Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.2016 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die am 00.00.1951 geborene Klägerin trat am 10.03.1968 in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Ab dem 01.07.1968 bis einschließlich April 2015 sind mit Ausnahme der Monate Februar 1976 bis März 1977 Pflichtbeitragszeiten erfasst, wobei die Klägerin in der Zeit vom 08.07.2014 bis 29.04.2015 Arbeitslosengeld I bezog. Dem vorausgehend war sie zunächst unter Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) ab dem 01.09.2012 als Teilzeitbeschäftigte mit 30 Stunden wöchentlich im Büro des M-Gebietsleiters der Niederlassung N im Aufgabenfeld "Bestandsakquise" beschäftigt und hier für die Terminierung der Bezirksleiter zuständig. Zum 30.06.2014 wurde ihr aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Seit April 2003 übte die Klägerin im Übrigen versicherungsfrei eine geringfügig entlohnte Beschäftigung beim C B aus.
Am 02.07.2014 stellte die Klägerin im Service-Zentrum N der DRV Rheinland beim dortigen Mitarbeiter T einen Antrag auf Kontenklärung und reichte am 03.07.2014 Unterlagen ein. Eine weitere Beratung erfolgte am 27.11.2014. Am 28.01.2015 beantragte sie bei der Beklagten die Bewilligung der ungekürzten Altersrente ab sofort. Diese stehe ihr als Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu. Zugleich beantragte sie hilfsweise die Auszahlung der Rente in Höhe der ihr zustehenden Frauenrente ab Mai 2015.
Telefonisch und mit Schreiben vom 27.02.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Wartezeit von 45 Jahren (540 Monaten) nicht erfülle. Die Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs ab 08.07.2014 würden bei der Wartezeitberechnung nicht berücksichtigt, da diese nicht durch eine Insolvenz oder Geschäftsaufgabe verursacht worden seien. Es werde daher wie beantragt die Altersrente für Frauen ab 01.05.2015 gewährt.
Die Bewilligung der Altersrente für Frauen erfolgte mit Bescheid vom 20.03.2015 für die Zeit ab 01.05.2015. Den Antrag auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte gem. § 236b SGB VI lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.04.2015 ab. Ausgehend von einem gewünschten Rentenbeginn ab 01.01.2015 enthalte das Versicherungskonto statt der erforderlichen 540 Monate Wartezeit nur 534 Wartezeitmonate. Die Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs ab dem 08.07.2014 lägen in einem Zeitraum bis zu zwei Jahren vor Beginn der Rente. Dieser Leistungsbezug zähle nicht mit bei der Wartezeitprüfung, da er nicht durch eine Insolvenz oder Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers verursacht worden sei.
Gegen die Bescheide vom 20.03.2015 und 13.04.2015 legte die Klägerin am 20.04.2015 Widerspruch ein. Sie gehe davon aus, dass sie die Wartezeit von 45 Jahren erfülle. Die Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn seien auf die Wartezeit anzurechnen. Die Vorschrift des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB VI, die dieses nur bei Insolvenz oder vollständiger Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers vorsehe, halte sie für verfassungswidrig.
Die Beklagte wies den Widerspruch "gegen den Bescheid vom 13.04.2015" mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2015 zurück. Sie sei an Recht und Gesetz gebunden. Ob das Gesetz verfassungsmäßig sei, könne nur das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) prüfen.
Die Klägerin hat am 21.09.2015 Klage beim Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat ihre Auffassung dazu, dass die 10 Monate Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung bei der Wartezeitberechnung zu berücksichtigen seien, vertiefend dargelegt. Soweit § 51 Abs. 3a SGB VI die Berücksichtigung nur dann vorsehe, wenn der Bezug der Entgeltersatzleistungen auf einer "vollständigen Geschäftsaufgabe" beruhe, sei dieser Begriff im Gesetzgebungsverfahren nicht näher definiert worden. Dieser sei gerade nicht im Sinne des § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) (Unterfall eines Insolvenzereignisses) zu verstehen, sondern vielmehr verfassungskonform auszulegen, wie dies auch dem Gesetzesgang entspreche. Nach den Gesetzesmaterialien habe einer Missbräuchlichkeit ein Riegel vorgeschoben werden sollen, damit das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) keinen Fehlanreiz biete, mit Vollendung des 61. Lebensjahres in die Arbeitslosigkeit und auf diesem Weg gleichsam in den "Vorruhestand" zu gehen. Missbräuchlichkeit könne regelmäßig aber nur in der Gestalt geschehen, dass tatsächlich eine (individuelle) Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich sei. Zumindest in den Fällen aber, in denen eine große Gruppe von Beschäftigten durch eine unternehmerische Entscheidung betroffen werde, könne man schwerlich von Missbräuchlichkeit ausgehen. Von daher könnten Teilbetriebsschließungen und Produktionsstilllegungen am konkreten Ort wegen Verlagerung der Produktion in andere Gebiete sich regelmäßig im Rahmen des Sinns von § 51 Abs. 3a SGB VI bewegen. Dies sei bei ihr der Fall. Durch die endgültige Entledigung der Aufgabe "Bestandsakquise" in der sehr kleinen Unternehmung der Gebietsleitung N der M sei diese Aufgabe komplett weggefallen. Falle ein Geschäftsfeld komplett weg, sei dies unter den Terminus der "vollständigen Geschäftsaufgabe" subsumierbar.
Folge man dem nicht, so sei die Vorschrift als verfassungswidrig anzusehen, da die dortige Regelung zu Ungleichheiten führe. Die Bevorzugung der durch Insolvenz und vollständige Geschäftsaufgabe verursachten Arbeitslosigkeit gegenüber anderen unfreiwilligen Arbeitslosigkeiten sei hinsichtlich der vom Gesetzgeber gewollten Zweckerreichung nicht angemessen. Es seien Konstellationen der unfreiwilligen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erkennbar, die einem Ausscheiden aufgrund Insolvenz oder einer vollständigen Tätigkeitsaufgabe als annähernd wesensgleich angesehen werden müssten. Hierzu zähle auch das ihr widerfahrene Geschehnis eines unfreiwilligen, von ihr nicht zu beeinflussenden und endgültigen Verlustes des Arbeitsbereichs und -verhältnisses. Wenngleich die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung nicht willkürlich sei, so sei sie aber doch nicht angemessen. Betrachte man – anders als der Gesetzgeber – die Großgruppe sämtlicher unfreiwillig aus dem Arbeitsleben Ausgeschiedener grundsätzlich als Härtefälle, so werde einzuräumen sein, dass dem nur eine marginale Anzahl der missbräuchlich beendeten Arbeitsverhältnisse gegenüber stehe. Entsprechend müsse es als unverhältnismäßig angesehen werden, wenn eine große Gruppe von unfreiwillig aus dem Arbeitsverhältnis Ausgeschiedener unberücksichtigt bleibe, nur weil nur zweifelsfrei rechtlich nachprüfbare Gründe der unfreiwilligen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (eben Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe) hätten privilegiert werden sollen.
Im Übrigen hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sowohl der Arbeitsagentur als auch der Beklagten im Rahmen von Beratungen bekannt gewesen sei, dass sie einer geringfügigen Beschäftigung nachgehe. Auf die Möglichkeit, das aus der Zeit vor dem 01.01.2013 resultierende geringfügige Beschäftigungsverhältnis rentenzuversichern, sei sie nicht aufmerksam gemacht worden. Von dieser Möglichkeit hätte sie natürlich bei Kenntnis Gebrauch gemacht.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2015 zu verurteilen, ihr anstelle der gewährten Altersrente für Frauen ab 01.01.2015 Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Ausnahme des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI im Falle der Klägerin nicht greife. Das Tatbestandsmerkmal der vollständigen Geschäftsaufgabe, das im Sinne von "lückenlos, komplett bzw. alles dazu Gehörende umfassend" zu definieren sei, werde hier nicht erfüllt. Eine vollständige Geschäftsaufgabe sei nicht bekannt, der M-Gebietsleiter vielmehr weiterhin tätig. Nach Angaben der Klägerin sei lediglich das Aufgabenfeld Bestandsakquise eingestellt und einem selbständigen Versicherungsmakler übertragen worden.
Das SG hat die Akten der BA beigezogen und den Zeugen T vernommen. Anschließend hat es die Klage mit Urteil vom 13.12.2016 abgewiesen. Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Sie habe aufgrund fehlender Wartezeiterfüllung keinen Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte und – trotz einer anzunehmenden Beratungspflichtverletzung der Beklagten – auch keinen Anspruch auf diese Rente im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Gemäß § 236b Abs. 1 SGB VI hätten Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren seien, frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahres und Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Die am 00.00.1951 geborene Klägerin habe zwar am 01.01.2015 das 63. Lebensjahr vollendet, jedoch nicht die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt. Ihre Wartezeit betrage nur 534 Monate. Nicht anzurechnen seien die Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs ab Juli 2014, weil es sich hier um Zeiten in den letzten zwei Jahren vor dem Rentenbezug handele und der Leistungsbezug nicht iSv § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI durch eine Insolvenz oder durch eine vollständige Geschäftsaufgabe bedingt sei. Der ehemalige Arbeitgeber habe nur einen Teilbereich seiner Arbeiten ausgegliedert und der Klägerin deswegen gekündigt. Dies sei keine "vollständige Geschäftsaufgabe". Es sei auch nicht möglich, die Vorschrift dahingehend auszulegen, dass auch andere Fälle der unverschuldeten Arbeitslosigkeit zu einer Berücksichtigungsfähigkeit des Leistungsbezugs führten. Der Wortlaut gebe eine entsprechende Auslegung nicht her. Sie stehe ferner klar im Gegensatz zum Willen des Gesetzgebers, der sich ausweislich der Gesetzesmaterialien zur Vermeidung möglichen Missbrauchs ganz bewusst dazu entschieden habe, nur zwei eng umrissene Fallkonstellationen zu regeln.
Die Vorschrift sei auch nicht verfassungswidrig wie bereits das LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 21.06.2016 – L 9 R 695/16 entschieden habe. Die Kammer schließe sich dessen überzeugenden Ausführungen an.
Die Klägerin habe schließlich auch keinen Anspruch, über das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die begehrte Rente zugesprochen zu bekommen. Zwar sei die Kammer nach den glaubhaften Äußerungen der Klägerin im Termin und der Aussage des Zeugen T davon überzeugt, dass die Beklagte eine ihr gegenüber der Klägerin obliegende Beratungspflicht verletzt habe. Anlässlich der Vorsprache der Klägerin im Juli 2014 hätte sie darüber informiert werden müssen, dass durch Verzicht auf die Versicherungsfreiheit in ihrem Minijob weitere relevante Wartezeiten hätten erlangt werden können. Aufgrund dieses Beratungsfehlers sei ihr auch kausal ein Schaden entstanden, da sie wegen der fehlenden Beitragsmonate zum einen erst noch rund vier Monate lang das niedrigere Arbeitslosengeld bezogen habe und zum anderen ab 01.05.2015 nur die Altersrente für Frauen mit einem Abschlag von 3,3 % habe beziehen können.
Ein Anspruch auf die begehrte Altersrente für besonders langjährig Versicherte scheitere jedoch daran, dass die Beklagte ihren Fehler nicht durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln beheben könne. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch könne einen Versicherungsträger nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig sei. Hätte die Beklagte die Klägerin ordnungsgemäß beraten, hätte diese gegenüber ihrem Arbeitgeber, bei dem sie der geringfügigen Beschäftigung nachging (C B), eine Erklärung abgegeben, dass sie auf die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung verzichte. Mit Eingang dieser Erklärung wäre das geringfügige Beschäftigungsverhältnis ab dem Folgetag sozialversicherungsrechtlich umgestaltet worden. Die Beklagte könne nicht einfach so tun, als ob es diese Erklärung mit deren Wirkung tatsächlich gegeben habe. Der Klägerin bleibe damit aus Sicht der Kammer nur die Möglichkeit, ihren Schaden im Wege des Amtshaftungsanspruchs geltend zu machen, für den die Sozialgerichtsbarkeit jedoch nicht zuständig sei.
Gegen das ihr am 02.01.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.01.2017 Berufung eingelegt und ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat erneut und unter eingehender und intensiver Auseinandersetzung mit dem in § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI gesetzgeberisch gewählten Begriff der "vollständigen Geschäftsaufgabe" ihre Auffassung bekräftigt, dass auch eine teilweise Auslagerung der Geschäftstätigkeit wie in ihrem Fall unter den einfachen Gesetzeswortlaut zu subsumieren sei.
Warum das SG zu einem Beratungsfehler der Beklagten ermittelt und diesen und die Kausalität auch im Urteil bejaht habe, sei vor dem Hintergrund, dass es anschließend einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verneint habe, weil eine fehlende Verzichtserklärung nicht in rechtmäßiger Weise durch Verwaltungshandeln ersetzt werden könne, nicht erkennbar. Aus ihrer Sicht sei auch nicht nachvollziehbar, warum "nicht einfach so getan werden" könne, als ob die Erklärung abgegeben worden sei. Eine Verzichtserklärung sei nicht mit der persönlichen Arbeitslosmeldung vergleichbar, für die das Bundessozialgericht (BSG) eine Ersetzung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ausgeschlossen habe.
Schließlich sei die Regelung des § 51 SGB VI auch verfassungswidrig. Es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), wenn Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den Beitragsmonaten 1 bis 516 anders behandelt würden als in den Beitragsmonaten 517 bis 540, ohne dass diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt bzw. verhältnismäßig sei. Zwar verfolge die differenzierende Regelung mit der Sicherstellung der Liquidität der gesetzlichen Rentenversicherung und der Verhinderung von Missbrauch einen legitimen Zweck. Die Regelung hierzu erscheine auch nicht schlechthin ungeeignet. Allerdings sei sie nicht erforderlich. Zu Recht habe das LSG Niedersachsen-Bremen insoweit darauf hingewiesen, dass weder eine tragfähige Grundlage noch ein empirischer Beleg für Fehlanreize vorhanden seien. Schließlich sei die Regelung auch nicht angemessen, da mit der Vorschrift des § 159 SGB III bereits eine Regelung existiere, die die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses zu Lasten der Gemeinschaft sanktioniere. Es gebe somit ein milderes Mittel, das "Fehlanreize" ebenso wie "Frühverrentung" zu vermeiden helfe.
Ebenso verstoße es gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn bei Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung während der Beitragsmonate 517 bis 540 zwischen der Ursache "Insolvenz" und "vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers" und allen sonstigen Ursachen unterschieden werde. Jedenfalls im Hinblick auf unverschuldete Arbeitslosigkeit – und damit alle weiteren Unterarten der betriebsbedingten Kündigung – bestünden keine Einflussmöglichkeiten des betroffenen Versicherten. Die Vermeidung besonderer Härten, die der Gesetzgeber mit der Rückausnahme in § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a bezwecke, sei ein legitimer Zweck. Zur Ordnung von Massenerscheinungen dürfe der Gesetzgeber insoweit generalisieren, typisieren und pauschalieren, wenn die hierdurch eintretenden Härten nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Personen treffe, dies nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sei und nicht eine intensive Ungleichbehandlung hervorgerufen werde. Insoweit sei jedoch festzuhalten, dass keine Massenerscheinungen vorlägen. Die Zahl der Fälle, in denen überhaupt Arbeitslosengeld-I-Bezug in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn vorläge, sei sehr überschaubar. Eine fehlanreizgesteuerte Frühverrentungswelle habe es nicht gegeben. Letztlich sei die Regelung aber – wiederum in Hinblick auf § 159 SGB III – auch nicht angemessen. Es gebe mit dieser ein milderes Mittel, das besondere Härten zu vermeiden helfe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.2016 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2015 zu verurteilen, anstelle der ab 01.05.2015 gewähren Altersrente für Frauen ab 01.01.2015 Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Vorschrift des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI sei nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und systematisch-teleologisch restriktiv auszulegen. Eine vollständige Geschäftsaufgabe liege nur bei einer Einstellung der gesamten, alle Standorte, Filialen, Betriebsteile und Geschäftsfelder umfassenden Geschäftstätigkeit vor. Die Verzichtserklärung der Klägerin könne nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden. Sie habe gegenüber dem Arbeitgeber (dem C B) erklärt werden müssen, durch den dann wiederum Eigenbeträge der Klägerin an die Minijobzentrale zu zahlen gewesen wären. Diese Verwaltungsabläufe lägen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der DRV Bund und könnten deshalb nicht von ihr veranlasst werden, so dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht greife.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 13.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2015 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der zuvor von der Beklagten erlassene Bescheid vom 20.03.2015 (Bewilligung der Altersrente für Frauen ab 01.05.2015). Im Widerspruchsbescheid vom 04.09.2015 hat die Beklagte ausdrücklich allein den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.04.2015 (Ablehnung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte) zurückgewiesen. Da der Bescheid vom 20.03.2015 schon vor dem hier streitigen Bescheid vom 13.04.2015 und vor dem hiergegen (am 20.04.2015) eingeleiteten Widerspruchsverfahrens erlassen worden ist, ist er nicht gem. § 86 SGG Gegenstand dieses (späteren) Widerspruchsverfahrens geworden. Den von der Klägerin gegen den Bescheid vom 20.03.2015 vorsorglich isoliert erhobenen Widerspruch hat die Beklagte – im Hinblick auf die Vorgreiflichkeit des laufenden Verfahrens um die Gewährung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte – noch nicht beschieden. Eine Klage hiergegen wäre damit mangels abgeschlossenen Vorverfahrens derzeit unzulässig (§ 78 SGG). Dieser Bescheid ist von der Klägerin aber auch ohnehin nicht zum Gegenstand des Gerichtsverfahrens gemacht worden.
Ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte scheitert nicht bereits daran, dass sie seit dem 01.05.2015 eine Altersrente für Frauen bezieht. Zwar bestimmt § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI, dass nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen ist. Eine bindende Bewilligung der Altersrente für Frauen liegt aber hier gerade noch nicht vor, da die Klägerin den entsprechenden Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 20.03.2015 mit Widerspruch angefochten hat. Im Übrigen betrifft diese Regelung aber auch schon grundsätzlich nicht den Anspruch auf eine andere Altersrente, die vor oder gleichzeitig mit der bindend bewilligten oder bezogenen Altersrente beginnt (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 14 mwN). In diesen Fällen liegt kein Wechsel vor (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 34 SGB VI Rn. 40; LSG Niedersachsen-Bremen Urt. v. 16.11.2016 – L 2 R 176/16 – juris Rn. 21).
Die Klägerin erfüllt jedoch weder die einfachgesetzlichen Voraussetzungen einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte (hierzu 1.) noch sind die maßgeblichen Vorschriften zu ihren Gunsten analog auszulegen (hierzu 2.). Entgegen ihrer Auffassung ist die Vorschrift des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI auch weder verfassungswidrig (hierzu 3.) noch eine verfassungskonforme Erweiterung möglich (hierzu 4.). Schließlich kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen (hierzu 5.).
1.) Bei der Klägerin liegen die in § 236b SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 23.06.2014 normierten gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte nicht vor.
Gem. § 236b Abs. 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die hierfür geltende Wartezeit von 45 Jahren (vgl. auch § 50 Abs. 5 SGB VI) erfüllt haben. Liegt das Geburtsdatum vor dem 01.01.1953, besteht der Anspruch auf diese Altersrente (unmittelbar) nach Vollendung des 63. Lebensjahres (§ 236b Abs. 2 S. 1 SGB VI). Für später geborene Versicherte wird die Altersgrenze von 63 Jahren gemäß § 236b Abs. 2 S. 2 SGB VI angehoben.
Die Klägerin ist am 00.00.1951 und damit sowohl vor dem 01.01.1953 als auch vor dem 01.01.1964 geboren. Auch hatte sie zum begehrten Rentenbeginn des 01.01.2015 das 63. Lebensjahr vollendet. Sie erfüllte jedoch weder zu diesem noch zu einem späteren Zeitpunkt die Wartezeit von 45 Jahren (540 Monate).
Gem. § 51 Abs. 3a S. 1 SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes vom 23.06.2014 werden auf die Wartezeit von 45 Jahren Kalendermonate angerechnet mit
1. Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit
2. Berücksichtigungszeiten,
2. Zeiten des Bezugs von
a) Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung,
b) Leistungen bei Krankheit und
c) Übergangsgeld,
soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach Buchstabe a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, und
4. freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nummer 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.
Kalendermonate, die durch Versorgungsausgleich oder Rentensplitting ermittelt werden, werden nicht angerechnet (§ 51 Abs. 3a S. 2 SGB VI). Auf die Wartezeiten werden auch Kalendermonate mit Ersatzzeiten (Fünftes Kapitel) angerechnet.
Dem Versicherungsverlauf entsprechend und zwischen den Beteiligten unstreitig hat die Klägerin zwischen Juli 1968 und Juni 2014 534 Monate zurückgelegt, die gem. § 51 Abs. 3a SGB VI auf die 45jährige Wartezeit bei einer Rente für besonders langjährig Versicherte angerechnet werden können. Nicht anrechnungsfähig sind entgegen ihrer Auffassung hingegen die darauffolgenden Monate des Bezugs von Arbeitslosengeld I ab Juli 2014. Zwar handelt es sich hierbei um Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 SGB III) iSv § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, 1. Halbsatz SGB VI. Die Monate ab Juli 2014, in denen die Klägerin diese Leistungen erhalten hat, liegen jedoch in den letzten zwei Jahren vor (dem ab 01.01.2015 begehrten) Rentenbeginn und sind daher gem. § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Anfang 2. Halbsatz SGB VI grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig.
Die Klägerin erfüllt auch nicht die in § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI geregelte (Rück-)Ausnahme, nach der in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn bezogene Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung dann berücksichtigt werden können, wenn deren Bezug durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt ist.
Das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin ist aufgrund einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung beendet worden. Dieser Kündigung lag, wie zwischen den Beteiligten auch unstreitig, eine Insolvenz des Arbeitgebers nicht zugrunde. Zur Überzeugung des Senats liegt auch eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers iSv § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI nicht vor.
Das Tatbestandsmerkmal "vollständig" ist – entsprechend dem allgemeinen, u.a. im Duden beschriebenen Verständnis – als "alles Dazugehörige umfassend, alle Teile aufweisend, lückenlos, komplett" bzw. "völlig, gänzlich" zu definieren. Soweit in Rechtsprechung und Literatur diskutiert wird, ob eine "vollständige Geschäftsaufgabe" im Sinn von § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI erst dann vorliegt, wenn alle Standorte, Betriebe, Betriebsteile und Filialen des Arbeitgebers geschlossen sind (vgl. zB Mittendorff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 51 SGB VI, Rn. 10.8 unter Bezugnahme u.a. auf Dünn/Stosberg, RVaktuell 2014, 156, 161; Gürtner in Kasseler Kommentar SGB VI, § 51 Rn. 14; LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 26.01.2017 – L 22 R 578/15 – juris Rn. 32; LSG Niedersachsen-Bremen Urt. vom 16.11.2016 – L 2 R 176/16 – juris Rn. 26 mit anhängiger Revision BSG B 5 R 25/17 R; vgl. auch Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag, Sachstand, 11.02.2016, WD 6-3000-028/16, S. 5) oder ob das Tatbestandsmerkmal bereits auch schon erfüllt ist, wenn (nur) eines dieser Gebilde geschlossen wird (so die Klägerin), kann dahingestellt bleiben. Im vorliegenden Fall ist weder die M insgesamt noch auch nur das Büro des Gebietsleiters N, bei dem die Klägerin konkret beschäftigt war, zum Zeitpunkt der Kündigung aufgelöst bzw. aufgegeben worden. Vielmehr sind lediglich allein die Hilfestellungen durch die Klägerin, die diese zudem in Teilzeit ausgeführt hat, wohl aus Kostengründen nach dem Auslaufen des Zuschusses durch die Bundesagentur für Arbeit eingespart worden. Die Klägerin selbst hat formuliert, dass das "Arbeitsfeld" der Bestandsakquise im Büro weggefallen sei und dass der M-Gebietsleiter "Teile seiner Tätigkeit ausgelagert habe". Hierbei handelte es sich um ein Arbeitsfeld, das nach den Angaben der Klägerin in anderen Gebietsleiterbüros schon üblicherweise gar nicht durch den Gebietsleiter selbst, sondern durch selbständige Versicherungsmakler betrieben wurde. Allein schon die beschreibenden Begrifflichkeiten "Arbeitsfeld" und erst recht "Teile" der Tätigkeit zeigen klar, dass von einer vollständigen Geschäftsaufgabe vorliegend nicht im Entferntesten ausgegangen werden kann. Im Übrigen tragen die Darstellungen der Klägerin auch die von ihr bei Analyse des Wortes "Geschäftsaufgabe" nach Wahrig, Deutsches Wörterbuch, genannten Synonyme "Aufgeben, Auflösen eines Geschäftes, wegen der zB das komplette Lager ausverkauft, geräumt oder aufgelöst wird", in keiner Weise. Andere relevante Änderungen im fortbetriebenen M-Büro, die auf eine Geschäftsaufgabe schließen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Ob der Beschäftigungsbereich der Klägerin "ganz" weggefallen ist, ist für die Auslegung im Rahmen des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI ohne Relevanz. Zutreffend hat die Beklagte, dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift folgend, darauf hingewiesen, dass die vollständige Geschäftsaufgabe den Arbeitgeber des Versicherten, d.h. die natürliche oder juristische Person betreffen muss, mit der der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag geschlossen hat.
2.) Auch eine einfachgesetzlich analoge Anwendung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI auf Fälle des Arbeitslosengeldbezugs nach betriebsbedingter Kündigung kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift erfasst ausschließlich die ausdrücklich geregelten, aus der Sphäre des Arbeitgebers stammenden Ausnahmetatbestände und ist nicht auf sonstige Beendigungen von Arbeitsverhältnissen erstreckbar, auch wenn diese auf Gründen beruhen, die aus der Sicht des Arbeitnehmers unfreiwillig und unverschuldet sind (vgl. auch BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 19; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 39).
Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke im Gesetz voraus, die hier nicht vorliegt. Dem Gesetzgeber war bei der Gesetzesfassung bewusst, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch aus anderen Gründen als einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers unverschuldet arbeitslos werden können. Trotz dieser Erkenntnis hat er sich lediglich für die zwei genannten (Rück-)Ausnahmeregelungen entschieden. Der ursprüngliche Entwurf des § 51 Abs. 3a SGB VI sah (noch) vor, dass Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung generell auf die 45-jährige Wartezeit anzurechnen seien (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 25.03.2014 – BT-Drucks 18/909, S. 7, Anlage 1 Art. 1 Nr. 2). Diese sollten berücksichtigt werden, um Härten von kurzzeitig unterbrochenen Erwerbsbiographien infolge von Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Für den Anspruch auf die abschlagsfreie Rente ab 63 sah man es (zunächst) als unerheblich an, dass das Arbeitslosengeld auch direkt vor dem Renteneintritt bezogen werden könnte; dies bedeute keine Rückkehr zur Frühverrentungspolitik der 80er und 90er Jahre (BT-Drs. 18/909, S. 13 f., Begründung A. I.). Im späteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens empfahl der Ausschuss für Arbeit und Soziales dann jedoch nach Einholung verschiedener Stellungnahmen, Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor dem Renteneintritt auf die Wartezeit von 45 Jahren bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte nicht zu berücksichtigen, weil hier Fehlanreize zu befürchten seien. Um Härtefälle zu verhindern, sollten diese Zeiten zwei Jahre vor Rentenbeginn nur dann anrechnungsfähig sein, wenn sie durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt seien (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, 11. Ausschuss, vom 21.05.2014 – BT-Drucks. 18/1489, S. 5 und S. 26, B. Begründung zu Nr. 1 b). Im weiteren Verlauf nahm die Bundesregierung hierzu erneut und vertiefend Stellung. Bereits bei Kabinettsbeschluss habe Einigkeit darüber bestanden, dass im parlamentarischen Verfahren zu prüfen sein werde, wie Frühverrentung verhindert werden könne. Denn Ziel der sogenannten Rente ab 63 solle nicht sein, bereits zwei Jahre vor Rentenbeginn aus dem Erwerbsleben auszuscheiden und über den Bezug von Arbeitslosengeld in die abschlagsfreie Rente zu gehen. Um derartige Missbräuche von vornherein auszuschließen, würden Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Eintritt in die abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 63 nicht mitgezählt. Eine Ausnahme gelte für diejenigen Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs, die durch eine Insolvenz oder eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers verursacht worden seien. Denn in diesen Fällen liege typischerweise keine missbräuchliche Frühverrentung vor. Zutreffend sei, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch aus anderen Gründen als einer Insolvenz oder einer vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers unverschuldet arbeitslos werden könnten. Die Einführung großzügigerer Kriterien als einer Insolvenz oder einer vollständigen Geschäftsaufgabe wäre jedoch missbrauchsanfällig und daher ungeeignet, Fehlanreize zu verhindern. Denn in anderen als den geregelten Ausnahmefällen sei kein Nachweis darüber möglich, dass für die Arbeitslosigkeit allein Gründe maßgeblich gewesen seien, die frei von missbräuchlichen Absichten wären (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Kurth, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Corinna Rüffer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.07.2014, BT-Drucks. 18/2186, S. 9, Antwort auf die Fragen 21 und 22).
Hat sich der Gesetzgeber aber bewusst lediglich für die zwei normierten Rückausnahmen entschieden und damit wissentlich und willentlich eine nur enge Rückausnahmeregelung geschaffen, ist eine analoge Anwendung auf andere Fallkonstellationen nicht möglich (vgl. auch BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 21 f.; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 40).
3.) Die Vorschrift des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI ist auch nicht – soweit dies zugunsten der Klägerin zu prüfen ist – verfassungswidrig (vgl. ebenso BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R zu LSG Niedersachsen-Bremen Urt. v. 02.03.2016 – L 2 R 517/15, anhängig BVerfG 1 BvR 323/18; BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R zu LSG Baden-Württemberg Urt. v. 21.06.2016 – L 2 R 517/15, anhängig BVerfG 1 BvR 324/18; LSG Baden-Württemberg Urt. v. 21.06.2017 – L 2 R 1071/17, anhängig BSG B 13 R 5/17 R; LSG Rheinland-Pfalz Urt. v. 24.04.2017 – L 2 R 471/16; LSG Bayern Urt. v. 15.03.2017 – L 19 R 696/15; LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 26.01.2017 – L 22 R 578/15, anhängig BSG B 13 R 19/17 R).
a) Soweit es die Klägerin als verfassungswidrig rügt, dass durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe verursachte Arbeitslosigkeit gegenüber anderen unfreiwilligen Arbeitslosigkeiten "bevorzugt" werde, vermag ihr diese Argumentation isoliert nicht zum Erfolg zu verhelfen. Würde man (allein) die vom Gesetzgeber in § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI normierte Privilegierung für verfassungswidrig halten, verbliebe es bei der Grundregelung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, 1. Halbsatz SGB VI. Damit aber wären dann Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn ausnahmslos nicht bei der Wartezeit des § 236b SGB VI zu berücksichtigen. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch bestünde (dann) nicht. Entsprechend hat der Senat nicht zu prüfen, ob es verfassungswidrig ist, dass der Gesetzgeber Personen, deren Arbeitslosigkeit durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt wurde, besser stellt als Arbeitslosigkeit aus anderem Grund.
b) Der Senat sieht die Vorschrift des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI im Übrigen in der hier streitigen Regelung nicht für verfassungswidrig an.
aa.) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Es ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, dass Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung gemäß § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Anfang 2. Halbsatz SGB VI in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn entgegen der Grundregel des ersten Halbsatzes nicht auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet werden und dass hiervon gem. § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI nur diejenigen Personen ausgenommen sind, deren Arbeitslosigkeit auf einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers beruht.
Nach dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Verboten ist – worauf sich die Klägerin beruft – daher grundsätzlich auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. z.B. BVerfG Beschl. v. 12.10.2010 – 1 BvL 14/09 – juris Rn. 44; Beschl. v. 21.07.2010 – 1 BvR 611/07 – juris Rn. 78; Beschl. vom 26.04.1988 – 1 BvL 84/86 – juris Rn. 47 mwN).
Auch bei vergleichbaren Tatbeständen verbietet der allgemeine Gleichheitssatz allerdings nicht jegliche Differenzierung. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsgrundsätze reichen (vgl. zB BVerfG Beschl. v. 12.10.2010 – 1 BvL 14/09 – juris Rn. 45; Beschl. v. 21.07.2010 – 1 BvR 611/07 – juris Rn. 79; Beschl. v. 16.09.2009 – 1 BvR 2275/07 – juris Rn. 38; Beschl. v. 14.10.2008 – 1 BvF 4/05 – juris Rn. 87). Die aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grenzen sind (erst) überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG Beschl. v. 21.07.2010 – 1 BvR 611/07 – juris Rn. 83; Beschl. v. 22.05.2003 – 1 BvR 452/99 – juris Rn. 17; Beschl. v. 10.11.1998 – 1 BvL 50/92 – juris Rn. 63; Beschl. v. 12.03.1996 – 1 BvR 609/90 – juris Rn. 54).
Eine derartige Grenzüberschreitung liegt hier weder bezogen auf die Ausnahmeregelung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Anfang 2. Halbsatz SGB VI (keine Berücksichtigung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn) (hierzu i) noch bezogen auf die Rückausnahmeregelung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI (Leistungsbezug durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt) (hierzu ii) vor.
i) Die Regelung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Anfang 2. Halbsatz SGB VI benachteiligt die Personengruppe, die Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn zurückgelegt hat, gegenüber der Personengruppe, die derartige Zeiten vor diesem Zeitraum absolviert hat und damit der Grundregel des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, 1. Halbsatz SGB VI unterfällt. Die unterschiedliche Behandlung dieser Gruppen durch den Gesetzgeber wird jedoch durch hinreichend sachbezogene, nach Art und Gewicht vertretbare Gründe gerechtfertigt.
Zu beachten ist zunächst, dass dem Gesetzgeber innerhalb der – wie hier – gewährenden bzw. darreichenden Staatstätigkeit ein weiter Gestaltungsspielraum zuzuerkennen ist (vgl. zB BVerfG Beschl. v. 14.10.2008 – 1 BvF 4/05 – juris Rn. 88; Beschl. vom 22.05.2003 – 1 BvR 452/99 – juris Rn. 17; Beschl. v. 14.03.2001 – 1 BvR 1931/96 – juris Rn. 29; Beschl. v. 10.11.1998 – 1 BvL 50/92 – juris Rn. 63; Beschl. v. 26.04.1988 – 1 BvL 84/86 – juris Rn. 47; Beschl. v. 13.01.1982 – 1 BvR 848/70 – juris Rn. 67), weil sozialpolitische Entscheidungen grundsätzlicher Art zu treffen sind (BVerfG Beschl. v. 22.05.2003 – 1 BvR 452/99 – juris Rn. 17). Eine Anordnung des Gesetzgebers, Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung, soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind, auf die 45-jährige Wartezeit anzurechnen, ist angesichts dieser weiten Gestaltungsfreiheit im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit aus Verfassungsgründen nicht geboten (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 47; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 29). Erst recht kann es ihm (dann) grundsätzlich nicht verwehrt sein, für sie zeitliche Grenzen zu setzen. Insoweit liegt ein Vergleich mit der Zulässigkeit von Stichtagsregelungen nahe (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 47 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 29 mwN zu BVerfG Urt. v. 05.07.1989 – 1 BvL 11/87).
Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung eines Stichtags überhaupt notwendig ist und sich die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar ist (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 48; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 30 mwN u.a. zu BVerfG Urt. v. 23.11.1999 – 1 BvF 1/94; Beschl. v. 12.05.2009 – 2 BvL 1/00; Beschl. v. 21.07.2010 – 1 BvL 11/06). Dies ist vorliegend zu bejahen.
Der Gesetzgeber durfte die Einführung einer zeitlichen Begrenzung der Anrechnung von Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung auf die Wartezeit von 45 Jahren iS eines Berücksichtigungsausschlusses in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn für notwendig halten. Die Ausschlussregelung iS des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Anfang 2. Halbsatz SGB VI ist in das Gesetz aufgenommen worden, um eine missbräuchliche Frühverrentung von vorherein zu verhindern. Die sog "Rente ab 63" sollte – wie oben unter Bezugnahme auf BT-Drs. 18/2186 ausgeführt – gerade nicht dem Ziel dienen, bereits zwei Jahre vor Rentenbeginn aus dem Erwerbsleben auszuscheiden und über den Bezug von Arbeitslosengeld in die abschlagsfreie Rente zu wechseln. Der Gesetzgeber durfte – wie geschehen – von der Gefahr einer missbräuchlichen Frühverrentung ausgehen. Es liegt in seinem Einschätzungsspielraum, bei einer nicht eindeutig geklärten und auch nicht ohne Weiteres aufklärbaren Sachlage seinen Entscheidungen über zu ergreifende Maßnahmen eine Gefährdungsprognose zugrunde zu legen. Hierbei darf er sich lediglich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützen (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 50 f.; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 32 f. je mwN zu BVerfG Beschl. v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12 – juris Rn. 144; vgl. auch BVerfG Beschl. v. 14.10.2008 – 1 BvF 4/05 – juris Rn. 88 mwN; Urt. v. 20.04.2004 – 1 BvR 905/00 – juris Rn. 61 mwN).
Die Einschätzung einer missbräuchlichen Frühverrentung konnte bzw. kann sich nicht auf empirisch nachweisbare Befunde stützen; ebenso wenig ist ein derartiger Sachverhalt im voraus aufklärbar oder vorhersehbar, weil das Rentenzugangsgeschehen multifaktoriell ist und sich aus dem Zusammenwirken verschiedener Akteure, wie zB individuellen Überlegungen aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebersicht, ergibt.
Es stellt auch keine der Lebenserfahrung widersprechende Würdigung des Lebenssachverhalts dar, dass ältere Arbeitnehmer, die bereits ein langes und in der Regel anstrengendes Erwerbsleben absolviert, die 45-jährige Wartezeit möglicherweise aber dennoch nicht erfüllt haben, sich unter Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld aus dem Erwerbsleben verabschieden, um ggf. über den Leistungsbezug die noch nicht erfüllte Wartezeit zu erreichen und anschließend mit 63 in die abschlagsfreie Rente zu wechseln. Die Möglichkeit, ein langes Erwerbsleben bei vorhandener sozialer Absicherung vorzeitig beenden zu können, stellt einen nicht zu leugnenden Anreiz dar, der durch interne Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unschwer umgesetzt werden kann (vgl. hierzu BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 52; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 34 je mwN zu hierzu im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen). Auch im Gesetzesentwurf vom 25.03.2014 ist auf Frühverrentungswellen der 80er und 90er Jahre hingewiesen worden (BT-Drs. 18/909, S. 13 f.).
Dass angesichts vielfältiger Umgehungsstrategien in den sozialen Sicherungssystemen der Gesetzgeber der Missbrauchsbekämpfung einen hohen Stellenwert einräumt und mit diesbezüglich präventiver Blickrichtung die Anrechnung von Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Rentenbezug ausgeschlossen hat, ist entsprechend als im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG legitim anzusehen. Mit dem BSG hält auch der Senat den moralischen Vorwurf der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, die Ausschlussregelung stelle Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter den "Generalverdacht" einer missbräuchlichen Absprache über die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses (Sachstand WD 6 – 3000 – 133/14 S. 9), für nicht gerechtfertigt. Erst recht vermag er nicht die Legitimität der gesetzgeberischen Erwägung in Frage zu stellen (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 52; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 34).
Der in § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Anfang 2. Halbsatz SGB VI normierte Ausschluss der Anrechnung für die letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn orientiert sich auch am gegebenen Sachverhalt und ist damit vertretbar.
Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte wird gemäß § 236b SGB VI frühestens ab Vollendung des 63. Lebensjahres geleistet. Die Personen, die von der Ausschlussregelung betroffen sind, haben daher mindestens das 61. Lebensjahr vollendet. Versicherte dieser Altersgruppe erhalten nach § 147 Abs. 2 SGB III – vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren dort normierten Anspruchsvoraussetzungen – Arbeitslosengeld I für 24 Monate, mithin also zwei Jahre. Der vom Gesetzgeber gewählte Ausschlusszeitraum entspricht damit dem Zeitraum, in dem Arbeitslosengeld I maximal vor dem Rentenbeginn bezogen werden kann.
Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass die Regelung dieses Halbsatzes eine Härte für sie – und vergleichbar betroffene Personen – darstellt, wenn missbräuchliche Absichten bezogen auf die ab 01.07.2014 neu geregelte Altersrente für besonders langjährig Versicherte tatsächlich nicht vorliegen. Gleichwohl ist die gesetzliche Regelung zur Überzeugung des Senats mit dem allgemeinen Gleichheitssatz zu vereinbaren, weil jede Stichtagsregelung gewisse Härten mit sich bringt und Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht aufgibt, die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung zu wählen (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 55; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 37 mwN zu BVerfG Beschl. v. 08.10.1991 – 1 BvL 50/86; Beschl. v. 08.06.2004 – 2 BvL 5/00; Beschl. v. 11.11.2008 – 1 BvL 3/05).
ii) Auch die Rückausnahmeregelung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI, nach der Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn – nur – in den Fällen ausnahmsweise angerechnet werden, in denen dieser Bezug durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt ist, sieht der Senat als mit Art 3 Abs. 1 GG vereinbar an.
Da die Rückausnahmeregelung die Personengruppen begünstigt, die aufgrund einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers zwei Jahre vor Rentenbeginn Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung beziehen, kommen im vorliegenden Fall als Vergleichsgruppen solche Personengruppen in Betracht, die aus sonstigen – insb. wie von der Klägerin vorgebracht: betriebsbedingten – Gründen ihren Arbeitsplatz verloren haben und ebenfalls im vorgenannten Zeitraum Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung beziehen. Ihnen wird anders als den begünstigten Personengruppen diese Zeit nicht auf die 45-jährige Wartezeit angerechnet, was zu einem Rentenausschluss führt, falls die Wartezeit nicht bereits zu diesem Zeitpunkt erfüllt ist.
Die unterschiedliche Behandlung der dargestellten Gruppen durch den Gesetzgeber wird durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt.
Der Gesetzgeber hat die Anrechnung von Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Eintritt in die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 63 Jahre grundsätzlich ausgeschlossen, um – wie bereits oben dargelegt – eine missbräuchliche Frühverrentung zu verhindern. Versicherte sollen nicht bereits zwei Jahre vor Rentenbeginn aus dem Erwerbsleben ausscheiden und über den Bezug von Arbeitslosengeld in die abschlagsfreie Rente gehen. Eine Ausnahme gilt für diejenigen Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs, die durch eine Insolvenz oder die vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers verursacht werden, weil in diesen Fällen typischerweise keine missbräuchliche Frühverrentung vorliegt. Nach der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.07.2014 (vgl. bereits oben, BT-Drucks 18/2186, S. 9) ist die Einführung großzügigerer Kriterien missbrauchsanfällig und daher ungeeignet, Fehlanreize zu verhindern. In anderen als den geregelten Ausnahmefällen sei kein Nachweis darüber möglich, dass für die Arbeitslosigkeit allein Gründe maßgeblich waren, die frei von missbräuchlichen Absichten sind.
Diese vom Gesetzgeber benannten Gründen halten den Anforderungen an Art. 3 Abs. 1 GG stand. Welche Differenzierungskriterien der Gesetzgeber im Einzelnen heranzieht, um Leistungsansprüche zu gewähren, ist entsprechend dem o.g. weiten Gestaltungsspielraum bei der gewährenden Staatstätigkeit zunächst seine Entscheidung. Es steht ihm frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgeblich sein sollen (vgl. BVerfG Beschl. v. 19.12.2008 – 2 BvR 380/08 – juris Rn. 8 mwN). Ihm obliegt die Feststellung, welche Sachverhaltselemente so wesentlich sind, dass eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist (vgl. zB BVerfG Beschl. v. 10.11.1998 – 1 BvL 50/92 – juris Rn. 63; Beschl. v. 12.03.1996 – 1 BvR 609/90 – juris Rn. 54; Beschl. v. 26.04.1988 – 1 BvL 84/86 – juris Rn. 47; Beschl. v. 06.10.1983 – 2 BvL 22/80 – juris Rn. 30; Beschl. v. 13.01.1982 – 1 BvR 848/70 – juris Rn. 67; Beschl. v. 19.06.1973 – 1 BvL 39/69 – juris Rn. 30). Gerade im Sozialleistungsrecht dürfen zur Ordnung von Massenerscheinungen typisierende und pauschalierende Regelungen getroffen werden (vgl. z.B. BVerfG Beschl. v. 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 – juris Rn. 205; Beschl. v. 20.07.2004 – 1 BvR 2515/95 – juris Rn. 40; Beschl. v. 08.06.2004 – 2 BvL 5/00 – juris Rn. 72; Beschl. v. 08.02.1983 – 1 BvL 28/79 – juris Rn. 38; Beschl. v. 24.07.1963 – 1 BvL 11/61- juris Rn. 59).
Dem Umfang des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht die Kontrolldichte richterlicher Überprüfung: Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nur dann festzustellen, wenn die Unsachlichkeit einer Differenzierung evident ist (vgl. BVerfG Beschl. v. 16.09.2009 – 1 BvR 2275/07 – juris Rn. 38), d.h. wenn für die gesetzliche Unterscheidung kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst einleuchtender Grund vorliegt und die Regelung damit als willkürlich angesehen werden muss (vgl. BVerfG Beschl. v. 11.11.2008 – 1 BvL 3/05 – juris Rn. 73; Beschl. v. 15.03.2000 – 1 BvL 16/96 – juris Rn. 72; Beschl. v. 10.11.1998 – 1 BvL 50/92 – juris Rn. 63; Beschl. v. 26.04.1988 -1 BvL 84/86 – juris Rn. 47; Beschl. v. 06.10.1983 – 2 BvL 22/80 – juris Rn. 30; Beschl. v. 19.06.1973 – 1 BvL 39/69 – juris Rn. 30). Auf sachbezogene Gründe kann sich der Gesetzgeber hingegen in hohem Umfang stützen, solange sich die Regelung nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt (vgl. BVerfG Beschl. v. 14.10.2008 – 1 BvF 4/05 – juris Rn. 88 mwN).
Die vom Gesetzgeber in § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI vorgenommene Anknüpfung an Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe im Hinblick auf die erleichterte Nachweismöglichkeit, dass in diesen Fallgestaltungen kein Missbrauch möglich sei, ist nicht evident unsachlich bzw. willkürlich und würdigt die maßgeblichen Lebenssachverhalte nicht in einer der Lebenserfahrung widersprechenden Art.
Im Fall einer Insolvenz verliert der Arbeitgeber die vollständige bzw. uneingeschränkte oder unkontrollierte Verfügungsbefugnis über das Unternehmen als Basis von Beschäftigungen mit der Folge, dass zumindest im Regelfall rechtlich oder faktisch eine missbräuchliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zwecks Frühverrentung durch ein Zusammenwirken von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgeschlossen ist; letzteres gilt auch für die vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers. Für die Fälle eines Verlustes des Arbeitsplatzes aus anderen Gründen (zB einer betriebsbedingten Kündigung) lässt sich dagegen ein Missbrauch nicht ausschließen.
Insolvenzbedingt ist der Arbeitslosengeldbezug nur dann, wenn sich die Beendigung einer Beschäftigung – die ihrerseits Ursache der Arbeitslosigkeit als Voraussetzung für Arbeitslosengeld ist (§ 136 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) – als Ergebnis einer verfahrensrechtlich durch die Insolvenzordnung (InsO) gelenkten Tätigkeit darstellt. Dies ist der Fall, wenn die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses auf der Erklärung einer Person beruht, deren Handlungsbefugnis durch die InsO begründet ist. Als solche Person kommt der (vorläufige) Insolvenzverwalter oder der Arbeitgeber in der Funktion als Schuldner in Eigenverwaltung in Betracht (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 20; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 43).
Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, ernennt das Insolvenzgericht im Regelfall einen Insolvenzverwalter (§ 27 Abs. 1 S. 1 InsO). Mit der Eröffnung des Verfahrens tritt der Insolvenzverwalter in die Arbeitgeberstellung ein (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 44 mwN zu Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, Insolvenzrecht, 2. Aufl. 2010, S 643 Rn. 4; Müller-Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. Aufl. 2017, Einführung InsO Rn. 37, § 113 Rn. 1). Damit ist er aus den Arbeitsverhältnissen, die auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbestehen (§ 108 Abs. 1 S. 1 InsO), nach Maßgabe der geltenden Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Arbeitsvertragsregelungen und Gesetze berechtigt und verpflichtet (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 44 mwN zu Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO). Die Kündigungs- und Anfechtungsbefugnis geht auf ihn über (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 44 mwN zu Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO; Berscheid, Arbeitsverhältnisse in der Insolvenz, 1999, Rn. 518). Bereits vor der Eröffnung hat das Insolvenzgericht die Befugnis, vorläufige Maßnahmen zur Sicherung des Schuldnervermögens anzuordnen. Bei der Anordnung der vorläufigen Verwaltung wird differenziert zwischen der sog "schwachen" Verwaltung mit Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO und der sog "starken" Verwaltung mit Verfügungsverbot gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1, § 22 InsO (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 44 mwN zu Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO, S. 641 Rn. 2). Die Anordnung der "schwachen" vorläufigen Verwaltung hat keine Auswirkung auf die Arbeitgeberstellung; der Insolvenzschuldner bleibt Arbeitgeber (BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 44 mwN zu Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO; Berscheid, aaO, Rn. 499). Eine von ihm ausgesprochene Kündigung von Arbeitsverhältnissen ist jedoch nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam, sofern sich nichts anderes aus den Anordnungen des Insolvenzgerichts ergibt (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 44 mwN zu BAG Urt. v. 10.10.2002 – 2 AZR 532/01 – juris Rn. 23 ff; Rüntz in Kayser/Thole, Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2016, S 227 Rn. 17). Ordnet das Insolvenzgericht die "starke" vorläufige Verwaltung an, so geht mit diesem Zeitpunkt die Arbeitgeberstellung, insbesondere das Kündigungsrecht auf den Insolvenzverwalter über (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 44 mwN zu Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO; Berscheid, aaO, Rn. 492).
Im Regelinsolvenzverfahren hat damit der Arbeitgeber nach Eröffnung des Verfahrens keine Möglichkeit mehr, Arbeitsverhältnisse zu beenden und ist auch vor dem Eröffnungsbeschluss bei Anordnung vorläufiger Maßnahmen zumindest von der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters bei Kündigungen abhängig. Ordnet das Gericht dagegen ausnahmsweise (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 46 mwN zu Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO, S 498 Rn. 7) Eigenverwaltung an (§§ 270 ff InsO), erhält der Schuldner (Arbeitgeber) zwar die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse, unterliegt aber der umfassenden Aufsicht und Überwachung eines vom Insolvenzgericht eingesetzten Sachwalters (§ 270 Abs. 1 S. 1 InsO; vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 46 mwN zu Undritz in Schmidt, InsO, 19. Aufl. 2016, § 270 InsO Rn. 25; Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, Insolvenzrecht, 3. Aufl. 2017, § 270 Rn. 29). Dabei schließt der Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§§ 21 ff. InsO) grundsätzlich nicht aus (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 46 mwN zu Pape/Uhlenbruck/Voigt-Salus, aaO, S. 502 Rn. 14). Bei Anordnung der Eigenverwaltung wird der Schuldner (Arbeitgeber) daher zumindest in seinen Verfügungen kontrolliert.
Die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 InsO führt etwa bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaften, Genossenschaften und Offenen Handelsgesellschaften sowie Kommanditgesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, zu deren Auflösung (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, § 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG, § 81a Nr. 1 GenG, § 131 Abs. 2 Nr. 1 HGB, § 161 Abs. 2 HGB). Die Auflösung führt zur Abwicklung (Liquidation) der Gesellschaft (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 48 mwN zu Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 60 Rn. 2; Kamanabrou in Oetker, HGB, 5. Aufl. 2017, § 131 Rn. 19; Füller in Bürgers/Körber, Aktiengesetz, 4. Aufl. 2017, § 262 Rn. 12) und anschließender Beendigung (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 48 mwN zu Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 60 Rn. 19 mwN; vgl zur Löschung vermögensloser Gesellschaften und Genossenschaften § 394 FamFG). Damit entfällt in diesen Fällen das Unternehmen als Basis der Beschäftigung des Arbeitnehmers, sodass eine missbräuchliche Kündigung insoweit ebenfalls ausscheidet. Dies gilt letztlich ebenso, wenn der Arbeitgeber eine natürliche Person ist. Auch diese ist im Fall ihrer – durch Beschluss des Insolvenzgerichts nachgewiesenen – Vermögenslosigkeit wirtschaftlich nicht in der Lage, ein Unternehmen fortzuführen.
Im Fall der vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers entfällt ebenfalls die Basis vorhandener Beschäftigungsverhältnisse und damit die Gelegenheit für eine missbräuchliche Frühverrentung durch ein Zusammenwirken von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die zweite Rückausnahmeregelung entspricht insoweit der oben dargestellten zweiten Variante einer verfahrensrechtlich geprägten Insolvenz, der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, und ist mit der aufgezeigten ersten verfahrensrechtlichen Insolvenzvariante, der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in der Wirkung vergleichbar. Beide schließen typischerweise einen Missbrauch aus, die vollständige Geschäftsaufgabe in tatsächlicher Hinsicht durch Wegfall der Beschäftigungsbasis und das eröffnete Insolvenzverfahren in rechtlicher Hinsicht durch Wegfall der uneingeschränkten oder unkontrollierten Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 49).
Zwischen einem Arbeitgeber, der – wie im vorliegenden Fall der M-Gebietsleiter N – die unkontrollierte und uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über seinen laufenden Betrieb hat, und Arbeitnehmern sind dagegen interne, nicht dokumentierte Absprachen über die Auflösung von Arbeitsverhältnissen möglich, die sich eines Nachweises entziehen (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 60 f.; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 42).
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der Gefahr einer missbräuchlichen Frühverrentung auch nicht über die Regelung des § 159 SGB III entgegengewirkt werden. Gerade weil es genau in diesen Fällen im Interesse von Arbeitgeber und Arbeitnehmer liegt, über derartige Absprachen Stillschweigen zu bewahren, ist es ist der BA regelhaft gerade nicht möglich, tatsächlich zu ermitteln, dass die Voraussetzungen einer Sperrzeit gem. § 159 SGB III vorliegen (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 50). Der konkrete Fall der Klägerin zeigt dies selbst auf. Auch hier besteht keinerlei Handhabung zu überprüfen, ob im Rahmen der zum 30.06.2014 ausgesprochenen Kündigung nicht auch Erwägungen einer künftigen Absicherung durch das zeitgleich in Kraft getretene RV-Leistungsverbesserungsgesetz eine (maßgebliche) Rolle gespielt haben. Entgegen der klägerischen Auffassung sind in Fällen, in denen der Arbeitgeber die Kündigung als "betriebsbedingt" bezeichnet, wie gerade der konkrete Fall zeigt, auch nicht regelhaft große Gruppen von Beschäftigten betroffen und die Möglichkeit eines Missbrauch daher auf dieser Grundlage auszuschließen.
Sicherlich ist es zutreffend, dass (auch) in den beiden gesetzgeberisch als Ausnahme geregelten Fällen der Insolvenz bzw. vollständigen Geschäftsaufgabe nicht im Sinne eines Automatismus ein missbräuchliches Zusammenwirken vollständig ausgeschlossen werden kann (so die Kritik von Brackelmann, jurisPR-SozR 3/2018 am Urteil des BSG v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R). Jedoch ist dies mindestens weit überwiegend anzunehmen und die gesetzliche Abgrenzung (bis auf die o.g. Auslegung des Begriffs "vollständiger Geschäftsaufgabe") klar umschrieben.
Soweit die Klägerin ausführt, der Gesetzgeber dürfe zur Ordnung von Massenerscheinungen (nur dann) generalisieren, typisieren und pauschalieren, wenn die hierdurch eintretenden Härten nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Personen treffe, dies nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sei und nicht eine intensive Ungleichbehandlung hervorgerufen werde, entspricht dies der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. zB BVerfG Beschl. v. 04.04.2001 – 2 BvL 7/98 – juris Rn. 42 mwN; Beschl. v. 07.05.2013 – 2 BvR 909/06 – juris Rn. 86 f. mwN).
Entgegen der Auffassung der Klägerin regelt die Vorschrift des § 51 Abs. 3a SGB VI durchaus Massenerscheinungen. Gerade die Normierung von Tatbestandsvoraussetzungen für den Anspruch auf eine gesetzliche Rente stellt aufgrund der Vielzahl der Versicherten, die hierdurch betroffen werden können, schon grundsätzlich eine Massenerscheinung dar. Sofern, wie von der Klägerin angegeben, die Zahl der Fälle, in denen Arbeitslosengeld-I-Bezug in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn vorlag, überschaubar war und eine Frühverrentungswelle nicht eingetreten ist, belegt dies möglicherweise den Erfolg des gesetzgeberischen Präventivgedankens.
Die streitige Typisierung in der (Rückausnahme-)Regelung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI benachteiligt auch nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen, wie dies eine retrospektive Betrachtung bestätigt.
Nach der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 02.09.2016 (BT-Drucks 18/9513, S. 4) sind von 199.560 im Jahre 2014 gestellten Neuanträgen auf Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte 195.833 Anträge bewilligt und 1.653 Anträge abgelehnt worden, wobei die Ablehnung von 1.425 Anträgen wegen Nichterfüllung der Wartezeit erfolgt ist. Damit sind lediglich 0,714 % der 2014 gestellten Anträge an der Nichterreichung der 45-jährigen Wartezeit gescheitert. Im Jahr 2015 ist dieser Anteil noch geringer ausgefallen. Von 264.236 Neuanträgen auf Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte sind 260.394 Anträge bewilligt und 1.488 abgelehnt worden, von denen 1250 auf dem Ablehnungsgrund "Wartezeit nicht erfüllt" beruhen (BT-Drucks 18/9513, S. 4). Dies entspricht einem Anteil von 0,4731 % an allen gestellten Rentenanträgen (vgl. hierzu BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 55; Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 66).
Zwar handelt es sich bei diesen Werten nicht um eine präzise Berechnung der Auswirkungen der zum 01.07.2014 in Kraft getretenen Regelung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, 2. Halbsatz SGB VI. Denn die o.g. Zahlen erfassen auch Personen, die nach altem Recht (vor dem 01.07.2014) eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehmen konnten (vgl. BT-Druck 18/9513, S. 3 und 4), und auf die sich die umstrittene Regelung möglicherweise nicht ausgewirkt hat. Außerdem könnte ein Teil der Ablehnungsfälle aufgrund nicht erfüllter Wartezeit auf anderen Gründen als der genannten Regelung beruhen. Insoweit ist insbesondere zu bedenken, dass nicht nur Versicherte aus der Arbeitslosigkeit heraus, sondern auch "Beschäftigte", "geringfügig Beschäftigte", Personen "ohne Versicherungsereignis" und "Sonstige" die Gewährung einer "Rente ab 63" beantragt haben (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 56 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 67 mwN zu Versichertenbericht der Deutschen Rentenversicherung 2016, S. 24 über die Rentenzugänge aus diesen Gruppen im Jahr 2014). Bei den zuletzt genannten Gruppen kann die Wartezeit von 45 Jahren ebenso nicht erfüllt sein, ohne dass hierfür die umstrittene Regelung ursächlich gewesen sein dürfte. Auch unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte behalten die ermittelten Werte indes eine hinreichend verlässliche Aussagekraft. Da nur weniger als ein Prozent aller Rentenanträge an der nicht erfüllten Wartezeit gescheitert sind, erlaubt dieser Befund trotz einer gewissen Ungenauigkeit die Aussage, dass die Ausschlussregelung in Verbindung mit den eng gefassten Rückausnahmen nur einen geringen Anteil von Personen erfasst (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 56 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 67).
Schließlich wiegt die Ungleichbehandlung auch nicht sehr intensiv. Versicherte, die mangels Anrechenbarkeit von Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn die Wartezeit von 45 Jahren nicht erfüllen, haben grundsätzlich die Möglichkeit, die fehlenden Beitragsmonate durch Ausübung einer (geringfügigen) versicherungspflichtigen Beschäftigung nachträglich zu erwirtschaften. Angesichts der Arbeitsmarktlage ist diese Möglichkeit auch nicht als wenig aussichtsreich anzusehen. Auch die Klägerin selbst hat einen derartigen Minijob ausgeübt, für den die Möglichkeit bestanden hätte, auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten. In der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 25.03.2014 (BT-Drucks. 18/909, Begründung A. I. S. 14) ist darauf hingewiesen, dass sich seit dem Jahr 2000 die Erwerbsbeteiligung der 60- bis 64-Jährigen von knapp 20 % auf 46,5 % im Jahr 2012 mehr als verdoppelt hat. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung realisierten immer mehr Unternehmen, dass ältere Erwerbstätige dringend gebraucht würden, um dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Entsprechend sei die Wertschätzung der Unternehmen gegenüber ihren älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutlich gestiegen. Die Unternehmen investierten im eigenen Interesse zunehmend in altersgerechte Arbeitsbedingungen, Weiterbildung und Gesundheitsmanagement. Es seien keine Anzeichen erkennbar, dass sich dieser Trend umkehren könnte. Dem entspricht die Hintergrundinformation der BA-Statistik vom Dezember 2015 (S. 2 und 7): Danach hat die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung älterer Arbeitnehmer in den letzten Jahren auch aus demografischen Gründen stark zugenommen. Seit 2009 sei die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über 63 kontinuierlich gestiegen. Nach Einführung der "Rente ab 63" im Juli 2014 habe sich zwar die Beschäftigtenzahl verringert; ein Zusammenhang mit der Einführung der Rente könne plausibel vermutet werden. In der Altersgruppe der 61 und 62-Jährigen ist von 2010 bis Ende 2015 ein Beschäftigungsanstieg zu verzeichnen (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 57 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 68)
Angesichts der nachträglich möglichen Erfüllung der 45-jährigen Wartezeit durch Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung stellt die Regelung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI für die nicht privilegierten Personengruppen entgegen der Ansicht der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 58 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 68 unter Hinweis auf Sachstand WD 6 – 3000 – 133/14 S. 10 f) auch keine unzumutbare Belastung dar.
Schließlich wäre die durch die Ungleichbehandlung entstehende Ungerechtigkeit nur unter Schwierigkeiten vermeidbar. Bei einer Privilegierung auch solcher Personen, die aus anderen als den im Gesetz genannten Gründen ihren Arbeitsplatz verloren haben, könnte die Regelung ihre Zweckbestimmung, Missbrauchsfälle von vornherein auszuschließen, nicht erreichen (vgl. bereits oben Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Kurth, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Corinna Rüffer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.07.2014, BT-Drucks.
18/2186, S. 9, Antwort auf die Fragen 21 und 22). Diese Erwägung ist vor dem Hintergrund stets möglicher, nicht dokumentierter Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachvollziehbar und plausibel (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 60 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 71).
Letztlich ist im Rahmen der Prüfung eines Gleichheitsverstoßes zu bedenken, dass es sich bei der Rückausnahme in § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI um eine bevorzugende Typisierung handelt. Bei dieser ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers weiter gespannt, als bei einer benachteiligenden Typisierung (vgl. BVerfG Beschl. v. 04.04.2001 – 2 BvL 7/98 – juris Rn. 42 mwN).
Ob eine bevorzugende oder benachteiligende Typisierung vorliegt, ist ausgehend vom Normalfall zu beurteilen, d.h. ausgehend von dem Fall, der nach Sinn und Zweck des Gesetzes in der Regel erfasst werden soll und erfasst wird (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 62 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 73 mwN zu BVerfG Urt. v. 24.07.1963 – 1 BvL 11/67). Grundsätzlich hat der Gesetzgeber die Anrechnung von Zeiten des Bezugs von Leistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn ausgeschlossen, um eine missbräuchliche Frühverrentung zu verhindern (vgl. BT-Drucks 18/2186, S. 9). Ausgehend hiervon stellt die Rückausnahme der in § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI privilegierten Personengruppen eine Bevorzugung dar. Die Zahl der infolge der Typisierung bevorzugten Personen dürfte sich in solchen Grenzen halten, die angesichts der bei Bevorzugungen weit gespannten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers hingenommen werden kann (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 58 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 68 mwN).
Nach dem Versichertenbericht der Deutschen Rentenversicherung 2016 (S. 24) wechseln in die Altersrente für besonders langjährig Versicherte vor allem beschäftigte Personen. Im Jahr 2014 stellten "Beschäftigte" 77 % der Zugänge in diese Rente. Die restlichen 23 % entfielen auf "geringfügig Beschäftigte", "Arbeitslose", Personen "ohne Versicherungsereignis" und "Sonstige". Der Anteil der Arbeitslosen lag hierbei bei nur knapp 10 %. Hiervon wird nach der Lebenserfahrung nur ein Teil zu denjenigen gehören, die Leistungen der Arbeitsförderung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn infolge einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe ihres Arbeitgebers bezogen haben und nur über die Rückausnahmeregelung und die hierdurch mögliche Anrechnung dieser Zeiten die Wartezeit erfüllt haben. Eine nicht mehr hinnehmbare Begünstigungsquote von mehr als 10 % (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 63 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 74 mwN zu Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 3 Rn. 31) wird auf keinen Fall erreicht.
Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die (Rückausnahme-)Regelung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI sei im Hinblick auf § 159 SGB III nicht angemessen, weil es mit dieser Vorschrift ein milderes Mittel gebe, das besondere Härten zu vermeiden helfe, vermag dies nicht zu überzeugen.
Zunächst ist die Sanktionierungsmöglichkeit des § 159 SGB III nach der – bereits dargelegten – Auffassung des Senats nicht geeignet, den vom Gesetzgeber befürchteten Frühverrentungsanreiz zu verhindern.
Darüber hinaus kann von den Gerichten im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG nicht geprüft werden, ob der Gesetzgeber mit der von ihm getroffenen Regelung die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. BVerfG Beschl. v. 16.09.2009 – 1 BvR 2275/07 – juris Rn. 38; Beschl. v. 08.06.2004 – 2 BvL 5/00 – juris Rn. 71). Vielmehr ist die Prüfung auf die o.g. Grenzüberschreitung beschränkt. Sind wie hier Massenvorgänge betroffen, müssen die Regelungen, um praktikabel zu sein, typisieren und können in diesem Rahmen die Besonderheiten des einzelnen Falls, ggf. auch ganzer Gruppen vernachlässigt werden (vgl. zB BVerfG Urt. vom 20.04.2004 – 1 BvR 905/00 – juris Rn. 58). Hat der Gesetzgeber ein nachvollziehbares Anknüpfungskriterium für eine Unterscheidung herangezogen (hier die Verhinderung missbräuchlicher Frühverrentung bzw. deren Nachweismöglichkeit) – auch von der Klägerin selbst im Übrigen als legitimer Zweck bezeichnet -, so ist es nicht Aufgabe und liegt auch nicht in der Kompetenz der Gerichte zu überprüfen, ob sich die Regelung sozialpolitisch als geeignet bzw. am geeignetsten erweist oder "mildere Mittel" zur Verfügung stehen.
Schließlich ist zu beachten, dass den Gerichten im Rahmen der gewährenden Staatstätigkeit größte Zurückhaltung obliegt, dem Gesetzgeber über den Gleichheitssatz zusätzliche Leistungsverpflichtungen aufzuerlegen (vgl. BVerfG Beschl. v. 26.04.1988 – 1 BvL 84/86 – juris Rn. 47). Nähme man aber auch alle Personen, deren Arbeitslosigkeit in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn auf einer betriebsbedingten Kündigung beruht, in die Ausnahmeregelung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI auf, würde dies einen zusätzlichen Mehrbedarf der Ausgaben der Rentenversicherungsträger bedeuten, dessen Höhe – falls anschließend der vom Gesetzgeber befürchtete Frühverrentungsanreiz auftritt – nicht unbeträchtlich sein dürfte.
bb) Auch eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG liegt nicht vor. Was zum "Inhalt" des Eigentums gehört, bestimmen entsprechend Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG die Gesetze. Der Gesetzgeber schafft auf der Ebene des objektiven Rechts diejenigen Rechtssätze, die die Rechtsstellung des Eigentümers begründen und ausformen; sie können privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur sein (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 65 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 76 mwN zu BVerfG Beschl. v. 12.06.1979 – 1 BvL 19/76 und Beschl. v. 15.07.1981 – 1 BvL 77/78).
Die Anrechnung von Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs auf die 45-jährige Wartezeit ist erst durch § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI mit Wirkung zum 01.07.2014 angeordnet worden, wobei zugleich die Berücksichtigung dieser Zeiten für die letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn ausgeschlossen worden ist. Die Vorschrift hat damit nicht in eine den Versicherten bereits zuerkannte Rechtsposition eingegriffen, sondern ihnen vielmehr von Anfang an nur eine beschränkte Rechtsposition eingeräumt. Art. 14 GG schützt aber lediglich Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen (vgl. BSG Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 16/16 R – juris Rn. 66 und Urt. v. 17.08.2017 – B 5 R 8/16 R – juris Rn. 77 mwN u.a. zu BVerfG Beschl. v. 22.01.1997 – 2 BvR 1915/91).
4.) Die Vorschrift des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI kann auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verfassungskonform erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass – wie die Klägerin meint – eine Arbeitslosigkeit aufgrund betriebsbedingter Kündigung (zusätzlich zur bestehenden Regelung) in die Privilegierung aufgenommen werden müsste.
Grundsätzlich ist eine sog. "verfassungskonforme Auslegung" einer einfachgesetzlichen Vorschrift im Sinne richterlicher Rechtsfortbildung dann zulässig und geboten, wenn hierdurch ein Verstoß der Norm gegen Verfassungsrecht vermieden werden kann (vgl. BVerfG Beschl. v. 22.04.2004 – 1 BvR 1372/98 – juris Rn. 26). Es ist dann legitime richterliche Aufgabe, den Sinn einer Gesetzesbestimmung aus ihrer Einordnung in die gesamte Rechtsordnung zu erforschen, ohne am Wortlaut des Gesetzes zu haften (BVerfG Beschl. v. 23.10.1958 – 1 BvL 45/56 – juris Rn. 28). Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt (Art. 20 Abs. 2 GG) fordert dabei eine Auslegung, die die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (vgl. BVerfG Beschl. v. 21.12.2010 – 1 BvR 2760/08 – juris Rn. 16; Beschl. vom 21.12.2010 – 1 BvR 2742/08 – juris Rn. 16; Beschl. v. 16.11.2010 – 2 BvL 12/09 – juris Rn. 104; Beschl. v. 12.03.2008 – 2 BvR 4/03 – juris Rn. 140; Beschl. v. 14.12.1999 – 1 BvR 1327/98 – juris Rn. 52; Beschl. v. 22.10.1985 – 1 BvL 44/83 – juris Rn. 56; Beschl. v. 30.06.1964 – 1 BvL 16/62 – juris Rn. 50; Beschl. v. 11.06.1958 – 1 BvL 149/52 – juris Rn. 29). Unzulässig ist dementsprechend eine Interpretation contra legem, durch die einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz ein entgegengesetzter Sinn gegeben würde, weil das Gericht dann in verfassungsrechtlich unhaltbarer Weise in die Kompetenzen des Gesetzgebers eingriffe (BVerfG Beschl. v. 23.10.1958 – 1 BvL 45/56 – juris Rn. 28).
Unter Beachtung dieser Maßgaben ist eine verfassungskonform erweiternde Auslegung des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a, Ende 2. Halbsatz SGB VI nicht möglich. Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht liegt wie bereits dargelegt nicht vor (vgl. unter 3.). Zudem hat sich der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien so klar für eng begrenzte (Rück-)Ausnahmen entschieden und diese ausdrücklich und unzweifelhaft in der gesetzlichen Vorschrift benannt (vgl. unter 2.), dass eine verfassungskonforme Auslegung deutlich in seine Kompetenzen eingreifen würde.
5.) Die Klägerin kann den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen.
Das von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den gesetzlich geregelten Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs greift – im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs – ein, wenn ein Sozialleistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegenden Pflicht, insbesondere zur Beratung und Betreuung (vgl. §§ 14, 15 SGB I), nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Folgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (vgl. zB BSG Urt. v. 23.10.2014 – B 11 AL 7/14 R – juris Rn. 35; Urt. v. 05.03.2014 – B 12 R 1/12 R – juris Rn. 24; Urt. v. 19.12.2013 – B 2 U 14/12 R – juris Rn. 23; Urt. v. 19.12.2013 – B 2 U 17/12 R – juris Rn. 37).
Ob sich aus den vom SG durchgeführten Ermittlungen tatsächlich – wie von diesem angenommen – der Nachweis einer Pflichtverletzung der Beklagten erbringen lässt, begegnet in beweisrechtlicher Hinsicht Bedenken. Zwar hat die Vernehmung des Zeugen T eine Beratung über die relevanten Fragen im konkreten Fall nicht positiv belegen können. Gleichermaßen nicht bewiesen ist aber auch, dass eine solche Beratung tatsächlich nicht stattgefunden hat. Darüber hinaus ist auch fraglich, ob bei unterstelltem Beratungsmangel dieser mit Wahrscheinlichkeit kausal für die nunmehrigen rentenrechtlich nachteiligen Folgen der Klägerin geworden ist. Denn ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt die Kausalität der Pflichtverletzung zum eingetretenen sozialrechtlichen Schaden voraus. Insoweit trägt die Klägerin die negative Feststellungslast (vgl. BSG Urt. v. 18.01.2011 – B 4 AS 29/10 R – juris Rn. 16 mwN). Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang, ob ihre Behauptung zutrifft, (auch) ihr Arbeitgeber habe sie nicht über die mögliche rentenrechtlich günstige Umstellung des Minijobs in ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis informiert. Weiter ist ggf. zu beachten, dass die Klägerin trotz des im Februar 2015 von der Beklagten ausdrücklich erteilten Hinweises auf die fehlenden Monate der Wartezeit das zu diesem Zeitpunkt noch bestehende versicherungsfreie geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnis (auch dann) nicht durch Verzichtserklärung in eine versicherungspflichtige Tätigkeit umgewandelt hat. Vielmehr hat sie trotz der nur wenigen für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte fehlenden Wartezeitmonate ab 01.05.2015 eine Altersrente für Frauen in Anspruch genommen und im Übrigen stets die Auffassung vertreten, die 45jährige Wartezeit schon aufgrund der ihrer Meinung nach anzurechnenden Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs auch ohne Berücksichtigung des Minijobs zu erfüllen.
Die Beurteilung dieser Voraussetzungen kann der Senat jedoch dahinstehen lassen, denn unabhängig davon, ob ein Beratungsfehler als erwiesen anzunehmen und ein kausaler Schaden zu bejahen ist, scheitert ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch daran, dass für die Klägerin negative Folgen nicht mehr durch ein rechtmäßiges Handeln der Beklagten beseitigt werden können.
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtslage gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger seine Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Es muss der "mögliche und rechtlich zulässige Zustand" erreicht werden, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre (vgl. BSG Urt. v. 19.12.2013 – B 2 U 17/12 R – juris Rn. 37). Entsprechend kann der Versicherungsträger nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet werden, das rechtlich zulässig bzw. rechtmäßig ist (vgl. zB BSG a.a.O. – juris Rn. 38; Urt. v. 04.04.2006 – B 1 KR 5/05 R – juris Rn. 22). Voraussetzung für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist damit, dass der dem Versicherten entstandene Nachteil mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene und zulässige Amtshandlung ausgeglichen werden kann (vgl. zB BSG Urt. v. 11.03.2004 – B 13 RJ 16/03 – juris Rn. 24; Urt. v. 18.01.2011 – B 4 AS 99/10 R – juris Rn. 24; Urt. v. 18.01.2011 – B 4 AS 29/10 R – juris Rn. 12). Es entspricht dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, dass die Verwaltung selbst dann nicht gesetzeswidrig handeln darf, wenn sie zuvor eine falsche Auskunft oder Beratung erteilt hat (BSG Urt. v. 11.03.2004 – B 13 RJ 16/03 – juris Rn. 25).
Vorliegend ist kein rechtmäßiges Verwaltungshandeln der Beklagten ersichtlich, mit dem diese den aufgetretenen Nachteil ausgleichen könnte. Die Abgabe der Verzichtserklärung lag bzw. liegt allein im Machtbereich der Klägerin, war nicht im Verhältnis zur Beklagten, sondern zu einem Dritten vorzunehmen und zudem mit weiteren rechtsgestaltenden Folgen verbunden.
Ausdrücklich hat das BSG wiederholt entschieden, dass "Begebenheiten tatsächlicher Art", die nicht der Gestaltung durch das Verwaltungshandeln des beklagten Leistungsträgers zugänglich sind, im Wege des Herstellungsanspruchs nicht unterstellt werden können. Dies ist z.B. für die Berichtigung der in eine Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse, für die Höhe eines tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts, für die Schutzvorkehrungen im Rahmen des Winterbaus oder die rechtzeitige Anzeige von Umständen tatsächlicher Art wie Arbeitslosmeldung oder rechtzeitige Anzeige eines Arbeitsunfalls, ebenso für die Änderung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, für die allein das Amtsgericht zuständig ist, ausgeführt worden (vgl. BSG Urt. v. 14.02.2001 – B 9 V 9/00 R – juris Rn. 24 mwN).
Auch die im vorliegenden Fall relevante Verzichtserklärung im Rahmen des Minijobs stellt eine solche Begebenheit tatsächlicher Art außerhalb des Gestaltungsbereichs der Beklagten dar.
Zutreffend hat bereits die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Erklärung nicht (wie zB im Verfahren des BSG B 4 AS 29/10 R – Urt. v. 18.01.2011) im Verhältnis zur Beklagten abzugeben war. Vielmehr musste sie einem hiervon gänzlich unabhängigen Dritten, konkret dem C als damaligem Arbeitgeber, übermittelt werden (§ 230 Abs. 8 S. 2 SGB VI).
Hinzu kommt, dass die Abgabe der Verzichtserklärung gegenüber dem Arbeitgeber mit weiteren sozialrechtlich relevanten Folgen verbunden gewesen wäre, die nicht im Zuständigkeitsbereich der Beklagten angesiedelt sind. Gem. § 230 Abs. 8 S. 1 SGB VI waren Personen, die am 31.12.2012 geringfügig entlohnt beschäftigt waren und weiterhin ein Arbeitsentgelt erzielten, das die bis zum 31.12.2012 maßgebende Arbeitsentgeltgrenze von 400 Euro nicht überstieg, grundsätzlich in dieser Beschäftigung versicherungsfrei. Es bestand jedoch die Möglichkeit, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit zu verzichten (§ 230 Abs. 8 S. 2 SGB VI). Hätte die Klägerin gegenüber dem C einen entsprechenden Verzicht ausgesprochen, so hätte dieser Arbeitgeber in der Folge neben dem von ihm bezahlten Eigenbetrag von 15 % zusätzlich einen Eigenbetrag vom Lohn der Klägerin einbehalten und an die zuständige Minijobzentrale abführen müssen (§ 168 Abs. 1 Nr. 1b SGB VI). Die Zuständigkeit für die Einbehaltung und Abführung der Beiträge hätte gem. §§ 28e Abs. 1 S. 1, 28 i S. 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) (somit) beim Arbeitgeber gelegen. Die Beklagte wäre in diesen Ablauf in keiner Weise eingebunden gewesen. Ist mit der Abgabe einer Erklärung (hier der Verzichtserklärung auf die Versicherungsfreiheit) aber eine vollständig andere Gestaltung des bestehenden Versicherungsverhältnisses auch mit betroffenen Dritten verbunden, lässt sich die Erklärung schon deshalb nicht wie von der Klägerin gewünscht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingieren. Da die Gestaltung des Minijobverhältnisses gerade keine Sozialversicherungspflicht aufgewiesen hat, liegen die Voraussetzungen für die begehrte Rente nicht vor und wäre es rechtswidrig, wenn die Beklagte diese (nunmehr) gewähren würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen. Zu der insbesondere streitigen Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI liegt bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, mit der der Senat übereinstimmt. Die Beurteilung im Übrigen beruht auf einer tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts im konkreten Einzelfall.
Erstellt am: 11.03.2020
Zuletzt verändert am: 11.03.2020