Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 01.12.2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) für das von ihm geführte Klageverfahren um die Erstattung des Zusatzbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung zu bewilligen ist.
Der Kläger bezieht von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 25.03.2010 stellte er einen Antrag auf Übernahme des Zusatzbeitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung nach § 26 Abs. 4 SGB II. Zur Begründung des Antrags teilte er auf Nachfrage des Beklagten am 14.05.2010 bzw. 17.05.2010 mit, es läge eine besondere Härte vor, da gute Gründe zur Erhaltung der Gesundheit vorlägen (Arzneimittel ohne Zuzahlung, Bonus Plus, Akupunktur, Homöopathie, Manuelle Therapie, Modernste Therapieverfahren, voller Versicherungsschutz u.s.w.). Er legte das Informationsblatt der E BKK "Gute Gründe für die E BKK" bei. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.06.2010 mit der Begründung ab, dass im Antrag keine Gründe für das Vorliegen einer besonderen Härte beim Wechsel der Krankenversicherung angegeben worden seien. Mit seinem Widerspruch vom 30.07.2010 wiederholte der Kläger seinen Vortrag und wies darauf hin, es gebe sehr wohl spezielle Behandlungsprogramme, die bei anderen Kassen in diesem Umfang nicht gegeben seien.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2010 zurück. Unter Berücksichtigung der fachlichen Hinweise zu § 26 SGB II a.F. liege eine besondere Härte nicht vor. Die angeführten Maßnahmen würden auch von anderen Krankenkassen übernommen, die keinen Zusatzbeitrag erhöben. Zudem habe der Kläger nicht dargelegt, dass er sich zur Zeit in einem besonderen Behandlungsprogramm der Krankenkasse befinde. Sofern er sich zur Zeit in Behandlung befände, sei mit einem Wechsel der Krankenkasse kein Arztwechsel verbunden. Unter Berücksichtigung aller in Frage kommenden Aspekte bedeute der Wechsel der Krankenkasse insgesamt gesehen keine besondere Härte.
Hiergegen hat der Kläger am 08.10.2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Münster erhoben und einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Er hat geltend gemacht, er sei gesundheitlich stark eingeschränkt (Knochenschwund) und auf die Zusatzleistungen der Krankenkasse angewiesen. Es sei darauf hinzweisen, dass die in dem Rechtsstreit berührten Rechtsfragen bislang weder obergerichtlich noch höchstrichterlich geklärt worden seien. Völlig ungeklärt sei der Begriff der besonderen Härte in § 26 Abs. 4 SGB II. Zudem dürfe angesichts der steigenden Zahl der Krankenkassen, die den Zusatzbeitrag erhöben, auch eine besondere Härte darin gesehen werden, dass der nächste Krankenkassenwechsel bereits vorprogrammiert sei.
Der Beklagte hat ausgeführt, es sei bisher nicht vorgetragen, dass eine Krankheit vorliege, die einer ganz besonderen Behandlung bedürfe, die nicht jede andere Krankenkasse übernehme. Aus dem Verwaltungsvorgang ergäbe sich lediglich eine Beeinträchtigung durch eine Kniearthrose. Auch werde dem Kläger kein Mehrbedarf wegen einer Behinderung gewährt. Zwar enthalte der Vorgang in regelmäßigen Abständen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Es sei jedoch davon auszugehen, dass eine ggf. stattfindende ärztliche Behandlung auch nach einem Wechsel in eine andere Krankenkasse weitergeführt werde.
Das SG hat die Gewährung von PKH mit Beschluss vom 01.12.2010 abgelehnt. Es hat ausgeführt, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und sich zur Begründung auf die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheides bezogen. Soweit der Kläger vortrage, dass der Begriff der besonderen Härte noch nicht höchstrichterlich geklärt sei, vermöge dies kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Es sei offensichtlich, dass es sich bei dem Vorliegen einer besonderen Härte um eine Konstellation handeln müsse, die sich erheblich von der Lebenssituation anderer Leistungsbezieher unterscheide. Dies sei seitens des Klägers trotz Aufforderung des Gerichts nicht vorgetragen worden. Der Vortrag, eine besondere Härte könne auch darin gesehen werden, dass der nächste Krankenkassenwechsel bereits vorprogrammiert sei, erschließe sich dem Gericht nicht. Auch Personen, die keine Leistungen nach dem SGB II bezögen, seien aus finanziellen Gründen oftmals gehalten, mehrmals ihre Krankenkasse zu wechseln. Das SGB II bezwecke jedoch keine Besserstellung von Leistungsbeziehern gegenüber Nichtleistungsbeziehern.
Gegen den ihm am 06.12.2010 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 24.12.2010 Beschwerde eingelegt. Der Wechsel der Krankenkasse bedeute auch deshalb eine besondere Härte, weil er im Jahr 2010 an dem sog. "Bonus-Plus-Programm" teilgenommen habe, welches ihm für das Jahr 2010 die Zahlung eines Bonus durch die Krankenkasse ermögliche. Der Beklagte hat darauf erwidert, dass die Teilnahme an dem Bonus-Programm die rechtliche Würdigung nicht ändere. Zum einen werde der Kläger die Prämie für das Jahr 2010 noch erhalten, wenn er die notwendigen Voraussetzungen erfülle, zum anderen böten auch viele andere Krankenkassen Bonus-Programme an, für die der Kläger auch noch im Jahr 2011 einen Antrag stellen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte des Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die hinreichende Aussicht auf Erfolg vorliegend zutreffend verneint.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73a Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 73a Rn 7a; st. Rspr. des erkennenden Senats, z.B. Beschluss vom 23.03.2010, L 6 B 141/09 AS). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werden (BVerfG Beschluss vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88 juris Rn 26 – BVerfGE 81, 347). Eine Beweisantizipation ist in engen Grenzen möglich. Kommt eine Beweisaufnahme jedoch ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen würde, ist PKH in der Regel zu gewähren (BVerfG Beschluss vom 29.09.2004 – 1 BvR 1281/04 juris Rn 14 – NJW-RR 2005, 140). Wird eine Rechtsfrage aufgeworfen, die in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist, muss PKH ebenfalls bewilligt werden. Klärungsbedürftig in diesem Sinn ist nicht bereits jede Rechtsfrage, die noch nicht höchstrichterlich entschieden ist. Vielmehr ist maßgeblich, ob die entscheidungserhebliche Rechtsfrage im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen schwierig erscheint (BVerfG Beschluss vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88 juris Rn 29 – BVerfGE 81, 347). Ist dies der Fall muss die bedürftige Person die Möglichkeit haben, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren zu vertreten und ggf. Rechtsmittel einlegen zu können (BVerfG Beschluss vom 10.12.2001 – 1 BvR 1803/97 juris Rn 9 – NJW-RR 2002, 793).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Erfolgsaussicht des verfolgten Begehrens – Übernahme des Zusatzbeitrags nach § 26 Abs. 4 SGB II i.V.m. § 242 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) – ist nicht erkennbar.
Nach § 26 Abs. 4 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung (a.F.) kann der Beklagte den Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung nach § 242 SGB V für Bezieher von Arbeitslosengeld II übernehmen, für die der Wechsel der Krankenkasse nach § 175 SGB V eine besondere Härte bedeuten würde. Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der besonderen Härte sind nach dem ausdrücklichem Gesetzeswortlaut die Auswirkungen eines Kassenwechsels, nicht die finanzielle Bedeutung durch die Erhebung des Zusatzbeitrages als solche (vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 25.02.2011 – L 19 AS 2146/10 B – mwN). Nach dem Willen des Gesetzgebers ist Beziehern von Arbeitslosengeld II wie den übrigen Versicherten grundsätzlich zumutbar, die Krankenkasse – ggf. auch mehrmals – zu wechseln, wenn ihre bisherige Krankenkasse erstmalig einen Zusatzbeitrag erhebt oder diesen erhöht und sie ihn nicht selbst tragen möchten (BT-Drs. 16/4247, S. 60). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass jedem Versicherten – unabhängig von seinem Einkommen – ein Zusatzbeitrag von acht Euro monatlich zugemutet werden kann. Hält ein Versicherter die Zahlung des Zusatzbeitrags für sich selbst für unzumutbar, hat er die Möglichkeit, seine Mitgliedschaft in der betreffenden Krankenkasse nach § 175 Abs. 4 S. 5 SGB V zu kündigen und zu einer anderen Krankenkasse zu wechseln, die keinen Zusatzbeitrag erhebt. Entsprechend liegt eine besondere Härte für den Kläger nicht allein in der Pflicht zur Zahlung des Zusatzbeitrages.
Auch die Tatsache, dass der Kläger an einem Bonus-Programm teilgenommen hat, begründet keine besondere Härte. Es steht im Ermessen des Klägers, ob er den Zusatzbeitrag von acht Euro monatlich zu tragen bereit ist oder statt dessen auf den eventuell zu gewährenden Bonus verzichtet.
Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass er an einer besonderen Erkrankung leide, die eine Behandlung erfordert, die eine andere Krankenkasse nicht leisten könne. Bei den gesetzlichen Krankenversicherungen ergibt sich das Leistungsspektrum im Wesentlichen aus dem SGB V, so dass selbst bei einem Krankenkassenwechsel eines chronisch Kranken eine ausreichende Versorgung gesichert ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann eine besondere Härte i.S.v. § 26 Abs. 4 SGB II angenommen werden, wenn der Leistungsempfänger aufgrund eines speziellen Behandlungsprogramms oder einer besonderen Versorgungsform, die nur seine Krankenkasse anbietet, ein nachvollziehbares Interesse hat, bei dieser zu verbleiben, obwohl sie einen Zusatzbeitrag erhebt (BT-Drs. 16/4247, S. 60, vgl. hierzu auch LSG NRW Beschluss vom 25.02.2011 – L 19 AS 2146/10 B). Der Kläger hat trotz Aufforderung des Sozialgerichts nicht dargelegt, dass ein spezielles Behandlungsprogramm oder eine besondere Versorgungsform für eine bei ihm bestehende Erkrankung nur von seiner bisherigen Krankenkasse angeboten wird. Er hat lediglich – erstmals im Klageverfahren – vorgetragen, er sei gesundheitlich stark eingeschränkt (Knochenschwund) und sei auf Zusatzleistungen der Krankenkasse angewiesen. Nach Aktenlage sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass es sich bei den von der E BKK angebotenen Leistungen um ein besonderes konkret für den Kläger erforderliches Behandlungsangebot handelt, welches er nur bei der E BKK erhalten kann.
Entgegen der Ansicht des Klägers hängt die Entscheidung in der Hauptsache auch nicht von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage ab. Wenngleich die Auslegung des Begriffs der besonderen Härte i.S.d. § 26 Abs. 4 SGB II zwar höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, so verwendet das SGB II aber wiederholt den Begriff der besonderen Härte in anderen Vorschriften (vgl. z.B. §§ 7 Abs. 5 S. 2, 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II). Hierzu liegt höchstrichterliche Rechtsprechung vor, auf deren Grundzüge zurückgegriffen werden kann (vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 25.02.2011 – L 19 AS 2146/10 B).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 12.10.2011
Zuletzt verändert am: 12.10.2011