I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger beansprucht die Erstattung von weiteren Kosten des Vorverfahrens in Höhe von 309,40 Euro.
Das zuständige Versorgungsamt des Beklagten hatte beim Kläger auf dessen Antrag vom 11. November 2008 hin mit Bescheid vom 20. Januar 2009 einen Grad der Behinderung (GdB) von 20 festgestellt. Nachdem hiergegen Widerspruch eingelegt worden war, hatte der Beklagte nach weiteren Ermittlungen mit Abhilfebescheid vom 20. April 2009 den GdB auf 30 erhöht. Auf den weiteren Widerspruch hatte der Beklagte schließlich mit Abhilfebescheid vom 28. Juli 2009 einen GdB von 40 festgestellt. In den beiden Abhilfebescheiden war die Erstattung der notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren zugesagt und für den Fall eines Widerspruchs war eine Kostenquotelung vorbehalten worden. Zudem war die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt worden.
Am 16. September 2009 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erstattung von 337,37 Euro (Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV, Pauschale nach Nr. 7002 VV und Pauschale nach Nr. 7000 VV) hinsichtlich des Abhilfebescheids vom 20. April 2009 sowie 309,40 Euro (Geschäftsgebühr nach VV Nr. 2400 und Auslagen nach Nr. 7002 VV) hinsichtlich des Abhilfebescheids vom 28. Juli 2009.
Der Beklagte erstattete mit Bescheid vom 28. September 2009 allerdings nur 337,37 Euro, weil aufgrund des erneuten Widerspruchs das Vorverfahren fortgesetzt worden sei und daher die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV sowie die Pauschale nach Nr. 7002 VV nur einmal anfielen.
Der Widerspruch wurde damit begründet, dass kein einheitliches Widerspruchsverfahren stattgefunden habe, sondern eben zweimal Widerspruch eingelegt worden sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2009 zurück.
Hiergegen hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 30. Oktober 2009 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Jedes weitere Verwaltungsverfahren, das der Nachprüfung eines Bescheides diene, sei gebührenrechtlich eine eigene Angelegenheit. Ohne den zweiten Widerspruch wäre der erste Abhilfebescheid bestandskräftig geworden. In einem vergleichbaren Fall seien zweimal die Kosten für ein Vorverfahren zugebilligt worden. Außerdem wäre bei einem Verschlechterungsantrag die gleiche Tätigkeit angefallen. Eine andere Behandlung könne daher hier nicht erfolgen.
Der Beklagte wendet ein, der erste Widerspruch sei hinsichtlich des begehrten GdB unbestimmt gewesen. Daher sei im Sinn einer maximalen Kostenerstattung von einer vollumfänglichen Abhilfe ausgegangen worden. Angesichts des folgenden Widerspruchs habe es sich aber nur um eine Teilabhilfe gehandelt. Das Widerspruchsverfahren sei daher fortgesetzt worden. Ferner könne höchstens die Gebühr nach Nr. 2401 VV geltend gemacht werden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erklärt.
Für den Kläger wird beantragt,
den Beklagten unter Abänderung seines Bescheides vom 28. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2009 zu verurteilen, an den Kläger 309,40 Euro zu zahlen.
Für den Beklagten wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht macht von der Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid Gebrauch. Die Beteiligten wurden angehört, der Sachverhalt ist geklärt und die Sache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, § 105 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2009 ist rechtmäßig und der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten für ein "zweites" Vorverfahren.
Für die Erstattung der Kosten eines Vorverfahrens dem Grunde nach bestimmt § 63 Abs. 1 und 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X), dass die zur zweckentsprechenden Rechtverfolgung notwendigen Kosten eines Vorverfahrens zu erstatten sind, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Für Kosten eines Rechtsanwalts gilt dies, wenn dessen Zuziehung notwendig war. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Beklagte hat dem Grunde nach die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens zugesagt.
Die Höhe der zu erstattenden Kosten richtet sich den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG), § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2 RVG. Der Erstattung der geltend gemachten Gebühren nach Nr. 2400 der Anlage 1 (zu § 2 Abs. 2 RVG) Vergütungsverzeichnis (VV) und Nr. 7002 VV steht hier § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG entgegen. Denn bei den Widersprüchen gegen den Abhilfebescheid vom 20. April 2009 und vom 28. Juli 2009 handelte es sich vergütungsrechtlich um dieselbe Angelegenheit. Dies ergibt sich zwar nicht aus § 16 RVG, aber aus § 17 Nr. RVG i.V.m. den §§ 78 ff. SGG.
Vor Erhebung einer Verpflichtungsklage (wie sie hier statthaft gewesen wäre) ist ein Vorverfahren durchzuführen, außer es liegt ein Fall des § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG vor, was hier nicht der Fall war. Aus § 85 SGG ergibt sich, dass das Vorverfahren entweder mit dem Erlass eines Widerspruchsbescheids (wogegen dann nach § 87 SGG binnen einem Monat ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids Klage erhoben werden kann) oder mit einem Abhilfebescheid abgeschlossen wird. Der Abhilfebescheid schließt das Vorverfahren allerdings nur dann ab, wenn dem Begehren des Widerspruchsführers in vollem Umfang stattgegeben wird (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage, § 85 Rz. 2b). Ob eine vollumfängliche Abhilfe erfolgt ist, wird teilweise erst im Nachhinein ersichtlich werden. Nämlich dann, wenn das Begehren des Widerspruchsführers nicht klar bestimmt ist. So war es auch hier: Mit beiden Widersprüchen wurde jeweils nur eine Erhöhung des GdB beantragt. Es wurde jedoch nicht angegeben, welchen GdB der Kläger letztlich anstrebt. Somit durfte der Beklagte bei Erlass des Abhilfebescheids vom 20. April 2009 annehmen, dem Widerspruch vollumfänglich abgeholfen zu haben. Das war im Übrigen, wie der Beklagte zutreffend angemerkt hat, auch im Hinblick auf die Kostenerstattung eine interessengerechte Auslegung des ersten Widerspruchs. Erst durch den zweiten Widerspruch wurde dann klar, dass die Feststellung eines GdB von 30 dem Begehren des Klägers noch nicht voll entsprochen hatte. Infolgedessen erging dann noch der Abhilfebescheid vom 28. Juli 2009. Dieser erst hat das Vorverfahren beendet. Diese unbestimmte Formulierung des Widerspruchs geht aber zu Lasten des Klägers.
Insofern liegt auch ein Unterschied zu dem Fall vor, welcher der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers zitierten Entscheidung des VG Oldenburg (Urteil vom 15. Februar 2005, 13 A 1706/04) zugrunde lag. Dort war ersichtlich dem Widerspruchsbegehren nicht voll abgeholfen worden, sondern "schrittweise" entschieden worden. Ungeachtet dessen ist aber aufgrund der obigen Darlegungen auch bei mehreren Widersprüchen von einem einheitlichen Verfahren und damit von einer einheitlichen Angelegenheit im Sinn des RVG auszugehen.
Daran ändert auch der Verweis des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf einen Verschlimmerungsantrag nach § 48 SGB X nichts. Dabei wird schon verkannt, dass die Behörde sich unter einer ganz anderen Prämisse mit der Angelegenheit befasst, nämlich ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Dagegen ist im Widerspruchsverfahren maßgeblich, ob die Ausgangsentscheidung recht- und zweckmäßig war. Hätte außerdem der Kläger einen Antrag nach § 48 SGB X gestellt, hätten erst die nach Erlass einer Entscheidung des Beklagten für ein etwaiges Vorverfahren angefallenen Kosten erstattet werden können, nicht aber die bis zum Erlass einer Ausgangsentscheidung. Und diese hätte dem Begehren des Klägers bereits vollumfänglich entsprechen können. Somit ergeben sich für die vergütungsrechtliche Behandlung der vorliegenden Konstellation hieraus keine maßgeblichen Gesichtspunkte.
Die beiden Abhilfebescheide waren damit Teil eines Vorverfahrens und daher vergütungsrechtlich dieselbe Angelegenheit. Daher kommt eine Erstattung einer zweiten Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG und Nr. 7002 VV RVG nicht infrage.
Daher war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Erstellt am: 01.04.2010
Zuletzt verändert am: 01.04.2010