Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 16.01.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der am 00.00.1981 geborene Antragsteller absolviert seit dem 00.09.2011 eine Ausbil-dung zum Sozialhelfer an dem Katholischen Berufskolleg, Fachschule für Sozialpädagogik, K-Akademie e.V. Die Gewährung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) wurde wegen Überschreitens der Altersgrenze nach § 10 Abs. 3 BAföG abgelehnt (Bescheid des Amts für Ausbildungsförderung der Stadt Essen vom 30.08.2011). Hiergegen ist ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anhängig.
Der Antragsgegner hob mit Bescheid vom 25.05.2001 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an den Antragsteller mit Wirkung zum 01.09.2011 auf. Durch Bescheid vom 14.10.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2011 lehnte der Antragsgegner die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab.
Am 21.10.2011 hat der Antragsteller beantragt, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Durch Beschluss vom 16.01.2012 hat das Sozialgericht Duisburg den Antrag abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Antragsteller am 10.02.2012 Beschwerde eingelegt.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dem Antragsteller steht weder ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach § 19 SGB II (A) noch auf Leistungen für Auszubildende nach § 27 SGB II (B) zu.
A. Ein Anspruch des Antragstellers auf Arbeitslosengeld II nach § 19 SGB II ist nicht gegeben. Nach § 7 Abs. 5 SGB II ist der Antragsteller von der Leistungsberechtigung ausgeschlossen. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die vom Antragsteller am 07.09.2011 aufgenommene Ausbildung zum Sozialhelfer ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 BAföG (dem Grunde nach) förderbar. Der Antragsteller besucht eine Fachschule, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, aber in einem zumindest zweijährigen Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss – vorliegend den des Sozialhelfers – vermittelt. Unerheblich ist, dass die Ausbildung des Antragstellers nach derzeitiger Aktenlage aus persönlichen Gründen – Überschreiten der Höchstaltersgrenze von 30 Jahren – nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BAföG nach den Vorschriften des BAföG nicht förderungsfähig ist. Die Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II knüpft nicht daran an, ob dem Auszubildenden wegen individueller, in seiner Person liegender Eigenschaften eine Ausbildungsförderung nach dem BAföG zusteht oder nicht, sondern allein daran, ob die von ihm besuchte Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist (vgl. zur Maßgeblichkeit der abstrakten Förderungsfähigkeit im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II: Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 27.09.2011 – B 4 AS 145/10 R = juris Rn 15f mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; zum Leistungsausschluss nach dem BAföG bei Überschreiten der Höchstaltersgrenze: BSG Urteil vom 30.08.2010 – B 4 AS 97/09 R = juris Rn 17 m.w.N.).
Bei der vom Antragsteller angestrebten schulischen Ausbildung zum Sozialhelfer handelt es sich nach dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren möglichen Erkenntnisstand auch nicht um eine Weiterbildungsmaßnahme i.S.v. § 77 ff Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III; vgl. zum Nichteingreifen des Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 5 SGB II bei Besuch einer Weiterbildungsmaßnahme: BSG Urteil vom 30.08.2010 – B 4 AS 97/09 R = juris Rn 18f), sondern um eine Erstausbildung. Die Qualifizierung einer Maßnahme als Ausbildung oder Weiterbildung i.S.v. § 77 SGB III ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Abgrenzungskriterien vorzunehmen. Maßgeblich für die Beurteilung ist nicht die Bezeichnung als "Ausbildung"; die Abgrenzung ist ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Entscheidend für die Abgrenzung ist nicht das Ziel der Maßnahme, sondern der Weg auf dem das Ziel erreicht werden soll. Weiterbildungsangebote sollen grundsätzlich auf dem bereits vorhandenen beruflichen Wissen aufbauen. Es handelt sich insoweit um die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach dem Abschluss der ersten Ausbildungsphase oder sonstiger beruflicher Betätigung ohne vorherigen Berufsabschluss, die deswegen vielfach mit einer verkürzten Ausbildungsdauer einhergeht (BSG Urteil vom 30.08.2010 – B 4 AS 97/09 R = juris Rn 23 m.w.N.). Dabei ist zur Beurteilung, ob ein bestimmtes Lernziel im Wege der Ausbildung oder der Weiterbildung erreicht wird, nicht allein auf die Vorschriften einer Ausbildungsverordnung abzustellen. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung der konkreten Maßnahme angezeigt, die sowohl die einschlägigen Ausbildungsvorschriften als auch die Ausbildungswirklichkeit in den Blick nimmt, insbesondere, ob Vorkenntnisse eines Lernwilligen verwertbar sind und die Ausgestaltung der konkreten Ausbildung mit beeinflusst haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Bildungsmaßnahme des Leistungsberechtigten im konkreten Fall etwa auf einen kürzeren Zeitraum als nach der Ausbildungsordnung vorgesehen angelegt war oder andere Veränderungen des Lehrstoffs auf Grund von beruflicher Vorbildung erfolgt sind (BSG Urteil vom 30.08.2010 – B 4 AS 97/09 R = juris Rn 23 m.w.N.).
Bei der Ausbildung zum Sozialhelfer handelt es sich um eine landesrechtlich geregelte schulische Ausbildung an Berufsfachschulen (vgl. Berufsinformationen der Bundesagentur für Arbeit zum Sozialhelfer/in/-assistent in http://berufenet/arbeitsagentur.de/berufe). Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Ausbildung zum "Staatlich geprüften Sozialhelfer" (vgl. § 4 APO-BK Anlage B) für das Land Nordrhein-Westfalen ist die Verordnung über die Ausbildung und Prüfung in den Bildungsgängen des Berufskollegs vom 26.05.1999 in der Fassung der Verordnung vom 10.07.2011 (SGV. NRW 223 – APO-BK -). Danach handelt es sich um einen Bildungsgang von zwei Jahren in Vollzeitform (§ 2 APO-BK Anlage B), der nach den gesetzlichen Vorgaben nicht verkürzt werden kann. Soweit in § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III die Förderung eines Maßnahmeteils von bis zwei Dritteln einer Maßnahme als Weiterbildungsmaßnahme nicht ausgeschlossen ist, wenn eine Verkürzung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit auf Grund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen ausgeschlossen ist und bereits bei Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert ist, ist eine Absicherung der Kosten für letzte Ausbildungsdrittel durch den Antragsteller oder Dritte vor Aufnahme der Ausbildung nicht belegt.
Einer der Ausnahmetatbestände des § 7 Abs. 6 SGB II, in dem Ausnahmen zum Leis-tungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II geregelt sind, erfüllt der Kläger nicht. Er ist nicht aufgrund der in § 7 Abs. 6 SGB II genannten Vorschriften des BAföG von Leistungen ausgeschlossen, sondern weil er die persönlichen Anforderungen des § 10 Abs. 3 Satz 1 BAföG nicht erfüllt (vgl. hierzu BSG Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 28/06 R -).
B. Dem Antragsteller steht auch kein Anspruch auf Leistungen für Auszubildende nach § 27 SGB II zu.
Die Voraussetzungen des § 27 Abs. 2 SGB II sind nicht gegeben. Es sind nach Aktenlage keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass beim Antragsteller die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 2, 3, 5, und 6 SGB II oder einen Sonderbedarf i.S.v. § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB II vorliegen. Dies wird vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.
Ein Anspruch nach § 27 Abs. 3 SGB II ist auch nicht gegeben, da der Antragsteller keine Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld nach dem SGB III oder Leistungen nach dem BAföG erhält.
Ebenfalls liegen die Voraussetzungen für die Gewährung eines Darlehens für Regelbedarfe, Bedarfe für Unterkunft und Heizung und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht vor. Nach § 27 Abs. 4 SGB II können diese Leistungen als Darlehen gewährt werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte bedeutet. Ein besonderer Härtefall ist nur dann gegeben, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über dasjenige Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung der Hilfe zum Lebensunterhalts für eine Ausbildung verbunden und vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden ist. Deshalb müssen im Einzelfall Umstände hinzutreten, die auch im Hinblick auf den Gesetzeszweck, die Grundsicherung von den finanziellen Lasten der Ausbildungsförderung freizuhalten, den Ausschluss übermäßig hart, d.h. als unzumutbar oder in einem hohen Maße unbillig, erscheinen lassen. Ein besonderer Härtefall muss über die mit dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II verbundenen Folgen, im Regelfall die Ausbildung nicht oder nur eingeschränkt fortsetzen zu können, deutlich hinausgehen. Es muss ein atypischer Lebenssachverhalt vorliegen, der es für einen Auszubildenden auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses objektiv nicht zumutbar erscheinen lässt, seine Ausbildung zu unterbrechen; die Folgen des Anspruchsausschlusses müssen deshalb über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung der Leistungen zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist (zur Auslegung des Begriffs "besondere Härte" in der Vorgängervorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II: BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R = juris Rn 17f mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Der Antragsteller hat das Vorliegen eines solchen Härtefalls nicht glaubhaft gemacht. Zum Zeitpunkt der Antragstellung im Oktober 2011 hatte er noch keinen wesentlichen Teil der erst am 00.09.2011 aufgenommenen und auf insgesamt zwei Jahre ausgelegten Ausbildung zurückgelegt. Ein Abbruch der Ausbildung zwecks Erhalts von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist dem Kläger zumutbar gewesen. Soweit das BSG einen Härtefall für möglich hält, wenn die finanzielle Grundlage der Ausbildung aus der Sicht des Auszubildenden bei Aufnahme der Ausbildung gesichert schien (vgl. BSG Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 28/06 R – und vom 30.09.2008 – B 4 AS 28/07 R -), fehlen hier hinreichende objektive Anhaltspunkte für ein schutzwürdiges Vertrauen. Der Antragsgegner hat schon im Mai 2011 im Hinblick auf die vom Antragsteller beabsichtigte Aufnahme einer Ausbildung zum Sozialhelfer die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II aufgehoben. Des Weiteren ist die Gewährung von BAföG noch vor der Aufnahme der Ausbildung abgelehnt worden.
Ein besonderer Härtefall ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt gegeben, dass die konkrete Ausbildung bei objektiver Betrachtung die einzige Chance darstellt, Zugang zum Erwerbsleben zu erhalten. Zwar können besondere soziale und/oder persönlichkeitsbedingte Probleme dazu führen, dass eine Ausbildung für den Zugang zum Erwerbsleben eine so herausragende Bedeutung erlangt, dass es unzumutbar wird, eine Ausbildung aus finanziellen Gründen abzubrechen (BSG Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 67/08 R = juris Rn 21 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). In einem solchen Fall muss die Ausbildung aber objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt für den Hilfebedürftigen darstellen und der Berufsabschluss nicht auf andere Weise, insbesondere durch eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung (§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. §§ 77ff SGB III) erreichbar sein. Zwar verfügt der Antragsteller nach derzeitiger Aktenlage über keinen Berufsabschluss oder sonstige qualifizierte berufliche Kenntnisse. Dies allein genügt aber nicht zur Glaubhaftmachung, dass die Aufnahme einer schulischen Ausbildung zum Sozialhelfer objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt ist. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, d. h. die gute Möglichkeit, dass die Ausbildung zum Sozialhelfer der einzige Zugang zum Arbeitsmarkt ist, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung: BSG Beschluss vom 07.04.2011 – B 9 VG 15/10 B -). Im Hinblick darauf, dass die Voraussetzung für die Gewährung von Weiterbildungsmaßnahmen nach § 77 SGB III bei Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss erleichtert sind (§ 77 Abs. 2 SGB III) und sich weder aus der Akte noch aus den Bekundungen der Beteiligten im Verfahren ergibt, dass der Antragsgegner die Gewährung von Weiterbildungsmaßnahmen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. §§ 77ff SGB III jedweder Art abgelehnt hat, ist nicht am wahrscheinlichsten, dass die Ausbildung zum Sozialhelfer die einzige Möglichkeit für den Zugang des Antragstellers zum Arbeitsmarkt ist. Weder aus der Akte noch aus dem Vortrag des Antragstellers ergeben sich Anhaltspunkte, dass der Antragsteller sich beim Antragsgegner über die Gewährung von Weiterbildungsmaßnahmen zwecks Erwerbs qualifizierter beruflicher Kenntnisse oder Abschlüsse hat beraten lassen. Ebenso wenig ist plausibel, aus welchen Gründen die Teilnahme an anderen Weiterbildungsmaßnahmen als die Ausbildung zum Sozialhelfer nicht möglich gewesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 05.04.2012
Zuletzt verändert am: 05.04.2012