I. Die Klage gegen den Bescheid vom 10. April 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2006 sowie gegen den Bescheid vom 21. August 2006 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2006 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Kosten für Krankengymnastik am Gerät streitig (Übernahme eines Jahresabonements mit Monatsbeiträgen in Höhe von 56,00 EUR in einem Augsburger Reha-Zentrum).
Die Klägerin bezieht von der Beklagten seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Zuvor erhielt die Klägerin Arbeitslosengeld I. Am 06.05.2005 beantragte sie unter Vorlage eines fachärztlichen orthopädischen Attestes vom 28.04.2005 von Dr. B. die Übernahme der Kosten für regelmäßige Krankengymnastik am Gerät bei dem Gesundheitstreff S. GmbH in A … Mit dieser hatte sie bereits einen jährlich zu erneuernden Vertrag mit Monatsbeiträgen in Höhe von 56,00 EUR im Jahr 2003 geschlossen. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.04.2006 ab. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 26.04.2006. Mit Bescheid vom 21.08.2006 lehnte die Beklagte auch einen diesbezüglichen Anspruch auf Bewilligung einer nicht rückzahlbaren Beihilfe im Sinn des § 23 Abs. 1 in Verbindung mit § 44 SGB II ab. Auch dagegen legte die Klägerin Widerspruch bei der Beklagten ein. Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 25.08.2006 und 23.10.2006 zurück.
Gegen die zurückweisenden Widerspruchsbescheide hat die Klägerin am 21.09.2006 sowie am 17.11.2006 Klage erhoben. Mit Beschluss vom 07.05.2007 hat das Sozialgericht Augsburg die beide Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 11.05.2007 hat das Sozialgericht Augsburg sodann den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt. Im Hinblick darauf wird von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes abgesehen und insoweit auf den Tatbestand des PKH-Beschlusses verwiesen (§ 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
In der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2007 beantragt die Klägerin,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 10.04.2006 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25.08.2006 und Bescheids vom 21.08.2006 in Fassung des Widespruchsbescheids vom 23.10.2006 zu verurteilen, ihr die Übernahme der Kosten für Krankengymnastik am Gerät in einer in Augsburg ortsansässigen Reha-Einrichtung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur weiteren Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 SGG frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Bewilligung der Übernahme von Kosten für Krankengymnastik am Gerät in einer Reha-Einrichtung. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich nämlich weder aus § 23 Abs. 1 SGB II, ebenso wenig aus § 21 SGB II, noch aus § 16 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB II. Zwar ist die Klägerin hilfebedürftig im Sinn von § 9 Abs. 1 SGB II, da sie ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann. Deswegen erhält sie von der Beklagten insbesondere auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe des Regelsatzes gemäß § 20 Abs. 1 SGB II. Eine davon abweichende höhere Leistungserbringung ist nur möglich bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 21 und 23 SGB II. § 21 SGB II scheidet schon deshalb als Anspruchsgrundlage für die Klägerin aus, da sie nicht zu dem in § 21 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 SGB II genannten Personenkreis gehört und auch nicht einen Anspruch gemäß § 21 Abs. 5 SGB II auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung geltend macht. Es scheitert aber auch ein Anspruch der Klägerin auf die beantragte Kostenübernahme für die Krankengymnastik am Gerät unter dem Gesichtspunkt des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Da hier bereits eine darlehensweise Übernahme der Krankengymnastikkosten ausscheidet, kommt erst recht nicht die beantragte Übernahme als Beihilfe in Verbindung mit § 44 SGB II in Betracht. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II kann nämlich nur ein von der Regelleistung umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts, der weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, von der Beklagten bei einem entsprechenden Nachweis als Sachleistung oder als Geldleistung erbracht werden. Voraussetzung für den Leistungsanspruch ist also ein von der Regelleistung umfasster Bedarf. Nach Auffassung des Gerichts stellt jedoch die Krankengymnastik am Gerät keinen von der Regelleistung umfassten Bedarf dar. Vielmehr wird der von der Klägerin geltend gemachte Bedarf spezialgesetzlich in § 27 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 6 SGB V geregelt. Seit Einführung des SGB II zum 01.01.2005 ist die Klägerin nämlich gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V in der gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert. Diese Regelung wurde zur Vermeidung einer Besserstellung der Grundsicherungsleistungsempfänger gegenüber gesetzlich Krankenversicherten durch den Gesetzgeber eingeführt. Daraus folgt, dass der medizinisch notwendige Bedarf der Empfänger von Grundsicherungsleistungen im selben Umfang wie der der übrigen gesetzlich Pflichtversicherten durch die gesetzlichen Krankenkassen gesichert wird. Ein im SGB V geregelter medizinischer Bedarf ist damit auch nur unter den dort geregelten Voraussetzungen von der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Der Gedanke, dass der medizinisch notwendige Bedarf abgesehen von Ausnahmevorschriften wie § 21 SGB II abschließend unter den Voraussetzungen des SGB V zu erbringen ist und sich eine Aufstockung durch den Grundsicherungsleistungsträger verbietet, ergibt sich auch daraus, dass für die nicht gesetzlich krankenversicherten Hilfebedürftigen im SGB XII ausdrücklich die Akzessorietät des Leistungsspektrums der Sozialhilfe auf medizinischem Gebiet mit dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkasse festgeschrieben ist (§ 52 SGB XII). Einfach ausgedrückt heißt dies, dass auch bei einer Leistungserbringung der Sozialhilfe an den Hilfebedürftigen, wenn dieser gesetzlich nicht pflichtversichert ist, keine anderen Leistungen erbracht werden dürfen, d. h. auch keine weitergehenden Leistungen, als sie von der gesetzlichen Krankenkasse bewilligt worden wären. Dies bedeutet für die Klägerin, dass sie bezüglich der Kosten für Krankengymnastik gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung Ansprüche nur im selben Umfang geltend machen kann wie die übrigen gesetzlich Krankenversicherten, und nicht über das SGB II den spezialgesetzlich geregelten Bedarf zusätzlich ausweiten kann. Hiervon abweichende von der Klägerin zitierte Rechtsmeinungen überzeugen nicht. Insbesondere ist keine Regelungslücke vorhanden, sondern vielmehr der Anspruch auf Übernahme von Krankengymnastikkosten spezialgesetzlich abschließend geregelt (siehe hierzu auch Beschluss des Bayer. Landessozialgerichts vom 30.05.2007 – L 7b 204/05 AS ER).
Ebenso wenig hat die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der beantragten Krankengymnastik am Gerät gemäß § 16 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB II. Diesbezüglich wird auf die Entscheidungsgründe zum PKH-Beschluss vom 11.05.2007 verwiesen (§ 136 Abs. 3 SGG).
Insgesamt waren daher die Klagen gegen die angefochtenen Bescheide vom 10.04.2006 und 21.08.2006 in Fassung der Widerspruchsbescheide vom 25.08.2006 und 23.10.2006 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 08.09.2008
Zuletzt verändert am: 08.09.2008