Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 14.02.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten auch im Berufungsverfahren einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der am 00.0012.1940 geborene Kläger war seit April 1955 bei Bergbau-Spezialgesellschaften im untertägigen Steinkohlenbergbau als (Lehr-) Hauer, Aufsichtshauer und Technischer Angestellter unter Tage (Grubensteiger; Reviersteiger) tätig. Seit 1994 bezieht er eine Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Am 22.12.1997 beantragte der Kläger die Anerkennung der BK Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) ein. Mit Bescheid vom 10.09.1998 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger Gewichte von 50 kg und mehr nicht mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten auf der Schulter getragen habe. Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage nahm der Kläger zurück, behielt sich aber vor, nach Erhalt des Widerspruchsbescheides erneut Klage zu erheben. Ohne die Erteilung des Widerspruchsbescheides abzuwarten erhob der Kläger im Dezember 1998 erneut Klage. Im Rahmen dieses Klageverfahrens stellte der Kläger unter dem 26.02.1999 einen Überprüfungsantrag. Die Klage nahm er zurück. Am 01.10.1999 erhob der Kläger Untätigkeitsklage und begehrte die Bescheidung seines gestellten Überprüfungsantrages. Nachdem der TAD Stellung genommen hatte, lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 27.12.1999 ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2000 zurückgewiesen. Die Klage, mit der der Kläger nunmehr die Anerkennung der BK Nr. 2109 begehrte, wies das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen mit Urteil vom 24.05.2000 ab (S 6 KN 225/99 U). In dem darauf folgenden Verfahren vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (L 2 KN 239/99 U) hob die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.09.2000 die angefochtenen Bescheide zur BK Nr. 2109 auf und verpflichtete sich, nach Durchführung weiterer Ermittlungen den Kläger erneut zu bescheiden. Im Rahmen dieser Ermittlungen wurde der Kläger durch den TAD befragt. Er gab u.a. an, er habe nach seiner Berglehre von 1958 bis 1963 hauptsächlich Holztransporte durchgeführt und dabei Holzstämme und Holzbretter mit einem Gewicht von mehr als 50 kg über Strecken von 50 bis 80 m auf der Schulter getragen, zudem Segmente von geraubtem Streckenausbau. Von 1963 bis 1969 sei er in Streckenvortriebsbetrieben mit Auf- und Abhauen und Aufbrüchen beschäftigt gewesen und habe dabei Stempel, Kappen sowie Hydraulikstempel heben und tragen müssen. Weiter erklärte der Kläger, bis 1977 Ausbaumaterial transportiert zu haben, das er entladen und teilweise bis zum Aufhauen habe tragen müssen. Ab 1977 als Grubensteiger und ab 1982 als Reviersteiger habe er als Aufsichtsführender weiterhin Stempel, Kappen, Hydraulikstempel und gelegentlich Einschienenhängebahnschienen anheben und tragen müssen. Der TAD ging davon aus, dass sich die tägliche Belastung des Klägers durch das Tragen von Lasten über 50 kg auf der Schulter auf maximal 15 Minuten habe belaufen können (Stellungnahmen vom 19.12.2000 und vom 31.08.2001). Die Beklagte holte im Rahmen des Feststellungsverfahrens ferner eine Stellungnahme des Arztes für Arbeits-, Umwelt- und Sozialmedizin Dr. X ein. Dieser führte aus, dass Lokalisation und Ausprägungsgrad der Veränderungen am gesamten Achsenorgan des Klägers gegen eine berufliche Verursachung der festgestellten Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule sprächen und lediglich in den Segmenten C5/C6 und C6/C7 altersüberschreitende Veränderungen zu finden seien (Stellungnahme vom 07.12.2001). Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 07.02.2002 die Anerkennung und Entschädigung einer BK Nr. 2109 ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 12.03.2002). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass bereits aufgrund des arbeitstechnischen Sachverhaltes die Anerkennung der BK Nr. 2109 ausscheide. Die unter Tage verrichteten Tragetätigkeiten entsprächen nicht dem der BK Nr. 2109 zugrunde liegenden typischen Belastungsbild, nach dem eine statische Belastung und außergewöhnliche Zwangshaltung der Halswirbelsäule durch das Tragen von Lasten mit einem Gewicht von 50 kg und mehr mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten erfolgt sein müsse. Zwar werde nicht bestritten, dass auch Lasten von über 50 kg und mehr unter Tage auf der Schulter transportiert werden mussten, jedoch genüge die damit verbundene Belastung der Halswirbelsäule nicht dem Kriterium der gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten, da die Tragedauer erfahrungsgemäß auf ca. 15 Minuten pro Mann und Schicht einzugrenzen sei. Darüber hinaus könne jedoch auch aufgrund des medizinischen Sachverhaltes eine Anerkennung der BK Nr. 2109 nicht erfolgen. Nach Auswertung der aktenkundigen Befundberichte sowie des bildtechnischen Materials der gesamten Wirbelsäule zeige sich, dass eine Bevorzugung der Degeneration im Halswirbelsäulenbereich nicht bestehe. Degenerative Veränderungen ließen sich vielmehr auch im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule finden und verteilten sich gleichmäßig über das gesamte Achsenorgan. Das spreche für eine anlagebedingte Erkrankung und gegen einen wesentlichen Einfluss der geleisteten Arbeit auf die Entwicklung der Halswirbelsäulenschäden.
Zur Begründung der am 18.03.2002 erhobenen Klage hat der Kläger insbesondere geltend gemacht, dass bei ihm die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2109 erfüllt seien.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2002 zu verurteilen, ihm aus Anlass einer BK Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV Verletztenrente auf Basis einer MdE von mindestens 10 v. H. unter Berücksichtigung der aus Anlass der BK Nr. 2103, Nr. 2102 und Nr. 2108 bestehenden Stützrentensituation nach weiterer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide genommen.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Q eingeholt (Befundbericht vom 16.04.2002). Dieser hat u.a. einen Arztbrief von Dr. H vom 13.03.2001 vorgelegt. Der vom Sozialgericht beauftragte Sachverständige Arzt für Orthopädie, Chirotherapie und Sportmedizin drs. (NL) T2 hat folgende Diagnosen erhoben:
1. Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule mit Zeichen einer Nervenwurzelreizsymptomatik im Versorgungsgebiet der Wurzeln C7 und C8, auf der Grundlage einer verstärkten Osteochondrose, Spondylose und Spondylarthrose im Segment C5/C6 und C6/C7, mit kernspintomographisch nachgewiesener leichter Einengung des Rückenmarkkanals.
2. Schmerzhafte Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke auf der Grundlage degenerativer Veränderungen der Rotatorenmanschette.
3. Initiale Ellenbogengelenksarthrose mit endgradiger Bewegungseinschränkung.
4. Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule auf der Grundlage einer Facettengelenksarthrose der unteren LWS sowie einer Osteochondrose und Spondylose im oberen LWS-Bereich, ohne Zeichen einer Nervenwurzelreizsymptomatik bzw. motorischen oder sensiblen Defiziten.
5. Beginnende Gonarthrose beiderseits mit endgradiger Bewegungseinschränkung.
6. Leichte Spreizfußbildung beiderseits.
7. Leichte Funktionseinschränkung der Hände, ohne erkennbares klinisches Substrat.
Zusammenfassend hat drs. (NL) T2 die Auffassung vertreten, dass die Röntgenmorphologie an der Halswirbelsäule nicht mit einer besonderen Belastung durch Heben und Tragen schwerer Lasten auf der Schulter in Einklang zu bringen sei. Gegen eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule, die durch das Heben und Tragen schwerer Lasten auf der Schulter verursacht sei, spreche insbesondere der Umstand, dass die Schäden an der Halswirbelsäule des Klägers in den Segmenten C5/C6 und C6/C7 zu finden seien, wohingegen das typische Schadensbild auch Schäden oberhalb des Bewegungssegmentes C5/C6 voraussetze. Vor diesem Hintergrund könne eine bandscheibenbedingte Erkrankung an der Halswirbelsäule, die durch langjähriges Tragen und Heben schwerer Lasten auf der Schulter entstanden sei, nicht festgestellt werden (Gutachten vom 03.06.2002).
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass selbst bei Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen der Versicherungsfall der BK Nr. 2109 unter medizinischen Gesichtspunkten nicht eingetreten wäre. Das folge aus den schlüssigen und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen drs. (NL) T2 (Urteil vom 14.02.2003).
Zur Begründung seiner Berufung weist der Kläger darauf hin, der Sachverständige habe durchaus eingeräumt, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule vorliege und sei daher verpflichtet gewesen, festzustellen, ob eine berufliche Mitverursachung der Erkrankung vorliege bzw. ein belastungskonformes Schadensbild der Erkrankung. Er hätte feststellen müssen, ob aus medizinischer Sicht die Tatbestandsmerkmale für die Anerkennung der BK Nr. 2109 erfüllt seien. Das habe er nicht getan. Die Behauptung des Sachverständigen, im Bergbau gebe es keine Tätigkeiten, die Erkrankungen im Sinne der BK Nr. 2109 verursachen könnten, sei falsch. Die vom TAD vorgelegte Arbeitsbilanz sei unvollständig und berücksichtigte nicht seine tatsächlichen Beschäftigungszeiten. Er habe seine Tätigkeit bei der Fa. Thyssen-Schachtbau nicht erst im Nov. 1975 begonnen, sondern bereits am 01.02.1962. Im Bergbau seien seit 1970 Untertage 50 kg Säcke mit Dämmstoffen zu tragen gewesen. Dabei habe es sich um Hinterfüllmaterial oder Spritzmörtel zum Hinterfüllen der Grubenbaue gehandelt. Die Hinterfüllarbeit habe zum täglichen Arbeitsablauf des Streckenvortriebs gehört. Zur weiteren Begründung legt der Kläger verschiedene medizinische Unterlagen vor (Dr. O vom 25.05.1973; Auszug aus dem Gutachten Dr. A in der Streitssache S 18 KN 177/98 vom 01.03.2000; Dr. I vom 14.08.1978; Dr. T, Gutachten im Rentenverfahren vom 31.10.1991; Befund der Kernspintomografie von Dr. H).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 14.02.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2002 zu verurteilen, dem Kläger auf der Grundlage des von Prof. A1 eingeholten Gutachtens aus Anlass einer BK Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV Verletztenrente ab dem 01.07.1994 auf Basis einer MdE von mindestens 10 v. H., unter Berücksichtigung der aus Anlass der BK Nr. 2103, Nr. 2102 und Nr. 2108 bestehenden Stützrentensituation, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die nach Ansicht nach zutreffenden Urteilsgründe des erstinstanzlichen Urteils und sieht ihren Standpunkt durch die von Dr. T1 und Prof. Dr. C erstatteten Gutachten bestätigt.
Der Senat hat Beweis erhoben und zunächst ein Sachverständigengutachten von Dr. T1 eingeholt. Dieser hat ein chronisches Cervicalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose der Halswirbelsäule als gesichertes Krankheitsbild angesehen. Er hat ausgeführt, dass bei nicht exponierten Menschen bzw. bei der Allgemeinbevölkerung der eindeutige Schwerpunkt von Bandscheibenerkrankungen der Halswirbelsäule im Bereich der unteren Halswirbelsäulensegmente (C5/C6, C6/C7 und C4/C5) liege, während sich in der beruflich exponierten Untersuchungsgruppe eine eindeutige Verschiebung der röntgenologischen Erkrankungsschwerpunkte nach kopfwärtshin finde. Bei dem Kläger bestehe kein Zweifel, dass bei mehrfacher röntgenologischer Untersuchung und bei Übereinstimmung der Befunde mit der Kernspintomografie ein eindeutiger Erkrankungsschwerpunkt im Bereich der unteren Halswirbelsäule bestehe. Der Kläger weise damit ein Verteilungsmuster der Veränderungen auf, wie dies in der nicht exponierten Allgemeinbevölkerung bestehe. Eine Verlagerung des Erkrankungsschwerpunktes in den oberen Halswirbelsäulenbereich finde sich nicht (Gutachten vom 14.10.2003 und ergänzende Stellungnahme vom 27.11.2003).
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Prof. Dr.A1 mit der Erstellung eines fachorthopädischen Zusammenhangsgutachten beauftragt worden. Der Sachverständige hat ein chronisches Halswirbelsäulensyndrom mit mäßigen Bewegungseinschränkungen ohne neurologische Ausfälle bei kernspintomografisch nachgewiesener ausgeprägter Uncovertebralarthrose und Spondylose C2/C3 und C3/C4, Retrospondylose C5/6 und C6/7 sowie links mediolateralem Bandscheibenvorfall C6/C7 diagnostiziert. Ausweislich der kernspintomografischen Aufnahmen aus dem Jahre 2001 seien auch die oberen Segmente der Halswirbelsäule betroffen. Nach den vorliegenden Befunden sei die gesamte Halswirbelsäule der Altersnorm vorausgehend geschädigt, nicht nur die beiden untersten Segmente. Dies sei in der männlichen Normalbevölkerung eher selten anzutreffen und müsse damit bei Fehlen konkurrierender Ursachen als altersuntypische Veränderung gewertet werden. Die berufliche Exposition sei nach Abwägung aller konkurrierenden Faktoren der einzige Faktor, der als pathologisch für die jetzige Erkrankung erkennbar sei. Damit sei er mit Wahrscheinlichkeit ursächlich für die Erkrankung (Gutachten nach Aktenlage vom 15.06.2004).
Der Senat hat weiter Beweis erhoben und ein Sachverständigengutachten von Prof. Dr. C eingeholt. Dieser hat darauf hingewiesen, dass die schwergradigen osteochondrotischen, spondylotischen und spondylarthrotischen Veränderungen in den Segmenten C5/C6 und C6/C7 der Halswirbelsäule des Klägers, die sich auf den Röntgenaufnahmen vom 14.05.2002 darstellten dem Erscheinungsbild nach von den Bandscheiben ihren Ausgang genommen haben dürften und deshalb als bandscheibenbedingt anzusprechen seien. Allerdings sei bei dem Kläger ausweislich der Röntgenaufnahmen vom 14.05.2002 nicht die geringste Fehlhaltung der Halswirbelsäule zu erkennen. Auf diesen Röntgenaufnahmen sei eine sehr fortgeschrittene Osteochondrose, Spondylose und Spondylarthrose in den Segmenten C5/C6 und C6/C7 festzustellen, in den nach kranial sich anschließenden Segmenten bestünden dagegen praktisch normale Verhältnisse, auf keinen Fall das altersübliche Maß überschreitende degenerative Veränderungen. Ein Befund, wie er an der Halswirbelsäule des Klägers bestehe, sei in der Allgemeinbevölkerung nicht allzu selten (Gutachten nach Aktenlage vom 13.05.2005 mit ergänzender Stellungnahme vom 06.08.2005).
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 07.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2002 nicht beschwert, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Diese Bescheide sind rechtmäßig, weil die Beklagte die Gewährung der begehrten Verletztenrente zu Recht abgelehnt hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente wegen einer BK Nr. 2109 nicht besteht.
Der Anspruch richtet sich auch nach dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) zum 01. Januar 1997 noch nach den bis dahin geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der hier behauptete Anspruch vor dem genannten Datum beginnen soll, §§ 212, 214 Abs 3 SGB VII, Art 36 des Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz – UVEG).
Nach §§ 547, 548, 581 Abs 1 Nr. 2 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt eines Arbeitsunfalls Leistungen, insbesondere Verletztenrente. Als Arbeitsunfall gilt auch eine Berufskrankheit (§ 551 Abs 1 Satz 1 RVO). Berufskrankheiten sind diejenigen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 Abs 1 Satz 2 RVO). Dementsprechend ist durch die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 18. Dezember 1992 – 2. Änd-VO – (Bundesgesetzblatt I S. 2343) unter der Nr. 2109 in die Anlage I zur BKV als BK aufgenommen worden:
"Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können".
Für die Entschädigung von Folgen einer solchen Erkrankung als BK nach Nr. 2109 der Anlage zur BKV müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
– Es muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS vorliegen,
– die durch schädigende Einwirkungen in Form von langjährigem Heben oder Tragen schwerer Lasten auf der Schulter (arbeitstechnische Voraussetzungen),
– im Rahmen der versicherten Berufstätigkeit entstanden ist,
– die objektiv den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt hat und
– die Tätigkeit tatsächlich aufgegeben worden ist.
Während die Grundlagen der Ursachenbeteiligung – versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung und bandscheibenbedingte Erkrankung – voll bewiesen sein müssen, d.h. eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, genügt für den Zusammenhang zwischen der Einwirkung (den arbeitstechnischen Voraussetzungen) und Erkrankung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang sprechenden Gründe so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann; die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt hingegen alleine nicht (vgl. u.a. BSG Urteil vom 20.01.1987, 2 RU 27/86, SozR 2200 § 548 Nr 84; Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien spricht – selbst wenn unterstellt wird, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind – zur Überzeugung des Senats mehr dagegen als dafür, dass die beim Kläger festgestellte bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule durch die beruflichen Belastungen zumindest wesentlich teilursächlich mit hervorgerufen worden ist. Der Kläger leidet an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule in den Segmenten C5/C6 und C6/C7. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. T1 und Prof. Dr. C. Dr. T1 hat beim dem Kläger ein chronisches Cervicalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose der Halswirbelsäule festgestellt und röntgenologisch sowie kernspintomografisch (bandscheibenbedingte) Umformungen in den in den Segmenten C5/C6 und C6/C7 nachgewiesen. In Übereinstimmung damit geht Prof. Dr. C von schwergradigen osteochondrotischen, spondylotischen und spondylarthrotischen Veränderungen in den Segmenten C5/C6 und C 6/C7 der Halswirbelsäule aus, die dem Erscheinungsbild nach von den Bandscheiben ihren Ausgang genommen haben und deshalb als bandscheibenbedingt anzusehen sind. Die Auffassung von Prof. Dr. A1, der Kläger leide an einer bandscheibenbedingten Erkrankung nicht nur der unteren, sondern auch der oberen Segmente der Halswirbelsäule, sieht der Senat durch die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C als widerlegt an. Prof. Dr. C hat – in Kenntnis des Gutachtens von Prof. Dr. A1 sowie der Auffassung des Klägers – die Röntgenaufnahmen vom 14.08.1978, 25.01.1994, 03.11.1998 (sowie den dazu erstellten Arztbrief von Dr. C1) und 15.05.2002 sowie das Kernspintomogramm vom 26.01.2001 eingehend medizinisch bewertet (ergänzende Stellungnahme vom 06.08.2005). Mit den Röntgenaufnahmen vom 03.11.1998 lassen sich die von Dr. C1 beschriebene Osteochondrose und Spondylose von C4 nicht nachweisen. In Übereinstimmung mit Dr. T1 sieht Prof. Dr. C solche nur von C 5 an abwärts bestätigt. Es findet sich auch nicht die von Dr. C1 beschriebene linksseitige mäßige Einengung der Foramen C2/C3 und C3/C4. Die Foramina intervertebralia C2/C3 und C3/C4 erscheinen vielmehr auf der rechten Seite eingeengt und auf der linken Seite ausschließlich das Foramen intervertebralia C3/C4. Es ist jedoch fraglich, ob sie tatsächlich eingeengt gewesen sind. Jedenfalls lassen die am 03.11.1998 gefertigten seitlichen Aufnahmen in keiner Weise an das alterübliche Maß überschreitende, bandscheibenbedingte osteochondrotische und spondylotische Veränderungen im Segment C3/C4 denken. Derartige Veränderungen kommen ausschließlich in den Segmenten C5/C6 und C6/C7 zur Darstellung. Die Auswertung des Kernspintomogramms vom 26.02.2001 ergibt nichts anderes. Von einer deutlichen Einengung des ventralen Epiduralraumes in Höhe der Segemente C2/C3 bis C4/C5, die Prof. Dr. A1 und Dr. H (Arztbrief vom 13.03.2001) gesehen haben wollen, kann nicht gesprochen werden, ebenfalls nicht von einer erheblichen Uncarthrose und Spondylose bei C2/C3 und C3/C4. Bestätigt sieht Prof. Dr. C diese Auffassung – der sich der Senat anschließt – durch die Röntgennativaufnahmen in zwei Ebenen vom 14.05.2002. Insoweit weist er darauf hin, dass diese Röntgenaufnahmen eine sehr fortgeschrittene Osteochondrose, Spondylose und Spondylarthrose in den Segmenten C5/C6 und C6/C7 zeigen, jedoch in den nach oben sich anschließenden Segmenten praktisch normale Verhältnisse, auf keinen Fall werden das alterübliche Maß überschreitenden degenerative Veränderungen dargestellt. Dem folgend überzeugt es gerade nicht, wenn der Kläger meint, für die medizinische Bewertung sei maßgebend auf die Kernspintomografie vom Februar 2001 und den neurologischen Befund von Dr. H abzustellen.
Die Erkrankung der Halswirbelsäule des Klägers ist durch seine berufliche Tätigkeit nicht wesentlich mitverursacht worden. Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind, so spricht mehr dagegen als dafür, dass die beim Kläger nachgewiesene bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule durch berufliche Belastungen zumindest wesentlich teilursächlich hervorgerufen worden ist. Dagegen spricht im Wesentlichen das Verteilungsmuster der Erkrankungen an der Halswirbelsäule. Die bandscheibenbedingten Erkrankungen der Halswirbelsäule sind beim Kläger auf die Segmente C5/C6 und C6/C7 beschränkt, während es an einer entsprechenden Erkrankung der oberen Segmente fehlt. Damit besteht bereits kein belastungskonformes Schadensbild. Denn bei langjährig wiederkehrender Belastung der Halswirbelsäule durch Tragen von schweren Lasten unter außergewöhnlicher Haltung des Kopfes sind alle – nicht nur die unteren – Bewegungssegmente gefährdet. Die Zug- und Kompressionskräfte im Bereich der Wirbelgelenkfacetten in Verbindung mit Seitverbiegung und Verdrehung tragen dazu bei, dass insbesondere oberhalb von C5/C6 bis zu C2/C3 degenerative Veränderungen auftreten, die in der Allgemeinbevölkerung weniger häufig anzutreffen sind (Merkblatt für die ärztliche Untersuchung, BArbBl 3/93 S. 54). Der Sachverständige Dr. T1 bestätigt dies und weist insoweit darauf hin, dass aufgrund der epidemiologischen Studien – die zur Aufnahme der BK 2109 in die Anlage 1 der BKV geführt haben – auch festgestellt worden sei, dass sich der Erkrankungsschwerpunkt der beruflich exponierten gegenüber der nicht beruflich exponierten Bevölkerung verändere. Während bei nicht exponierten Menschen bzw. bei der Allgemeinbevölkerung der eindeutige Schwerpunkt von Bandscheibenerkrankungen der Halswirbelsäule im Bereich der unteren Halswirbelsäulensegmente liege (C4/C5, C5/C6, C6/C7), finde sich in der beruflich exponierten Untersuchungsgruppe eine eindeutige Verschiebung der röntgenologischen Erkrankungsschwerpunkte nach kopfwärts hin. Dementsprechend sei eine Verlagerung des Erkrankungsschwerpunktes nach kopfwärts hin als typisches Schadensbild bei beruflicher Verursachung zu fordern. Fehlt – wie beim Kläger – ein entsprechendes röntgenologisches Verteilungsmuster bzw. Schadensbild, kann der ursächliche Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Erkrankung der Halswirbelsäule nicht als wahrscheinlich bezeichnet werden. Beim Kläger findet sich eine Schwerpunktbildung der Umformungen im Bereich der unteren Halswirbelsäule, die dem Erkrankungsschwerpunkt in der Normalbevölkerung entspricht. Eine Verschiebung des Erkrankungsschwerpunktes, wie es für die beruflich belasteten Personengruppen gesichert worden ist, findet sich hingegen bei ihm nicht. In Übereinstimmung damit geht Prof. Dr. C davon aus, dass im Wesentlichen drei Gründe gegen das Vorliegen von durch schweres Heben und Tragen auf der Schulter verursachten Halswirbelsäulenschäden sprechen: Die das altersübliche Maß überschreitenden bandscheibenbedingten Halswirbelsäulenschäden beschränken sich auf die beiden unteren Halswirbelsegmente C 5/6 und C 6/7, die auch in der Allgemeinbevölkerung sehr häufig befallen sind, es ist keine Fehlhaltung der Halswirbelsäule zu erkennen und es bestehen in der unteren Hälfte der Brust- und der oberen Hälfte der Lendenwirbelsäule ebenfalls das altersübliche Maß überschreitende bandscheibenbedingte degenerative Schäden. Der Senat hat keine Bedenken den Sachverständigen Dr. T1 und Prof. Dr. C zu folgen. Ihre Auffassung, zwischen der festgestellten Erkrankung der Halswirbelsäule und der beruflichen Tätigkeit des Kläger bestehe kein ursächlicher Zusammenhang, ist nachvollziehbar begründet. Sie steht im Einklang mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die zur Aufnahme der BK 2109 in die Anlage 1 der BKV geführt haben und nach denen bei einer beruflich bedingten Belastung gerade an den höheren Segmenten der Halswirbelsäule dem Lebensalter vorauseilende Erkrankungen zu erwarten sind.
Der Senat sieht sich nicht veranlasst, dem Antrag des Klägers zu entsprechen, den Neurologen Dr. H mündlich zu befragen. Sein Arztbrief vom 13.03.2001 lag bereits dem von Dr. Q übersandten Befundbericht bei und konnte somit von allen Sachverständigen gewürdigt werden. Der von Prof. Dr. C diesbezüglich vorgenommenen Bewertung hat sich der Senat – wie oben im Einzelnen dargelegt – angeschlossen. Darüber hinaus lässt sich dem Antrag des Kläger auch nicht entnehmen, zu welchem Beweisthema Dr. H konkret hätte befragt werden sollen. Notwendig ist jedoch stets, das – wenn auch in allgemeiner Form – umrissen wird, was die Beweisaufnahme ergeben soll (BSG Urteil vom 18.12.1997, 5 BH (J) 14/97, SozR 3-1500 § 153 Nr 6). Soweit der Kläger durch Dr. H vermutlich seinen Vortrag bestätigt sehen möchte, auch an den oberen Segmenten der Halswirbelsäule seien bandscheibenbedingte Erkrankungen zu finden, sieht der Senat den Sachverhalt durch die eingeholten Gutachten von Dr. T1 und Prof. Dr. C bereits als ausreichend aufgeklärt an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 04.07.2006
Zuletzt verändert am: 04.07.2006