Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 5. Februar 1996 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger betreibt die Neufeststellung seines Altersruhegeldes.
Umstritten ist dabei, ob für die Neuberechnung wegen des erst im Dezember 1992 gestellten Überprüfungsantrages das Sechste Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI) anzuwenden ist oder noch die Reichsversicherungsordnung (RVO), nach der die Rente bis dahin berechnet worden war.
Der 1926 geborene Kläger hat sein Arbeitsleben in der UdSSR verbracht. Seit Oktober 1990 hat er seinen ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises A.
Auf seinen Antrag vom 11.01.1991 bewilligte ihm die Beklagte durch Bescheid vom 15.07.1991 Altersruhegeld mit Wirkung vom 28.10.1990. Der Rentenberechnung lagen das Fremdrentengesetz (FRG) und die RVO in der damals geltenden Fassung zugrunde.
Am 30.12.1992 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf § 44 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) eine Neuberechnung seines Altersruhegeldes. Insbesondere machte er geltend, daß bei der Rentenberechnung zu Unrecht eine Ersatzzeit von August 1941 bis zur Übersiedlung aus der UdSSR nicht berücksichtigt worden sei.
Unter dem 01.09.1993 erteilte die Beklagte einen Bescheid über die Neuberechnung der Altersrente für langjährig Versicherte; dabei berücksichtigte sie die vom Kläger geltend gemachte Ersatzzeit nicht.
Mit seinem hiergegen am 15.09.1993 erhobenen Widerspruch begehrte der Kläger eine Entscheidung über die geltend gemachte Ersatzzeit.
Durch Bescheid vom 24.12.1993 erfolgte eine Neuberechnung der dem Kläger gezahlten Altersrente unter Berücksichtigung einer Ersatzzeit vom 07.10.1989 bis zum 30.09.1990. Durch weiteren Bescheid vom 24.02.1994 wurde die Rente unter Berücksichtigung einer zusätzlichen Ersatzzeit vom 01.01.1942 bis zum 30.09.1990 neu berechnet. Die Neuberechnungen erfolgten jeweils entsprechend den Vorschriften des SGB VI.
Den Widerspruch des Klägers, den dieser damit begründet hatte, die Neuberechnung seiner Rente müsse nach den Vorschriften der RVO erfolgen, wies die Beklagte im übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.1994 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 10.08.1994 beim Sozialgericht (SG) Köln Klage erhoben.
Er hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 01.09.1993 und vom 24.02.1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.1994 zu verurteilen, eine Neuberechnung seiner Rentenansprüche unter Anwendung des bis zum 31.12.1991 geltenden Rechts vorzunehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 05.02.1996 hat das SG Köln die Klage abgewiesen. Das SG hat – im wesentlichen unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08.11.1995, Az.: 13 RJ 5/95 – die Auffassung vertreten, die Neuberechnung der Rente des Klägers nach dem SGB VI rechtfertige sich aufgrund der Vorschriften des § 300 Abs. 1 und 3 SGB VI. Daraus ergebe sich, daß bei einer nach März 1992 beantragten Neufeststellung einer Rente stets das neue Recht angewendet werden müsse, wenn dabei persönliche Entgeltpunkte neu zu ermitteln seien. Es mache keinen Unterschied, ob die Neufeststellung aufgrund einer Veränderung erfolge oder rückwirkend nach § 44 SGB X. Denn Neufeststellungen nach dieser Vorschrift, bei denen Entgeltpunkte neu zu ermitteln seien, stellten das Schwergewicht der in Betracht kommenden Fälle dar. Auf diese ziele die Bestimmung des § 300 Abs. 3 SGB VI vornehmlich ab. Der Kläger könne sein Klageziel auch nicht über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch erreichen. Dieser diene zum Ausgleich nur in solchen Fällen, in denen durch ein objektives Fehlverhalten der Verwaltung die Entscheidung des Versicherten über die Wahrnehmung von Rechten zu seinen Ungunsten fehlgeleitet worden sei. Derartiges liege hier jedoch nicht vor.
Gegen das ihm am 23.02.1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.03.1996 beim erkennenden Gericht Berufung eingelegt, die er vornehmlich auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützt. Er macht geltend, die Beklagte habe ihre Aufklärungs- und Ermittlungspflichten verletzt und dadurch bewirkt, daß spätere Korrekturen notwendig geworden seien, die zu der für ihn nachteiligen Berücksichtigung des neuen Rechts geführt hätten. Dieser Nachteil sei im Wege des Herstellungsanspruchs auszugleichen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Köln vom 05.02.1996 abzuändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der den Kläger betreffenden Rentenakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil vom 05.02.1996 ist rechtmäßig.
Das SG hat ausführlich und zutreffend dargelegt, daß die Neuberechnung der dem Kläger gezahlten Rente nach dem SGB VI zu erfolgen hatte. Insofern kann auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen werden (§ 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -). Das gilt, obwohl zugunsten des Klägers § 44 SGB X anzuwenden war. Zwar ist es der Sinn dieser Vorschrift, den Versicherten so zu stellen, als sei das Recht von Anfang an richtig angewendet worden. § 300 Abs. 3 SGB VI modifiziert aber die Rechtsfolge des § 44 Abs. 1 SGB X dahingehend, daß nicht nur der rechtswidrige Bescheid zurückzunehmen, sondern auch der neue Bescheid auf der jetzigen Rechtsgrundlage zu erteilen ist (BSG a.a.O.). Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 300 Abs. 3 SGB VI, der alle Neufeststellungen erfaßt, gleichgültig, ob sie auf der Grundlage der §§ 44, 45 oder 48 SGB X oder von Sondervorschriften erfolgen. Es ergibt sich aber auch aus der Begründung des Gesetzentwurfs. Danach ergänzt § 300 Abs. 3 SGB VI die Abs. 1 und 2 für den Fall, daß eine Rente nach einer bestandskräftigen Feststellung neu festzusetzen ist, z.B. weil nachträglich bisher nicht berücksichtigte Beitragszeiten oder beitragsfreie Zeiten nachgewiesen werden. Weiter heißt es in der Begründung, die Neufeststellung erfolge dann grundsätzlich nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht, wobei die bisher zustehende Rentenhöhe besitzgeschützt sei. Diese Neufeststellung könne gegebenenfalls für Zeiten des Rentenbezuges vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts von Bedeutung sein. Das vorher geltende Recht sei anzuwenden, wenn eine Neufeststellung innerhalb von drei Monaten nach der Aufhebung der bisherigen Vorschriften beantragt worden sei oder wegen eines Verschuldens des Trägers ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bestehe (BT-Drucks. 11/4124, S. 206). Danach soll § 300 Abs. 3 SGB VI grundsätzlich alle Neufeststellungen erfassen.
Daß der Kläger sein Begehren nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen kann, ist im angefochtenen Urteil ebenfalls ausführlich und zutreffend dargelegt worden. Auch insoweit kann deshalb auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden (vgl. auch BSG a.a.O.).
Die Frage einer eventuellen Amtshaftung (Art. 34 des Grundgesetzes, § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches) war im anhängigen Berufungsverfahren nicht zu prüfen, weil es insoweit an der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit mangelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Im Hinblick darauf, daß der 5. Senat des BSG in seinem Urteil vom 18.01.1995, Az.: 5 RJ 78/93, – allerdings ohne nähere Begründung und in einem die Entscheidung nicht tragenden Teil – die Auffassung vertreten hat, der Neubescheid nach § 44 SGB X habe die Sach- und Rechtslage bei Erlaß des früheren Verwaltungsaktes zu berücksichtigen, hat der erkennende Senat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.
Erstellt am: 11.08.2003
Zuletzt verändert am: 11.08.2003