I. Die Klage gegen den Bescheid vom 17. Mai 2006 in Fassung der Bescheide vom 8. August 2006 und Bescheides vom 6. September 2006 sowie in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2006 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der zu übernehmenden Unterkunfts- und Heizkosten in dem Zeitraum 01.06.2006 bis 30.11.2006 streitig.
Die am 1949 geborene Klägerin bezieht seit dem 01.01.2005 von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Bei der Klägerin besteht ein GdB von 50 %. Sie bewohnt eine 62 qm große Mietwohnung in der Sch.str. in H … Die monatliche Miete hierfür beträgt insgesamt 440,00 EUR. Mit Schreiben vom 08.11.2004 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihre Unterkunftskosten unangemessen hoch seien. Die Unterkunftskosten könnten daher in tatsächlicher Höhe nur längstens für 6 Monate erbracht werden, also bis 30.06.2005. Angemessen für einen 1 Personen-Haushalt sei eine Wohnfläche von 50 qm mit einer Miete von 225,00 EUR.
Mit Bescheid vom 01.06.2005 in Fassung des Änderungsbescheids vom 01.03.2006 sowie Widerspruchsbescheids vom 06.03.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin sodann Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 290,00 EUR wegen Schwerbehinderung. Diese Bescheide sind bestandskräftig geworden. Mit Bescheid vom 17.05.2006 in Fassung der Bescheide vom 08.08.2006 sowie des Bescheids vom 06.09.2006 übernahm die Beklagte auch für den Zeitraum vom 01.06.2006 bis 30.11.2006 Unterkunftskosten und Heizkosten in Höhe von monatlich 290,00 EUR. Gegen den Bescheid vom 17.05.2006 legte die Klägerin am 20.06.2006 Widerspruch bei der Beklagten ein. Den Widerspruch begründete die Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 18.08.2006. Entgegen der Annahme der Beklagten sei kein preiswerterer Wohnraum vorhanden. Die Miete in der Sch.str. in H. läge zudem im durchschnittlichen Preisniveau für eine 50 qm große Wohnung in H …
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2006 zurück. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis aller Wohngeldbezieher in H. läge zum 01.02.2006 bei 4,60 bis 4,90 EUR (einschließlich Kaltmiete, Wasserverbrauch, Abwasser, Müllbeseitigung, Treppenhausbeleuchtung; ohne Heizung, Möblierung, Verwaltungsgebühren, Rücklagekosten). Hinsichtlich der Wohnungssuche zur Reduzierung der unangemessen hohen Wohnkosten dürfe sich die Klägerin nicht nur auf ihren bisherigen Wohnsitz H. beschränken. Eine Wohnung müsse sie im gesamten Zuständigkeitsbereich der Arbeitsgemeinschaft suchen. Auf dem Wohnungsmarkt im Landkreis Ostallgäu würden Appartements bzw. Wohnungen für allein stehende Personen zu angemessenen Mietpreisen angeboten. Diesbezüglich werde auf 34 beiliegende Kopien mit entsprechenden Angeboten in den kostenfreien Wochenzeitschriften Extra und Kreisbote sowie im Füssener Blatt in der Zeit vom 29.12.2005 bis 04.11.2006 hingewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 28.11.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung führte sie ihre Schwerbehinderung an. Des Weiteren verwies sie auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.11.2006 – Az.: B 7b AS 2/05 R -. Danach habe das BSG die Wohnungsgröße für Hartz IV Singles mit 60 qm festgelegt. Mit Schriftsatz vom 12.02.2007 hat die Beklagte zu der Klage Stellung genommen. Wegen der Schwerbehinderung der Klägerin sei eine Erhöhung der angemessenen Kosten von 256,50 EUR auf 290,00 EUR erfolgt. Dagegen habe die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf eine Wohnung zu monatlichen Kosten von 430,00 EUR. Sie habe auch keinen Rechtsanspruch auf eine Wohnung mit mindestens 2 Zimmern, weder aus gesundheitlichen Gründen noch aufgrund der Dauer des Mietverhältnisses oder des Umfangs der Einrichtungsgegenstände. Sofern die Klägerin nicht in der Lage sei, einen Umzug selbst bzw. mit Hife von Verwandten, Freunden und Bekannten zu organisieren und durchzuführen, könnte nach vorheriger Absprache mit der Beklagten Hilfskräfte der Firma MODWerk zur Verfügung gestellt werden. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine Wohnung in H … Dieser Ort sei sehr klein. Er habe nur 1.094 Einwohner. Die für diesen Ort zuständige Verwaltungsgemeinschaft (VG) S. habe insgesamt nur 8.367 Einwohner. In dieser VG gebe es nur wenige Industriebetriebe und einige Handwerks- und Einzelhandelsbetriebe, Baugeschäfte und Gaststätten. Aus diesem Grund pendelten die Arbeitnehmer regelmäßig nach Füssen, Pfronten, Nesselwang, Marktoberdorf, Kaufbeuren, Kempten usw … Aufgrund der Größe von H. und der VG S. könnten weder Arbeitssuche noch Wohnungssuche auf diese Orte beschränkt werden. Arbeitsmarkt und Wohnungsmarkt seien hierfür viel zu klein. Die Wohnungssuche sei deshalb auch in den Orten zumutbar, in welche Arbeitnehmer regelmäßig pendelten, um dort zu arbeiten. Auf dem Wohnungsmarkt im südlichen Landkreis Ostallgäu (die gesamte VG S. und die Nachbargemeinde Nesselwang, Pfronten, Rieden, Roßhaupten und Füssen) gebe es Appartements und Wohnungen für alleinstehende Personen zu angemessenen Preisen. Mit Schreiben vom 20.02.2007 wies die Klägerin darauf hin, dass sie am 02.08.2006 eine Erwerbsminderungsrente bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte beantragt habe. Leider sei dieser Antrag abgelehnt worden, so dass sie gegen den Ablehnungsbescheid am 08.11.2006 Widerspruch habe einlegen müssen. Hieraus sei erkennbar, dass sie körperlich und seelisch nicht in der Lage sei, nochmals einen Umzug durchzustehen.
In der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2007 beantragt die Klägerin,
die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 17.05.2006 in Fassung der Änderungsbescheide vom 08.08.2006 sowie Bescheides vom 06.09.2006 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2006 zu verurteilen, ihr Unterkunfts- und Heizkosten in tatsächlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakte im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Zulässigerweise hat die Klägerin eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Kosten der Unterkunft und Heizung vorgenommen (siehe zu dieser Möglichkeit BSG, Urteil vom 07.11.2006 B 7b AS 14/06 R).
Die Beklagte ist jedoch nicht verpflichtet, der Klägerin in der Zeit vom 01.06.2006 bis 30.11.2006 höhere Unterkunfts- und Heizkosten zu bewilligen.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Das Gesetz selbst enthält dabei keine Regelung zur Frage der Angemessenheit und auch der Verordnungsgeber hat von seinem nach § 27 Nr. 1 SGB II bestehenden Recht noch keinen Gebrauch gemacht. Nach dem Urteil des BSG vom 07.11.2006 (Az.: B 7b AS 10/06 R) setzt die Prüfung der Angemessenheit eine Einzelfallprüfung voraus. Für die Angemessenheit einer Unterkunft ist zunächst deren maßgebliche Größe zu bestimmen und zwar typisierend (mit der Möglichkeit von Ausnahmen) anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus (hier: Wohnraumförderungsbestimmung 2003 des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 11. November 2002 – All MBl Nr. 14/2002 – S. 971). Vorliegend ergibt sich hieraus für einen 1 Personen-Haushalt eine angemessene Quadratmeterzahl bis zu 50 qm. Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Als Vergleichsmaßstab ist regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen. In Einzelfällen sind bei kleinen Gemeinden größere, bei Großstädten kleinere räumliche Bereiche denkbar (siehe auch BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R). Insoweit kommt es letztlich darauf an, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht (sog. Produkttheorie). Gibt es – insbesondere in Kleinstgemeinden – keinen Wohnungsmarkt, muss auf größere räumliche Bereiche abgestellt werden. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze steht für das Gericht fest, dass die Klägerin in einer unangemessen teuren Wohnung lebt. Zum einen bewohnt sie eine zu große Wohnung, da ihre Wohnung größer als 50 qm ist. Zum anderen ergibt sich für das Gericht aus den von der Beklagten vorgelegten Zeitungsannoncen, dass der von der Klägerin entrichtete Mietzins für einen 1 Personen-Haushalt insgesamt nicht angemessen ist. Abzustellen ist dabei nicht allein auf das Mietniveau in der VG S. oder nur auf den Ort H … Sowohl die VG S. als auch der Ort H. sind zu klein als dass hier ein eigentlicher Wohnungsmarkt bestehen könnte. Zutreffenderweise hat nach Ansicht des Gerichts die Beklagte zudem auch darauf hingewiesen, dass auch in H. bzw. in der VG S. kein Arbeitsmarkt vorhanden ist. Da Sinn und Zweck der Arbeitslosengeld-II-Leistungen vor allem die Wiedereingliederung der Klägerin in den ersten Arbeitsmarkt sind, folgt daraus, dass die Klägerin bei ihrer Wohnungssuche grundsätzlich auch mitzuberücksichtigen hat, wo die größeren Arbeitsmarktchancen für sie bestehen. Damit hat die Klägerin bei ihrer Wohnungssuche sich nicht nur auf die Gemeinde H. oder die VG S. zu konzentrieren. Entscheidend für die Angemessenheit der Wohnung der Klägerin ist damit weiter nicht allein das Mietniveau in der VG S. bzw. in H., sondern im gesamten Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Begründete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in ihrem Zuständigkeitsbereich falsche Werte für eine angemessene Wohnung für die Klägerin ermittelt hat, liegen sodann nicht vor. Vielmehr hat die Beklagte durch die Vorlage der Wohnungsanzeigen nachgewiesen, dass Wohnungen zu den von ihr ermittelten Werten vorhanden und zugänglich sind. Damit ist der Vortrag der Klägerin widerlegt, dass zu den von der Beklagten angenommenen Angemessenheitswerten kein Wohnraum vorhanden sei. Erschwerend kommt für die Klägerin hinzu, dass sie auch nicht substantiiert darlegen konnte, dass für sie im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich keine kostengünstigere Alternative auffindbar gewesen war. Die Klägerin hat nämlich in diesem Zeitraum keinerlei erfolgversprechende Bemühungen um eine angemessene Wohnung unternommen (vgl. hierzu Landessozialgericht – LSG – Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2006 – L 8 AS 4296/05 ER-B und 09.11.2006 – L 8 AS 4787/06 ER-B). Die Klägerin kann sich auch nicht auf das Urteil des BSG vom 07.11.2006 Az.: B 7b AS 2/05 R – berufen. Gegenstand dieses Verfahrens waren nicht die zu übernehmenden Unterkunfts- und Heizkosten einer Mietwohnung, sondern die Frage nach der Verwertungspflicht von Vermögen in Form von Eigentumswohnungen. Zudem war es der Klägerin ebenfalls nicht möglich, mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachzuweisen, dass ihr ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten ist, mit der Folge, dass ihr auch nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung bzw. nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der ab 01.08.2006 geltenden Fassung die tatsächlichen Unterkunftskosten weiter zu bewilligen wären. Zwar besteht bei der Klägerin ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 % allerdings ohne Merkzeichen. Der GdB resultiert aus einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativen Veränderungen, Osteoporose und einer entzündlichen rheumatischen Erkrankung der Wirbelsäule sowie Verlust der Gebärmutter. Nicht enthalten sind in diesem Bescheid nervenärztliche Erkrankungen, aus denen sich eine fehlende Umstellungsfähigkeit der Klägerin ergeben könnte. Darüber hinaus hat die Beklagte der Klägerin auch Umzugshilfen angeboten. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Rentenantrag der Klägerin vom 02.08.2006. Den Rentenantrag hat die BfA mit Bescheid vom 06.11.2006 nach einer orthopädischen Untersuchung am 04.09.2006 durch Dr. H. abgelehnt. Es liegt damit für den streitgegenständlichen Zeitraum ein aktuelles orthopädisches Gutachten vor, nach dem die Klägerin für 6 Stunden und mehr als leistungsfähig erachtet wird. Angesichts dieser Begutachtung sowie des vorgelegten GdB-Bescheids vom 28.12.2005 und der Tatsache, dass die Klägerin in der Lage war selbst im eigenen Auto von H. zur mündlichen Verhandlung zu fahren, ist das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin körperlich in der Lage ist einen Umzug durchzuführen, gegebenenfalls unter Mithilfe einer Umzugsfirma.
Insgesamt ergibt sich daher für die Klägerin kein Anspruch auf die Bewilligung von höheren Unterkunfts- und Heizkosten im streitgegenständlichen Zeitraum.
Der Bescheid der Beklagten vom 17.05.2006 in Fassung der Bescheide vom 08.08.2006 sowie 06.09.2006 wiederum in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07.11.2006 war daher rechtlich nicht zu beanstanden und die Klage somit als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Erstellt am: 24.04.2007
Zuletzt verändert am: 24.04.2007