Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 16.09.2019 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für seine Klage gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für eine im August 2019 neu angeschaffte Gleitsichtbrille.
Der am 00.00.1968 geborene Kläger bezieht fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Der Beklagte gewährte dem Kläger zuletzt Leistungen für Juni 2019 bis Mai 2020 (Bewilligungsbescheid vom 13.05.2019). Der Kläger leidet an einer Glaukom-Erkrankung der Augen ("Grüner Star"). Mit Schreiben vom 06.09.2018 bat der Kläger den Beklagten um Mitteilung, unter welchen Voraussetzungen der Beklagte die Kosten für eine neue Gleitsichtsichtbrille zu übernehmen habe. Seine Augenwerte hätten sich verschlechtert, sodass er auf eine neue Brille mit angepasster Sehstärke angewiesen sei. Der Beklagte erbat unter dem 25.09.2018 einen Nachweis über die Verschlechterung der Sehstärke. Mit E-Mail vom 26.09.2018 übersandte der Kläger eine Verordnung seiner behandelnden Augenärztin vom 25.09.2018, wonach sich die Sehkraft des Klägers um mindestens 0,5 Dioptrin verschlechtert habe, sodass eine Neuversorgung erforderlich sei.
Der Beklagte wertete dies als Antrag auf Kostenübernahme einer neuen Brille und lehnte dies mit Bescheid vom 04.10.2018 ab. Die Kosten für die Beschaffung einer Sehhilfe seien als Gesundheitsvorsorgeleistung aus dem Regelbedarf zu finanzieren/ anzusparen. Eine darlehensweise Übernahme nach § 24 Abs. 1 SGB II komme ebenfalls nicht in Betracht.
Mit Schreiben vom 25.10.2018 widersprach der Kläger. Zur Begründung ließ er unter dem 02.12.2018 vortragen, die Versorgung mit neuen Brillen seien aufgrund der progredienten Glaukom-Erkrankung als laufender Bedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II zu übernehmen, da wegen der kontinuierlichen Veränderung der Sehschärfe in kurzen, wiederholenden Abständen neue Brillen erforderlich seien. Weiterhin käme eine Kostenübernahme nach § 16 SGB II als (Ermessens-) Leistung aus dem Vermittlungsbudget bzw. gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Betracht, weil die bestehende Brille zerkratzt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2019 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Für die Versorgung mit einer medizinisch notwendigen Sehhilfe sei in erster Linie die Krankenkasse zuständig. Im Übrigen seien Gesundheitsvorsorgeleistungen aus dem Regelbedarf zu finanzieren. Etwaige Bedarfsspitzen könnten mittels Ratenzahlungen, die verschiedene Optiker zinsfrei anböten, überbrückt werden, sodass auch ein Darlehen nicht erforderlich sei, zumal die Versorgung wesentlich preisgünstiger hätte erfolgen können. Eine Reparaturkostenübernahme nach § 24 Abs. 3 Nr. 3 SGB II komme bei der Neuversorgung wegen der Notwendigkeit neuer Brillengläser nicht in Betracht. Die Voraussetzungen eines atypischen wiederkehrenden Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II lägen nicht vor. Da auch die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht anstehe, komme auch eine ermessensfehlerfreie Fördermöglichkeit aus dem Vermittlungsbudget nicht in Betracht.
Hiergegen hat der Kläger unter Wiederholung seines Vorbringens am 10.05.2019 bei dem Sozialgericht Duisburg Klage eingereicht und hierfür Prozesskostenhilfe beantragt.
Am 08.08.2019 hat sich der Kläger eine neue Gleitsichtbrille für 950 EUR (1.231 EUR für zwei Gläser und Brillengestell der Marke Boss, abzüglich 151,64 EUR Rabatt, abzüglich 129,36 EUR Kassenanteil) angeschafft. Er hat mit seinem Optiker eine Ratenzahlung von 79,17 EUR je Monat mit einer Laufzeit von 12 Monaten vereinbart.
Mit Beschluss vom 16.09.2019 hat das Sozialgericht den PKH-Antrag abgelehnt. Für die angeschaffte Sehhilfe sei die Krankenversicherung die zuständige Sozialversicherung. Soweit die Sehhilfe erforderlich ist, würden die Kosten von der Krankenkasse übernommen. Es gebe – gerichtsbekannt – eine große Zahl zuzahlungsfähiger Sehhilfen. Den vom Kammervorsitzenden des Sozialgerichts handschriftlich verfassten Beschluss hat die Geschäftsstelle insoweit fehlerhaft übertragen, als in den Leseabschriften statt "Sehhilfen" jeweils das Wort "Gehhilfen" aufgenommen wurde.
Gegen den ihm am 20.09.2019 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 20.09.2019 Beschwerde eingereicht. Das Sozialgericht verkenne, dass es nicht um Gehhilfen, sondern um Sehhilfen gehe.
Unter dem 18.10.2019 hat der Senat den Kläger auf die fehlerhafte Übertragung des Urteils hingewiesen. Darüber hinaus hat der Senat unter Verweis auf die Versorgungsmöglichkeiten nach dem SGB V um Prüfung einer Beschwerderücknahme gebeten. Der Kläger hat hierauf nicht reagiert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage iSv § 73a a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO verneint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist. Prozesskostenhilfe darf verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfG Beschluss vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88). Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern ermöglichen. Dem entspricht das Gesetz in § 114 ZPO, indem es die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussicht für den beabsichtigten Rechtsstreit besteht, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss. Die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dürfen dabei nicht überspannt werden (vgl. BVerfG Beschluss vom 07.12.2012 – 1 BvR 1263/11).
Auch unter Zugrundelegung dieser Grundsätze bietet die Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht. Denn unabhängig davon, ob der Kläger gegen den laufenden Bewilligungsbescheid für den Zeitraum Juni 2019 bis Mai 2020 (Bewilligungsbescheid vom 13.05.2019) Widerspruch eingelegt oder einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt hat (zu diesem Erfordernis, weil ein etwaiger Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II keinen gesonderten Streitgegenstand eröffnet, Urteil des Senats vom 21.03.2013 – L 7 AS 1911/12 mwN) und unabhängig davon, ob der Kläger einen gesonderten Bedarf im August 2019 iHv 950 EUR oder einen laufenden Bedarf entsprechend der Ratenzahlungsvereinbarung (mit oder ohne Gestell) begehrt, war der Antrag ohne Erfolgsaussicht. Denn der Kläger erfüllt die Voraussetzungen einer Hilfsmittelversorgung nach § 33 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB V (Stufe 1 WHO). Ausweislich der Hilfsmittelverordnung vom 25.09.2018 wurde auch die Indikation für Kunstoffgläser (Gewichtsgründe bei mehr als 6 dpt – vgl. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V iVm § 14 Abs. 3c GBA-RL) und auch die Voraussetzungen einer Folgeverordnung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 iVm § 12 Abs. 4 GBA-RL (Änderung des Visus um mindestens 0,5 dpt) augenärztlich verordnet und von der knappschaftlichen Krankenkasse anerkannt.
Bei einer – wie hier – medizinischen Indikation und grundsätzlichen Leistungsverpflichtung der Krankenkasse, hat sich der Versicherte an die Krankenkasse zu halten. Die Krankenkassen schulden aber nur Leistungen nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip (§ 12 Abs. 1 SGB V – wirtschaftlich, angemessen, nachhaltig und zweckmäßig – sog. WANZ-Kriterien), der bei Hilfsmitteln – wie Sehhilfen – grundsätzlich durch den Festbetrag gewährleistet wird (§§ 12 Abs. 2, 36 SGB V). Eine festbetragsübersteigene Leistung kann der Versicherte im begründeten Einzelfall nur von der Krankenkasse verlangen, soweit die Grundversorgung ausnahmsweise nicht ausreichend ist. Der SGB II-Leistungsträger kann insoweit – anders als bei Leistungsbegrenzungen durch Zurechnung der Eigenverantwortung (etwa, wenn die WHO-Anforderungen nicht vorliegen, aber dennoch eine Indikation gegeben ist) – nicht als Ausfallbürge herhalten (vgl. BSG Urteile vom 15.12.2010 – B 14 AS 44/09 R und vom 26.05.2011 – B 14 AS 146/10 R; zusammenfassend: Bockholdt, NZS 2016, 881, 882).
Der Versicherte ist mithin gehalten, sich bei einer unzureichenden Versorgung nach dem Festbetrag an die Krankenkasse zu halten. Ist eine festbetragsübersteigende Versorgung bei dem Versicherten erforderlich, muss er dies bei der Krankenkasse beantragen und notfalls einklagen. Ist die Festbetragsversorgung ausreichend kann eine festbetragsübersteigende Versorgung nicht ersatzweise vom Grundsicherungsträger beansprucht wird, weil eine derartig unwirtschaftliche Versorgung keinen unabweisbaren Bedarf iSv § 21 Abs. 6 SGB II oder § 24 Abs. 1 SGB II begründen kann. Aus den gleichen Gründen scheidet auch eine Versorgung aus dem Vermittlungsbudget aus, denn eine unwirtschaftliche Versorgung oberhalb des Festbetrags ist zur Eingliederung in Arbeit nicht erforderlich, zumal hier eine Beschäftigungsperspektive nicht besteht.
Etwas anderes mag wegen § 33 Abs. 2 Satz 4 SGB V in Bezug auf das Brillengestell gelten, jedoch können diese Kosten zumutbar aus der Regelleistung finanziert werden (Bockholdt, NZS 2016, 881, Seite 887). Letztlich konnte dies offen bleiben, denn der Kläger hat in seinem Widerspruchsschreiben vom 02.12.2018 selbst eingeräumt, dass das (wenn auch zerkratzte) Brillengestell erneut verwendet werden könne. Die Kosten eines Markengestells der Firma Boss waren ohnehin nicht unabweisbar.
Der Senat hat zudem bereits entschieden, dass die Neuanschaffung einer Brille wegen der Veränderung der Sehstärke nicht unter § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II fällt (Urteil vom 07.08.2014 – L 7 AS 269/14).
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattungsfähig.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 18.12.2019
Zuletzt verändert am: 18.12.2019