Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit ab 20.05.2005 bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens S 6 SO 74/05 – Sozialgericht Detmold – für die in dem Alten- und Pflegeheim "Haus I" wohnenden, in den Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners fallenden und auf Sozialhilfe angewiesenen Bewohner der Pflegestufe G, I, II und III gesondert berechnete Investitionskosten i.H.v. vorläufig 16,00 Euro/Tag zu zahlen. Der weitergehende Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt ein Drittel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Der Antragsgegner trägt zwei Drittel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Gerichtskosten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast) begehrt den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung über die gesondert berechneten Investitionskosten für das von ihr betriebene Alten- und Pflegeheim nach § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII) i.V.m § 76 Abs. 2 Satz 1 SGB XII sowie eine Verpflichtung des Antragsgegners (Ag), mit ihr vorläufig eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und Nr 3 SGB XII über den Investitionsbetrag abzuschließen.
Die von der Ast am 01.09.1988 in Betrieb genommene vollstationäre Alten- und Pflegeeinrichtung "Haus I" ist eine zugelassene Pflegeeinrichtung i.S. des § 72 SGB – Soziale Pflegeversicherung – (XI) mit 63 Bewohnern, von denen derzeit 41 auf Sozialhilfeleistungen angewiesen sind. Die Ast hat unter Beteiligung des überörtlichen Trägers in Niedersachsen mit Wirkung zum 01.01.2001 am 19.12.2000 einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI und Vereinbarungen gemäß § 85 SGB XI über die Leistungen der vollstationären Pflege geschlossen. Bis zur Änderung des Niedersächsischen Pflegegesetzes (NPflegeG) mit Wirkung zum 01.01.2004 wurde die von der Ast betriebene Einrichtung nach diesem Gesetz durch eine subjektorientierte Förderung über den sogenannten bewohnerbezogenen Aufwendungszuschuss und mit dem dort vorgesehenen Entgelt (18,08 Euro/Tag) gefördert. Wegen eines von der Ast geltend gemachten höheren Investitionsaufwands zahlte der Ag aus Sozialhilfemitteln für den letzten Zeitraum vom 01.07.2003 bis zum 31.12.2003, der noch in die Geltung der Förderung von Investitionsaufwendungen vollstationärer Pflegeeinrichtungen nach dem Niedersächsischen Pflegegesetz (NPflegeG) und der DVO-NPflegeG fiel, ergänzend einen weiteren Aufstockungsbetrag i.H.v. 2,20 Euro/Tag. Mit Schreiben vom 24.10.2003 setzte er die Höhe der Investitionsfolgekosten nach § 82 Abs 3 SGB XI i.V.m. § 19 Abs. 3 NPflegeG für diesen Zeitraum mit 20,29 Euro/Tag fest.
Verhandlungen zwischen der Ast und dem Ag zur Höhe der – für die Zeit nach Beendigung der Förderung durch das Land ab 01.01.2004 ausschließlich von dem Ag zu tragenden – Investitionskosten nach § 75 Abs. 5 Satz 3 SGB XII scheiterten daran, dass eine von dem Ag für erforderlich gehaltene Leistungs- und Prüfungsvereinbarung über den Investitionsbetrag nach § 75 Abs 3 SGB XII nicht zustande kam. Die Ast übersandte dem Ag mit Schreiben vom 19.09.2003 den von ihr bereits unterzeichneten Entwurf einer entsprechenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach der Vorgängerregelung des § 93a BSHG, einen Auszug aus der Liegenschaftskarte und eine Leistungsbeschreibung als Grundlage für den Abschluss einer Leistungsvereinbarung i.S. der §§ 93ff BSHG. Nach einer Besprechung zwischen den Vertragsparteien unterbreitete der Ag der Ast mit Schreiben vom 19.10.2004 den Kompromissvorschlag, die täglichen Investitionskosten je Heimbewohner ausgehend von einem Betrag i.H.v. 18,26 Euro/Tag pro Heimbewohner im Jahre 2004 um jährlich 0,80 Euro/Tag zu reduzieren. Für das Jahr 2005 ergab sich ein Investitionskostenbetrag i.H.v. 17,46 Euro/Tag. Der Ag führte ergänzend aus, er gehe – vorbehaltlich einer Beurteilung nach Eingang der von der Ast zugesagten Unterlagen über Baumaßnahmen in der Einrichtung für den Zeitraum ab 1990 in Verbindung mit den Kostendarstellungen nach DIN 276 – von einem Modernisierungsstand der Einrichtung entsprechend dem Baujahr 2001 aus. Die Ast erklärte ihr Einverständnis mit diesem Angebot (Schreiben vom 25.11.2004). Sie übersandte weiter eine gutachtliche Stellungnahme der Sachverständigen L vom 12.11.2004 und eine Übersicht des Architekten I vom 15.02.2005 zu den unter seiner Verantwortung im Zeitraum Herbst 2000 bis Winter 2001 durchgeführten Baumaßnahmen mit einem von ihm unter Bezugnahme auf anliegende Rechnungen und Kostengliederung nach DIN 276 angegebenen Gesamtaufwand von ca. 1.100.000 DM. Der Ag zog mit Schreiben vom 24.03.2005 sein unter dem Vorbehalt des Modernisierungsstandes 2001 gemachtes Entgeltangebot mit der Begründung zurück, es fehlten noch Unterlagen für die Zeit vor dem Herbst 2000 bis zum Jahre 1991, auf deren Vorlage er weiterhin bestehe.
Seit dem 07.07.2004 hat der Ag den zuvor für auf Sozialhilfe angewiesene Bewohner der Einrichtung der Ast gezahlten Investitionsbetrag i.H.v. 18,26 Euro/Tag auf 12,33 Euro/Tag abgesenkt. Gleichzeitig teilte er der Ast mit, bis zum Abschluss einer Vereinbarung werde es bei diesem abgesenkten Betrag auf der Grundlage eines Modernisierungsstandes 1990 verbleiben (Schreiben des Ag vom 10.06.2004).
Mit Schreiben vom 03.05.2005 wandte sich die Ast an die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII und beantragte, gesondert berechnete Investitionsaufwendungen in Anlehnung an das Angebot des Ag vom 19.10.2004 festzusetzen. Die Schiedsstelle hat diesen Antrag inzwischen mit Beschluss vom 16.11.2005 abgelehnt.
Die Ast hat mit einem am 03.05.2005 bei dem Sozialgericht (SG) Detmold eingegangenen Schreiben Klage erhoben und beantragt, den Ag zu verpflichten, mit ihr eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und 3 SGB XII mit dem Inhalt ihres Angebots vom 19.09.2003 abzuschließen (S 6 SO 74/05 – SG Detmold). Mit Schreiben vom 23.06.2005 hat sie weiter beantragt festzustellen, dass es für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung über einen Investitionsbetrag gemäß § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII i.V.m § 76 Abs. 2 Satz 1 SGB XII zwischen den Parteien keiner Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB XII bedürfe. Der Ag hat in diesem Verfahren ausgeführt, er habe die von der Ast übersandten Unterlagen seiner Fachabteilung Hochbau/Gebäudemanagement vorgelegt. Diese habe für eine fachliche Prüfung des Modernisierungsstandes Informationen zu Gebäudekenndaten, eine Baubeschreibung, Kostenschätzungen nach DIN 276 bzw Kostenfeststellungen, einen Lageplan sowie Grundrisspläne M. 1:100 für erforderlich gehalten.
Am 20.05.2005 hat die Ast beim SG Detmold den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, den Ag zur vorläufigen Zahlung eines Investitionsbetrags entsprechend dem Schreiben des Ag vom 19.10.2004 und zum Abschluss einer Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auf der Grundlage ihres Angebots vom 19.09.2003 zu verpflichten. Sie hat ausgeführt, laufende und notwendige Investitionsaufwendungen könnten bei einem Verlust an Investitionskosten je sozialhilfebedürftigen Bewohner von 5,13 Euro/Tag nicht durchgeführt werden. Die wirtschaftliche Existenz der Einrichtung werde wegen der sich bei 41 sozialhilfeberechtigten Bewohnern ergebenden Mindereinnahmen i.H.v. 76.770, 45 Euro pro Jahr gefährdet.
Das SG hat mit Beschluss vom 17.06.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Bezüglich des Antrags der Ast, den AG zu verpflichten, mit ihr bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und 3 SGB XII näher bezeichneten Inhalts abzuschließen, fehle es an einem Anordnungsanspruch. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage stimme das Gericht mit der Rechtsauffassung der Ast überein, dass es einer gesonderten Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht bedürfe. Die Regelung des § 75 Abs 5 Satz 3 SGB XII, nach deren Inhalt der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten nur verpflichtet sei, wenn hierüber entsprechende Vereinbarungen nach dem Zehnten Kapitel getroffen worden seien, bedeute nicht, dass in jedem Fall ungeachtet der Umstände im Übrigen gesonderte Vereinbarungen getroffen werden müssten. In Fällen, in denen es um Pflegeleistungen gehe, sei eine gesonderte Leistungsvereinbarung entbehrlich, da die Leistungsverpflichtungen des SGB XI gleichsam an die Stelle der ansonsten vertraglich festzulegenden träten (Bezugnahme auf Thüringer OVG, Beschluss vom 10.12.2003 – 3 EO 819/02 – FEVS 55, 485-491). Auch der Antrag, den Investitionsbetrag vorläufig mit 17,46 Euro/Tag festsetzen, könne keinen Erfolg haben. Für die erstrebte Regelung über die Vergütung sei die Schiedsstelle zuständig. Diese Entscheidung könne nicht durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werden. Insofern stehe dem Gericht kein eigener vertragsgestaltender Spielraum zu. Die Schiedsstelle solle nach § 77 Abs 1 Satz 2 SGB XII unverzüglich über den Antrag entscheiden, so dass durch den fehlenden Abschluss einer Vergütungsvereinbarung bedingte wirtschaftliche Nachteile für einen längeren Zeitraum nicht zu erwarten seien.
Gegen den ihr am 22.06.2005 zugestellten Beschluss hat die Ast am 22.07.2005 Beschwerde eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen in mehreren Schriftsätzen, auf deren Inhalt verwiesen wird, vertieft und ergänzt.
Sie beantragt,
1) dem Ag bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens aufzugeben, mit ihr eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB XII mit dem sich aus dem Entwurf vom 19.09.2003 ergebenden Inhalt abzuschließen
2) den Ag zu verpflichten, bis zur endgültigen rechtskräftigen Entscheidung über den von der Ast gegenüber der Niedersächsischen Schiedsstelle nach § 80 SGB XII gestellten Antrag vom 03.05.2005 über die Festsetzung des Investitionsbetrags für die in dem Alten- und Pflegeheim "Haus I" wohnenden, in den Zuständigkeitsbereich des Ag fallenden und auf Sozialhilfe angewiesenen Bewohner der Pflegestufe G, I, II und III als Investitionsbetrag 17, 46 Euro/Tag zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Auch hinsichtlich des Vorbringens des Ag wird auf den Inhalt der von ihm eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Berichterstatterin hat am 10.11.2005 einen Erörterungstermin durchgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 25.07.2005), ist – nach Ablehnung des Antrags der Ast vom 03.05.2005 durch die Schiedsstelle – teilweise begründet. So kann die Ast im Wege der einstweiligen Anordnung von dem Ag erhöhte Investitionskosten in dem zugesprochenem Umfang beanspruchen (1). Dagegen hat der Senat es nicht für erforderlich gehalten, den Ag zu verpflichten, mit der Ast vorläufig eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß § 75 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und 3 SGB XII abzuschließen, da dies in mehrfacher Hinsicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würde (2).
Nach § 86 b Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zu Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im summarischen Verfahren (BVerfG v. 29.07.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95, 96). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BverfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -).
Zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes hat die Ast glaubhaft vorgetragen, dass durch die bereits seit Mitte 2004 deutlich abgesenkten, gesondert berechneten Investitionskosten nach § 75 Abs 5 Satz 3 SGB XII erhebliche wirtschaftliche Einbußen eingetreten sind. Bei jährlichen Einbußen i.H.v. 76.770,- Euro und der fehlenden Möglichkeit der Ast, den Investitionsaufwand anderweitig, etwa über die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung bzw die Pflegesätze zu refinanzieren, erscheint dies nachvollziehbar. Da eine abschließende Aufklärung der komplexen Sach- und Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, entscheidet der Senat auf der Grundlage einer Folgenabwägung (3).
(1) Unter Berücksichtigung der im einstweiligen Anordnungsverfahren vorzunehmenden Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht viel dafür, dass die Ast ein den derzeit gezahlten Investitionsbetrag von 12, 33 Euro/Tag übersteigendes Entgelt für Investitionskosten nach § 75 Abs 5 Satz 3 SGB XII i.V.m § 82 Abs. 4 SGB XI beanspruchen kann. Dabei berücksichtigt der Senat, dass dem Ag bereits zahlreiche Unterlagen vorliegen, die darauf hindeuten, dass jedenfalls die Annahme eines Modernisierungsstandes des Jahres 1990 unangemessen ist. Die vorliegenden Schriftstücke sprechen vielmehr dafür, dass der in dem Kompromissvorschlag des Ag vom 19.10.2004 angenommene Modernisierungsstand des Jahres 2001 zu berücksichtigen ist. Da der Ag die ihm noch fehlenden Unterlagen auch in dem Erörterungstermin vom 10.11.2005 nicht abschließend konkret benannt hat, kann der Ast eine fehlende Mitwirkung nicht vorgeworfen werden. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Ast den von der Fachabteilung Hochbau/Gebäudemanagement ausweislich des Schriftsatz des Ag im Hauptsachverfahren vom 18.08.2005 geforderten Lageplan bereits mit dem Angebot einer Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 19.09.2003 übersandt hat. Die im Hauptsacheverfahren eingereichte Leistungsbeschreibung und die Übersichten zum Ausstattungsstandard nach NHK 1995 sowie dem Raumprogramm (Bewohnerzimmer/Funktionsbereiche) dürften von der zuständigen Fachabteilung der Ast zur Ermittlung des baulichen Zustandes der Einrichtung als Baubeschreibung heranzuziehen sein. Schließlich hat die Ast mit ihrem Schriftsatz vom 15.11.2005 unwidersprochen darauf hingewiesen, dass der Stellungnahme des Architekten I vom 15.2.2005 Kostenschätzungen bzw Kostengliederungen nach DIN 276 hinsichtlich der geplanten Umbaumaßnahmen beigefügt waren.
Da die Schiedsstelle den Antrag der Ast auf Festsetzung der gesondert berechneten Investitionskosten inzwischen als unzulässig abgewiesen hat, ist es dem Senat – unabhängig von der vorrangigen Überprüfung dieser Schiedsstellenentscheidung durch das SG im Hauptsacheverfahren – auch nicht verwehrt, im vorläufigen Rechtsschutz eine Entscheidung hinsichtlich der Investitionskosten zu treffen. Zwar können die Sozialgerichte Entscheidungen der Schiedsstelle in einem gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfen. Dies beruht auf dem Umstand, dass der Schiedsstelle, die nach den gesetzlichen Vorgaben des § 80 SGB XII sowohl mit Vertretern der Einrichtungen als auch mit Vertretern der Träger der Sozialhilfe und einem unparteiischen Vorsitzenden besetzt ist und somit ein fachlich kompetentes Gremium darstellt, eine Einschätzungsprärogative zusteht. Allerdings hat das Gericht die Entscheidung der Schiedsstelle daraufhin zu überprüfen, ob der Sachverhalt vollständig ermittelt wurde und die der Schiedsstelle gesetzten rechtlichen Vorgaben beachtet worden sind (BVerwG, Beschluss vom 28.02.2002 – 5 C 25/01 – BVerwGE 116, 78-86). Einer abschließenden Klärung im Hauptsacheverfahren muss insofern die Frage vorbehalten bleiben, ob der Schiedsstelle hier eine beitragsgemäße Festlegung der gesondert berechneten Investitionskosten rechtlich möglich war und sie die ihr vom Gesetzgeber zugewiesene Entscheidungsbefugnis zutreffend ausgeübt hat. Der Senat lässt daher ausdrücklich offen, ob eine Entscheidung der Schiedsstelle über die Höhe der zu erstattenden Investitionskosten stets das Bestehen gesonderter Vereinbarungen (oder zumindest einer gesonderten Leistungsvereinbarung nach § 75 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB XII) voraussetzt. Angesichts des engen Zusammenhangs zwischen Leistungs- und Vergütungsvereinbarung könnte es nahe liegen, die Zuständigkeit der Schiedsstelle weit auszulegen. So ist – zur Vermeidung unsinniger doppelter Verfahren vor der Schiedsstelle und den Sozialgerichten – zu diskutieren, ob die Schiedsstelle nicht Inhalte einer Leistungsvereinbarung als Vorfrage im Rahmen von streitigen Vergütungsvereinbarungen zu erörtern hat. Zwar ist die in § 72 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfes eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vorgesehene ausdrückliche Ausdehnung der Schiedsstellenfähigkeit auf die Leistungsvereinbarung durch den Vermittlungsausschluss wieder gestrichen worden (BT-Drucks 15/1514 S 21, 64). Da in den Gesetzesmaterialien hierfür jedoch keine Gründe genannt werden, ist zu erwägen, dass die Schiedsstelle im Rahmen eines Verfahrens über die Vergütung und deren Kalkulation inzidenter über Leistungsinhalte verhandeln und entscheiden muss (Hess LSG, Beschluss vom 20.06.2005 – L 7 SO 2/05 ER -: Abschluss einer Vergütungsvereinbarung setze denknotwenig ebenso wie nach dem normativen Regelungsgerüst eine Einigung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen im Sinne der Leistungsvereinbarung des § 75 Abs 3 Ziff 1 SGB XII und auch die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen im Sinne einer Prüfungsvereinbarung gemäß § 75 Abs 3 Ziff 3 SGB XII voraus; ähnlich zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung bereits Fichtner in: Fichtner/Wenzel, BSHG, 2. Auflage 2003, § 93b BSHG Rdnr 3a; aA wohl Friedrich in: Mergler/Zink, BSHG, § 93b Rdnr 5 Stand 9/2002 und Münder in LPK-BSHG, 7. Auflage 2005, § 75 Rdnr 5).
(2) Die von der Ast beantragte Verpflichtung des Ag, mit ihr vorläufig eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB XII abzuschließen, würde eine Entscheidung in der Hauptsache in unzulässiger Weise vorwegnehmen, (zu diesem Verbot: Meyer-Ladewig, 8. Auflage 2005, § 86 b SGG Rdnr 31), ohne dass hier die Notwendigkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes erkennbar ist. Die begehrten Vereinbarungen sind vorrangig im Wege einer gütlichen Einigung zu erreichen. Im Übrigen lässt der Wortlaut des § 75 Abs 5 Satz 3 SGB XII nicht eindeutig erkennen, welche "entsprechenden Vereinbarungen" nach dem Zehnten Kapitel des SGB XII als Voraussetzung für die Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten getroffen werden müssen. Zwar konnte der Gesetzgeber nicht direkt auf die heranzuziehenden Regelungen des SGB XII verweisen, weil § 75 Abs 5 SGB XII in gleicher Weise wie die Vorgängerregelung in § 93 Abs 7 BSHG für den hier gegebenen Fall der Leistungserbringung durch eine zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 SGB XI eine abschließende Sonderregelung (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.09.2003 – 12 S 742/03 -) darstellt. Es fehlt aber eine konkrete Bezeichnung der entsprechend anwendbaren Vorschriften, etwa des § 75 Abs 3 SGB XII iVm § 76 SGB XII. Allerdings können auch gegen die vom SG im Anschluss an das Thüringer Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 10.12.2003 – 3 EO 819/02 -) vertretene Ansicht, bei einem Streit über die Höhe der gemäß § 75 Abs 5 Satz 3 SGB XII vom Sozialhilfeträger zu übernehmenden Investitionskosten bedürfe es – wegen der in § 75 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB XII angelegten "Ersetzung" der sonst erforderlichen Leistungsvereinbarung durch die gesetzlichen Vorgaben des Achten Kapitel des SGB XI – keiner Leistungs- und Prüfungsvereinbarung, Bedenken vorgebracht werden. Zu berücksichtigen ist, dass das Pflegesatzverfahren des § 85 SGB XI nur die Vergütung für die allgemeinen Pflegeleistungen und die Festlegung der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung umfasst (§ 82 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB XI, §§ 84ff SGB XI). Die betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen gehören nicht zur Vergütung für die von der Einrichtung geleistete Pflege und können daher allenfalls nach § 82 Abs 4 SGB XI gesondert berechnet werden. Sie sind von den in § 75 Abs 5 Satz 1 SGB XII in Bezug genommenen Vereinbarungen nach dem SGB XI also von vornherein nicht umfasst. Fraglich erscheint auch die dieser Rechtsansicht zugrunde liegende "Aufsplittung" der Vereinbarung des § 75 Abs 3 SGB XII in eigenständige Vereinbarungen zur Leistung, Vergütung und Prüfung. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen ist zu der inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 93 Abs 7 Satz 3 BSHG davon ausgegangen, dass mit dem Begriff der "Vereinbarungen" die vormals in § 93 Abs 2 BSHG erfassten Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen gemeint waren (OVG NRW, Urt. v. 26.4.2004 – 12 A 858/03 – ZFSH/SGB 2005, 79-81).
(3) Vor dem Hintergrund dieser im Hauptsacheverfahren abschließend zu klärenden Rechtsfragen und der langjährigen Förderung der Ast durch die Ag hält der Senat es für geboten, der Ast unabhängig vom Vorliegen einer von beiden Beteiligten unterschriebenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes eine begrenzte Erhöhung der gesondert berechneten Investitionskosten zuzusprechen.
Bei seiner Abwägungsentscheidung berücksichtigt der Senat das langjährige Drängen der Ast auf den Abschluss einer Vereinbarung nach § 93 Abs 2 BSHG, ohne dass der Ag hinreichend deutlich gemacht hat, aufgrund welcher konkret zu benennenden Streitpunkte es bisher nicht zu einer Einigung gekommen ist. Mit Schreiben vom 27.10.2003 hat der Ag bestätigt, dass die Ast ihn bereits frühzeitig Mitte des Jahres 2002 zu Verhandlungen nach § 93 BSHG aufgefordert habe. Bereits mit Schreiben vom 19.09.2003 hat die Ast den von ihr unterzeichneten Entwurf einer Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einschließlich einer Leistungsbeschreibung und eines Auszugs aus der Liegenschaftskarte übersandt. Eine Leistungsbeschreibung wurde dem Ag mit dem Angebot der Ast vom 19.09.2003 übersandt. Leistungsfähigkeit und Geeignetheit der Ast dürften außer Frage stehen, da mit ihr bereits Pflegesatzvereinbarungen geschlossen worden sind. Es kann nach dem bisherigen Sachstand auch nicht festgestellt werden, dass hinsichtlich der noch ungeregelten gesondert berechneten Investitionskosten die Vergütung der Ast bei gleichem Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung ausserhalb der Bandbreite vergleichbarer Träger liegt.
Zur Vermeidung einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache, hat der Senat das Entgelt für die gesondert berechneten Investitionskosten nach § 75 Abs 5 Satz 3 SGB XII nur mit einem Abschlag zugesprochen (vgl BverfG 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -). Die Höhe des vorläufigen Betrags für die gesondert berechneten Investitionskosten hat er dabei ausgehend von dem Differenzbetrag zwischen dem ursprünglich vorgesehenen Investitionskostenbetrag i.H.v. 17,46 Euro/Tag und dem tatsächlich gezahlten Betrag i.H.v. 12,33 Euro/Tag ermittelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer Anwendung von § 197 a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 64 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 08.02.2006
Zuletzt verändert am: 08.02.2006