April 2013 = 129,80 EUR
– Mai 2013 = 488,70 EUR
– Juni 2013 = 225,50 EUR
– Juli 2013 = 325,25 EUR
– August 2013 = 160,40 EUR
– September 2013 = 609,90 EUR
– Oktober 2013 = 723,30 EUR
– November 2013 = 753,00 EUR
– Dezember 2013 = 642,30 EUR
Am 13.02.2014 beantragten die Antragsteller bei dem Antragsgegner Leistungen. Im Rahmen der Antragstellung legten die Antragsteller u.a. den Subunternehmervertrag der Antragstellerin zu 1) sowie Einnahme-Überschuss-Rechnungen für die Zeit September 2012 bis Dezember 2013 vor. Des Weiteren fügten die Antragsteller dem Antrag eine vorläufige Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die Monate Februar 2014 bis Juli 2014 bei. Die Antragstellerin zu 1) ging hierbei von einem Gewinn in Höhe von 4.157,40 EUR für den vorgenannten Zeitraum aus.
Mit Bescheid vom 10.04.2014 lehnte der Antragsgegner den Antrag der Antragsteller ab. Die Antragsteller seien nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von den Leistungen ausgeschlossen. Daran ändere auch die Tätigkeit der Antragstellerin zu 1) nichts, da es sich lediglich um eine scheinbare selbständige Tätigkeit handeln würde.
Hiergegen legten die Antragsteller am 24.04.2014 Widerspruch ein.
Am 12.05.2014 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Gelsenkirchen beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu verpflichten.
Mit Beschluss vom 27.05.2014 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die rechtsanwaltlich vertretenen Antragsteller hätten trotz gerichtlicher Aufforderung eine Versicherung an Eides statt bezüglich ihrer Hilfebedürftigkeit vor dem Hintergrund nicht vorhandenen Einkommens nicht vorgelegt. Dem Gericht sei daher die Prüfung erheblicher wirtschaftlicher Nachteile verwehrt gewesen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass der geltend gemachte Bedarf anderweitig gedeckt sei.
Gegen den am 03.06.2014 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 03.06.2014 Beschwerde eingelegt.
Mit Bescheid vom 21.07.2014 hat der Antragsgegner den Antragstellern für die Zeit vom 01.05.2014 bis zum 31.08.2014 vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 464,08 EUR bewilligt.
Die Antragsteller haben am 27.08.2014 das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Antragsteller beantragen,
unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.05.2014 ihnen Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt U, H, zu gewähren.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt.
Gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. den §§ 114 ff. ZPO gewährt das Gericht einem Beteiligten Prozesskostenhilfe, wenn dieser nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen und die Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Hinreichende Erfolgsaussichten bestehen, wenn der Antragsteller möglicherweise in der Hauptsache obsiegen wird. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder von Amts wegen, § 103 SGG, weitere Ermittlungen durchzuführen sind, bevor die streiterheblichen Fragen abschließend einer Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.06.2006 – 2 BvR 626/06). Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Daher beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.07.2007 – L 28 B 1114/07 AS PKH).
Die Rechtsverfolgung bot nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 GG, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es – wie hier – im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens geht (vgl. Beschlüsse des Senats vom 22.01.2015 – L 7 AS 2162/14 und vom 10.09.2014 – L 7 AS 1385/14 B ER). Ist eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist im Wege der Folgenabwägung zu entscheiden, in die insbesondere die grundrechtlich relevanten Belange der Antragsteller einzustellen sind (BVerfG Beschlüsse vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 und 06.02.2013 – 1 BvR 2366/12; Beschluss des Senats vom 11.07.2014 – L 7 AS 1035/14 B ER).
Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn Ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderung zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.07.2014 – L 12 AS 978/14 B ER und L 12 AS 979/14 B).
Die Antragsteller zu 1) und 2) sind unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit erzielten Einkünfte der Antragstellerin zu 1) nach summarischer Prüfung im Sinne aufstockender Leistungen hilfebedürftig. Dies ergibt sich aus den in der Verwaltungsakte vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnung bis einschließlich Dezember 2013 und in Anbetracht der überreichten Aufstellung der erwarteten Gewinne bis einschließlich Juli 2014.
Aus diesem Grund ist entgegen der Ansicht des Sozialgerichts das Fehlen einer Versicherung an Eides statt nach § 294 Abs. 1 ZPO in dem vorliegenden Fall unschädlich. Die Versicherung an Eides Statt ist nur eine Möglichkeit der Glaubhaftmachung. Die Höhe des erzielten Einkommens in der Vergangenheit sowie die Höhe des erwarteten Einkommens der Antragstellerin zu 1) wurden von den Antragstellern dargetan und sind in sich stimmig. Weiterer Erklärungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bedurfte es zur Glaubhaftmachung nicht.
Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 16.04.2015
Zuletzt verändert am: 16.04.2015