Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung und Übernahme der Kosten für eine "Tierhaltung aus gesundheitlichen Gründen".
Die Klägerin beantragte am 01.06.2017 durch ihren Anwalt die Übernahme der Kosten für die Haltung eines Hundes und konkretisierte diesen Antrag auf Nachfrage der Beklagten am 13.06.2017 auf monatlich 100 EUR für die Zeit vom 10/15 bis zum 05/17 im Wege der Kostenerstattung. Für die Zukunft werde Sachleistung beantragt.
Am 22.06.2017 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Es sei trotz des Hinweises der Beklagten nicht beantwortet worden, um welche Leistungen es sich handeln solle. Im Übrigen liege auch keine kassenärztliche Verordnung vor.
Auf den Widerspruch der Klägerin hin bat die Beklagte um Darlegung, um welche Tiere es sich handele, aus welchen Gründen diese Tiere einen ernährungsbedingten Mehrbedarf hätten und um welche Leistung der Krankenkasse es sich handeln solle.
Die Klägerin reichte daraufhin eine tierärztliche Bescheinigung darüber ein, dass der Hund "G" mit Frischfleisch und Gemüse ernährt werden solle. Die Klägerin rechnete vor, dass dafür mindestens 120,90 EUR im Monat anfielen. Ferner sei noch Hundesteuer (6,50 EUR/Monat) und eine Hundehalterhaftpflichtversicherung (7,26 EUR/Monat) zu zahlen. Für die Katze "N" fielen monatlich Kosten für Trockenfutter und Katzenstreu (17,40 EUR) an. Sie wolle hierfür einen Zuschuss in Höhe von 100 EUR haben. Ferner reichte sie eine Bescheinigung der Diplom-Psychologin B aus E ein, ausweislich dessen die Klägerin sich seit 08/13 aufgrund erheblicher Störungen durch sexuelle Nötigung und Überbeanspruchung am Arbeitsplatz in psychotherapeutischer Behandlung befinde. Die Tiere spielten bei der Rekonvaleszenz eine große Rolle. Durch die Sorge um die Tiere habe die Klägerin wieder Lebensmut gewinnen können. Sie sei auf die Tiere emotional im täglichen Leben dringend angewiesen. Der behandelnde Neurologe und Psychiater M aus E wies in seiner Bescheinigung aus November 2015 darauf hin, dass die Tiere zwar bereits vor der Erkrankung bei der Klägerin gewesen seien, sie aber bei der Genesung und Stabilisierung deutlich zuträglich gewesen seien. Eine Abgabe der Tiere sei in keinem Fall möglich. Aus nervenärztlicher Sicht sei eine Dekompensation und Verschlechterung des Zustandsbildes zu befürchten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2018 zurück. Die Kostenübernahme für eine Hundehaltung aus gesundheitlichen Gründen sei abzulehnen. Es handele sich bei einem Tier allenfalls um ein Hilfsmittel. Die einzige Möglichkeit, Kosten für die Hundehaltung zu übernehmen, bestehe im Zusammenhang mit der Versorgung Blinder mit einem Blindenführhund. Jedoch liege bei der Klägerin weder Blindheit noch eine hochgradige Sehbehinderung vor. Außerdem handele es sich bei dem Hund der Klägerin auch nicht um einen ausgebildeten Blindenführhund.
Die Klägerin hat am 22.06.2018 die vorliegende Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass sie bereits aus eingetretener Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einen Anspruch auf die begehrte Leistung habe. Im Übrigen brauche sie ihre Tiere aber auch zwingend zur Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes. Dieser Indikation sei nachzugehen. Es sei nicht ersichtlich, warum lediglich für einen Blindenhund Kosten übernommen werden, wenn im Übrigen die medizinische Notwendigkeit auf der Hand liege. Ihr Hund "G" sei zwischenzeitlich zwar verstorben, sie habe nun einen anderen Hund. Dieser sei aber nicht gesund und bedürfe daher einer noch aufwendigeren Ernährung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 22.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der "Hundehaltung aus gesundheitlichen Gründen" zu übernehmen bzw. zu erstatten,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die getroffene Entscheidung für rechtmäßig und verweist zur weiteren Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und die beigezogenen Ver¬wal¬tungsakten der Beklagten verwiesen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Ver¬handlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber nicht begründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht beschwert. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten für eine Tierhaltung aus gesundheitlichen Gründen zu erstatten bzw. zukünftig als Sachleistung zu übernehmen.
Es ist nach Auffassung der Kammer schon keine Anspruchsgrundlage ersichtlich, aus der sich ein solcher Anspruch ergeben könnte.
Bei einem Tier und den damit verbundenen Unterhaltskosten handelt es sich um kein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB V. Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
Die Tiere der Klägerin sichern keine Krankenbehandlung im Sinne der ersten Variante des § 33 Abs. 1 SGB V, sie dienen keinem der Behandlungsziele in § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V bzw. 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Die bestimmungsgemäße Wirkung eines Tieres liegt nicht darin, den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, Krankheitszustände zu heilen oder zu bessern. Hunde und Katzen werden nicht zur Heilung von Krankheitszuständen angeschafft. Sie sind Spielkameraden, manchmal ersetzen sie Partner, dienen der Gesellschaft und Unterhaltung. Sie haben im weitesten Sinne eine soziale Funktion. Auch die Klägerin hat ihre Tiere "G" und "N" bereits lange vor ihrer Erkrankung angeschafft und nicht ausschließlich und unmittelbar zur Besserung ihrer psychischen Erkrankung. Dass sie sich positiv auf die Psyche der Klägerin auswirken mögen, macht sie noch nicht zum Teil einer Krankenbehandlung.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Gegenstand im Übrigen nach den Varianten 2 und 3 des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann ein Hilfsmittel, wenn es den Ausgleich der körperlichen Behinderung selbst bezweckt, also unmittelbar gegen die Behinderung gerichtet ist. Die hiernach gebotene Unmittelbarkeit ist vor allem dann gegeben, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Funktion ermöglicht, ersetzt, erleichtert oder ergänzt. Im Gegensatz zu einem Blindenführhund, der bei einem blinden Versicherten die fehlende Funktion des Sehens und der damit verbundenen Orientierung ersetzt, gleichen die Tiere bei der Klägerin keine fehlende Funktion aus (so auch Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 29.06.1998, Az. L 1 KR 1284/97 – juris). Die Tiere sollen lediglich durch ihre Anwesenheit die Psyche der Klägerin positiv beeinflussen, sie dienen offensichtlich keinem Behinderungsausgleich.
Es handelt sich bei den Tieren aber auch um kein Heilmittel im Sinne von § 32 SGB V. Heilmittel lassen sich definieren als von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten verordnete und nur von entsprechend ausgebildeten, berufspraktisch erfahrenen und nach § 124 SGB V zugelassene Personen persönlich und eigenverantwortlich zu erbringende Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern. Heilmittel sind damit auf persönliche Dienstleistungen beschränkt (vgl. Butzer in Becker/Kingreen § 32 Rn. 7 m.w.N.). Tiere unter diesen Begriff zu fassen, ist demnach schlicht nicht möglich.
Es handelt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch um keinen Fall, der von § 2 Abs. 1 a SGB V erfasst ist. Nach § 2 Abs. 1 a SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Wenn die Klägerin im Termin vorträgt, dass sie sich ja auch hätte umbringen können, so spricht dieses zwar für eine starke psychische Erkrankung. Für diese stehen aber geeignete, vom Leistungsumfang der GKV umfasste Behandlungsmethoden zur Verfügung.
Auch eine Übernahme der Kosten aus § 13 Abs. 3 a SGB V kommt nicht in Betracht. Demnach gilt eine beantragte Leistung als genehmigt, wenn Krankenkassen nicht zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang ( ) entscheiden. Die Klägerin hat erst am 13.06.2017 einen hinreichend konkreten Antrag gestellt. Der Bescheid vom 22.06.2017 erging damit innerhalb der dreiwöchigen Frist.
Die Kosten sind somit der privaten Lebensführung der Klägerin zuzuordnen. Insoweit obliegt es dem einzelnen Versicherten zu entscheiden, ob und welches Tier er sich leisten kann. So hätte die Klägerin ihrer finanziellen Situation nach Auffassung der Kammer Rechnung tragen müssen. Spätestens zum Zeitpunkt des Todes des Hundes "G" wäre es ihr unproblematisch möglich gewesen, sich für die Zukunft für ein deutlich kostengünstigeres Tier zu entscheiden oder eben auch die Entscheidung zu treffen, neben der Katze "N" kein weiteres Tier anzuschaffen. Die Klage war abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und trägt dem Unterliegen der Klägerin Rechnung.
Erstellt am: 07.06.2019
Zuletzt verändert am: 07.06.2019