Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 24.01.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe einer Altersrente für langjährig Versicherte.
Der am 00.00.1942 geborene Kläger war in der Zeit vom 1.4.1957 bis zum 31.12.2005 (mit Unterbrechungen) in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und lebt seit dem 1.4.2006 in Polen. Nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau wurden von seinem Rentenversicherungskonto Anwartschaften auf deren Konto übertragen.
Auf seinen Antrag bewilligte die Beklagte ihm ab dem 1.1.2006 Altersrente für langjährig Versicherte nach dem 63. Lebensjahr in Höhe von (zunächst) monatlich 1.318,12 EUR (Bescheid vom 7.12.2005). Wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme ging sie dabei von einem Zugangsfaktor von 0,943 aus. Der Kläger widersprach der Kürzung der Rente durch Verringerung des Zugangsfaktors. Außerdem wandte er sich dagegen, dass er die Beitragslast zur Pflegeversicherung allein zu tragen habe. Die Beklagte erhöhte in der Folge die Rente unter Berücksichtigung zusätzlicher Beitragszeiten rückwirkend zum 1.1.2006 auf monatlich 1.320,51 EUR (Bescheid vom 1.3.2006). Den Widerspruch wies sie u.a. mit der Begründung zurück, die Altersgrenze für die Inanspruchnahme einer Altersrente für langjährig Versicherte sei für nach dem 31.12.1936 geborene Versicherte angehoben worden. Der Zugangsfaktor sei bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen würden, für jeden Monat um 0,003 niedriger als 1,0. Die Altersgrenze von 63 Jahren (für die ungekürzte Inanspruchnahme) sei für Geburtsjahrgänge 1939 und später auf das 65. Lebensjahr angehoben worden. Da der Kläger die Rente 19 Monate vor seinem 65. Lebensjahr in Anspruch genommen habe, sei sie entsprechend (19 x 0,003 = 0,057; 1,0 – 0,057 = 0,943) zu mindern. Die Vertrauensschutzregelung finde für ihn keine Anwendung, da er nach dem Stichtag geboren sei (Widerspruchsbescheid vom 4.4.2006).
Mit "Widerspruch" vom 24.3.2006 (gegen den Bescheid vom 1.3.2006), eingegangen am 4.4.2006, beanstandete der Kläger zusätzlich die Umsetzung des Versorgungsausgleichs für das Jahr 1971, die Behandlung seiner in den Jahren 1976 und 1977 oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze gezahlten Beiträge und die Berechnung der Pflegeversicherungsbeiträge ab dem 1.4.2006 und bat, die Berechnung der Entgeltpunkte für Zeiten der beruflichen Ausbildung zu erläutern.
Mit seiner am 22.5.2006 gegen den Widerspruchsbescheid vom 4.4.2006 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst die Verfassungswidrigkeit der durch die Anwendung des Zugangsfaktors erfolgten Rentenkürzung geltend gemacht. Später hat er die dazu ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11.11.2008 als für seinen Fall nicht maßgeblich gehalten, weil es dort nur um Kläger gegangen sei, die eine vorgezogene Rente wegen Arbeitslosigkeit oder Schwerbehinderung hätten in Anspruch nehmen wollen und keine 45 Jahre Beitragszeit erreicht hatten. Das BVerfG selbst habe immer wieder die besondere Schutzbedürftigkeit der Eckrentner mit 45 Beitragsjahren betont. Er werde gegenüber den vor dem 1.1.1942 geborenen Versicherten, die abschlagsfrei vorzeitig in Rente gehen könnten, benachteiligt. Er habe sogar 48,5 Beitragsjahre und nehme die Rente nur knapp zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze in Anspruch. Eine Ungleichbehandlung liege auch im Vergleich mit den Beziehern von Beamtenpensionen vor, bei denen zur Erzielung einer maximalen Pension nur eine Dienstzeit von 40 Jahren erforderlich sei. Daneben hat der Kläger die Argumente aus seinem (zweiten) Widerspruch vom 4.4.2006 wiederholt und ergänzt, die Beklagte habe auch die im Jahr 1966 oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze geleisteten Beiträge weder an ihn ausgekehrt noch im Rahmen der Höherversicherung berücksichtigt. Soweit er zunächst auch den Beitragsabzug zur Pflegeversicherung beanstandet hatte, hat der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Die Beklagte hat vorgetragen, das BVerfG habe die Vereinbarkeit der Abschlagsregelung mit dem Grundgesetz bestätigt. Die Vertrauensschutzregelung finde keine Anwendung, da der Kläger nach dem Stichtag geboren sei. Die Behandlung der in den Jahren 1966, 1976 und 1977 entrichteten Beiträge werde sie prüfen und hierüber nach dem Klageverfahren einen Bescheid erteilen. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte auf den "Widerspruch" des Klägers vom 4.4.2006 einen weiteren Widerspruchsbescheid erteilt (Widerspruchsbescheid vom 23.2.2009). Die dagegen am 18.3.2009 erhobene Klage ist noch beim Sozialgericht (SG) Dortmund anhängig.
Das SG hat die Klage abgewiesen: Die Rechtmäßigkeit der Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente habe das BVerfG bestätigt. Das Bundessozialgericht (BSG) habe klargestellt, dass dies auch für die Altersrente für langjährig Versicherte gelte. Aus der Stichtagsregelung könne der Kläger für sich nichts herleiten, da (Geltungs-)Stichtage eingeführt werden dürften, auch wenn sie unvermeidliche Härten beinhalteten. Da der Zahlung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und von Beamtenpensionen ein völlig unterschiedliches Finanzierungsmodell und ein rechtlich unabhängiges Regelungssystem zugrunde liege, seien die Sachverhalte nicht vergleichbar (nach vorheriger Anhörung ergangener Gerichtsbescheid vom 24.1.2011).
Mit seiner Berufung vom 23.2.2011 hat der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Aus der dem Bescheid vom 1.3.2006 beigefügten Vergleichsbewertung ergäben sich 48,5 Jahre mit vollwertigen Beiträgen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er erklärt, er mache nur noch die ungekürzte Rente (mit einem Zugangsfaktor von 1,0) geltend, nachdem sich die Beteiligten wegen der weiteren Streitpunkte auf eine Klärung außerhalb dieses Rechtsstreits geeinigt hatten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 24.1.2011 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 7.12.2005 und 1.3.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.4.2006 und 23.2.2009 zu verurteilen, ihm Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1.1.2006 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Bei einem Rentenbeginn ab dem 1.1.2006 seien auf die Wartezeit 551 Monate (= 45 Jahre und 11 Monate) anrechenbar.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des SG Dortmund (Aktenzeichen (Az) S 6 KN 56/09) Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist (nur) der Bescheid vom 1.3.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.4.2006 und 23.2.2009 (vgl § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) insoweit, als darin der monatliche Wert des Rechts auf Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1.1.2006 geregelt ist (monatlicher Zahlbetrag der Rente bzw. monatliche Rentenhöhe).
Den ursprünglichen Bescheid vom 7.12.2005 hat die Beklagte während des Widerspruchsverfahrens durch den Bescheid vom 1.3.2006 ersetzt, § 86 Abs 1 SGG. Denn sie hat mit diesem Bescheid eine neue Regelung zur Höhe der Rente getroffen, die an die Stelle der entsprechenden Regelung im Bescheid vom 7.12.2005 getreten ist und diese vollständig ersetzt hat, und hat im Übrigen die – vom Kläger ohnehin nicht angegriffenen – Regelungen im Bescheid vom 7.12.2005 wiederholt. Der Bescheid vom 7.12.2005 hat sich dadurch insoweit auf andere Weise erledigt, § 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Der Widerspruchsbescheid vom 23.2.2009 ist kraft gesetzlicher Klageänderung Gegenstand des zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Klageverfahrens geworden, § 96 Abs 1 SGG. Die dagegen erhobene – beim SG Dortmund noch anhängige – Klage ist demgemäß wegen anderweitiger Rechtshängigkeit von Anfang an unzulässig gewesen.
Nach § 96 Abs 1 SGG wird ein nach Klageerhebung erlassener Verwaltungsakt Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er den angefochtenen Verwaltungsakt ändert oder ersetzt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der Widerspruchsbescheid vom 23.2.2009 den Widerspruchsbescheid vom 25.4.2006 ändert, indem er ihn (durch eine zusätzliche Begründung) ergänzt. Mit der Ersetzung des Bescheides vom 7.12.2005 durch Änderungsbescheid vom 1.3.2006 richtete sich der ursprüngliche Widerspruch des Klägers wie auch sein weiteres Vorbringen vom 24.3.2006 (nur noch) gegen die darin getroffene Regelung zur Rentenhöhe. Mit seinem ursprünglichen Widerspruch hatte der Kläger die Reduzierung des Zugangsfaktors beanstandet, in seinem späteren "Widerspruch" führte er weitere, die Höhe der Rente betreffende Argumente an. Im Widerspruchsbescheid vom 4.4.2006 ging die Beklagte lediglich auf die Argumentation zur Höhe des Zugangsfaktors ein. Der insoweit zunächst vorliegende Begründungsmangel (§ 41 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB X) wird nach § 41 Abs 2 SGB X durch den während des Klageverfahrens erlassenen weiteren Widerspruchsbescheid vom 23.2.2009 geheilt, in dem die Beklagte auch die weiteren Argumente des Klägers (Beiträge 1976 und 1977, Bewertung der Ausbildungszeiten, Versorgungsausgleich) behandelt.
Der Bescheid vom 1.3.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.4.2006 und 23.2.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 54 Abs 2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf "abschlagsfreie" Altersrente für langjährig Versicherte zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Vollendung des 65. Lebensjahres.
Der Senat prüft die streitige Höhe der Altersrente entsprechend dem Sachantrag des Klägers nur (noch) insoweit, als der Kläger eine höhere monatliche Rente unter Zugrundelegung eines höheren Zugangsfaktors (1,0 statt 0,943) geltend macht. Es kann dahinstehen, ob es generell der Dispositionsbefugnis der Beteiligten unterliegt, im Rahmen eines einheitlichen Verfügungssatzes zur Höhe des monatlichen Werts auf Rente den Streit auf einzelne Berechnungsfaktoren zu beschränken (so der erkennende Senat im Urteil vom 28.2.2012, Az L 18 KN 25/11). Dies ist jedenfalls dann möglich, wenn – wie hier – der Sachantrag ausdrücklich entsprechend eingeschränkt wird und zwischen den Beteiligten ausdrücklich vereinbart wird, die übrigen Streitpunkte außerhalb des Rechtsstreits beizulegen. Im Übrigen dürfte bei einer solchen Fallkonstellation für die Geltendmachung höherer Rente aus anderen Gesichtspunkten auch das Rechtsschutzinteresse fehlen.
Anspruch auf (ungekürzte) Altersrente für langjährig Versicherte hat nach der hier maßgeblichen (vgl § 300 Abs 1 SGB VI), vom 1.1.2005 bis 31.12.2007 geltenden Fassung des § 236 SGB VI (im Folgenden: aF) , wer vor dem 1.1.1948 geboren ist, das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt hat, § 236 Abs 1 Satz 1 SGB VI aF. Die Altersgrenze von 63 Jahren wird allerdings für Versicherte, die – wie der Kläger – zwischen dem 1.1.1937 und dem 31.12.1947 geboren sind, angehoben, und zwar für den Geburtsmonat des Klägers (Juli 1942) wie für alle zwischen dem 1.1.1939 und dem 31.12.1947 geborenen Versicherten auf den Monat nach Vollendung des 65. Lebensjahres , § 236 Abs 1 Sätz3 2 und 4 SGB VI aF iVm der bis zum 31.12.2007 geltenden Anlage 21 zum SGB VI. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ist für alle bis zum 31.12.1947 geborenen Versicherten mit der Vollendung des 63. Lebensjahres möglich, § 236 Abs 1 Sätze 3 und 4 SGB VI aF iVm Anlage 21 zum SGB VI, aber mit Abschlägen verbunden, § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 2 lit a SGB VI.
Der Kläger hat die Altersrente für langjährig Versicherte zum 1.1.2006, also im Alter von 63 Jahren und 5 Monaten in Anspruch genommen. Diese vorzeitige Inanspruchnahme führt durch die bereits erwähnte gesetzlich zwingend angeordnete Absenkung des Zugangsfaktors automatisch zu einer geringeren Rentenhöhe. Der Zugangsfaktor als Berechnungselement der persönlichen Entgeltpunkte (pEP; vgl. § 63 Abs 6, § 64 Nr 1 SGB VI) beträgt für EP, die noch nicht Grundlage von pEP einer Rente waren, bei Renten wegen Alters grundsätzlich 1,0, § 77 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI. Bei Renten wegen Alters, die frühzeitig in Anspruch genommen werden, ist der Zugangsfaktor jedoch für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0, § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 2 lit a SGB VI. Bei der um 19 Monate vorzeitig in Anspruch genommen Rente verringert sich demgemäß der Zugangsfaktor um 19 x 0,003 (= 0,057) von 1,0 auf 0,943.
Die bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte durch die Absenkung des Zugangsfaktors gesetzlich angeordnete Rentenminderung steht mit dem Grundgesetz (GG) in Einklang. Das BVerfG hat für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit (Beschlüsse vom 11.11.2008, Az 1 BvL 3/05- ua, und vom 5.2.2009, Az 1 BvR 1631/04), für Renten wegen Erwerbsminderung bei Renteneintritt vor dem 60. Lebensjahr (Beschluss vom 11.1.2011, Az 1 BvR 3688/08 und 1 BvR 555/09) und für Hinterbliebenenrenten (Beschluss vom 7.2.2011, Az 1 BvR 642/09) entschieden, dass die Abschlagsregelungen die Rentenanwartschaft in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verringern. Für die Einschränkung der Rentenanwartschaft bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte gilt nichts anderes (BSG, Urteil vom 19.11.2009, Az B 13 R 5/09 R). Den jeweiligen, den Beteiligten im Wortlaut bekannten Gründen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung zur Vermeidung von Wiederholungen uneingeschränkt an.
Eine gesetzliche Vorschrift, die dem Kläger gleichwohl zum abschlagfreien Bezug seiner Altersrente verhelfen würde, existiert nicht. § 236 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI aF enthält eine Sonderregelung (nur) für Versicherte, die vor dem 1.1.1942 geboren sind und 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Danach kann ungekürzte Alterernte für langjährige Versicherte bereits mit 63 Jahren und 5 Monaten in Anspruch nehmen, wer zwischen Mai und August 1939 geboren ist. Die – kumulativ zu erfüllenden – Voraussetzungen dieser Sondernorm erfüllt der Kläger schon deshalb nicht, weil er nicht vor dem 1.1.1942, sondern erst am 14.7.1942 geboren wurde. Seine Auffassung, die Norm müsse (entsprechend?!) für ihn gelten, weil er nur wenige Monate (6 ½) nach dem Stichtag geboren sei und 48,5 Jahre (also 3,5 Jahre mehr als erforderlich) an Pflichtbeiträgen habe (Verzicht auf eine Anspruchsvoraussetzung wegen überobligatorischer Erfüllung einer anderen), ergibt sich weder aus einer verfassungskonformen Auslegung der Norm noch nach sonstigen Auslegungsgrundsätzen. Bereits die Annahme des Klägers, 48,5 Pflichtbeitragsjahre zu haben, trifft nicht zu. Er hat diesen Wert der "Vergleichsbewertung" auf Anlage 4 Seite 3 des Bescheids vom 1.3.2006 entnommen, der die belegungsfähigen Monate ausweist. Diese sind jedoch schon deshalb nicht sämtlich mit Pflichtbeiträgen belegt, weil der Kläger vom 23.9.1961 bis 17.3.1963 und vom 7.9.1963 bis 8.2.1965 selbständig tätig war und Pflichtbeiträge nicht entrichtet hat. Entsprechend der von der Beklagten zuletzt überreichten Wartezeitübersicht sind nur 45 Jahre und 11 Monate auf die Wartezeit anrechenbar. Damit hat der Kläger die gesetzlich vorgesehene Grenze nur um wenige Monate überschritten. Auf der anderen Seite ist er drei Jahre später geboren als diejenigen Versicherten, die die Rente im Alter von 63 Jahren und 5 Monaten ungekürzt in Anspruch nehmen können. Bei diesem Sachverhalt ist eine entsprechende Anwendung von § 236 Abs 2 Satz 1 SGB VI aF schon deshalb ausgeschlossen, weil die vom Kläger behaupteten Voraussetzungen für die von ihm geforderte "Kompensation" nicht gegeben sind.
§ 236 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI verletzt entgegen der Auffassung des Klägers überdies auch nicht zu seinem Nachteil den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG. Dieser gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Eine Verletzung von Art 3 Abs 1 GG durch eine Stichtagsregelung liegt im Rentenrecht nur vor, wenn die (un-) gleiche Behandlung des geregelten Sachverhalts mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also bezogen auf den jeweils zur Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt (BVerfGE 76, 256, 329; 79, 223, 236; BVerfG, Beschluss vom 30.1.1991, Az 2 BvR 1403/90). Art 3 Abs 1 GG hindert den Rentengesetzgeber nicht, Stichtage einzuführen, auch wenn das unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (BVerfGE 117, 272, 301). Die verfassungsgerichtliche Prüfung von Stichtagsregeln beschränkt sich folglich darauf, ob der Gesetzgeber den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, insbesondere ob die Einführung des Stichtags überhaupt und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar war. Das BSG hat entschieden, dass die Vertrauensschutz des § 236 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI mit Art 3 Abs 1 GG insofern vereinbar ist, als die Norm nur vor dem 1.1.1942 geborene Versicherte begünstigt, die 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen aufweisen (BSG, Urteil vom 19.11.2009, Az B 13 R 5/09 R). Auch dieser verfassungsrechtlichen Bewertung schließt sich der Senat nach eigener Prüfung uneingeschränkt an. Ergänzend nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug, § 153 Abs 2 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S 1, 193 Abs 1 S 1 SGG. Wegen der Beschränkung seines Begehrens in der mündlichen Verhandlung hat der Senat davon abgesehen, dem Kläger Kosten aufzuerlegen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil für die Entscheidung die konkreten Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend sind.
Erstellt am: 21.08.2012
Zuletzt verändert am: 21.08.2012