Auf die Beschwerden des Antragstellers wird festgestellt, dass das Verfahren SG Köln – S 8 AS 987/16 ER – nicht durch Beschluss vom 05.04.2016 erledigt wurde und über die Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und Prozesskostenhilfe noch keine instanzbeendende Entscheidung vorliegt. Die Entscheidung über die zu erstattenden Kosten auch für das Beschwerdeverfahren bleibt dem Sozialgericht vorbehalten.
Gründe:
I.
Am 09.03.2016 hat der Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Köln beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren. Gleichzeitig hat er beantragt, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T, L, zu bewilligen.
Auf Bl. 63 – Bl. 65 der Gerichtsakte findet sich ein unter dem Verfahrensaktenzeichen erstelltes Schriftstück, das mit "Beschluss" überschrieben ist. Es enthält lediglich den Namen des Antragstellers und beginnt mit dem Einleitungssatz: "In pp (volles Rubrum, bitte Rechtsmittelbelehrung noch einfügen) hat die 8. Kammer des Sozialgerichts Köln am 05.04.2016 durch die Vorsitzende, Richterin am Sozialgericht E, ohne mündliche Verhandlung beschlossen:" Im Tenor enthält es die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe und die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sowie die Kostenentscheidung. Nach den Gründen befindet sich als Klammerzusatz erneut der Hinweis "Rechtsmittelbelehrung Beschwerde – bitte vervollständigen". Das Schriftstück trägt lediglich eine Paraphe, keine Unterschrift. Eine nachgeheftete Leseabschrift des Beschlusses ist um die fehlenden Angaben ergänzt worden; in dieser Form ist den Beteiligten eine Ausfertigung des Beschlusses, der weder paraphiert noch unterschrieben wurde, zugestellt worden.
Auf die am 07.04.2016 erfolgte Zustellung der Ausfertigung hat der Antragsteller am 02.05.2016 Beschwerde erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.
Der Antragsgegner hat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakte und der beiden Bände Gerichtsakten.
II.
Die Beschwerden sind zulässig und nach Maßgabe der tenorierten Feststellung begründet.
Die gegen einen unwirksamen bzw nicht existenten Beschluss gerichtete Beschwerde ist zur Beseitigung des Scheins einer Entscheidung, die hier durch die erteilte Ausfertigung gesetzt und unterhalten wurde, zulässig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 143 Rn. 2 a; § 125 Rn 4b, 5a, b, c; s. auch BSG Beschluss vom 17.12.2015 – B 2 U 150/15 , juris Rn. 8).
Das den Beteiligten als Ausfertigung zugestellte und vom Antragsgegner mit der Beschwerde angefochtene Schriftstück ("Beschluss vom 05.04.2016") erweckt nur den Anschein eines solchen, ist aber keine (instanzbeendende) Entscheidung des SG. In der Gerichtsakte existiert kein Beschluss in Gestalt einer von der Kammervorsitzenden unterzeichneten Urschrift. Ein nicht verkündeter Beschluss wird bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen nur wirksam, wenn er ordnungsgemäß unterschrieben wurde (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG 11. Aufl. 2014 § 142 Rn 3c). Die hier erfolgte Paraphierung hat als solche bereits keine Unterschriftsqualität. Sie reicht u.a. deshalb nicht aus, weil ihr nicht hinreichend deutlich zu entnehmen ist, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt (Leitherer aaO § 151 Rn 3a, 4, 4c; vgl etwa BSG Rn. 9, 10, mwN und LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 09.11.2010 – L 12 R 793/09 – juris Rn. 22, mwN und). Die Notwendigkeit dieser Formvorgabe wird hier exemplarisch deutlich, denn das mit "Beschluss" überschriebene paraphierte Schriftstück ist – zumal angesichts der Verstöße gegen § 136 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 SGG und weiterer Arbeitsanweisungen für die Erstellung – nicht sicher als Entwurf oder als (beabsichtigte) Urschrift zu unterscheiden.
Die Nachholung der Unterschrift ist nicht möglich, da das in § 142 Abs. 1 iVm § 134 Abs. 1 SGG enthaltene Erfordernis der Unterzeichnung zu den Voraussetzungen gehört, damit ein ohne mündliche Verhandlung ergangener Beschluss überhaupt durch Zustellung an die Beteiligten wirksam werden kann (§ 133 SGG) (so auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 11.11.2010 – L 25 AS 1969/10 B). Ist das erstinstanzliche Verfahren (noch nicht) abgeschlossen (s. auch BGH Beschluss vom 03.11.1994 – LwZB 5/94; iuris), versetzt die Entscheidung über die Feststellung in dieser Konstellation die Beteiligten – in einer auch für das SG verbindlichen Weise – in den Stand des erstinstanzlichen Verfahrens zurück. Dort ist es zu Ende führen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 Abs. 1 SGG obliegt dem SG.
Erstellt am: 22.06.2016
Zuletzt verändert am: 22.06.2016