I. Die Klage gegen den Besheid vom 9. Dezember 2005 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Arbeitslosengeld II in dem Zeitraum 01.01.2006 bis 31.03.2006 streitig (hier Absenkung der Leistungen um 30 % der Regelleistung und Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II).
Die am 1960 geborene Klägerin bezieht seit Dezember 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von der Beklagten. Im November 2005 unterbreitete die Beklagte ihr ein Stellenangebot bei M., Zweigniederlassung D., als Mitarbeiterin in der System-Gastronomie. Dort stellte sich die Klägerin am 29.11.2005 vor. Am 07.12.2005 teilte Herr S. von M. mit, dass die Klägerin den ersten Vorstellungstermin am 28.11.2005 eine Stunde vor dem Gespräch abgesagt habe, da die Tochter erkrankt sei. Während des Vorstellungsgesprächs am 29.11.2005 habe die Klägerin dann gesagt, dass nachts zu arbeiten blöd sei und sie keinen Schichtdienst machen wolle. Maximal sei sie zu zwei verschiedenen Schichten (Früh und Vormittag) bereit. Sie habe mehrere Bewerbungen in M. laufen und würde diese Arbeiten annehmen, da diese am Wohnort seien. Kurzfristig würde sie auch hier arbeiten, aber na ja … Insgesamt werde die Bewerberin daher nicht eingestellt, weil sie angesichts ihrer Äußerung nicht für geeignet gehalten werde, ihr der Arbeitsweg zu weit sei bzw. die Pendelzeiten zu lang seien, und keine Einstimmung erzielt werden konnte hinsichtlich der Arbeitszeiten. Dazu hörte die Beklagte die Klägerin am 04.03.2006 telefonisch an.
Mit Bescheid vom 09.12.2005 senkte die Beklagte für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 die Regelleistung der Klägerin um 30 % ab und ließ den ihr zustehenden Zuschlag nach § 24 SGB II wegfallen. Die Klägerin habe das Zustandekommen einer zumutbaren Tätigkeit verhindert. Ihr sei am 23.11.2005 eine Arbeit als Mitarbeiterin – System-Gastronomie – bei der Fa. M. angeboten worden. Dieses Angebot sei ihr unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer persönlichen Verhältnisse zumutbar gewesen. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe sie durch ihr Verhalten das Zustandekommen der oben genannten Tätigkeit vereitelt.
Hiergegen legte die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 27.12.2005 Widerspruch bei der Beklagten ein. Mit Schreiben vom 27.01.2006 wurde der Widerspruch damit begründet, dass es unabdingbar erforderlich gewesen sei, dass die Klägerin bei dem Bewerbungsgespräch auf ihre familiären Verhältnisse hingewiesen habe und ihre Vorstellungen zur Gestaltung der Tätigkeit und den Arbeitsbedingungen geäußert habe, soweit diese nicht offenkundig überzogen seien.
Den Widespruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2006 zurück. Das Arbeitsangebot vom 23.11.2005 habe eine vollständige und verständliche Belehrung über die Rechtsfolgen enthalten, die eintreten, wenn die Klägerin die angebotene Beschäftigung nicht antrete oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses durch ihr Verhalten verhindere. Die Klägerin habe die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert. Sie habe, zunächst einen nach telefonischer Vereinbarung vorgeschlagenen Termin zu einem Vorstellungsgespräch kurzfristig abgesagt und bei einem schließlich dann doch noch wahrgenommenen Vorstellungsgespräch zum Ausdruck gebracht, dass sie Schichtarbeiten prinzipiell nicht wünsche. Sie sei maximal bereit, Früh- oder Vormittagsschichten zu verrichten. Ferner würde sie doch lieber an ihrem Wohnort arbeiten, weil ihr der Arbeitsweg nach D. auch zu lange sei. Sie habe dort auch Bewerbungen laufen und würde im Falle einer Zusage sofort eine Tätigkeit am Wohnort aufnehmen. Hierdurch habe der Stellenanbieter den Eindruck gewonnen, dass die Klägerin an einer Einstellung für die Tätigkeit in der von ihm angebotenen Form nicht interessiert sei und habe aus diesem Grund von der Einstellung abgesehen. Ein wichtiger Grund für das Verhalten der Klägerin sei nicht erkennbar. Insgesamt sei daher für die Klägerin zu Recht monatlich eine Absenkung der Regelleistung in Höhe von 93,00 EUR erfolgt sowie der Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II von monatlich 235,00 EUR festgestellt worden.
Dagegen hat die Klägerin am 10.02.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung ist mit Schriftsatz vom 13.03.2006 vorgetragen worden, dass das Vorstellungsgespräch anders verlaufen sei, wie von der Fa. M. geschildert. Als die Klägerin zum Vorstellungsgespräch eingetroffen sei, sei der Geschäftsführer Herr S. von vornherein äußerst unfreundlich gewesen. Er meinte, setzen Sie sich zunächst mal hin, aha, Sie sind auch schon 45 Jahre. Was habe Sie denn bisher gearbeitet? Die Klägerin habe ihm dann geschildert, bei welchen Firmen sie bisher tätig gewesen sei. Herr S. habe dann in sehr unfreundlichem Ton gemeint, er müsse die Arbeit im täglichen Wechsel bestimmen können und zwar völlig flexibel ohne zeitliche Vorgaben. Hierbei habe die Klägerin angemerkt, dass dies wegen der Kindesbetreuung schwierig sei. Sie könne aber auch am Abend bis 24.00 Uhr arbeiten. Herr S. habe dann die Frage gestellt, ob sie noch weitere Bewerbungen laufen habe. Hierauf habe die Klägerin geantwortet, dass sie sich bei der Fa. H. und der Fa. B. in Monheim beworben habe und wegen der räumlichen Nähe eine Beschäftigung dort vorziehen würde. Sie hätte sich auch mit einem 2-Schichten-Betrieb einverstanden erklärt. Keinesfalls habe die Klägerin erklärt, dass nachts blöd sei. Richtig sei, dass die Tochter Bronchitis habe. Herr S. habe dann gemeint, er möchte sie ohnehin nicht einstellen, da sie ihm unsympathisch sei. Ausdrücklich habe die Klägerin erklärt, dass sie die Arbeit schon machen würde und auch an der Stelle interessiert wäre. Die Klägerin habe daher die Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses nicht grob fahrlässig verhindert, vielmehr sei man vonseiten der Fa. M. nicht an einer Einstellung interessiert gewesen. So sei die Klägerin pünktlich zum vereinbarten Vorstellungsgespräch gekommen. Auf die familiären Betreuungspflichten habe sie hinweisen dürfen. Ihr sei nicht zuzumuten, ein 5-jähriges Kind über einen Zeitraum von ca. 8 Stunden alleine zu lassen. Ein Hinweis auf den Vater des Kindes sei hier fehl am Platze, da auch dieser mit der jederzeitigen Arbeitsaufnahme habe rechnen müssen. Es könne nicht angehen, bei jedem der Elernteile eine ständige Arbeitsbereitschaft vorzusehen mit der Gefahr, dass das 5-jährige Kind dann unversorgt sei. Es müsse zumindest die Bereitschaft des Arbeitgebers – im Gegensatz zur Praxis der Fa. M. – bestehen, auf kurzfristige Betreuungsprobleme einzugehen. Der Hinweis seitens der Klägerin dazu müsse gestattet sein. Eine mögliche Betreuung des Kindes von dritter Seite rund um die Uhr sei in M. nicht gewährleistet. Einen Kinderhort gebe es nicht. Der Kindergarten sei allenfalls bis nachmittags geöffnet, wenn es hier überhaupt Vollzeitplätze gebe. Hierauf hat die Beklagte mit Schreiben vom 18.04.2006 geantwortet, dass kein Anlass gesehen werde, an der Richtigkeit der schriftlichen Darstellung des Vorstellungsgesprächs von Herrn S. zu zweifeln.
In der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2006 beantragt die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten,
den Bescheid der Beklagten vom 09.12.2005 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 05.12.2006 und der darin niedergelegten Zeugenaussage des Zeugen S …
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Zu Recht hat die Beklagte in dem Zeitraum 01.01.2006 bis 31.03.2006 die Regelleistung der Klägerin um 30 % gekürzt und den Arbeitslosengeld-II-Zuschlag wegfallen lassen.
Rechtsgrundlage für die Absenkung der Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum ist § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II. Danach wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 v.H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistungen abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen.
Das Vermittlungsangebot der Beklagten vom 23.11.2005 enthielt unbestritten die von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II geforderte Rechtsfolgenbelehrung. Sodann hat sich die Klägerin auch im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c SGB II geweigert, die ihr bei M. angebotene Stelle anzunehmen. "Weigert" bedeutet im Rahmen dieses Sanktionstatbestandes die vorsätzliche Nichtaufnahme einer angebotenen Arbeit. Eine Weigerung kann dabei auch konkludent in einem auf Nichtannahme der Arbeit angelegten Bewerbungsvehalten liegen, also auch im Verhalten während eines Bewerbungsgesprächs, das den Eindruck hinterlassen soll, dass der Bewerber unwillens ist, die Arbeit aufzunehmen (Faselt in Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Auflage, S. 1103, Ricksen in Eicher-Spellbrink, SGB II, § 31 Rdz. 17 sowie z.B. LSG Nordrhein-Westfalen, Breithaupt 2004, 959, 961). Ein solches Verhalten hat die Klägerin an den Tag gelegt. So hat sie den ersten Vorstellungstermin erst sehr kurzfristig abgesagt. Bereits aus der sehr kurzfristigen Absage des Vorstellungsgesprächs wegen Erkrankung der Tochter musste bei dem Stellenanbieter der Eindruck entstehen, dass auf die Einsatzfähigkeit der Klägerin kein Verlass ist. Selbst wenn das Kind an diesem Tag erkrankt gewesen sein sollte, wofür jedoch der Nachweis fehlt, ist nicht davon auszugehen, dass eine Absage des Termins zwingenderweise so kurzfristig hat erfolgen müssen. In der Regel kündigt sich die Erkrankung eines Kindes bereits geraume Zeit vorher an. Dieser erste Eindruck, dass die Klägerin nicht an einer Einstellung bei M. interessiert war, wurde sodann in dem Vorstellungsgespräch am 29.11.2005 erhärtet. So hat sie in diesem Gespräch die aus ihrer Sicht bestehenden Leistungseinschränkungen überdeutlich zum Ausdruck gebracht. Insbesondere die Hinweise, dass ihre Tochter unter Bronchitis leide, und sie eine wohnortnähere Anstellung bevorzuge sowie, dass sie lediglich bereit sei, nur kurzfristig die Stelle anzunehmen, mussten bei dem Stellenanbieter den Eindruck erwecken, dass die Klägerin unwillens ist, die Arbeit aufzunehmen. Dass diese Äußerungen der Klägerin in dem Vorstellungsgespräch so gefallen sind, ergibt sich nach Überzeugung des Gerichts aus der von dem Zeugen S. gefertigten handschriftlichen Notizen vom 29.11.2005. Diese Notizen wurden noch am selben Tag des Vorstellungsgesprächs gefertigt und der Zeuge S. hat ausgesagt, dass er die Antworten der Bewerber wörtlich zitiere und dies hierbei in "setze". Da die Angaben genau in dieser Form verfasst wurden und dies, wie gesagt am selben Tag, geht das Gericht davon aus, dass es am Wahrscheinlichsten ist, dass die Klägerin sich im Vorstellungsgespräch auch so geäußert hat. Dagegen sind die im Widerspruchsverfahren und im Klageverfahren gemachten Angaben der Klägerin zum Verlauf des Vorstellungsgesprächs nicht glaubhaft. Zum einen hat die Klägerin bei ihrer Anhörung durch die Beklagte keinerlei Vorwürfe bezüglich des Verhaltens des Zeugen S. erhoben, zum anderen ist nicht auszuschließen, dass die Klägerin im Hinblick auf das gewünschte Ergebnis, nämlich die Aufhebung des Sanktionsbescheids, versucht, den Gesprächsverlauf für sich günstig auszugestalten.
Durch die Beweisaufnahme ist zudem nachgewiesenen, dass der Satz, dass die Klägerin dem Zeugen S. unsympathisch sei, erst nach Abschluss des Vorstellungsgesprächs gefallen ist. Damit ist dieser Satz ungeeignet, eine Voreingenommenheit des Zeugen S. gegenüber der Klägerin zu belegen. Insgesamt erfüllt daher das Verhalten der Klägerin das Tatbestandsmerkmal "weigert" in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II.
Bei der von der Beklagten angebotenen Arbeit in der Service-Gastronomie bei M. handelt es sich auch um eine zumutbare Arbeit für die Klägerin. Aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II ergibt sich nämlich, dass eine Arbeit dann nicht zumutbar ist, wenn die Ausübung der Arbeit die Erziehung eines Kindes oder des Kindes des Partners gefährden würde; dabei ist die Erziehung eines Kindes, dass das 3. Lebensjahr vollendet hat, in der Regel nicht gefährdet, soweit seine Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschrift des Achten Buches oder auf sonstige Weise sichergestellt ist. Vorliegend war die Betreuung der 5-jährigen Tochter der Klägerin sichergestellt. Zum einen besuchte diese nachmittags den Kindergarten in M. und zum anderen war zum damaligen Zeitpunkt der Vater des Kindes arbeitslos, so dass er in der übrigen Zeit die Betreuung hätte übernehmen können. Zwar ist grundsätzlich richtig, dass vom Ehemann der Klägerin während der Zeiten seiner Arbeitslosigkeit erwartet wird, dass er jederzeit zu einer Arbeit zur Verfügung steht. Allerdings wäre vorliegend dem Ehemann der Klägerin, wenn diese eine Tätigkeit bei M. aufgenommen hätte, dann der Einwand des § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II zugestanden, so dass die Beklagte auf die Betreuungssituation bezüglich des Kindes hätte Rücksicht nehmen müssen, wenn die Klägerin während der für ihren Ehemann avisierten Arbeitszeiten selbst erwerbstätig gewesen wäre und das Kind zum selben Zeitpunkt nicht den Kindergarten hätte besuchen können. Insoweit wäre dann wegen § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II unter Umständen die Aufnahme einer Arbeitstätigkeit für den Ehemann der Klägerin unzumutbar gewesen. Hierauf kann sich jedoch die Klägerin zum Zeitpunkt der für sie in Betracht kommenden Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht berufen. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Betreuung der Tochter durch den Ehemann sichergestellt werden.
Zu Recht hat die Beklagte auch darauf hingewiesen, dass die Klägerin für ihr Verhalten keinen wichtigen Grund weiter nachgewiesen hat (§ 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II).
Der Sanktionsbescheid der Beklagten vom 09.12.2005 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 31.01.2006 war daher rechtlich nicht zu beanstanden und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Erstellt am: 02.02.2007
Zuletzt verändert am: 02.02.2007