Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin ab dem 01.07.2014 von einer ab dem 01.05.2013 bezogenen Altersrente für Frauen mit Abschlägen für 19 Monate wegen vorzeitiger Inanspruchnahme in eine abschlagsfrei Altersrente für besonders langjährig Versicherte (eingeführt zum 01.07.2014, § 236b SGB VI) wechseln kann.
Mit Bescheid vom 19.03.2013 war der Klägerin ab dem 01.05.2013, die von ihr beantragte Altersrente für Frauen mit Abschlägen i.H.v. 5,7 % (für 19 Monate vorzeitiger Inanspruchnahme) bewilligt worden. Mit Schreiben vom 04.07.2014 legte die Klägerin "Widerspruch" gegen den Bescheid vom 19.03.2013 ein und beantragte: "da sie noch in der Frist und keine 65 Jahre alt sei, die volle Erwerbsrente nach mehr als 45 Arbeitsjahren". Mit Bescheid vom 18.07.2014 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab, da die Klägerin bereits eine Altersrente für Frauen beziehe und es gemäß § 34 Abs. 4 SGB VI nicht zulässig sei, von einer bindend bewilligten und bezogenen Altersrente in eine andere Altersrente zu wechseln. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin im Wesentlichen aus, es handele sich um eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Nach der Gesetzesbegründung solle der abschlagsfreie Rentenzugang insbesondere diejenigen unterstützen, die durch 45 Beitragsjahre ihren Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung erbracht hätten. Die Klägerin erfülle die vom Gesetzgeber aufgestellten Voraussetzungen, werde jedoch entgegen der Gesetzesbegründung nicht privilegiert sondern benachteiligt, da ihr ein abschlagsfreier Bezug der Altersrente zustehe, der aber abgelehnt worden sei. Die Vorschrift des § 34 SGB VI sei nicht anzuwenden, da es sich um eine Gesetzeslücke handele, welche durch den Gesetzgeber nicht gesehen worden sei. Es könne nicht sein, dass Versicherte die langjährig Beiträge erbracht hätten bei der Höhe der Rente schlechter gestellt würden, je nachdem zu welchem Zeitpunkt sie diese Rente beantragt hätten. Letztendlich habe der Gesetzgeber den privilegierten Jahrgängen, die die Voraussetzungen erfüllten, eine abschlagsfreie Rentenzahlung ermöglichen wollen. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Seit dem 01.08.2008 sei nach bindender Bewilligung oder für Zeiten des Bezugs einer Rente wegen Alters der Wechsel in eine andere Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Erziehungsrente oder andere Rente wegen Alters ausgeschlossen. Ein Wechsel im Sinne des § 34 Abs. 4 SGB VI liege vor, wenn nach einer Altersrente nahtlos eine andere Rente bezogen werden solle. Die Ausschlussregelung komme daher nur zur Anwendung, wenn sich für die weitere Rente ein späterer Rentenbeginn ergeben würde als für die zuerst bewilligte Altersrente. Die Klägerin beziehe jedoch bereits seit dem 01.05.2013 eine Altersrente für Frauen, daher sei der Wechsel aufgrund § 34 Abs. 4 SGB VI in eine andere, spätere Altersrente ausgeschlossen. Eine Ungleichbehandlung sei verfassungsrechtlich auch nicht gegeben, da das Bundesverfassungsgericht Stichtagsregelung für unbedenklich halte, auch wenn sie bestimmte Personengruppen von neu eingeführten Leistungen ausschließe. Zur Begründung der Klage wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihre Ausführungen ihrer Widerspruchsbegründung. Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2015 zu verurteilen, an die Klägerin eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 01.07.2014 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen verweist die Kammer auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 18.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf einen Wechsel von der seit dem 01.05.2013 bezogenen Altersrente für Frauen in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Nach der ausdrücklichen Regelung § 34 Abs. 4 SGB VI, die lautet: "Nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente ist der Wechsel in eine 1. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Erziehungsrente oder 3. andere Rente wegen Alters ausgeschlossen", ist ein Wechsel von der "Altersrente für Frauen" in die "Altersrente für besonders langjährig Versicherte" ausgeschlossen, da es sich bei beiden Renten um Renten wegen Alters (§§ 35 – 40 und §§ 235 – 238 SGB VI) handelt und der Bescheid vom 16.03.2013 bindend geworden ist und die Klägerin die Altersrente bezogen hat. Die mit Wirkung vom 01.08.2004 eingeführte Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI schließt nach bindender Bewilligung oder den Bezug einer Altersrente den Wechsel in eine andere (üblicherweise für den Versicherten günstigeren) Rentenart aus. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass ein Versicherter, der sich für einen vorzeitigen (und damit längeren) Bezug einer Rente entschieden hat und sich damit dem Arbeitsmarkt endgültig abgewandt hat, dauerhaft Bezieher dieser geminderten Rente bleibt, weil er diese vorzeitig und damit länger (als bei späterem, aber abschlagsfreiem Rentenbeginn) in Anspruch nimmt. Durch diese Regelung werden somit Dispositionen des Versicherten zu Lasten der Versichertengemeinschaft ausgeschlossen, die sonst bei der Inanspruchnahme zunächst einer vorzeitigen mit Abschlägen belegten Altersrente und späterem Wechsel in eine abschlagsfreie Rente möglich wären. Bei der zum 01.07.2014 eingeführten Regelung des § 236b SGB VI handelt es sich nicht um eine neue Rentenart, sondern lediglich um eine (für Geburtsjahrgänge bis 1964) modifizierte Regelung des § 38 SGB VI. Eine Änderung des § 34 Abs. 4 SGB VI oder eine ausdrückliche Regelung, dass § 34 Abs. 4 SGB VI auf eine Rente nach § 236b SGBVI keine Anwendung finden soll, hat der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Einführung des § 236b SGB VI nicht getroffen. Eine Regelungslücke liegt ebenfalls nicht vor, da für den späteren Wechsel von einer Altersrentenart in eine andere mit § 34 Abs. 4 SGB VI eine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht. Zudem hat der Gesetzgeber bei der zeitgleich in Kraft getretenen sog. Mütterrente eine von der allgemeinen Regelung des § 306 Abs. 1 SGB VI abweichende Regelung getroffen, die auch Bestandsrentner begünstigt, obwohl nach § 306 Abs. 1 SGB VI Rechtsänderungen nicht zu einer Änderung der Rentenhöhe führen, soweit nicht abweichendes geregelt ist, d.h. die neue Rechtslage im Regelfall nur für Neurentner Anwendung findet und diese bestenfalls begünstigt. Daher kann auch nicht von einer unbeabsichtigten bzw. ungewollten Regelungslücke ausgegangen werden. Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber die zum 01.07.2014 gewährten Vergünstigungen nicht auf Bestandsrentner ausgedehnt hat. Dem Gesetzgeber sind die Einführung sog. Stichtagsregelungen zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte nicht verwehrt und im Hinblick auf die Sicherstellung der Finanzierbarkeit und der Funktionsfähigkeit des Systems, kann der Gesetzgeber darauf verzichten, die bereits abgeschlossenen Rentenvorgänge der Bestandsrentner aufzunehmen und diese in die ohnehin nur zeitlich begrenzte (Geburtsjahrgänge bis 1964) Privilegierung einzubeziehen. (Vgl. hierzu mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen: Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21.05.2015, Az.: L 7 R 5354/14).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
Erstellt am: 22.12.2015
Zuletzt verändert am: 22.12.2015