I. Die Klage gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2007 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2008 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Einstiegsgeld ab 01.07.2007 bis 30.06.2009 streitig.
Der am 1948 geborene Kläger ist seit 1990 als Rechtsanwalt selbständig erwerbstätig. Von der Beklagten erhält er seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Zuvor bezog er neben seiner selbständigen Tätigkeit Sozialhilfe. Am 10.05.2007 erklärte der Kläger, dass er unter den erleichterten Voraussetzungen des § 65 Abs. 4 SGB II in Verbindung mit § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) Arbeitslosengeld II beziehen möchte. Am 11.09.2007 stellte er bei der Beklagten sodann einen Antrag auf Gewährung von Einstiegsgeld für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.10.2007 ab. Dagegen legte der Kläger am 13.11.2007 Widerspruch ein. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 zurück. Der Kläger übe seine Tätigkeit seit Jahren aus. Einstiegsgeld werde jedoch nur bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gewährt. Es sei auch nicht damit zu rechnen, dass der Kläger durch seine Rechtsanwaltstätigkeit seine Hilfebedürftigkeit überwinden könne. Er lebe seit Jahren von Grundsicherungsleistungen.
Hiergegen hat der Kläger am 26.05.2008 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung hat er u.a. ausgeführt, dass er auf ein Eingliederungsdarlehen angewiesen sei. So sei er mit der Bezahlung seiner Krankenkassenbeiträge in Verzug geraten. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass er nach Verlust seiner DDR-Zulassung und der zwangsweisen Schließung seiner A.er Kanzlei, die er von 1996 bis 1999 betrieben habe, in seine Heimatstadt A. zum Wiedereinrichter einer Rechtsanwaltskanzlei gemacht wurde, sodass er einen Berufsanfänger im Sinne des § 29 SGB II gleichzusetzen sei. Mit Schriftsatz vom 20.08.2008 hat er weiter vorgetragen, dass sich seine Umsatzlage wieder etwas verbessert habe, sodass er seine bescheidenen Lebenshaltungskosten mit Ausnahme der offenen Krankenkassenbeiträge (Zeitraum vom 01.07.2007 bis 30.08.2008) wieder finanzieren könne. Wider erwartend gestalte sich die Entwicklung des Aufbaues der Anwaltskanzlei in A. zwischenzeitlich erfolgversprechend. Jedoch habe sich sein Gesundheitszustand (Bandscheibenschaden) so stark verschlechtert, dass er eine ärztliche Untersuchung wegen Prüfung einer Teilinvalidität habe beantragen müssen. Dies könnte zur Folge haben, dass er aus dem Leistungsbezug der Beklagten herausfalle. Nichts desto trotz werde er weiterhin als Anwalt (für drei Stunden täglich) praktizieren, um seinen Lebensunterhalt selber zu erwirtschaften, weil es nach 18-jähriger selbständiger Anwaltstätigkeit außerordentlich deprimierend sei, auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft angewiesen zu sein.
In der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2008 beantragt der nicht anwesende und nicht vertretene Kläger sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 12.10.2007 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2008 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.07.2007 bis zunächst 31.03.2009 Einstiegsgeld in Höhe von monatlich 313,00 EUR zu gewähren.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogene Verwaltungsakte und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 12.10.2007 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2008 den Antrag des Klägers auf Gewährung von Einstiegsgeld abgelehnt.
Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II kann erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Die genannten Voraussetzungen liegen jedoch beim Kläger nicht vor. So ist dieser nicht arbeitslos. Wer als arbeitslos anzusehen ist, ergibt sich aus § 119 SGB III. Die Arbeitslosigkeit des Klägers scheitert hier daran, dass dieser zumindest bis zu seinem Bandscheibenvorfall sowohl nach Aktenlage als auch nach seinem Vortrag im Schriftsatz vom 20.08.2008 nicht weniger als 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist (§ 119 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Des Weiteren hat der Kläger am 10.05.2007 den erleichterten Bezug von Arbeitslosengeld II gemäß § 65 Abs. 4 SGB II in Verbindung mit § 428 SGB III für sich in Anspruch genommen. Damit hat er gleichzeitig erklärt, dass er dem Arbeitsmarkt nicht mehr in vollem Umfang zur Verfügung steht, weil er zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt aus dem Erwerbsleben ausscheiden wolle und deshalb nicht mehr an der Aufnahme einer neuen Beschäftigung interessiert sei. Damit erfüllt er jedoch auch nicht mehr die in § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III normierte Voraussetzung für Arbeitslosigkeit, dass man den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht. Zudem ist der Kläger aufgrund seiner Erklärung vom 10.05.2007 davon befreit, alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen (§ 119 Abs. 4 SGB III), sodass es ebenso an der Voraussetzung für die Arbeitslosigkeit gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III (Eigenbemühungen) fehlt.
Aus dem Wortlaut des § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II ergibt sich zudem, dass die Bewilligung von Einstiegsgeld zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Dies bedeutet, dass das Einstiegsgeld eine gewisse Ultima Ratio darstellt, die erst dann zum Zuge kommen darf, wenn eine Eingliederung des Betroffenen in den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht anders erreicht werden kann (so auch Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 29 Rdz. 26). Da der Kläger jedoch wegen seiner Erklärung vom 10.05.2007 von weiteren Vermittlungsbemühungen und auch Eigenbemühungen befreit ist, kann nicht festgestellt werden, dass eine Eingliederung des Klägers in den allgemeinen Arbeitsmarkt durch andere Maßnahmen als durch die Bewilligung von Einstiegsgeld nicht möglich ist. Im Übrigen ist der Beklagten in ihren Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008 darin zuzustimmen, dass hier nicht von einer Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit des Klägers gesprochen werden kann, da er bereits seit Jahren als Rechtsanwalt selbständig erwerbstätig ist. Dies ändert auch nichts daran, dass der Kläger nach Schließung seiner ostdeutschen Kanzlei erneut in A. eine Kanzlei eröffnet hat. Denn auch diese führte er bereits vor Antragstellung bei der Beklagten seit längerer Zeit, nämlich seit 2003 (s. hierzu auch Schreiben des Klägers vom 28.04.2007 im Verwaltungsverfahren). Von einer Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt im Jahr 2007 kann daher keine Rede sein. Hinzu kommt, dass durch den bisherigen Verlauf seiner selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt gerade nicht der Nachweis erbracht werden konnte, dass diese geeignet ist, die Hilfebedürftigkeit des Klägers zu überwinden.
Da insgesamt die Leistungsvoraussetzungen für die Bewilligung von Einstiegsgeld nicht vorlagen, war der Antrag ohne weitere Ermessenserwägungen von der Beklagten abzulehnen. Der Bescheid der Beklagten vom 12.10.2007 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2008 war daher rechtlich nicht zu beanstanden und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 06.10.2008
Zuletzt verändert am: 06.10.2008