Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 02.02.2020 sowie die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 24.10.2019 abgeändert. Unter Zuerkennung einer Termingebühr in Höhe von 280,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer wird die aus der Staatskasse für das Klageverfahren Aktenzeichen S 7 R 337/18 zu gewährende Vergütung des Beschwerdeführers wie beantragt auf insgesamt 714,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist, ob dem Beschwerdeführer eine Termingebühr zusteht, obwohl er beim Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.10.2019 nicht anwesend war.
In der Hauptsache begehrte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der Beschwerdeführer wurde ihr mit Beschluss vom 27.12.2018 beigeordnet. Auf die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung, ihm zugestellt am 02.09.2019, bat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 03.09.2019 zunächst um Terminverlegung wegen Urlaubs, teilte dann jedoch mit Schreiben vom 05.09.2019 mit, der Verlegungsantrag habe sich erledigt, weil der Termin von der Kollegin L in Vertretung wahrgenommen werde.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.10.2019 erschienen der Sitzungsniederschrift zufolge die Klägerin persönlich und Rechtsanwältin L "unter Bezugnahme auf die Vollmacht Blatt 95 der GA". Der Rechtsstreit wurde im Termin durch Klagerücknahme beendet.
Am 21.10.2019 beantragte der Beschwerdeführer, seine Vergütung wie folgt festzusetzen:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG: 300,00 EUR
Termingebühr, Nr. 3106 VV RVG:\t280,00 EUR
Pauschale für Post und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 600,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG:\t114,00 EUR
Zu zahlender Betrag 714,00 EUR
Mit Beschluss vom 24.10.2019 setzte die zuständige Urkundsbeamtin des SG die Vergütung auf 380,80 EUR fest. Dabei berücksichtigte sie die vom Beschwerdeführer angesetzte Termingebühr nicht. Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Beschwerdeführer habe den Termin nicht wahrgenommen. Anwesend gewesen sei Rechtsanwältin L, die jedoch nicht beigeordnet gewesen sei und somit auch keinen Anspruch auf eine Entschädigung durch die Landeskasse habe.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss legte der Beschwerdeführer am 31.10.2019 Erinnerung ein und führte zur Begründung aus, der Termin am 14.10.2019 sei in Absprache mit der Klägerin von der Kollegin L, mit welcher eine Bürogemeinschaft bestehe, in Untervollmacht wahrgenommen worden. Schriftlich sei die Untervollmacht nicht erteilt worden. Aus der protokollierten Bezugnahme auf die Vollmacht Blatt 95 der Gerichtsakte ergebe sich nichts anderes; die Kollegin könne seine Ausführungen bestätigen, wenn das für erforderlich gehalten werde. Gebühren werde sie gegen die Staatskasse nicht geltend machen.
Mit Beschluss vom 02.02.2020 hat das SG die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Da nur der Beschwerdeführer beigeordnet gewesen sei und er den Termin nicht wahrgenommen habe, sei die Termingebühr nicht entstanden. Die Kammer verkenne nicht, dass Rechtsanwältin L an dem Termin teilgenommen habe. Sie sei jedoch nicht beigeordnet gewesen und habe im Termin keine schriftliche Untervollmacht vorgelegt, sich vielmehr nur auf die Vollmacht Blatt 95 der Gerichtsakte berufen, die allein den Beschwerdeführer und Rechtsanwältin F umfasse.
Gegen den ihm am 05.02.2020 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 17.02.2020 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, Rechtsanwältin L habe, wie gegenüber dem Gericht mit Schriftsatz vom 05.09.2019 angekündigt, den Termin in Untervollmacht wahrgenommen.
Der Beschwerdegegner hat im Schriftsatz vom 09.03.2020 beantragt, die Beschwerde aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstands Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.
II.
Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist die Berichterstatterin als Einzelrichterin (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG); ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG liegt nicht vor.
Die Beschwerde hat Erfolg; sie ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) und fristgerecht eingelegt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG), und begründet.
Der Beschwerdeführer hat entgegen der Ansicht der Kostenbeamtin und des SG Anspruch auf Festsetzung einer Vergütung in der von ihm beantragten Höhe; zu Unrecht ist die Termingebühr nicht berücksichtigt worden.
Der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt erhält nach § 45 Abs. 1 RVG die gesetzliche Vergütung von der Staatskasse, soweit in Abschnitt 8 des RVG nichts anderes bestimmt ist. Für den Umfang des Vergütungsanspruchs ist der Umfang der Beiordnung maßgeblich (§ 48 Abs. 1 RVG). Der beigeordnete Rechtsanwalt kann sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab Wirksamwerden seiner Beiordnung und unter der Voraussetzung einer wirksamen Vollmacht des begünstigten Beteiligten ergeben.
Der Beschwerdeführer war ab dem 02.07.2018 mandatiert und ab dem 19.11.2018 beigeordnet, also auch am Tag der mündlichen Verhandlung, dem 14.10.2019.
Im Termin am 14.10.2019 wurde die Klägerin auch anwaltlich vertreten. Dass der Beschwerdeführer nicht selbst anwesend war, sondern statt seiner Rechtsanwältin L, ist für den Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse ohne Belang, denn § 5 RVG sieht eine Vergütung auch für den Fall vor, dass der Rechtsanwalt, der eine Tätigkeit nicht persönlich erbringt, sich durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten lässt. Zwar schuldet der Prozessbevollmächtigte der von ihm vertretenen Partei grundsätzlich die nach dem Anwaltsvertrag zu erbringenden Dienste in eigener Person (§ 613 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Vertretung auf Wunsch und in Absprache mit der Mandantschaft erfolgt. Dass dies hier der Fall war, ergibt sich nicht nur aus dem Vortrag des Beschwerdeführers; die Klägerin war im Termin persönlich anwesend und mit dem Auftreten von Rechtsanwältin L einverstanden. In gleicher Weise wie die Partei muss auch die Staatskasse die vertragsgemäße Erfüllung der Anwaltspflichten durch einen Vertreter im Sinne von § 5 RVG gegen sich gelten lassen, da die Beiordnung auf eine Anwaltstätigkeit im Rahmen eines privatrechtlichen Anwaltsvertrages abstellt (vgl. den Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18.03.2015, L 15 SF 241/14 E, m.w.N., zitiert nach juris). Entgegen der Auffassung der Kostenbeamtin und des SG bedurfte es der Vorlage einer schriftlichen Untervollmacht in Anbetracht der Ankündigung des Auftretens von Rechtsanwältin L mit Schreiben vom 05.09.2019, der Anwesenheit der Klägerin im Termin sowie des Verweises auf die dem Beschwerdeführer erteilte Vollmacht nicht. Dafür, dass Rechtsanwältin L nicht als Vertreterin tätig geworden sein könnte, sondern im Rahmen eines neuen Mandatsverhältnisses, gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte.
Die Termingebühr ist mit 280,00 EUR in der vom RVG vorgegebenen Weise unter Beachtung der Vorgaben des § 14 RVG angesetzt worden. Zuzüglich der Umsatzsteuer ergibt sich ein Betrag i.H.v. 333,20 EUR.
Nach alledem war die Vergütung unter Abänderung der Kostenfestsetzung vom 24.10.2019 und des Beschlusses des SG vom 02.02.2020 antragsgemäß auf 714,00 EUR festzusetzen.
Das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gebührenfrei. Kosten werden gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Erstellt am: 08.07.2020
Zuletzt verändert am: 08.07.2020