I. Die Klage gegen den Bescheid vom 19. August 2008 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.Oktober 2008 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist eine teilweise Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.12.2006 streitig und damit verbunden ein Erstattungsanspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger in Höhe von 482,88 EUR.
Der am 1972 geborene Kläger und seine am 1975 geborene Ehefrau sowie die beiden minderjährigen Kinder C., geboren 2005, und L., geboren 2003, bilden eine Bedarfsgemeinschaft.
Bei der Erstantragstellung am 02.12.2005 gab der Kläger an, mit dem Verkauf und der Montage von Bauelementen selbstständig erwerbstätig zu sein.
Im Jahr 2004 habe er damit einen Verlust in Höhe von 64.000,00 EUR erwirtschaftet. An Spareinlagen seien bei seiner Ehefrau insgesamt 3.364,57 EUR vorhanden sowie Aktien im Wert von 1.200,00 EUR. Die Kapitallebensversicherung der Ehefrau habe einen Rückkaufswert in Höhe von 4.600,00 EUR.
In dem Antrag verpflichtete sich der Kläger, Änderungen in den Einkommens- und Vermögensverhältnissen unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen.
Anschließend bewilligte die Beklagte dem Kläger und seiner Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab 02.12.2005.
Am 16.05.2006 ging bei der Beklagten der Fortzahlungsantrag des Klägers ein.
In diesem gab er an, ab 01.06.2006 ein Gewerbe als freier Handelsvertreter anzumelden. Es solle eine Kapitalgesellschaft für Vermittlungsgeschäfte gegründet werden. Weitere Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hätten sich nicht ergeben.
Entsprechend diesen Angaben bewilligte die Beklagte dem Kläger und seiner Familie weiter Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II mit Bescheid vom 18.05.2006 in Fassung der Änderungsbescheide vom 02.06.2006 und 05.12.2006 sowie mit Bescheid vom 23.01.2007.
Zum 30.11.2006 meldete der Kläger sein Gewerbe wieder ab.
Am 07.12.2006 stellte der Kläger wiederum für sich, für seine Ehefrau und für die gemeinsamen Kinder einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II.
Hierbei gab er an, dass auf dem ehemaligen Geschäftskonto ein Sollbetrag von 1.340,71 sei. Die Girokonten der Ehefrau weisten jeweils ein Guthaben von 5,58 EUR und 5,59 EUR auf. Die Spareinlagen hätten ein Gesamtwert in Höhe von 4.106,30 EUR.
Am 01.09.2006 habe er und am 01.12.2006 seine Ehefrau eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Sie zahlten hierauf monatlich jeweils 100,00 EUR ein. Die Ehefrau sei zudem Inhaberin eines Bausparvertrages mit einem Guthaben in Höhe von 725,04 EUR. Der Sohn L. verfüge über ein Sparbuch im Wert von 97,97 EUR und die Tochter C. im Wert von 190,90 EUR.
Am 05.12.2006 teilte der Kläger mit, dass er sich beim österreichischen Bundesheer beworben habe. Er habe seinen Hauptwohnsitz nach Österreich verlegt.
Die von der Beklagten hierauf durchgeführten Ermittlungen ergaben, dass der Kläger sich im August 2006 beim österreichischen Bundesheer beworben und am 03.10.2006 eine Wohnung in Österreich von monatlich 180,00 EUR angemietet hatte. Daneben war die Miete für die Wohnung in J. in Höhe von monatlich 805,00 EUR zu bestreiten gewesen.
Hierzu hörte die Beklagte den Kläger und seine Ehefrau mit Schreiben vom 18.01.2007 an.
Der Kläger und seine Ehefrau antworteten am 22.01.2007, dass sie ihre private Altersvorsorge in Höhe von 4.903,20 EUR aufgelöst hätten, um ihre monatlichen Kosten zu decken.
Im Rahmen des systematischen Datenabgleichs (§ 52 SGB II) erfuhr die Beklagte im Januar 2008, dass die Ehefrau des Klägers im Jahr 2006 Kapitalerträge erzielt hatte.
Hierzu hörte die Beklagte die Ehefrau des Klägers mit Schreiben vom 21.01.2008 an.
Diese antwortete darauf mit Schreiben vom 08.02.2008, dass sich ihre Einkommens- und Vermögenssituation nicht geändert hätte. Durch die Auflösung ihrer Lebensversicherung bei der N. Versicherung habe sie lediglich zu versteuernde Kapitalerträge erzielt. Ende November 2006 seien ihr von der N. Versicherung insgesamt 5.272,42 EUR ausbezahlt worden. Als Anlage war dem Schreiben beigefügt eine Mitteilung der N. Lebensversicherung AG vom 05.10.2006, wonach zum Kündigungstermin zum 01.10.2006 insgesamt eine Gesamtsumme in Höhe von 4.903,20 EUR fällig sei. Die zu versteuernden Kapitalerträge beliefen sich auf 1.400,00 EUR.
Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger und seine Ehefrau mit Schreiben vom 25.06.2008 zu einer beabsichtigten teilweisen Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.12.2006 und damit verbunden zu einem Erstattungsanspruch in Höhe von 482,88 EUR gegenüber dem Kläger und 482,88 EUR gegenüber seiner Ehefrau sowie gegenüber den gemeinsamen Kindern jeweils in Höhe von 187,12 EUR an.
Dazu trug der Kläger und seine Ehefrau mit Schreiben vom 14.07.2008 vor, dass der Vertrag bei der N. Versicherung der Beklagten bei Antragstellung bekannt gewesen sei. Es habe sich lediglich um eine Umwandlung von Vermögen gehandelt. Es habe kein Vermögenszuwachs stattgefunden. Das Vermögen liege unterhalb der Freigrenze.
Mit Bescheid vom 19.08.2008 hob die Beklagte anschließend ihre Bewilligung für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.12.2006 gegenüber dem Kläger auf.
Bei den Kapitalerträgen handle es sich um eine Einnahme, die als Einkommen bei den Leistungen nach dem SGB II anzurechnen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sei nämlich Einkommen alles das, was dem Leistungsberechtigten während des Bezugs von Arbeitslosengeld II zufließe (so-genannte Zuflusstheorie).
Bei den Kapitalerträgen, die sich laut Vertrag auf 1.400,00 EUR beliefen, handle es sich um eine einmalige Einnahme. Da die Leistungen für den Zuflussmonat (Oktober 2006) bereits erbracht worden seien, seien die Kapitalerträge gemäß § 2 Abs. 4 der Arbeitslosengeld II-Verordnung ab November 2006 als Einkommen anzurechnen. Der Betrag werde für einen angemessenen Zeitraum (2 Monate) aufgeteilt, so dass 700,00 EUR im November 2006 und 700,00 EUR im Dezember 2006 als Einkommen angesetzt würden. Hiervon sei monatlich noch eine Pauschale in Höhe von 30,00 EUR abzuziehen gewesen. Somit verbleibe noch ein monatliches anzurechnendes Einkommen jeweils in Höhe von 670,00 EUR.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung sei § 40 Abs. 1 Satz 2 Nummer 1 SGB II in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Von dem Kläger sei ein Anteil in Höhe von 482,88 EUR zu erstatten. Die Rechtsgrundlage hierfür sei § 50 Abs. 1 SGB X.
Dagegen richtet sich der Widerspruch des Bevollmächtigten vom 19.09.2008.
Dieser wurde damit begründet, dass entgegen der Ansicht der Beklagten es sich bei den Zinserträgen nicht um Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit handle, sondern um Vermögen. Der Anspruch auf die Zinserträge sei nicht erst am 05.10.2006 entstanden. Vielmehr sei der Zinsanspruch fortlaufend seit Bestehen der Lebensversicherung entstanden. Zinsen, die vor Beginn des Leistungsbezuges entstanden seien, seien geschütztes Vermögen. Auch sei der Bescheid nicht hinreichend individualisiert. So fehle im Bescheid eine Aufteilung der zu erstattenden Leistungen auf die einzelnen Bedarfsmitglieder.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2008 zurück.
Bei den Kapitalerträgen handle es sich um eine Einnahme, die als Einkommen bei den Leistungen nach dem SGB II anzurechnen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) sei nämlich Einkommen alles das, was dem Leistungsberechtigten während des Bezugs von Arbeitslosengeld II zufließe (sogenannte Zuflusstheorie). Die Kapitalerträge in Höhe von 1.400,00 EUR seien der Ehefrau des Klägers im Bedarfszeitraum zugeflossen, das heißt sie seien wertmäßig dazugekommen. Sie stellten damit kein Vermögen im Sinne des § 12 SGB II dar, sondern eine Einnahme/Einkommen.
Der Leistungsbescheid sei auch individualisiert. Auf Seite 3 des Bescheides sei nämlich die Anteile der jeweils zur Rückzahlung Verpflichteten ausgewiesen. Danach entfalle auf den Kläger eine Rückforderung in Höhe von 482,88 EUR.
Dagegen hat der Kläger am 21.11.2008 Klage erhoben und selbstständig seine Ehefrau am selben Tag – S 6 AS 1343/08 -.
Mit Schreiben vom 13.03.2009 hat der Bevollmächtigte die Klage weiter damit begründet, dass dem Bescheid nicht zu entnehmen sei, in welcher Höhe für den Kläger Regelleistungen und in welcher Höhe für den Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung aufgehoben worden seien. Es fehle eine Gegenüberstellung des ursprünglichen Anspruches und dem nunmehr behaupteten Anspruch. Der Bescheid sei daher rechnerisch diesbezüglich nicht nachprüfbar. Weiter differenziere die Beklagte bei der Anrechnung der Kapitalerträge nicht danach, zu welchem Zeitpunkt diese jeweils entstanden seien. Es könne dahinstehen, wann die Erträge tatsächlich zugeflossen seien. Der Anspruch auf die jeweiligen Erträge sei im gleichen Monat entstanden, wie die Erträge entstanden seien. Damit handle es sich zumindest teilweise um Vermögen. Am 01.10.2006 habe der Wert der Versicherung 5.272,42 EUR betragen. Die Differenz von 168,27 EUR sei nach Abzug von 30,00 EUR auf 4 Personen zu verteilen. Auf den Kläger entfielen 34,56 EUR. Dies sei eine einmalige Einnahme, welche nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Arbeitslosengeld II-Verordnung nicht zu berücksichtigen sei. Zudem sei die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X bereits verstrichen gewesen.
Am 30.03.2009 hat die Bevollmächtigte mitgeteilt, dass der Kläger nunmehr wieder nach Deutschland gezogen sei, und zwar in die B.-str. in N …
Die Beklagte hat auf die Klagebegründung mit Schreiben vom 06.04.2009 erwidert, dass aus der Mitteilung vom 18.01.2007, auf die sich der Kläger berufe, nicht entnehmbar gewesen sei, dass auch einmalige Zinseinnahmen in Höhe von 1.400,00 EUR erzielt worden seien. Es sei lediglich mitgeteilt worden, dass Vermögen umgewandelt worden sei. Erst mit dem Ergebnis des Datenabgleichs vom 21.01.2008 habe sich für die Beklagte Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Zinseinnahmen erzielt worden seien. Ausgehend von diesem Datum sei die Jahresfrist eingehalten worden.
Unzutreffend sei auch die Auffassung der Bevollmächtigten, dass der Leistungsbescheid nicht ausreichend individualisiert sei. Der Leistungsbescheid weise den Anteil der Rückforderung für jede einzelne Person der Bedarfsgemeinschaft aus. Ebenso sei angegeben, welcher Anteil der Rückforderung auf die Regelleistung, Sozialgeld und Kosten der Unterkunft entfalle. Es sei weiter angegeben worden, auf welche Monate die einmalige Zinseinnahme anzurechnen gewesen sei. Hinsichtlich der geänderten Bewilligung seien die Berechnungsblätter für die Monate November und Dezember 2006 beigefügt worden. Durch einen Vergleich mit der ursprünglichen Bewilligung sei es dem Kläger somit möglich gewesen, die durch die Anrechnung der Zinseinnahmen eingetretenen Änderungen exakt nachzuvollziehen.
Mit Verfügung vom 21.04.2009 hat das Sozialgericht Augsburg Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.05.2009 bestimmt.
Mit Schreiben vom 08.05.2009 hat die Bevollmächtigte eine Verlegung des Termins beantragt, weil sie selbst an diesem Tag einen Termin vor dem Sozialgericht B-Stadt in dem Verfahren S 99 AS 14133/08 wahrnehmen müsse. Eine Terminswahrnehmung durch andere Kanzleimitarbeiter sei aus personellen und Urlaubsgründen nicht möglich.
Mit Verfügung vom 12.05.2009 hat das Sozialgericht Augsburg den Termin aufgehoben.
Mit Schreiben vom 15.05.2009 hat das Sozialgericht anschließend die Beteiligten um Mitteilung gebeten, ob Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestehe.
Mit Schreiben vom 20.05.2009 hat die Beklagte ihr Einverständnis erteilt.
Die Bevollmächtigte hat dazu mit Schreiben vom 03.06.2009 vorgetragen, dass die Beklagte zu Unrecht das Einkommen der Ehefrau des Klägers in den Monaten November und Dezember 2006 angerechnet habe. Auch habe die Beklagte selbstverständlich aus dem Schreiben vom 18.01.2007 entnehmen können, dass ein Überschuss anfalle. Die Auffassung des Gerichts, dass die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 SGB X erst mit Ende der Ermittlungen durch die Behörden zu laufen beginne, widerspräche dem Wortlaut des Gesetzes. Wie das hier zu entscheidende Verfahren zeige, könne dies dazu führen, dass die Untätigkeit der Behörde zu einer Umgehung der Jahresfrist führen könne. Die Jahresfrist sei hier also bereits am 19.08.2008 abgelaufen. Darüber hinaus seien nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II von den Einnahmen die Beiträge zur gesetzlich vorgeschriebenen Versicherung abzusetzen. Der Kläger habe ein Personen-Kraftfahrzeug. Die Beiträge zu dieser Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung seien nicht abgesetzt worden. Die Höhe und die entsprechenden Belege würden unverzüglich nachgereicht.
Die angekündigte Belege sind jedoch dem Gericht anschließend nicht vorgelegt worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2009 beantragt der nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 19.08.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2008 aufzuheben.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogene Verwaltungsakte und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 SGG fristgerecht erhobene Klage ist zulässig jedoch unbegründet.
Zu Recht hat die Beklagte die Bewilligungen gegenüber dem Kläger für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.12.2006 mit Bescheid vom 19.08.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2008 teilweise aufgehoben und von ihm an zu Unrecht erbrachte Leistungen in Höhe von 482,88 EUR zurückgefordert.
Rechtsgrundlage hierfür ist für den Bescheid vom 18.05.2006 in Fassung des Änderungsbescheids vom 02.06.2006 § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X und bezüglich des weiteren Änderungsbescheids vom 05.12.2006 und des Bescheids vom 23.01.2007 § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III und § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X.
Nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III und § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X ist nämlich ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde.
Dieser Tatbestand ist dadurch erfüllt, dass die Ehefrau des Klägers im Oktober 2006 aus der Auflösung ihrer Lebensversicherung bei der N. Versicherung zu versteuernde Kapitalerträge in Höhe von 1.400,00 EUR erzielt hatte. Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten handelt es sich hierbei nicht um Vermögen sondern um Einkommen.
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der dort sowie in § 11 Abs. 3 SGB II und in § 1 Arbeitslosengeld II-Verordnung genannten Leistungen und Zuwendungen zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen ist Einkommen das, was dem Leistungsberechtigten in dem Zahlungszeitraum des Arbeitslosengeld II zufließt, also alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält. Dabei kommt es im Rahmen der Zuflusstheorie nicht darauf an, wann der Anspruch auf die Leistung entstanden ist, sondern allein auf den Zeitpunkt, zu dem der Hilfebedürftige etwas wertmäßig dazu erhält (siehe jüngst Urteil vom 03.03.2009 des BSG – B 4 AS 47/08 R -).
Unabhängig davon, also zu welchem Zeitpunkt der Ehefrau des Klägers die Kapitalerträge anspruchsmäßig zugewachsen sind, waren diese zum Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto der Ehefrau des Klägers als Einkommen zu bewerten (siehe hierzu auch Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26.10.2007 – L 8 AS 1219/07 -). Dass es sich hierbei um Einkommen handelt, hätte sich auch dem Kläger aufdrängen müssen, da die Versicherung selbst darauf hingewiesen hat, dass es sich hierbei um zu versteuerndes Einkommen handelt.
Richtigerweise hat daher die Beklagte den Erhalt der Kapitalerträge als einmalige Einnahme bewertet und sie auf einen angemessenen Zeitraum von 2 Monaten verteilt.
Dabei konnte die Beklagte abweichend vom Zuflussprinzip die Einmaleinnahme auf die folgenden 2 Monate November und Dezember 2006 als Einkommen anrechnen. Diese Vorgehensweise erlaubt § 2 Abs. 3 Satz 2 Arbeitslosengeld II-Verordnung.
Nicht zu beanstanden war weiter, dass die Beklagte keine weiteren Absetzbeträge als die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II zugelassen hat. Weitere Versicherungsaufwendungen sind von dem Kläger nicht nachgewiesen worden.
Darüber hinaus wäre nach Überzeugung des Gerichts im Dezember 2006 ohnehin die Versicherungspauschale nicht noch einmal abzuziehen gewesen. Denn tatsächlich kann von dem Einkommen nur einmal der Betrag nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II einkommensmindernd abgesetzt werden. Bei den Kapitalerträgen hat es sich aber um ein einmaliges Einkommen gehandelt. Es wird zwar durch die Aufteilung als Einkommen im weiteren Monat berücksichtigt. Dies ändert aber nichts daran, dass die Kapitalerträge nur ein einmaliges Einkommen darstellen (anders jedoch hierzu auch die Hinweise der BA zu § 11 SGB II Rn. 11.65). Weil sich jedoch die Verwaltungspraxis der Beklagten gegenüber dem Kläger insgesamt günstig ausgewirkt hat, war diesbezüglich in der Gerichtsentscheidung nichts abweichendes zu bestimmen.
Mit Zufluss der Kapitalerträge im Oktober 2006 war der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 18.05.2006 in Fassung des Änderungsbescheids vom 02.06.2006 nachträglich angesichts des bedarfsmindernd anzusetzenden Einkommens rechtswidrig geworden, so dass insgesamt der Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt war.
Für den weiteren Änderungsbescheid vom 05.12.2006 und Bescheid vom 23.01.2007 greifen die Rücknahmetatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X.
Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ist nämlich ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat und der rechtswidrig ist, mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Diesen Tatbestand hat der Kläger bezüglich des Bewilligungsbescheids vom 23.01.2007 dadurch erfüllt, dass er in dem Fortzahlungsantrag vom 07.12.2006 nicht angegeben hatte, dass seine Ehefrau im Oktober 2006 Kapitalerträge erzielt hat. Damit hat er zumindest grob fahrlässig unvollständige Angaben in diesem Folgeantrag gemacht. Dem Kläger hätte sich nämlich aus dem Hinweis der Versicherung, dass es sich bei den Kapitalerträgen um zu versteuerndes Einkommen handelt, aufdrängen müssen, dass es sich dabei ebenfalls um Einkommen im Sinne des SGB II handelt. Im Übrigen wird ausdrücklich auf Zusatzblatt 3 zur Feststellung der Vermögensverhältnisse auch nach Beträgen aus dem Rück- oder Verkauf von Lebensversicherung gefragt. Dazu hat der Kläger jedoch keinerlei Angaben gemacht, obwohl er zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits gewusst haben muss, dass seine Ehefrau ihre Kapitallebensversicherung aufgelöst hatte. Zumindest hat er sich ihr Wissen gemäß § 1357 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit § 166 Abs. 1 BGB zurechnen zu lassen.
Hinsichtlich des Änderungsbescheids vom 05.12.2006 ist der Rückforderungstatbestand des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X anzunehmen. Danach entfällt ein Vertrauensschutz, wenn der Hilfebedürftige die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Der Kläger selbst hätte jedoch erkennen müssen, dass der Änderungsbescheid vom 05.12.2006 rechtswidrig ist. Er hat nämlich gewusst, dass er entgegen seiner Verpflichtung aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I, Änderungen in den Einkommens- und Vermögensverhältnissen unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen, dadurch nicht nachgekommen ist, dass er die Auflösung der Lebensversicherung seiner Ehefrau und den Erhalt der hieraus entstandenen Kapitalerträge der Beklagten nicht mitgeteilt hat. Damit war für ihn offensichtlich erkennbar, dass der Bescheid vom 05.12.2006 nicht die tatsächlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse berücksichtigen hat können. Damit kannte der Kläger die Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheids vom 05.12.2006 beziehungsweise hat diese infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt.
Entgegen dem Vorbringen der Bevollmächtigten war die Rücknahme der Leistungsentscheidungen für den Zeitraum vom 01.11.2006 bis 31.12.2006 die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X noch nicht abgelaufen. Gemäß dieser Vorschrift muss die Behörde innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen die Rücknahme vornehmen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Maßgebend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt, in dem die Behörde Kenntnis von allen entscheidungserheblichen Umständen ("Tatsachen") hat, die für ihre konkrete Rücknahmeentscheidung erforderlich ist, so dass keine weiteren Ermittlungen mehr geführt werden müssen (siehe BSG 28.11.1996, 7 RAr 56/96, SozR 3-4100 § 117 Nr. 13). Gefordert ist dabei positive Kenntnis der Behörde, nicht nur ein "Kennenmüssen" (siehe unter anderem BSG 08.02.1996, 13 RJ 35/94, SGb 1997, Seite 177 (180)).
Eine positive Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen kann die Beklagte jedoch erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens nach § 24 SGB X tatsächlich haben. Regelmäßig beginnt daher die Jahresfrist mit dem sachgerechten Abschluss der Anhörung nach § 24 SGB X. Dies war hier die Erwiderung der Ehefrau des Klägers vom 08.02.2008, bei der Beklagten eingegangen am 11.02.2008, auf das Anhörungsschreiben vom 21.01.2008. Der Rückforderungsbescheid vom 19.08.2008 war daher innerhalb der Jahresfrist ergangen.
Der Beklagten kann auch keine Verschleppung des Rückforderungsverfahrens vorgeworfen werden. So enthielt weder der Fortzahlungsantrag vom 07.12.2006 noch das Schreiben der Ehefrau des Klägers vom 18.01.2007 Hinweise darauf, dass Kapitalerträge erzielt worden sind. Erstmalig begründete Anhaltspunkte für den Einkommenszufluss bot der automatische Datenabgleich vom 21.01.2008. Darauf hat die Beklagte zeitgerecht mit ihrem Anhörungsschreiben vom selben Tag reagiert.
Unschädlich ist sodann, dass die Beklagte ihre Aufhebungsentscheidung allein auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt hat. Das Auswechseln der Rechtsgrundlage ist nämlich zulässig, soweit der Verwaltungsakt – wie hier – nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert wird (BSG Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 48/07
R -).
Der Bescheid vom 19.08.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2008 war inhaltlich bestimmt genug im Sinne des § 33 SGB X. Streitgegenstand ist der Bescheid vom 19.08.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2008. Aus diesem war für den Kläger klar zu entnehmen, welche Beträge für welche Zeiträume von ihm zurückverlangt werden. Die hierbei auf ihn entfallende Rückforderung der Regelleistung und der Kosten für Unterkunft und Heizung ergaben sich aus dem dem Rückforderungsbescheid vom 19.08.2008 beigelegten Berechnungsblättern. Da die Beklagte in ihrem Bescheid vom 19.08.2008 die zurückzufordernden Leistungen auf die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft genau aufgegliedert hat, hat sie sowohl bei der Rücknahme ihrer ursprünglichen Bewilligungsentscheidung als auch bei ihrer Erstattungsforderung den Individualisierungsgrundsatz eingehalten. Aus dem Tenor des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids ist zudem ausdrücklich entnehmbar, dass die Leistungen in Höhe von 1.340,00 EUR nicht allein von dem Kläger zurückgefordert werden, sondern insgesamt von den jeweiligen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft. Aus den Gründen ist dann – wie bereits ausgeführt -, unzweideutig zu entnehmen, welche Beträge hierbei jeweils auf das einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft entfällt. Den Bescheid kann daher nicht entgegengehalten werden, dass er deshalb rechtswidrig sei, weil in Ziffer 2 des Bescheids vom 19.08.2008 nur der Betrag von 1.340,00 EUR genannt ist. Sowohl in den Gründen des Bescheids vom 19.08.2008 wie auch in den Gründen des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2008 sowie durch die Ziffer 1 des Bescheids vom 19.08.2008 ist ausdrücklich klargestellt worden, dass von dem Kläger nur die Leistungen zurückgefordert werden, die an ihn persönlich zu Unrecht erbracht worden sind. Eine Verwaltungsentscheidung besteht nämlich nicht nur allein aus dem Tenor sondern eben auch aus ihren Gründen und beide sind zusammen zu lesen.
Da also der Bescheid vom 19.08.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2008 weder formell noch materiell rechtlich zu beanstanden war, hat der Kläger die von der Aufhebung betroffenen Leistungen zurückzuerstatten. Rechtsgrundlage dafür ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 50 SGB X.
Dass der den Kläger betreffende Erstattungsbetrag hinreichend bestimmt beziffert worden ist, wurde bereits oben dargelegt.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da der Beschwerdewert nicht über 750,00 EUR liegt, war gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG über die Zulassung der Berufung zu entscheiden. Zulassungsgründe im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, so dass die Berufung nicht zuzulassen war.
Erstellt am: 28.01.2013
Zuletzt verändert am: 28.01.2013