Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.07.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 07.01.2008. Die 1957 geborene Klägerin bezog von der Beklagten aufgrund des Bescheides vom 13.06.2007 für die Zeit vom 01.07.2007 bis einschließlich 31.12.2007 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 609,30 EUR monatlich (Regelleistung zzgl. Kosten der Unterkunft). Mit Unterschrift vom 20.09.2007, bei der Beklagten eingegangen am 24.09.2007, bestätigte die Klägerin der Beklagten, deren "Hinweise und Informationen" im Zusatzblatt Mitteilungspflichten ALG II zur Kennntnis genommen zu haben. In dieser Informationsschrift für Leistungsbezieher führt die Beklagte zur Antragstellung u.a. aus, dass "für Tage vor der Anmeldung" keine Leistungen bewilligt werden könnten. Die Klägerin übermittelte der Beklagten am 08.01.2008 die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006 und erkundigte sich zugleich, warum für Januar 2008 noch keine Leistungen gezahlt worden seien. Nach Eingang des schriftlichen Fortzahlungsantrages der Klägerin bei der Beklagten am 14.01.2008 bewilligte diese der Klägerin mit Bescheid vom 17.01.2008 für die Zeit vom 08.01.2008 bis 30.06.2008 Leistungen nach dem SGB II. Dagegen legte die Klägerin am 12.02.2008 Widerspruch ein und wandte sich gegen einen "Entzug der laufenden Leistung für die Zeit vom 01.01.2008 bis 07.01.2008". Die Beklagte wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2008 als unbegründet zurück, denn für den Anspruch auf Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 07.01.2008 mangele es an einem Antrag im Sinne von § 37 Abs. 1 SGB II. Einen Antrag bereits im Dezember 2007 habe die Klägerin nicht gestellt. Die Klägerin hat am 02.12.2008 bei dem Sozialgericht (SG) Köln Klage erhoben, ohne diese weiter zu begründen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.07.2009 als unbegründet abgewiesen. Nach § 37 Abs. 1 SGB II sei die getroffene Entscheidung der Beklagten rechtmäßig. Die Norm habe auch für Fortzahlungsanträge konstitutive (anspruchsbegründende) Wirkung. Die Beklagte habe deshalb zu Recht keine Leistungen vor dem 08.01.2007 gewährt. Sollte aus dem Klagebegehren eine Behauptung der Klägerin dahingehend, bereits vor Januar 2008 den Antrag gestellt zu haben, abgeleitet werden können, wäre ebenfalls keine frühere Leistungsgewährung möglich. Die Zweifel in diesem Punkt gingen vielmehr zu Lasten der Klägerin. Schließlich käme auf Grund des am 08.01.2007 erfolgten Antrages keine rückwirkende Leistungsgewährung in Betracht, da nach § 37 Abs. 2 SGB II Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht würden. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen, §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gegen das ihr am 26.08.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.09.2009 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 01.02.2010 im Hinblick auf die höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage, ob § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch für Folgeanträge nach Ablauf eines Bewilligungszeitraums gelte, zugelassen. Die Klägerin, die die Berufung nicht weiter begründet hat, beantragt schriftsätzlich sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.07.2009 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2008 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II auch für die Zeit vom 01.01.2008 bis 07.01.2008 zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig.
Die Beklagte ist als eine nach § 44b SGB II in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014) gebildete Arbeitsgemeinschaft nach § 70 Nr. 2 SGG beteiligtenfähig. § 44 b SGB II ist ungeachtet seiner Verfassungswidrigkeit bis zum 31.12.2010 weiterhin anwendbar (BVerfG, Urteil vom 20.12.2007, 2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04 = BVerfGE 119, 331).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 17.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie hat keinen Anspruch auf Zahlung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2008 bis 07.01.2008.
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden (nur) auf Antrag (§ 37 Abs. 1 SGB II) und nicht für Zeiten vor der Antragstellung (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II) erbracht. Entscheidend für den Leistungsbeginn ist mithin grundsätzlich das Datum der Antragstellung, hier von der Beklagten zu Recht angenommen der 08.01.2008. Denn erst zu diesem Datum ist ein Fortzahlungsantrag der Klägerin bei der Beklagten eingegangen. Da es sich bei diesem Antrag um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, auf die die zivilrechtlichen Vorschriften über den Zugang von Willenserklärungen anwendbar sind, ist der Antrag erst mit Zugang an diesem Tag beim Leistungsträger wirksam geworden (§ 130 Bürgerliches Gesetzbuch). Lässt sich der Zugang eines Antrags zu einem früheren Zeitpunkt nicht feststellen, wirkt sich dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zum Nachteil der Klägerin aus, die aus dieser Tatsache Rechte herleiten wollte.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt die Regelung in § 37 SGB II unabhängig davon, ob es sich um einen Erst- oder aber einen Folgeantrag für weitere Bewilligungsabschnitte handelt (ebenso Landessozialgericht – LSG – Hessen, Urteil vom 18.12.2009, L 7 AS 413/09 = Revision beim Bundessozialgericht – BSG – B 4 AS 29/10 R; LSG NRW, Urteil vom 17.04.2009, L 19 B 63/09 AS; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.03.2009, L 29 AS 162/09 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.03.2009, L 14 B 2368/08 AS PKH; LSG NRW, Urteil vom 17.04.2008, L 9 AS 69/07; SG Bremen, Gerichtsbescheid vom 07.01.2010, S 18 AS 664/09; SG Reutlingen, Urteil vom 03.03.2009, S 2 AS 4577/08 und Urteil vom 17.03.2008, S 12 AS 2203/06; Link in Eicher-Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 37 Rn 19; aA Schoch in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 37 Rn 8).
Der Wortlaut des § 37 SGB II, der allein den Begriff "Antrag" verwendet, differenziert nicht zwischen Erst- und Folgeantrag. Auch im Wege der weiteren Auslegung ist eine solche Unterscheidung nicht nur nicht geboten; sie widerspricht sogar der mit der Regelung verfolgten Absicht des Gesetzgebers.
Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift des § 37 SGB II allein auf "Erstanträge" ergibt sich nicht aus den Gesetzesmaterialien. Ebenso wie im Gesetzestext wird hier ohne inhaltliche Unterscheidung von dem "Antrag" gesprochen. Zur Begründung der später in Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 ungeändert in das Gesetz übernommenen Entwurfsfassung heißt es, dass der Antrag auf Leistungen konstitutive Wirkung habe und es, anders als im Sozialhilferecht, nicht auf die Kenntnis des Leistungsträgers von der Hilfebedürftigkeit ankomme. Lediglich dann, wenn der Leistungsträger keine Dienstbereitschaft habe, wirke ein am Öffnungstag gestellter Antrag zurück (BT-Drs 15/1516, S. 62). Hätte der Gesetzgeber allein einem Erstantrag konstitutive Wirkung beimessen, diese bei Folgeanträgen jedoch ausschließen wollen, so wäre hier eine differenzierende Begründung oder zumindest ein Hinweis zu erwarten gewesen. Dies gilt um so mehr vor dem Hintergrund, dass bereits der Entwurf des Gesetzes keine durchgängigen Leistungen auf einmalige Antragstellung hin, sondern in § 41 die Leistungsbegrenzung auf Bewilligungsabschnitte von regelmäßig 6 Monaten vorsah (BT-Drs 15/1516, S. 18). Nach der Gesetzesbegründung zu § 41 SGB II sollte der sechsmonatige Bewilligungsabschnitt eine regelmäßige Überprüfung der Hilfebedürftigkeit in überschaubaren zeitlichen Abständen sicherstellen (BT-Drs 15/1516, S. 63). Dies aber impliziert regelmäßige Folgeanträge der Hilfebedürftigen, denen mit einer differenzierenden Regelung hätte Rechnung getragen werden können und müssen, wenn man die Rechtswirkungen von Erst- und Folgeanträgen unterschiedlich hätte gestalten wollen.
Auch in Ansehung allgemeiner verfahrensrechtlicher Grundsätze und Bestimmungen sind hier Erst- und Folgeanträge nach Maßgabe des § 37 SGB II gleich zu behandeln. So kann ein bloßes Fortwirken des Erstantrags über das Ende des Bewilligungszeitraums hinaus nicht angenommen werden. Mit dem Antrag signalisiert ein potentieller Leistungsempfänger dem Leistungsträger, dass er nunmehr die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens (§§ 8 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB X – i.V.m. der Leistungsvorschrift, hier § 40 Abs. 1 SGB Il) begehrt. Dieses Verwaltungsverfahren wird regelmäßig mit dem Erlass eines Verwaltungsaktes (Ablehnung oder Bewilligung der Leistung in Bescheid oder Widerspruchsbescheid) abgeschlossen (§ 8 SGB X; von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 8 Rn 9, § 18 Rn 9; vgl. auch BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 14 Ab 56/08 R Rn 16). Entsprechend bleibt ein verfahrensrechtlicher Antrag (nur) so lange wirksam und wirkt (nur) so lange fort, wie über diesen noch nicht entschieden ist bzw. so lange wie der in seiner Folge ergangene Bescheid Wirkungen entfaltet. Die Wirkung eines (ursprünglichen) Antrags auf Leistungen der Grundsicherung erlischt demzufolge nach Ablauf des Bewilligungszeitraums (vgl. § 41 Abs. 1 SGB II), so dass ein neuer (Folge-)Antrag notwendig ist (LSG NRW, Urteil vom 17.04.2008, L 9 AS 69/07 Rn 27; Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 37 Rn 19).
Die Begrenzung der Wirksamkeit eines Antrags auf einen Bewilligungsabschnitt findet seine Bestätigung auch in der Judikatur des BSG, wonach Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume nicht in analoger Anwendung des § 96 SGG Gegenstand bereits laufender Klageverfahren werden (st. Rspr. z.B. BSG, Urteil vom 22.03.2010, B 4 AS 39/09 R Rn 12 mit Verweis u.a. auf BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 14/06 R, dort Rn 30, jeweils juris). Sind aber Folgezeiträume nicht in laufende Klageverfahren einzubeziehen, spricht dies dafür, dass auch die von den Hilfebedürftigen gestellten Anträge jeweils nur Wirkung für den Bewilligungsabschnitt, nicht aber darüber hinaus, entfalten.
Die Auffassung, der Antrag wirke über das Ende des Bewilligungszeitraums hinaus fort, lässt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG zu Anträgen auf die (frühere) Arbeitslosenhilfe ableiten (noch jeweils zum Arbeitsförderungsgesetz – AFG -: BSG, Urteil vom 29. Januar 2001, B 7 AL 16/00 R Rn 23 m.w.N. = SozR 3-4300 § 196 Nr. 1; Urteil vom 29.06.2000, B 11 AL 99/99 R Rn 15 = SozR 3-4100 § 152 Nr. 10: Urteil vom 29.11.1990, 7 RAr 6/90 Rn 25 = SozR 3-4100 § 139a Nr. 1; Urteil vom 12.12.1985, 7 RAr 75/84 Rn 12). Die Notwendigkeit von Folgeanträgen für weitere Bewilligungszeiträume ist vor dem Hintergrund der jeweiligen gesetzgeberischen Konzeption zu beantworten und erfordert eine funktionsdifferente Betrachtung (BSG, Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 13/08 R Rn 14). Eine Fortwirkung des Antrags im Rahmen der Hilfegewährung nach dem SGB II ist nicht geboten. Bei dem Antragserfordernis in § 37 SGB II handelt es sich nicht um eine materiell-rechtliche, sondern – aus der Stellung im Gesetz erkennbar – (nur) um eine verfahrensrechtliche Voraussetzung für die Leistungserbringung (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11. März 2008, L 7 AS 143/07 = FEVS 60, 127 Rn 18; Striebinger in Gagel, SGB II, § 37 Rn 1; Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 37 Rn 17, 19; Müller, in: Hauck/Noftz, SGB II, 2004, § 37 Rn 5). Erschöpft sich der Antrag aber in seiner verfahrensrechtlichen Funktion, ist seine Wirkung mit Abschluss des Verwaltungsverfahrens beendet; er kann – anders als materielle Voraussetzungen – nicht weiterwirken. Auch die damalige Annahme des BSG, dass im Bereich der Leistungen der Arbeitslosenhilfe im Falle ununterbrochener Arbeitslosigkeit und Fortbestand der übrigen Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich ein einheitlicher und fortwährender Anspruch bestehe (z.B. BSG, Urteil vom 24.07.1986, 7 RAr 94/84 Rn 16 m.w.N.), gilt nicht gleichermaßen für Leistungen nach dem SGB II. Allein der Umstand, dass die Hilfegewährung im SGB II insbesondere von der – zu prüfenden – aktuellen Hilfebedürftigkeit und der Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft abhängt, weist darauf hin, dass nach Ablauf des Bewilligungsabschnitts ein neuer Fortzahlungsantrag notwendig ist (Link in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 37 Rn 19; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. März 2009, L 29 AS 162/09 B Rn 4). Anders als bei der Arbeitslosenhilfe (Alhi) nach dem AFG ergehen Bewilligungsbescheide im Rahmen des SGB II häufig nicht nur für eine einzige Person, sondern für mehrere Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Darüber hinaus ist das Konzept des SGB II davon geprägt, vorrangig sowie möglichst schnell und passgenau die Eingliederung in Arbeit zu unterstützen und lediglich nachrangig bedarfsdeckende Leistungen zu erbringen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 SGB II, BT-Drs. 15/1516 S. 2, 44, 51). Stehen aber die Eingliederungsbemühungen im Vordergrund, bedeutet dies auf der anderen Seite, dass hierauf jeweils flexibel und zeitnah reagiert werden soll. Dies zeigt auch der gegenüber der Gewährung von Arbeitslosenhilfe nach dem AFG bzw. den früheren §§ 190 ff. des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) verkürzte Bewilligungszeitraum des § 41 SGB II. Die Frage der Bemühungen um Vermittlung in Arbeit hat damit erheblichen Einfluss auf Art und Umfang der Hilfegewährung und erfordert regelmäßig eine neue umfassende Prüfung des einzelnen Leistungsfalls. Von einem – weitgehend unveränderten – einheitlichen Anspruch, wie diesen das BSG etwa bei der früheren Alhi nach dem AFG angenommen hatte, ist im SGB II mithin nicht auszugehen. Ähnliche Unterschiede hat das BSG auch zur Abgrenzung der Leistungen der Arbeitsförderung nach dem SGB III zu den Leistungen nach dem SGB II herausgestellt (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 14/06 R Rn 30 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1).
Soweit das BSG für Anträge auf Leistungen nach dem bis zum 31. Dezember 2004 geltenden "Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsmin-derung" (GSiG) einen Folgeantrag für einen weiteren Bewilligungszeitraum für entbehrlich erachtet hat (Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 13/08 R Rn 12, juris), ist dies ebenfalls erkennbar von den Besonderheiten des dem Streitverfahren zugrundeliegenden Rechtsgebiets getragen. Der Antrag dort sollte allein den Wechsel des Leistungssystems von der Sozialhilfe zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – mit vor allem beschränktem Rückgriff auf unterhaltsverpflichtete Angehörige – von einem ausdrücklichen Wunsch des Berechtigten in Form eines Antrags abhängig machen, ohne im Übrigen die Leistungsgewährung gegenüber der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz durch ein gesteigertes Antragserfordernis zu erschweren (BSG, a.a.O.). Sowohl für die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als auch für die der Alhi (hierzu s. oben) ging der Gesetzgeber bei im Wesentlichen gleichbleibenden Verhältnissen von einem nur geringen Anpassungs-/Veränderungsbedarf aus. Dies belegten § 6 Abs. 1 GSiG bzw. § 139 a Abs. 1 AFG, die mit Blick auf etwaige Anpassungen von Sozialleistungen einen Bewilligungszeitraum von bzw. bis zu einem Jahr vorsahen. Etwas anderes gilt hingegen für das Regelungskonzept der Grundsicherung für Arbeitsuchende, das auf schnell und/oder sich häufig ändernde persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse des arbeitsuchenden Hilfeempfänger und der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft zusammen lebenden Personen reagieren können muss (s.o., dazu auch die Urteils-Anmerkung Schäfer, ZFE 2010, S. 194, 196). Des weiteren widerspricht eine Unterscheidung zwischen Erst- und Folgeantrag bei § 37 SGB II der mit dieser Norm verfolgten ratio legis. Soll der Leistungsantrag nach dem Willen des Gesetzgebers konstitutive Wirkung haben und sollen Leistungen erst ab Antragstellung zustehen (vgl. hierzu oben und BT-Drs. 15/1516 S. 62), kann dies im Gesamtbild des Leistungsgefüges nur dann gesichert werden, wenn die Leistungsgewährung zu jedem Zeitpunkt, also sowohl bei erstmaligem Leistungsbeginn als auch bei Fortsetzung des Leistungsbezugs, an die Antragstellung gebunden ist. Denn die legislatorische Absicht, die Hilfebedürftigkeit durch Schaffung von Bewilligungszeiträumen regelmäßig zu überprüfen, begegnete erheblichen praktischen Schwierigkeiten, wenn Folgeanträge, anders als Erstanträge, keine Leistungsvoraussetzung wären. Dann nämlich müsste der Leistungsträger die einmal bewilligten Leistungen (vorläufig) weiterzahlen, bis er vom Hilfebedürftigen aktualisierte Angaben zu seinem (verminderten) Hilfebedarf erlangt hat. Ohne die verhaltenssteuernden Rechtswirkungen des Antrags würde die Überprüfung des Leistungsanspruchs häufig nicht vor dem neuen Bewilligungsabschnitt abgeschlossen werden können. Damit käme es zu ungerechtfertigten Überzahlungen, deren Rückforderung sich unter rechtlichen wie tatsächlichen Gesichtspunkten problematisch gestalten, einen großen Aufwand bedingen und häufig zu finanziellen Ausfällen führen würde. Einen ausdrücklichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich des Fortzahlungsantrags hat die Klägerin nicht gestellt. Unabhängig davon wäre dieser auch ohne Erfolg. Gemäß § 27 SGB X ist Wiedereinsetzung nur zu gewähren, wenn eine gesetzliche Frist versäumt wurde. Dies ist hier nicht der Fall, denn bei der Regelung des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II handelt es sich nicht um eine gesetzliche Frist (LSG NRW, Urteil vom 17.04.2008, L 9 AS 69/08).
Schließlich ist die Klägerin auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu behandeln, als hätten sie den Fortzahlungsantrag rechtzeitig gestellt. Dieser Anspruch setzt u.a. die Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Sozialrechtsverhältnis durch den Leistungsträger voraus (BSG, Urteil vom 06.03.2003, B 4 RA 38/02 R Rn 15 = SozR 4-2600 § 115 Nr. 1). Eine solche ist hier nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Beklagte mit ihren, von der Klägerin mit ihrer Unterschrift am 20.09.2007 als bekannt bestätigten, Hinweisen und Informationen ihrer – anerkannten (vgl. LSG NRW, Urteil vom 17.04.2008, L 9 AS 69/07) – Pflicht nachgekommen, die Klägerin zeitig darauf hinzuweisen, dass der Weiterbewilligungsantrag rechtzeitig gestellt werden müsse, um Leistungsunterbrechungen zu vermeiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage als gegeben angesehen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 01.07.2010
Zuletzt verändert am: 01.07.2010