Auf Rev. d.Kl. wird Urteil des LSG aufgehoben !!!
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 24.02.2016 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der beklagten Krankenkasse (Beklagte) die Gewährung der operativen Entfernung einer Bauchfettschürze.
Die 1970 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie beantragte am 17.12.2013 unter Vorlage eines Schreibens des G-Krankenhauses, Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, vom selben Tag die Gewährung einer so genannten Abdominoplastik bei der Diagnose Cutis laxa abdominis ("schlaffe Bauchhaut"). In dem Schreiben wird weiter ausgeführt, die Klägerin habe im Verlauf von zwei Jahren 50 kg an Gewicht verloren. Zudem leide sie in der Folge eines Kaiserschnitts vor ca. 19 Jahren unter einem Taubheitsgefühl der Haut zwischen Bauchnabel und der verbliebenen Narbe. Infolge der Gewichtsreduktion und der darauf zurückzuführenden Hauterschlaffung im Bauchbereich komme es in Kombination mit diesem Taubheitsgefühl zu Einklemmungen der Haut, die von der Klägerin nicht bemerkt würden. In der Umschlagsfalte neige sie besonders in den Sommermonaten zu wunder Haut. Bei der klinischen Untersuchung zeige sich eine ca. 3 cm breit aufliegende Hautfettschürze. Es werde die Durchführung einer Abdominoplastik unter stationären Bedingungen empfohlen. In einer ebenfalls bei Antragstellung vorgelegten fachärztlichen Bescheinigung des Facharztes für Neurologie, Nervenheilkunde, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. L aus H vom 15.11.2013 wird nach ambulanter Vorstellung der Klägerin am 14.11.2013 ausgeführt, diese leide ob ihres Aussehens unter depressiven Verstimmungszuständen. Psychopathologisch und testpsychologisch habe eine eigenständige psychiatrische Komorbidität ausgeschlossen werden können. Insbesondere liege keine Dysmorphie (Fehlbildung) vor. Schließlich hielt die Internistin Dr. G in einem Attest vom 12.11.2013 unter Verweis auf den behandelnden Psychiater und Chirurgen eine Fettschürzenoperation für erforderlich.
Unter dem 19.12.2013 erbat die Beklagte eine medizinische Stellungnahme ihres Sozialmedizinischen Dienstes (SMD). Die Klägerin wurde unter dem 08.01.2014 darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Einschaltung des SMD notwendig sei und, sobald dessen Rückmeldung vorliege, schnellstmöglich über den Antrag entschieden werde. Mit Schreiben vom 20.01.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, eine Untersuchung durch den SMD habe noch nicht stattgefunden. Sobald Untersuchungsergebnisse vorlägen, werde schnellstmöglich über den Antrag entschieden. Die sozialmedizinische Stellungnahme vom 30.01.2014 ging bei der Beklagten am 04.02.2014 ein. Bei der Untersuchung habe sich im Bereich des Bauches eine ubiquitäre Hauterschlaffung gefunden, wobei die schlaffen Hautanteile geringfügig oberhalb des Mons pubis (Schamhügel) überlappten mit darunter vollständig intakter Haut. Die Hauterschlaffung lasse sich durch Bekleidung in vollem Umfang kaschieren. Dies betreffe auch Badebekleidung im Sinne eines Badeanzugs. Irgendwelche Hautirritationen durch die geringfügige Überlappung der schlaffen Hautanteile oberhalb des Mons pubis lägen nicht vor. Auch darüber hinaus bestünden keine Körperfunktionsstörungen durch die Hauterschlaffung. Daher könne eine Kostenübernahme nicht empfohlen werden. Die Versicherte habe sich enttäuscht gezeigt. Auch in einem etwaigen Widerspruchsverfahren werde keine andere Beurteilung erfolgen. Zur Begründung werde auf die Vorgaben des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) zur Beurteilung der Bauchfettschürzenplastik zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verwiesen.
Mit Bescheid vom 10.02.2014 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Nach den Ausführungen des SMD sei der Eingriff medizinisch nicht indiziert, sondern solle aus ästhetischen Gründen erfolgen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) komme nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit ein Krankheitswert zu. Eine Entstellung liege nicht vor. Auch psychische Leiden rechtfertigten keinen operativen Eingriff. Dafür stehe regelmäßig eine Behandlung mit Mitteln der Psychotherapie zur Verfügung.
Zur Begründung ihres Widerspruchs vom 05.03.2014 trug die Klägerin vor, bei ihr liege eine anatomische Abweichung vor, die entstellend wirke. Die nach dem erheblichen Gewichtsverlust verbliebene Bauchfettschürze lasse sich lediglich sehr eingeschränkt durch das Tragen entsprechender Kleidung verdecken. Gerade bei wärmeren Temperaturen sei dies nicht mehr möglich. Der Besuch einer öffentlichen Badeanstalt sei ausgeschlossen. Davon unabhängig sei aber zu berücksichtigen, dass die Bauchfettschürze weitere Beschwerden mit sich bringe. Durch sich einlagernden Schweiß komme es gerade im Sommer zu Wundflächen. Zudem bestehe ein erhöhtes Infektionsrisiko für Pilzerkrankungen. Auch diese Leiden bzw. Gesundheitsgefahren würden durch die beantragte Operation entfallen. Erschwerend komme hinzu, dass sich eine psychische Erkrankung herausgebildet habe. Es gebe sehr wohl in den Fällen, in denen der psychisch erkrankte Versicherte seinen Körperzustand subjektiv als regelwidrig empfinde, die Möglichkeit eines Behandlungsanspruchs. Es sei nachgewiesen, dass ihre psychische Erkrankung allein auf die Bauchfettschürze zurückzuführen sei. Es liege auch keine rein subjektive Empfindung vor, sondern eine optische Entstellung. Sie befinde sich in psychotherapeutischer Behandlung, deren Kosten nach Abschluss der Operation auch entfallen würden.
Die Klägerin verwies auf eine fachärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Schulz-Vanheyden des medizinischen Versorgungszentrums Gelderland vom 31.03.2014, wonach keine Indikation für eine psychotherapeutische Behandlung oder für eine medikamentöse Behandlung mit Psychopharmaka bestehe. Die sozialen und psychischen Einschränkungen ergäben sich ausschließlich durch die gegebenen körperlichen Bedingungen, die laut Klägerin nicht weiter durch z.B. Gymnastik oder weitere Gewichtsabnahme zu beeinflussen seien. Die durch die körperliche Situation eingetretene psychische Symptomatik (Scham, sozialer Rückzug, Vermeidungsverhalten, Grübeln) werde sich aller Voraussicht nach vollständig durch eine anpassende Operation der Bauchdecke zurückbilden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 28.07.2014 Klage beim Sozialgericht Duisburg erhoben. Sie hat an der Auffassung festgehalten, der Bauchfettschürze komme Krankheitswert zu, wie sich den der Klageschrift beigefügten Lichtbildern entnehmen lasse. Der sich einlagernde Schweiß bedinge Wundflächen. Zudem bestehe ein erhöhtes Infektionsrisiko für Pilzerkrankungen. Die Problematik werde durch Taubheitsgefühle im fraglichen Bereich noch verstärkt. Weiter habe sich allein wegen der Fettschürze eine psychische Erkrankung herausgebildet, die auf das entstellte Äußere zurückzuführen sei. Selbst wenn der Rechtsauffassung der Beklagten zu folgen wäre, dass die Fettschürze keinen regelwidrigen Körperzustand darstelle, so wäre der subjektiv als regelwidrig empfundene Körperzustand ausreichend, um den beabsichtigten operativen Eingriff zu rechtfertigen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Entfernung einer Bauchfettschürze zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist unter Verweis auf die Ausführungen des SMD im Verwaltungsverfahren sowie dessen im Klageverfahren vorgelegten weiteren Stellungnahmen vom 23.07.2015 und 09.02.2015 bei ihrer ablehnenden Haltung verblieben und hat unter Hinweis auf Rechtsprechung des BSG nochmals betont, dass die angegebene psychische Beeinträchtigung keinen Anspruch auf Kostenübernahme für die Entfernung der Fettschürze rechtfertige. Eine Entstellung liege darüber hinaus nur vor, wenn äußerliche Veränderungen bestünden, die sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen bemerkbar machten.
Das Sozialgericht hat ein plastisch-chirurgisches Sachverständigengutachten der Ärztin für Chirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie Dr. T aus N eingeholt. Diese kam zum Ergebnis, dass eine extreme Erschlaffung der Bauchhaut mit einem Überhang von Haut- und Fettgewebe am Unterbauch von 4 cm vorliege. Der überlappende Hautbereich ergebe eine Fläche von 20 × 4 cm. Nach den Angaben der Klägerin komme es aufgrund der sich überlappenden Hautareale im Sommer häufig zu Entzündungen und Wundsein. Die Klägerin selbst behandle dies mit Salben und Puder. Eine fachdermatologische Bettbehandlung finde nicht statt. Aktuell bestünden keine Entzündungszeichen. Der schlaffe Bauch führe lediglich immer wieder zu Einklemmungen in die Hose und damit zu begleitenden Irritationen. Man könne jedoch von einer groben Entstellung sprechen. Ein Verstecken des Bauches in einem normalen Badeanzug sei nicht möglich. Auch durch einen Spezialbadeanzug könne die Faltenbildung lediglich minimiert werden. Das gelte auch für übliche Sportbekleidung. Aufgrund dieser Tatsache bestehe eine medizinische Indikation für eine Bauchdeckenstraffung und somit eine Fettschürzenresektion.
Mit ergänzender Stellungnahme vom 29.06.2015 unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des SMD vom 09.02.2015 und 16.02.2015, wonach allenfalls eine kosmetische Indikation gesehen werden könne, hier aber von einer Entstellung nicht auszugehen sei, hat die gerichtliche Sachverständige ausgeführt, der Klägerin sei nicht vorzuwerfen, dass sie sich pflege und zum Untersuchungszeitpunkt daher keinerlei Entzündungszeichen vorhanden gewesen seien. Die Entstellung könne durch einen normalen Badeanzug nicht kaschiert werden. Eine funktionelle Einschränkung bestehe insofern, als der extrem schlaffe Bauch zu Einklemmungen in die Hose und somit zu begleitenden Irritationen führe. Daher sei sehr wohl die medizinische Indikation für die beantragte Operation gegeben.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2016 verpflichtet, der Klägerin eine Bauchfettschürzenresektion zu gewähren. Unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin sowie insbesondere der vorgelegten Lichtbilder nach der Gewichtsabnahme und dem Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens sei sowohl von einer Entstellung der Klägerin als auch von einer Funktionsbeeinträchtigung auszugehen. Nach den Ausführungen der Sachverständigen sei es der Klägerin nicht möglich, den überlappenden Bauch durch einen normalen Badeanzug zu verdecken. Die Sachverständige habe zudem festgestellt, dass der extrem schlaffe Bauch in der Hose einklemme und damit auch begleitende Irritationen bedinge.
Gegen den der Beklagten am 29.02.2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich deren Berufung vom 17.03.2016. Das Sozialgericht habe sich über Rechtsprechung des BSG, hier insbesondere die Urteile vom 19.10.2004 (B 1 KR 3/03 R, B 1 KR 9/04 R, und B 1 KR 23/03 R), hinweggesetzt. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Sachverständigengutachten habe es unterlassen. Die Sachverständige habe den krankenversicherungsrechtlichen Begriff der Krankheit in rechtlich unzulässiger Weise ausgelegt. Nach den Beispielen der bisherigen Rechtsprechung sei eine entstellende Wirkung dann zu bejahen, wenn sich diese schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi im Vorbeigehen bemerkbar mache. Die Sachverständige habe jedoch Badebekleidung zum Maßstab genommen. Die vom Sozialgericht angenommene Funktionsbeeinträchtigung sei in dem Sachverständigengutachten nicht beschrieben. Es gehe vorliegend auch nach den Ausführungen des SMD um eine kosmetische Operation.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 17.05.2016 hat der Senat Gelegenheit zur Stellungnahme zum Urteil des BSG vom 08.03.2016 – B 1 KR 25/15 R (SozR 4-2500 § 13 Nr. 33) betreffend die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V gegeben.
Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, der Entscheidung des BSG habe ein Sachverhalt der Kostenerstattung zugrundegelegen. Das BSG habe jedoch insgesamt zur Rechtsfolge eines Fristversäumnisses im Sinne des § 13 Abs. 3a SGB V Stellung genommen und ausgeführt, dass unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsfolge der Verwirklichung dieses Tatbestandes sowohl ein Naturalleistungsanspruch, ein Freistellungsanspruch als auch ein Kostenerstattungsanspruch sein könne. Der Antrag sei auch nach dem 25.02.2013 gestellt worden und es gehe auch nicht um eine Geldleistung oder medizinische Rehabilitation. Da vor Ablauf der Frist von drei Wochen keine Mitteilung über die Einschaltung des ärztlichen Dienstes erfolgt sei, werde davon ausgegangen, dass die Dreiwochenfrist des § 13 Abs. 3a SGB V maßgeblich sei. Die fiktive Genehmigung wäre somit am 08.01.2014 eingetreten. Der im Sinne der Rechtsprechung des BSG hinreichend bestimmte Antrag auf stationäre Entfernung einer Fettschürze am Bauch sei erst mit Bescheid vom 10.02.2014 abgelehnt worden.
Es sei allerdings fraglich, ob die Klägerin die Leistung subjektiv für erforderlich habe halten dürfen und die Leistung nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung liege. Die objektiven Voraussetzungen seien zweifelhaft, weil eine kosmetische Operation begehrt werde und eine solche nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung falle. Dies dürfte sowohl der Klägerin als auch jedem anderen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung bewusst sein. Aber auch die subjektiven Voraussetzungen seien weiterhin fraglich, denn die Klägerin selbst habe im Rahmen der Begutachtung beim SMD erklärt, dass die Antragstellung aufgrund kosmetischer Gründe erfolgt sei, denn es sei "eine Bauchfettschürze verblieben, unter der sie sehr leide, weswegen sie diese operativ entfernen lassen" wolle. Aus den Antragsunterlagen gehe nicht hervor, dass die begehrte Leistung zwingend medizinisch erforderlich sei. Insofern sei es höchst fraglich, ob die Klägerin die beantragte Leistung auch subjektiv für geeignet und erforderlich im Sinne einer Krankenbehandlung halten durfte. Zudem gebe es zur Frage der Erforderlichkeit der Leistung als Voraussetzung für den Eintritt der Genehmigungsfiktion unterschiedliche Rechtsauffassungen.
Nach Anhörung der Klägerin hat die Beklagte mit Bescheid vom 28.07.2016 für den Fall, dass eine fiktive Genehmigung eingetreten sei, diese fiktive Genehmigung vom 08.01.2014 (Tag nach Fristablauf) des Antrages vom 17.12.2013 auf Kostenübernahme einer Entfernung der Fettschürze im Bauch (Abdominoplastik) mit Wirkung für die Zukunft gemäß § 45 SGB X zurückgenommen. Die fiktive Genehmigung sei rechtswidrig, weil ein Anspruch auf Kostenübernahme für die beantragte kosmetische Maßnahme nach den sozialmedizinischen gutachtlichen Stellungnahmen nicht bestehe. Es liege weder eine Krankheit im Sinne von § 27 SGB V noch eine Entstellung im Sinne der Rechtsprechung des BSG vor. Ein subjektiv als regelwidrig empfundener Körperzustand rechtfertige nicht die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs am gesunden Körper. Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der fiktiven Genehmigung vom 08.01.2014 bestehe nicht. Ein Leistungsverbrauch oder eine Vermögensdisposition seien nicht erfolgt. Zudem sei das Vertrauen nachträglich eingeschränkt worden durch die bei der Begutachtung erfolgte Information über die fehlende Indikation für die begehrte Operation. Auch in Abwägung mit dem öffentlichen Interesse könne das Vertrauen in eine fiktive Genehmigung nicht überwiegen, da die Genehmigung dem geltenden Recht und dem Wirtschaftlichkeitsgebot widerspreche. Bei der Ermessensentscheidung seien im Rahmen der Abwägung das Interesse der Klägerin an einem Fortbestand der Genehmigung und der Durchführung der begehrten Operation, der Beschleunigungs- und Sanktionszweck der gesetzlichen Regelung der Genehmigungsfiktion ebenso berücksichtigt worden wie der Umstand, dass ansonsten entgegen der materiellen Rechtslage Sozialleistungen gewährt würden. Auch die Möglichkeit des Kaschierens der Fettschürze durch angepasste Kleidung sei berücksichtigt worden. Es sei geprüft worden, ob statt der Rücknahme nachträglich die fingierte Genehmigung mit einschränkenden Nebenbestimmungen hätte versehen werden können. Eine solche, mildere Möglichkeit bestehe im Ergebnis nicht. Die Rücknahme der Genehmigungsfiktion stelle unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der Klägerin und auch dem Zweck des § 13 Abs. 3a SGB V keine besondere Härte dar.
Die Beklagte hat hierzu nachfolgend – anders als im Bescheid vom 28.07.2016, gegen den die Klägerin vorsorglich einen bislang nicht beschiedenen Widerspruch erhoben hat – die Auffassung vertreten, der Rücknahmebescheid werde analog § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens. Eine Rücknahme der Genehmigungsfiktion sei auch nach den Ausführungen des BSG im Urteil vom 08.03.2016 (a.a.O.) möglich. Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit seien nicht allein die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a SGB V, sondern auch die materielle Rechtslage in den Blick zu nehmen. Anderenfalls würde der Anwendungsbereich des § 45 SGB X im Zusammenhang mit § 13 Abs. 3a SGB V faktisch leerlaufen. Einer Genehmigungsfiktion könne nicht höhere Bindungswirkung beigemessen werden als einem ordnungsgemäß erlassenen Verwaltungsakt. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Beschleunigungswirkung gebiete es nicht, dem Versicherten einen unverrückbaren Anspruch auf eine Leistung ohne Berücksichtigung der materiellen Rechtslage zuzugestehen. Die Gesetzesbegründung gebe für einen entsprechenden Willen auch keinen Anhaltspunkt. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebiete es zudem, Fälle einer (rechtswidrigen) Genehmigungsfiktion nicht anders zu behandeln als (rechtswidrige) Bewilligungen. Auch ein Vergleich mit der Genehmigungsfiktion des allgemeinen Verwaltungsrechts in § 42a VwVfG ergebe, dass im Rahmen der Rücknahme der Genehmigungsfiktion nicht allein auf deren "formelle" Voraussetzungen abgestellt werden dürfe. Dort sei unstreitig, dass die fiktive Genehmigung wie ein ordnungsgemäß zustande gekommener und bekannt gegebener Verwaltungsakt zu behandeln sei und sich die Rechtswidrigkeit auch nach der materiellen Rechtslage richte. Das BSG habe in der Entscheidung vom 08.03.2016 (a.a.O.) § 42a VwVfG in Bezug genommen und zum Ausdruck gebracht, dass im Rahmen von § 13 Abs. 3a SGB V die im Rahmen von § 42a VwVfG geltenden Grundsätze Anwendung finden.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 24.02.2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das sozialgerichtliche Urteil für zutreffend. Die extreme Erschlaffung der Bauchhaut stelle eine Erkrankung im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V dar. Das Sozialgericht habe dies unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens wegen einer Entstellung und der ebenfalls vorliegenden funktionellen Einschränkungen zu Recht bejaht. Letztere lasse die Beklagte vollkommen unberücksichtigt. Es liege zudem eine ganz erhebliche Entstellung vor. Dies habe das Sozialgericht aus den vorgelegten Lichtbildern zu Recht gefolgert und die Sachverständige bejaht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der Prozessakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, der Klägerin die begehrte operative Entfernung der Bauchfettschürze zu gewähren. Die Leistung gilt weder als genehmigt nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V (hierzu I.) noch hat die Beklagte die Leistung unabhängig davon zu Unrecht durch den hier zunächst angefochtenen Bescheid vom 10.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2014 (§ 95 SGG) abgelehnt (hierzu II.), so dass die Klägerin auch insoweit nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG ist.
Der Senat kann dahinstehen lassen, ob in Fällen, in denen sich der geltend gemachte Anspruch aus einer Genehmigungsfiktion (hier § 13 Abs. 3a SGB V) ergeben kann, dies grundsätzlich mittels Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG; siehe hierzu LSG Niedersachsen, Urteil vom 28.03.2017 – L 4 KR 22/16, juris Rn. 20) oder echter Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG; vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 31.01.2017 – L 5 KR 471/15, juris Rn. 21) oder zumindest, wenn wie hier über den Anspruch ein ablehnender Verwaltungsakt ergangen ist, aus Rechtsscheinsgründen (vgl. Odentha, GewArch 2016, 401, 405) oder wegen der Verschaffung eines vollstreckbaren Titels (vgl. LSG NRW, Urteil vom 06.02.2017 – L 1 KR 680/15, juris Rn. 25) die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) die richtige Klageart ist. Jedenfalls wenn wie im vorliegenden Fall die Beseitigung der Genehmigung durch einen Rücknahmebescheid im Streit steht, ist letztere Klageart zutreffend, weil der (ablehnende) Leistungsbescheid im Fall der wirksamen Rücknahme der Genehmigung wieder die Grundlage des begehrten Anspruchs bildet, selbst wenn man annimmt, dass bei Fortgeltung der Genehmigung ein solcher Bescheid ins Leere geht (vgl. etwa Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 42a Rn. 14).
Der Rücknahmebescheid der Beklagten vom 28.07.2016 ist in entsprechender Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Diese Bestimmung, wonach nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens wird, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt, findet zwar unmittelbar keine Anwendung, weil der Rücknahmebescheid nicht die Genehmigung ersetzt und auch den Ablehnungsbescheid nicht abändert. Seine Nichteinbeziehung hätte aber die prozessual nicht tragbare Situation zur Folge, dass über den Anspruch aus der Genehmigungsfiktion und über deren Beseitigung zwei getrennte Verfahren geführt werden müssten, woraus nicht akzeptable Risiken (gegebenenfalls nachträgliche Erstattungspflichten der Versicherten und Probleme deren Durchsetzung) der Beteiligten folgten. Angesichts des Umstandes, dass die Genehmigungsfiktion dem sozialversicherungsrechtlichen Leistungssystem bisher fremd war, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine diesbezügliche prozessuale Regelungsnotwendigkeit nicht erkannt hat (vgl. dazu auch noch unten), so dass eine Gesetzeslücke vorliegt, die aus Gründen der Prozessökonomie und des effektiven Rechtsschutzes durch entsprechende Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG zu schließen ist (ebenso Bayerisches LSG, a.a.O. Rn. 22-27). Daher bedarf es auch keiner Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bezüglich des Bescheides vom 28.07.2016.
I. Der Leistungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V. Der Senat hat diese Anspruchsgrundlage im Rahmen der von der Klägerin erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu prüfen, auch wenn die Beteiligten eine Genehmigungsfiktion nicht thematisiert haben. Denn insoweit handelt es sich lediglich um eine (denkbare) weitere Rechtsgrundlage für den im Wege der Leistungsklage geltend gemachten Sachleistungsanspruch. Eine ggf. anzunehmende Genehmigungsfiktion hat die Beklagte nach Maßgabe des § 45 SGB X, wie im Einzelnen noch dargelegt werden wird, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zurückgenommen.
Nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs. 3a Satz 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs. 3a Satz 3 SGB V). Eine hiervon abweichende Frist ist nur für den Fall der Durchführung eines im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) vorgesehenen Gutachterverfahrens bestimmt (§ 13 Abs. 3a Satz 4 SGB V). Kann die Krankenkasse die Fristen nach Satz 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§ 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V). Für Leistungen zur medizinischen Reha gelten die §§ 14, 15 SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbstbeschaffter Leistungen (§ 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V).
Die beklagte Krankenkasse hat die Dreiwochenfrist aus § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht eingehalten, sondern den Antrag der Klägerin vom 17.12.2013 erst mit Bescheid vom 10.02.2014 und damit auch nach Ablauf der bei Einschaltung des MDK bzw. vorliegend des SMD, der nach § 283 SGB V die Aufgaben des Medizinischen Dienstes für die Krankenversicherung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See wahrnimmt, grundsätzlich maßgeblichen Fünfwochenfrist. Die Dreiwochenfrist war bereits abgelaufen, als die Klägerin erstmals über die Einschaltung des sozialmedizinischen Dienstes informiert wurde (Schreiben vom 08.01.2014). Nach der Rechtsprechung des BSG vom 08.03.2016 (a.a.O. Rn. 28) ist die Dreiwochenfrist auch dann maßgeblich, wenn dem Versicherten entgegen der Verpflichtung aus § 13 Abs. 3a Satz 2 SGB V keine hinreichenden Gründe für die Überschreitung der Frist mitgeteilt werden. Ohne diese gebotene Information könne der Leistungsberechtigte nach Ablauf von drei Wochen annehmen, dass sein Antrag als genehmigt gilt (a.A. u.a. Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, K § 13 Rn. 58e; Schifferdecker, Kasseler Kommentar, SGB V, § 13 Rn. 122).
Erscheint diese Rechtsauffassung nach dem Gesetzeswortlaut jedenfalls nicht zwingend, werden jedoch die gesetzgeberischen Ziele der Beschleunigung und der Transparenz zu Recht für die Auffassung des BSG ins Feld geführt, weil nach den Gesetzesmaterialien den Leistungsberechtigten durch die Unterrichtung Klarheit darüber verschafft werden soll, ob die Drei-Wochen-Frist oder die Fünf-Wochen-Frist gilt (ebenso unter Aufgabe der zunächst vertretenen Gegenmeinung Helbig in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 13 Rn. 63.2 unter Hinweis auf BT-Drs. 17/10488, S. 32).
Danach ist – wovon nicht zuletzt auch die Beklagte zu Recht ausgeht – von einem Fristablauf am 07.01.2014 (und Eintritt der Genehmigungsfiktion am 08.01.2014) auszugehen. Der Senat kann daher dahinstehen lassen, ob auch die Fünfwochenfrist trotz nachfolgender Kenntnis der Klägerin vom Untersuchungstermin beim SMD erst am 30.01.2014 und der Mitteilung der Beklagten mit Schreiben vom 20.01.2014 nicht gewahrt wurde. Dies wäre jedenfalls dann nicht der Fall, wenn verlangt wird, dass bei Mitteilung eines hinreichenden Grundes taggenau die Dauer des Bestehens eines solchen Grundes anzugeben ist (BSG, Urteil vom 08.03.2016, a.a.O. Rn. 20). Ob der Gesetzeszweck eine derart strikte, den Umständen einer Massenverwaltung kaum gerecht werdende Auslegung ohne Anknüpfungspunkt an den Gesetzeswortlaut rechtfertigt, erscheint jedoch zweifelhaft (pragmatischer das LSG Sachsen, Beschluss vom 06.02.2017 – L 1 KR 242/16 B ER, juris, das eine "Mitteilung nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V" ausreichen lässt, die keine Prognose der Verzögerungsdauer enthält und insoweit hinsichtlich der Anforderungen an den Inhalt der Mitteilung auf die Verständnismöglichkeiten der Versicherten abstellt; vgl. auch Helbig, a.a.O., § 13 Rn. 67.2). § 18 Abs. 2 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des BTHG vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) erlegt den Rehabilitationsträgern nunmehr jedenfalls explizit auf, in der begründeten Mitteilung auf den Tag genau zu bestimmen, bis wann über den Antrag entschieden wird. Eine entsprechende Änderung des § 13 Abs. 3a SGB V ist allerdings nicht erfolgt.
Um Leistungen der medizinischen Rehabilitation, der die Anwendung von §§ 14, 15 SGB IX anordnet (vgl. § 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V), geht es der Klägerin nicht.
Ein im Sinne von § 33 SGB X hinreichend bestimmter und fiktionsfähiger Antrag (vgl. dazu BSG, Urteil vom 08.03.2016, a.a.O. Rn. 23) liegt mit dem Antrag vom 17.12.2013 und den Ausführungen in der Bescheinigung des G-Krankenhauses vom 17.12.2013, die eingehend den Befund beschreibt und die Art der Therapie (Abdominoplastik in ITN [=Intubationsnarkose]) auch hinsichtlich des Aufwands und der Art der Durchführung (Dauer ca. 120 Minuten, stationär) benennt, vor.
Der Antrag der Klägerin betraf auch eine Leistung, die sie für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung lag. Die Gesetzesregelung ordnet diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion zwar nicht ausdrücklich, aber sinngemäß nach dem Regelungszusammenhang und -zweck an (so BSG, Urteil vom 08.03.2016 a.a.O. Rn. 25; vgl. auch § 18 Abs. 5 Nr. 2 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung). Ein Fall des Rechtsmissbrauchs (BSG, Urteil vom 08.03.2016 a.a.O. Rn. 25) liegt zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der Erklärungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht vor. Der Senat verkennt dabei nicht, dass sich der Klägerin zwar kosmetische Aspekte der begehrten Operation aufdrängen mussten. Insbesondere in Anbetracht der den Antrag unterstützenden und ihn als medizinisch indiziert beurteilenden Stellungnahmen ihrer behandelnden Ärzte durfte die Klägerin die Leistung gleichwohl für erforderlich halten; dies wird nicht zuletzt durch die den Antrag bejahende rechtliche Beurteilung durch das Sozialgericht belegt. Die begehrte Leistung lag mithin auch nicht offensichtlich außerhalb des Leistungsbereichs der gesetzlichen Krankenversicherung. Davon ist auch die Beklagte erkennbar zunächst nicht ausgegangen; vielmehr hat sie eine Befragung des SMD für erforderlich gehalten. Der MDS hat für die der Art nach begehrte Operation einen Begutachtungsleitfaden erstellt und das Sozialgericht hat ein (positives) Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Bei dieser Sachlage kann man weder objektiv davon ausgehen, dass die Leistung offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges der GKV liegt, noch subjektiv einen Rechtsmissbrauch unterstellen.
Der Senat kann im vorliegenden Fall im Ergebnis dahinstehen lassen, ob die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V gleichwohl nur dann eingreifen kann, wenn sich der Antrag auf Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, von den Krankenkassen also allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen sind (so etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.09.2016 – L 4 KR 320/16, juris Rn. 51 ff.; vgl. auch die eingehenden Ausführungen des Senats im Beschluss vom 26.05.2014 – L 16 KR 154/14 B ER, juris, Rn. 28; a.A. wohl aber BSG, Urteil vom 11.05.2017 – B 3 KR 30/15 R nach Terminbericht 17/17 vom 12.05.2017, wonach zur Klärung der Voraussetzungen einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V eine Zurückverweisung an das Landessozialgericht in einem Fall einer neuen Behandlungsmethode im Sinne des § 135 SGB V ohne die erforderliche Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses – Kopforthese – erfolgte; auch der Gesetzgeber billigt die rechtlichen Überlegungen des BSG zum Ausschluss lediglich von "Evidenz-Fällen" in seiner Entscheidung vom 08.03.2016 a.a.O. ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 18 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung, siehe hierzu BR-Drs. 428/16 S. 236).
Ebenfalls lässt der Senat dahinstehen, ob die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V lediglich Kostenerstattungsansprüche, nicht aber Naturalleistungs- bzw. Kostenfreistellungsansprüche begründen kann. Dabei sprechen zur Überzeugung des Senats durchaus gewichtige Gründe für eine nur begrenzte Reichweite der Rechtsfolgenanordnung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V (so etwa LSG Hessen, Urteil vom 10.12.2015 – L 1 KR 413/14, juris; Helbig, a.a.O., § 13 Rn. 71.1-3) insoweit, als keine Ansprüche auf Sachleistung begründet werden und die vom BSG für seine Auffassung insbesondere herangezogene Sanktionsabsicht des Gesetzgebers allein in einer beschleunigten und damit erleichterten Befugnis zur Selbstbeschaffung mündet (vgl. auch Helbig, a.a.O, § 13 Rn. 71.1). Auch das Bayerische LSG (Urteil vom 07.09.2016 – L 20 KR 597/15, juris Rn. 28 ff.) ist entgegen dem BSG der Auffassung, dass die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V keinen Sachleistungsanspruch begründet. Der Gesetzgeber habe lediglich einen weiteren Tatbestand zulässiger Selbstbeschaffung mit Anspruch auf Kostenerstattung schaffen wollen.
Für diese Auslegung spricht zunächst die systematische Verortung der Genehmigungsfiktion in § 13 SGB V (Kostenerstattung). Der Versuch des BSG, die in Abs. 3a enthaltene Regelung in eine gleichsam isolierte Genehmigungsfiktion und eine "nachfolgende" (Satz 7) Kostenerstattungsregelung aufzuspalten, überzeugt nicht. Dem Sanktionscharakter der gesetzlichen Regelung wird auch durch eine restriktivere Auslegung hinreichend Rechnung getragen, zumal dies dem Willen des Gesetzgebers entspricht (Helbig, a.a.O., § 13 Rn. 71.3). Dass § 13 Abs. 3a SGB V auf die Beschleunigung des Bewilligungsverfahrens zielt und der raschen Klärung von Leistungsansprüchen dienen soll (BT-Drs. 17/10488, S. 32), rechtfertigt eine abweichende rechtliche Beurteilung nicht. Dagegen dürften neben der Entstehungsgeschichte der Norm auch systematische Überlegungen zu sprechen. Die ursprüngliche Gesetzesfassung des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V sah eine an § 15 Abs. 1 SGB IX orientierte Regelung vor (BT-Drs. 17/10488, S. 32). Unterblieb die Mitteilung eines hinreichenden Grundes, konnte der Versicherte der Kasse eine angemessene Frist für die Entscheidung setzen und darauf hinweisen, dass er sich nach Fristablauf die erforderliche Leistung selbst beschaffen werde, während die Kostenerstattungsregelung in Satz 7 im Wesentlichen den gleichen Inhalt hatte wie die jetzige. In der Gesetzesbegründung wurde dazu unter anderem ausgeführt, bei nicht rechtzeitiger Leistungserbringung könne sich der Versicherte die erforderliche Leistung selbst beschaffen, diese Ausnahme vom Sachleistungsprinzip sei eine Sanktion für die Verzögerung der Verwaltungsentscheidung. Der Versicherte sei so zu stellen, als habe die Kasse die Leistung rechtzeitig erbracht (BT-Drs. 17/10488, S. 32 unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 SGB V). Im Zuge der Gesetzesberatung erhielt Satz 6 die jetzige Fassung. Begründet wurde die Änderung damit, Satz 6 sehe nunmehr vor, dass die Leistung nach Fristablauf ohne Nennung eines hinreichenden Grundes für die Nichteinhaltung der Frist als genehmigt gelte. Eine zusätzliche eigene Fristsetzung sei nicht mehr als Voraussetzung für eine Selbstbeschaffung vorgesehen, "dies erleichtert es dem Versicherten, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen" (BT-Drs. 17/11710, 30). Die Genehmigungsfiktion sollte damit nur die Beschaffung der zustehenden Leistung einfacher machen (Beschluss des Senats vom 26.05.2014 – L 16 KR 154/14 B ER, juris, Rn. 28).
Mit anderen Worten: Die fingierte Genehmigung gibt dem Leistungsberechtigten die Befugnis, sich die erforderliche Leistung abweichend vom Sachleistungsprinzip selbst zu beschaffen. Anders als in § 13 Abs. 3 Satz 1 Regelung 2 SGB V wird ihm nicht zugemutet, eine ablehnende Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Er braucht ihr auch keine angemessene Entscheidungsfrist mit Selbstbeschaffungsankündigung zu setzen, wie es § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX bisher für Teilhabeleistungen verlangt. Auf diese Weise sanktioniert Satz 6 die Verletzung der kurzen Entscheidungsfristen und verleiht ihnen Wirksamkeit. Die Genehmigungsfiktion kann nur eintreten, wenn die Leistung nach dem Ablauf der Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V beschafft worden ist (Helbig, a.a.O., § 13 Rn. 71.4). Der Wortlaut des Satzes 6 steht dem ermittelten Auslegungsergebnis zur Überzeugung des Senats nicht entgegen (vgl. etwa die eingehende und überzeugende Argumentation von Helbig, a.a.O., § 13 Rn. 72, der zugleich den Gesetzgeber zu einer Klarstellung auffordert). In diesem Zusammenhang weist der Senat auch auf die Gesetzesbegründung zu § 18 Abs. 5 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung hin, wonach – bei insoweit im Wesentlichen identischer Regelung – durch die Genehmigungsfiktion keine behördliche Entscheidung ersetzt wird, sondern eine Rechtsposition sui generis geschaffen wird, die die Leistungsberechtigten in die Lage versetzt, gegenüber dem leistenden Rehabilitationsträger einen Kostenerstattungsanspruch nach Absatz 4 der Vorschrift geltend zu machen (BR-Drs. 428/16 S. 236).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet zur Überzeugung des Senats nicht, der Genehmigungsfiktion auch eine Sachleistungs- bzw. Naturalleistungsansprüche begründende Wirkung beizumessen (a.A. etwa LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014 – L 5 KR 222/14 B ER, juris Rn. 7 m.w.N.). Dass die Rechtsordnung (nur) Kostenerstattungsansprüche vorsieht, sei es aus Gründen des Vertrauensschutzes, der Sanktionierung langsamer Sachbearbeitung oder unter dem Gesichtspunkt der Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens, ist nicht zu beanstanden. Die sachliche Rechtfertigung für die vermeintliche Ungleichbehandlung liegt gerade darin, dass Kosten aufgewandt wurden und werden konnten.
Die spätere ablehnende Entscheidung der Beklagten in der Sache – hier vom 10.02.2014 – lassen die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion unberührt; die Ablehnung der Leistung regelt weder ausdrücklich noch sinngemäß, weder förmlich noch inhaltlich eine Rücknahme oder den Widerruf der fingierten Genehmigung im Sinne von §§ 45, 47 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 08.03.2016 a.a.O. Rn. 32).
Die Beklagte hat die Genehmigungsfiktion vorliegend aber zur Überzeugung des Senats durch den Bescheid vom 28.07.2016 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit Wirkung für die Zukunft gemäß § 45 SGB X zurückgenommen. Der Senat teilt insoweit die Rechtsauffassung der Beklagten zur grundsätzlichen (uneingeschränkten) Anwendbarkeit der §§ 45 ff. SGB X auf die Genehmigungsfiktion. Soweit die Ausführungen des BSG (Urteil vom 08.03.2016 a.a.O. Rn. 31, 32) in eine andere Richtung deuten, folgt der Senat ihnen nicht. Das BSG weist darauf hin, dass eine fingierte Genehmigung wirksam bleibt, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Die Krankenkasse sei nach Fristablauf nicht mit allen Einwendungen gegen die fingierte Genehmigung ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 08.03.2016 a.a.O. Rn. 31). Die fingierte Genehmigung schütze den Adressaten dadurch, dass sie ihre Wirksamkeit ausschließlich nach den allgemeinen Grundsätzen über Erledigung, Widerruf und Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts verliere. Dabei betont das BSG aber, dass sich die Rechtmäßigkeit der Genehmigungsfiktion (allein) nach der Erfüllung der Voraussetzungen (aus § 13 Abs. 3a SGB V) beurteile, nicht aber nach den Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs (a.a.O. Rn. 32). Letztere Ausführungen weisen darauf hin, dass das BSG eine Rücknahme wegen (sich nicht aus § 13 Abs. 3a SGB V ergebender) materiellrechtlicher Unrichtigkeit der Genehmigungsfiktion nicht in Betracht zieht (so ausdrücklich der 4. amtliche Leitsatz der Entscheidung).
Dieses Ergebnis steht allerdings im Widerspruch zu den Ausführungen über die Rücknehmbarkeit der Genehmigung. Lagen nämlich die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion von Anfang an nicht vor, tritt diese nicht ein und braucht daher auch nicht zurückgenommen werden (vgl. Padé, jurisPR-SozR 23/2016 Anm. 1). Im Falle späterer Änderungen der tatsächlichen Gegebenheiten kommt dagegen lediglich eine Aufhebung nach § 48 SGB X in Betracht, die allerdings wohl ohnehin als obsolet angesehen wird (BSG, a.a.O., Rn. 31).
Die sich daraus ergebende Einschränkung insbesondere der Rücknehmbarkeit der Genehmigungsfiktion nach § 45 SGB X ist auch weder geboten noch erscheint sie angemessen. Wortlaut des Gesetzes und der Willen des Gesetzgebers enthalten keinen Anhaltspunkt für eine entsprechende Rechtsauslegung (vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 18 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung, wonach als Folge der neuen Genehmigungsfiktion für den Vertrauensschutz der Leistungsberechtigten die allgemeinen Maßstäbe für die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte gelten [BR-Drs. 428/16 S. 236]). Sie ist schließlich rechtssystematisch nicht veranlasst und widerspricht sowohl allgemeinen verwaltungsrechtlichen als auch Zweckmäßigkeitsüberlegungen. Die Überlegungen des BSG in der Entscheidung vom 08.03.2016 (a.a.O.) erscheinen in diesem Zusammenhang auch wenig konsistent. Das BSG weist nämlich im Zusammenhang mit der Problematik der Bestimmtheit des die Genehmigungsfiktion erst ermöglichenden Antrages zu Recht auf die allgemeinen Regelungen in § 42a VwVfG hin (BSG, Urteil vom 08.03.2016, a.a.O., Rn. 23). Auch im Schrifttum wird den grundsätzlichen Ausführungen des BSG entsprechend zu Recht angenommen, dass § 42a VwVfG einen allgemein gültigen Rechtssatz enthält, der z.B. auch auf das SGB V analoge Anwendung finden kann (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 42a Rn. 19), so dass im Ergebnis ohne Belang ist, dass das SGB X keine Bestimmung entsprechend § 42a Abs. 1 Satz 2 VwVfG kennt, wonach die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren entsprechend gelten.
Ohnehin hat es das Bundesverwaltungsgericht schon vor Geltung dieser Norm als selbstverständlich angesehen, dass die Genehmigung im Fall der fehlenden materiellen Voraussetzungen des genehmigten Anspruchs zurückgenommen werden kann (BVerwG, Urteil vom 28.02.1975 – IV C 30.73, juris Rn. 26). Im Übrigen regelt auch § 42a VwVfG selbst nicht, unter welchen Voraussetzungen eine fingierte Genehmigung als rechtsfehlerhaft anzusehen ist, so dass die entsprechende allgemeine Verweisung nur Sinn macht, wenn die Genehmigung auch im Fall der fehlenden materiellen Voraussetzungen des fingierten Anspruchs beseitigt werden kann (dies entspricht auch der einheitlichen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, vgl. statt vieler Hamburgisches OVG, Beschluss vom 25.07.2016 – 2 Bs 95/16; Sächsisches OVG, Urt. vom 18.01.2006 – 1 B 444/05, beide unter juris). Die Genehmigungsfiktion ist zwar kein Verwaltungsakt, wirkt aber wie ein solcher. Nur die Erteilung der Genehmigung, nicht ihre Rechtmäßigkeit, wird fingiert (Odentha, GewArch 2016, 401, 402).
Nach alledem sind auch fiktive Verwaltungsakte, sofern gesetzlich nichts Abweichendes geregelt ist, der Aufhebung zugänglich; insbesondere eine Rücknahme der fingierten Genehmigung nach § 45 SGB X bei materieller Rechtswidrigkeit kommt in Betracht (so auch Noftz, a.a.O., § 13 Rn. 781-3 m.w.N. insbesondere zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts; vgl. auch Padé, jurisPR-SozR 23/2016 Anm. 1; eingehend und überzeugend auch SG Speyer, Urteil vom 21.12.2016 – S 16 KR 573/15 , juris Rn. 63). Ungeachtet allgemeiner und rechtssystematischer Überlegungen erscheint dieses Korrektiv angesichts der der Genehmigungsfiktion vom BSG beigemessenen weiten Reichweite zur Vermeidung unbilliger und vom gesetzgeberischen Verständnis kaum erfasster (wie die Rechtspraxis zeigt) Konsequenzen geboten (Helbig, a.a.O., § 13 Rn. 71.3 hält die Verneinung der Maßgeblichkeit einer materiellrechtlichen Rechtswidrigkeit im Rahmen einer Rücknahmeentscheidung dementsprechend für kaum nachvollziehbar, weil die Aufweichung des Tatbestandsmerkmals der Erforderlichkeit zu Ergebnissen führen könne, die, ohne dass ein Fall von Rechtsmissbrauch gegeben wäre, im Hinblick auf § 12 Abs. 1 SGB V sachlich unvertretbar seien). Ohnehin ist nicht recht nachvollziehbar, warum das Vertrauen der Versicherten, die sich die Leistung noch nicht beschafft haben, höher eingeschätzt werden muss als das Vertrauen derjenigen, denen fristgerecht eine rechtswidrige Bewilligungsentscheidung erteilt worden ist. In letzterem Fall könnte die Krankenkasse ihre Bewilligung, sofern die Versicherte noch keine vertrauensbegründenden Maßnahmen ergriffen hat, aber ohne weiteres nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft zurücknehmen.
Die Anwendung des § 45 SGB X entwertet auch nicht den mit dem Gesetz verfolgten Beschleunigungseffekt (vgl. zu diesem Argument insbesondere die Nachweise bei Uechtritz in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 42a Rn. 46). Der Beschleunigungsgedanke verlangt nicht, dass rechtswidrige fiktive Genehmigungen gegenüber förmlich erteilten Bewilligungen bevorzugt werden (Uechtritz a.a.O.; Dürig in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 42a Rn. 12).
Der Gesetzgeber hatte auch keinen Anlass mit der Einführung des § 13 Abs. 3a SGB V das materielle Verfahrensrecht der §§ 45 ff. SGB X zu ändern. Da diese Genehmigung nur im Rahmen des Kostenerstattungsrechts (§ 13 SGB V) konzipiert worden ist (s.o.), kommt infolge des aufgrund der vom Versicherten aufgewandten Kosten eingetretenen Vertrauensschutzes eine Rücknahme für die Vergangenheit nach § 45 SGB X grundsätzlich nicht mehr in Betracht. Die Möglichkeit bzw. das Erfordernis der Beseitigung der Genehmigung wegen der zukünftigen Verschaffung eines Sachleistungsanspruchs hatte der Gesetzgeber aber offenkundig nicht in seine Überlegungen einbezogen, so dass für ihn auch kein Anlass bestand, eine verfahrensrechtliche Regelungen wie § 42a VwVfG einzuführen.
Die Rücknahmeentscheidung der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Genehmigungsfiktion ist mit materiellem Recht entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht zu vereinbaren. Eine durch die begehrte Operation behandlungsbedürftige Krankheit im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V liegt nicht vor. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen und insbesondere den schlüssigen und widerspruchsfreien Feststellungen des SMD nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 30.01.2014 sowie letztlich auch aus den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. T.
Allein der Umstand, dass die schlaffe Haut (lediglich) immer wieder zu Einklemmungen in der Hose führen soll, begründet keinen Krankheitswert im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V. Soweit die gerichtliche Sachverständige ausführt, die Klägerin merke wegen eines ausgeprägten Taubheitsgefühls nicht, wenn der Bauch sich in den Reißverschluss einklemme, ist nicht nachvollziehbar, warum etwaigen Einklemmungen nicht manuell bei entsprechender Sensibilisierung und Mühewaltung entgegenzuwirken sein sollte. Vorliegend vermag auch die "diffuse, aber extreme" Erschlaffung der Bauchhaut mit einem überlappenden Bereich von 20 × 4 cm einen die Operation rechtfertigenden Krankheitswert nicht zu begründen. Wenn die Sachverständige ausführt, dass die Klägerin ohne fachdermatologische Behandlung in der Lage ist, im Sommer auftretende Entzündungen und Wundsein mit Salben zu behandeln, fehlt ersichtlich aus rein klinischer Sicht eine Rechtfertigung für die Durchführung der Operation zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Berichten der behandelnden Ärzte. Auch dort zeigte sich zu keinem Zeitpunkt eine Infektion. Hinsichtlich der ärztlicherseits beschriebenen psychischen Belastung der Klägerin rechtfertigt diese die begehrte operative Intervention nicht. Insoweit sind vorrangig ggf. psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch zu nehmen (vgl. zuletzt auch BSG, Urteil vom 08.03.2016 – B 1 KR 35/15 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 28, juris, Rn. 16).
Bei dieser Sachlage kommt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG mangels behandlungsbedürftigen Zustandes die begehrte Operation zu Lasten der beklagten Krankenkasse nicht in Betracht. Es liegt kein Zustand vor, der ärztliche Leistungen noch sonstige therapeutische Leistungen erforderlich macht; die Klägerin ist ohne Weiteres und in zumutbarer Weise in der Lage vor allem Entzündungen und ein Einklemmen der Haut zu verhindern. Die Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen, der Klägerin könne nicht vorgeworfen werden, dass sie sich pflege, gehen fehl und verkennen den rechtlichen Maßstab.
Eine die begehrte Operation ausnahmsweise rechtfertigende Entstellung liegt ersichtlich nicht vor, wovon sich der Senat nicht zuletzt im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu überzeugen vermochte. Dabei ist die Feststellung, dass im Einzelfall ein Versicherter wegen einer körperlichen Anormalität an einer Entstellung leidet, in erster Linie Tatfrage. Angesichts der Ausführungen des Sozialgerichts verweist der Senat hierzu eingehend auf die (ständige) höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 08.03.2016, a.a.O. Rn. 14), der er folgt.
Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Abnormität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass Betroffene ständig viele Blicke auf sich ziehen, zum Objekt besonderer Beachtung anderer werden und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen drohen, sodass deren Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist. Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein. Die körperliche Auffälligkeit muss in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Interesse der Eingliederung behinderter Menschen fordert, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderung korrigieren müssen (BSG, a.a.O.).
Vor diesem (rechtlichen) Hintergrund kann dem Sozialgericht nicht gefolgt werden, wenn es sich zur Begründung einer Entstellung (allein) auf die Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen stützt, dabei die vorhandene Bilddokumentation einer eigenen (verständigen) Würdigung nicht unterzieht und darauf verzichtet, die Klägerin selbst in Augenschein zu nehmen. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung nicht darauf ankommt, ob durch einen normalen Badeanzug die Fettschürze zu kaschieren ist oder nicht.
Die formellen Rücknahmevoraussetzungen des § 45 SGB X liegen vor. Insbesondere ist die Klägerin in einem gesonderten Verwaltungsverfahren in der gebotenen Weise angehört worden. Die (eingehenden) Ermessenserwägungen der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Interessen der Klägerin am Fortbestand der Genehmigung in zutreffender Weise unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände gegen die Belange der Versichertengemeinschaft an der Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes abgewogen und hat Letzteren in nicht zu beanstandender Weise den Vorzug gegeben. Das Rücknahmeermessen ist auch nicht auf das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände reduziert (vgl. Dürig, a.a.O.). Durch die fiktive Genehmigung soll dem Betroffenen nicht eine stärkere Rechtsposition eingeräumt werden, als ihm eine ausdrücklich erteilte Bewilligung verschaffen könnte. Vielmehr soll die Dauer des Genehmigungsverfahrens kalkulierbar werden und die Behörde durch die drohende Genehmigungsfiktion dazu anzuhalten werden, über Anträge innerhalb der gesetzlichen Bearbeitungsfristen zu entscheiden. Die eine Durchbrechung der Bestandskraft von rechtswidrigen Verwaltungsakten rechtfertigenden Umstände hat der Gesetzgeber durch die differenzierte und insgesamt abgewogene Regelung insbesondere in § 45 SGB X normiert (vgl. die übertragbar erscheinenden Überlegungen von Odentha, GewArch 2016, 401, 402). Es ist nicht gerechtfertigt, durch weitere formale Anforderungen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Rahmen der Ermessensentscheidung aufzustellen und weitere Gründe zu fordern, die gegen einen Vertrauensschutz des Versicherten im konkreten Fall sprechen (vgl. zu diesen Überlegungen Padé in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 45 Rn. 46.2 unter Verweis auf SG München, Gerichtsbescheid vom 07.02.2017 – S 39 KR 1976/16, juris Rn. 34).
Die Beklagte war schließlich auch nicht wegen Zeitablaufs an der Rücknahme gehindert, weil vorliegend kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, sondern die Bewilligung einer (einmaligen) konkreten Heilbehandlungsmaßnahme (BSG, SozR 3-3100 § 10 Nr. 6) im Streit steht, so dass die Zweijahresfrist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X keine Anwendung findet.
II.
Die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2014 (§ 95 SGG) ist unbegründet, weil die Klägerin durch die Bescheide nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG ist. Die Ablehnung entspricht nach den Ausführungen unter I. der materiellen Rechtslage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen (§ 160 Abs. 2 SGG) zuzulassen.
Erstellt am: 16.01.2018
Zuletzt verändert am: 16.01.2018