Auf Rev. der Bekl. wird Urteil des LSG geändert !!!
Die Beklagte wird unter Abänderun g des Bescheids vom 08.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2005 verurteilt, der Schuld des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2 für November
Auf die Berufung des Beigeladenen zu 1 wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.03.2012 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 08.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2005 verurteilt, dem Kläger Eingliederungshilfe für den Monat November 2005 in Höhe von 902,95 EUR und für den Monat Januar 2006 in Höhe von 934,95 EUR zu leisten. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für seine Unterbringung in einer vom Beigeladenen zu 2 getragenen Einrichtung der Nichtsesshaftenhilfe. Im Anschluss an einen Teilunterwerfungsvergleich im Berufungsverfahren stehen noch Leistungen für die Monate November 2005 und Januar 2006 im Streit.
Der Kläger wurde am 00.00.1933 in F geboren. Er ist alleinstehend. Jedenfalls seit Juli 2005 und auch zuvor schon seit langem besteht bei ihm eine psychische Störung mit Verhaltensstörung durch ständigen Gebrauch von Alkohol sowie Tabakabhängigkeit, ein leichtes amnestisches Syndrom aufgrund langjähriger Alkoholeinwirkung, ferner eine kombinierte Persönlichkeitsstörung. Daneben leidet er an beidseitiger Unterschenkelvarikosis, wiederkehrenden Lendenwirbelsäulenbeschwerden bei massiver Kyphoskoliose, allergischem Ekzem, Polyarthritis und einer Leistenhernie rechts. Eine gesetzliche Betreuung wurde bisher nie eingerichtet.
Seit September 2002 bezieht der Kläger von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Westfalen (vormals Landesversicherungsanstalt (LVA) Westfalen) eine Regelaltersrente (Stand November 2005 und Januar 2006 – ebenso wie im Dezember 2004 – 98,97 EUR netto). Die Rente wurde von Beginn an auf ein Konto des Beigeladenen zu 2 gezahlt; der Kläger selbst besitzt kein Bankkonto.
Der Kläger wuchs bei seiner Großmutter bzw. in einem Kinderheim auf und besuchte von 1940 bis 1948 die Volksschule in F. Nach Abbruch einer Ausbildung zum Dreher übte er zwischen 1951 und 1965 verschiedene Aushilfstätigkeiten aus. Infolge psycho-sozialer Schwierigkeiten und eines bereits damals exzessiven Alkoholkonsums wurde er 1965 erstmals wohnungslos. Bis 1982 war er Gelegenheitsarbeiter und lebte in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Von 1982 bis 1992 lebte er in Mietwohnungen in F, wo er auch gemeldet war.
Am 01.04.1992 wurde der Kläger in das "Haus N W" in S (Kreis C) – im Folgenden "N W" – aufgenommen. Dessen Träger ist der Beigeladene zu 2. Der Einrichtung ist – organisatorisch und juristisch getrennt – ein Altenpflegeheim angegliedert. Ausweislich seiner Satzung will der Beigeladene zu 2 " [ …] in seinen Anstalten katholischen Menschen jeden Alters und Geschlechts, die in eine sittliche oder äußere Notlage geraten sind und deshalb der Fürsorge bedürfen (insbesondere wandernde Arbeitslose, Trinker, pflegebedürftige alte Leute, Fürsorgezöglinge), aus dem Geiste christlicher Nächstenliebe Unterkunft, leibliche Pflege und religiös sittliche Betreuung bieten. Sein besonderes Ziel ist, den Pfleglingen nach Möglichkeit zu einer geordneten Lebensstellung zu verhelfen. [ …] Die Aufnahme von Personen anderen Bekenntnisses ist nicht ausgeschlossen." Nicht aufgenommen werden nach der Satzung Personen, denen das Angebot keine adäquate Hilfe bedeuten kann, oder für die es Spezialeinrichtungen gibt (z.B. Personen mit illegaler Drogenproblematik, schwer körperlich und/oder geistig Behinderte, schwer psychisch Kranke). Die Hilfsangebote reichen von bloßer Übernachtung bis hin zu Arbeitsangeboten in verschiedenen zu "N W" gehörenden Werkstätten. Ziel ist es zum einen, die bisher problemverursachende Lebensführung einsichtig zu machen, und zum anderen, erstrebenswerte neue Alternativen zu erarbeiten. Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten sollen in die Lage versetzt werden, außerhalb der Einrichtung selbstständig zu leben, d.h. ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und in einer normalen Wohnung zu leben. Personen, die außerhalb der Einrichtung allein nicht menschenwürdig leben können, sollen "beheimatet" werden; für sie richtet sich das Hilfsangebot im Wesentlichen darauf, sie in der Einrichtung gemeinschaftsfähig zu machen, sie ihren Fähigkeiten gemäß zu beschäftigen, ihnen ein stabilisierendes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl zu verschaffen und sie ggf. zu gegebener Zeit in das angegliederte Altenpflegeheim aufzunehmen.
"N W" verfügt auf einer zusammenhängenden Anlage über mehrere hundert Plätze, verteilt auf verschiedene Gebäude ("Häuser"). Der Großteil entfällt auf den Resozialisierungs- bzw. Eingliederungsbereich sowie das Altenheim. In geringem Umfang gibt es zudem reine Übernachtungsplätze, im Übrigen eine Wohngruppenabteilung und einen Dauerwohnbereich. Hinsichtlich der Einzelheiten zu Struktur und Angebot von "N W" wird auf dessen Informationsbroschüre (Blatt 9 der Verwaltungsvorgänge) sowie den vom Beigeladenen zu 2 vorgelegten Jahresbericht 2011 (Anlage zu Blatt 326 der Gerichtsakten) Bezug genommen.
Nachdem der Kläger innerhalb von "N W" zunächst im "Haus M" und später im "Haus M1" gelebt hatte, bewohnt er inzwischen seit mehreren Jahren ein Einzelzimmer im "Haus T" (2. Etage). Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss dieses Hauses befindet sich ein Bereich, der zu der (getrennt geführten) Altenpflegeeinrichtung gehört. Der Umzug in das "Haus T" erfolgte wegen eines altersbedingt zu erwartenden (weiteren) Schwindens der Kräfte, um dem Kläger bereits eine gewisse Anbindung an die Altenpflegeeinrichtung zu bieten. Alle drei genannten Einzelhäuser sind solche des "stationären Basiswohnens". Ein anderer Wohnbereich (beispielsweise der Suchtkrankenhilfe) erschien für den Kläger ungeeignet. Denn zwar wurden ihm unmittelbar nach Aufnahme in "N W" wiederholt verschiedene qualifizierte Angebote insbesondere zur Suchttherapie gemacht; diese lehnte er jedoch konsequent ab.
Sämtliche Bedarfe des Klägers wurden und werden innerhalb von "N W" gedeckt. Sein Zimmer wird (ca. einmal wöchentlich) von Mitarbeitern gereinigt. Unterstützung erhält er zudem durch einen "Haushelfer", der nach dem Rechten sieht und ihn z.B. zum Wäschewechsel auffordert. Mahlzeiten werden ihm zubereitet zur Verfügung gestellt. Frühstück nimmt er nicht ein; das Mittagessen holt er sich selbständig aus dem Speisesaal. Auch andere Mahlzeiten bereitet er sich nicht selbst zu. Über die Einteilung seiner Geldmittel erhält er wöchentliche Beratungen. Das ihm verfügbare Bargeld setzt er in der Regel in dem auf dem Gelände befindlichen kleinen Laden in Bier und Zigaretten um. Der Kläger nahm im Rahmen seiner körperlichen und geistigen Möglichkeiten bis 2011 freiwillig ein Arbeitsangebot (Montagetätigkeiten in der Werkstatt) wahr. Gelegentlich nimmt er an Gruppenveranstaltungen teil. Sonstige freizeitpädagogische Angebote in "N W" nimmt er nicht in Anspruch. Er verbringt seine Zeit vielmehr weitgehend mit Fernsehen, Radiohören, Rauchen und Biertrinken (in früheren Jahren auch Schnaps). Er versucht dabei, Alkohol und Tabak möglichst gemeinsam mit anderen Bewohnern zu konsumieren, wenn denn diese sich darauf einlassen. Engere soziale Kontakte hat er (verhaltensbedingt auch innerhalb von "N W") nicht. Seit Jahren erhält er durch Mitarbeiter der Einrichtung Unterstützung bei der Körperpflege sowie beim An- und Ablegen von Kompressionsstrümpfen; Pflegebedürftigkeit nach Maßgabe der Vorschriften des SGB XI besteht jedoch bisher nicht (hinsichtlich der Einzelheiten zur Feststellung einer etwaigen Pflegebedürftigkeit wird Bezug genommen auf das Gutachten des Fachbereichs Gesundheit des Kreises C vom 04.04.2006; Blatt 196 bis 205 der Gerichtsakten).
Zwischen dem Beigeladenen zu 2, dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und dem Kreis C bestanden (auch im streitigen Zeitraum) Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII. Auf Grundlage der in diesem Zusammenhang geschlossenen Vergütungsvereinbarung aus Juli 2003 fiel für die Unterbringung des Klägers in den Monaten November 2005 und Januar 2006 pro Vergütungstag eine Pauschale i.H.v. 47,30 EUR (Grundpauschale 10,16 EUR, Maßnahmepauschale 25,83 EUR, Investitionsbetrag 11,31 EUR) an.
Zur Zeit der Aufnahme des Klägers und auch später noch wurden für die Betreuung in "N W" grundsätzlich keine schriftlichen Verträge mit Bewohnern geschlossen. Erst ab Einführung des Wohn- und Teilhabegesetzes (WTG) bzw. des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) im Dezember 2008 bzw. Oktober 2009 ging der Beigeladene zu 2 (der weder dem WTG noch dem WBVG unterfällt) dazu über, mit neu aufgenommenen Bewohnern schriftliche Heimverträge (orientiert an den Bestimmungen dieser Gesetze) abzuschließen. Sukzessiv wurden solche Verträge in der Folgezeit auch mit schon länger in "N W" lebenden Bewohnern geschlossen. Mit dem Kläger wurde eine solche Vertragsurkunde am 03.09.2013 "mit Wirkung vom 01.04.1992 auf unbestimmte Zeit" gefertigt. Die Höhe der Heimvergütung ergibt sich aus § 4 dieses Vertrages, der auf die Verträge des Beigeladenen zu 2 mit dem LWL und dem Kreis C nach §§ 75 ff. SGB XII Bezug nimmt.
Nach Aufnahme in "N W" rechnete der Beigeladene zu 2 den Kläger bis 1994 als Leistungsberechtigten nach § 72 BSHG (Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) und anschließend nach § 11 BSHG (Hilfe zum Lebensunterhalt) ab; ab 2005 berechnete er ihn als Leistungsberechtigten nach § 35 SGB XII (i.d.F. bis 31.12.2010). Die Kosten trug von April 1992 bis Oktober 1994 der LWL (§ 72 BSHG), im Anschluss daran vorübergehend zunächst der Kreis C (§ 11 BSHG).
Am 09.08.1994 beantragte "N W" für den Kläger bei der Beklagten (als dem nach § 97 Abs. 2 BSHG zuständig werdenden Sozialhilfeträger) die Übernahme der Heimkosten ab dem 02.10.1994 als Leistung nach § 11 BSHG; dabei sollten die Richtlinien des LWL für Leistungen nach § 72 BSHG weiterhin Gültigkeit haben.
Die Beklagte verweigerte zunächst die Kostentragung, weil beim Kläger keine Heimpflegebedürftigkeit bestehe. Hiergegen wandte der Beigeladene zu 2 ein, der Kläger erhalte weiterhin stabilisierende pädagogische Hilfe, welche allerdings nicht mehr die Zielrichtung des § 72 BSHG verfolge. Eine ambulante Betreuung des Klägers sei nicht denkbar; nur bei permanenter Betreuung durch den Sozialdienst könne er – innerhalb des Heimumfeldes – ein relativ zufriedenes Leben führen. Daraufhin erteilte die Beklagte mit Schreiben vom 06.05.1996 "ab 02.10.1994" eine "Kostengarantie". In der Folgezeit rechnete der Beigeladene zu 2 laufend die monatlichen Kosten für die Betreuung des Klägers in "N W" mit der Beklagten ab; nach Einsetzen der Altersrente setzte er dabei die vereinnahmten Rentenzahlungen von den Kosten ab.
Angesichts des bevorstehenden Rechtswechsels vom BSHG auf das SGB XII bat der Beigeladene zu 2 im November 2004 die Beklagte um Bestätigung, dass für Bewohner von "N W" ab dem 01.01.2005 entsprechende Hilfe nach dem SGB XII weiterhin geleistet werde. Unter dem 02.12.2004 teilte die Beklagte der Einrichtung mit, die Kostensicherung für den Kläger werde – vorbehaltlich seiner weiteren sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit – für die Zeit ab dem 01.01.2005 nach Maßgabe des SGB XII erfolgen, da sie nach § 98 Abs. 2 SGB XII weiterhin für die Leistungsgewährung örtlich zuständig sei.
Mit Bescheiden vom 15.02.2005 und 21.12.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger für Januar 2005 bis Juni 2006 Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII i.H.v. monatlich 527,03 EUR.
Mit Bescheid vom 08.06.2005 lehnte die Beklagte eine Übernahme der ungedeckten Heimkosten für den Kläger über den 30.06.2005 hinaus ab. Bisher sei sie zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem Kläger Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (seit 01.01.2005 nach § 67 SGB XII, zuvor § 72 BSHG) in einer Einrichtung zu gewähren sei; für eine solche Leistung wäre sie nach § 98 Abs. 2 SGB XII (zuvor § 97 Abs. 2 BSHG) zuständig gewesen. Der Kläger halte sich jedoch offenbar nicht in einer solchen Einrichtung auf. Dafür spreche schon, dass der überörtliche Sozialhilfeträger, der gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 AV-SGB XII NRW eigentlich für stationäre Leistungen nach §§ 67 bis 69 SGB XII sachlich zuständig sei, die Kosten nicht trage. Wegen der Kosten ab dem 01.07.2006 möge sich der Kläger an den für ihn nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständigen Sozialhilfeträger wenden.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Es sei nicht damit zu rechnen, dass er seine Mittellosigkeit und gesundheitlichen Einschränkungen in absehbarer Zeit überwinde. Vielmehr sei er dauerhaft auf ein Leben in "N W" angewiesen, da er wegen seiner gesundheitlichen und psycho-sozialen Probleme zu einer selbständigen Lebensführung nicht mehr in der Lage sei. Ziel der dortigen Unterbringung sei die Verhütung von Verschlimmerung seiner persönlichen Lebensverhältnisse durch den strukturierten Rahmen in "N W". Das Widerspruchsschreiben hatte der dort für den Kläger zuständige Bezugsbetreuer vorformuliert; es war von ihm wie auch vom Kläger unterzeichnet worden.
Nach Beteiligung sozial erfahrener Personen wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 08.11.2005, dem Kläger zur Kenntnis gelangt am 10.11.2005). Maßgebend für die örtliche Zuständigkeit sei der gewöhnliche Aufenthalt; diesen habe der Kläger seit Jahren in der Gemeinde S. § 98 Abs. 2 SGB XII finde keine Anwendung. Denn "N W" sei keine stationäre Einrichtung; vielmehr werde es vom Kläger wegen seines langjährigen dortigen Aufenthaltes nur noch als Wohnstätte genutzt. Vieles spreche dafür, dass es allein noch um die Verhinderung von Obdachlosigkeit gehe; ein Therapiekonzept sei nicht (mehr) ersichtlich.
Auch eine vorläufige weitere Kostentragung (nach § 43 SGB I) lehnte die Beklagte ab. Der Kläger verblieb gleichwohl bis zum heutigen Tag in "N W", ohne dass die laufenden Heimkosten (mit Ausnahme der Rentenzahlungen, zeitweisen Wohngeldzahlungen sowie Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII) gedeckt worden wären. Mittlerweile belaufen sich die ungedeckten Kosten auf knapp 185.000 EUR. Die Abrechnungen des Beigeladenen zu 2 für die Monate November 2005 und Januar 2006 weisen ungedeckte Kosten i.H.v. 902,95 EUR (November 2005) bzw. 934,95 EUR (Januar 2006) aus. Für November 2005 ergibt sich dieser Betrag aus der Pflegekostenpauschale (1.419 EUR = 30 Tage x 47,30 EUR) zuzüglich Grund- und Zusatzbarbetrag (89,70 EUR + 4,95 EUR) sowie einer Bekleidungspauschale (15,30 EUR = 30 Tage x 0,51 EUR) abzüglich Rentenzahlung (98,97 EUR) und Grundsicherungsleistung (527,03 EUR). Die Kalkulation der Bekleidungspauschale beruhte dabei auf den Vorgaben des LWL für Abrechnungen des Beigeladenen zu 2. Für Januar 2006 gingen nur die Pflegekostenpauschale (1.466,30 EUR = 31 Tage x 47,30 EUR) sowie der Grund- und Zusatzbarbetrag (89,70 EUR + 4,95 EUR) abzüglich Rentenzahlung (98,97 EUR) und Grundsicherungsleistung (527,03 EUR) in die Berechnung des Beigeladenen ein. Die entsprechenden Forderungen des Beigeladenen zu 2 gegen den Kläger sind nicht tituliert.
Am 09.12.2005 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Duisburg erhoben, welches den Rechtsstreit an das Sozialgericht Münster verwiesen hat (Beschluss vom 28.12.2005). Der bearbeitende Rechtsanwalt hat dabei eine vom Kläger unterzeichnete Vollmachtsurkunde vom 15.11.2005 vorgelegt. Zur Klagebegründung hat er ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, weshalb sich an der Zuständigkeit der Beklagten – welche diese im Dezember 2004 selbst noch anerkannt habe – zwischenzeitlich etwas geändert haben solle. Der Kläger erhalte schon längere Zeit keine Leistungen i.S.v. §§ 67 bis 69 SGB XII (früher § 75 BSHG) mehr, sondern solche i.S.v. § 35 SGB XII (früher § 11 BSHG); eine Delegation der sachlichen Zuständigkeit nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 AV-SGB XII NRW auf den Landschaftsverband finde deshalb nicht statt. "N W" erfülle im Übrigen die Voraussetzungen einer stationären Einrichtung gemäß § 13 Abs. 2 SGB XII und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
Das Verfahren hat zwischenzeitlich geruht, um den Ausgang des weiteren beim Senat anhängigen Verfahrens L 20 SO 53/06 abzuwarten (dort Urteil vom 07.04.2008). Im Anschluss daran hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die für ihn notwendige zusammenhängende Versorgung, Begleitung, Beratung, Betreuung, Tagesstrukturierung und Krisenintervention sei einzig in stationärer Form möglich. Er benötige Förderung in unterschiedlichen Lebensbereichen und sei auf alltägliche Versorgungsleistungen dringend angewiesen. Insbesondere wegen der Suchtproblematik benötige er Motivation und Unterstützung für spezielle Hilfsangebote; ambulante Angebote reichten dazu nicht aus. Eine Verlegung in eine weniger betreute Wohnsituation sei nicht möglich. Aufgrund seines vorherigen Lebenswandels leide er unter erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen mit der dringenden Notwendigkeit einer kontinuierlichen medizinischen Grundversorgung, gewährleisteter Ernährung sowie der Sicherheit einer geschützten Unterkunft. Hilfsweise sei der Beigeladene zu 1 zu verpflichten, sofern die in "N W" erbrachten Leistungen nicht als notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen (§ 35 SGB XII), sondern auch als Eingliederungshilfe (§§ 53 ff. SGB XII) zu qualifizieren seien. In diesem Fall sei der Beigeladene zu 1 (entsprechend den Ausführungen im Urteil des Senats vom 07.04.2008 – L 20 SO 53/06) gemäß § 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1b AV-SGB XII NRW sachlich und nach § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII örtlich zuständig. Zum Nachweis seines konkreten Hilfebedarfs hat der Kläger einen Hilfeplan vom 25.02.2009, ein Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. U vom 26.02.2009 sowie das Pflegegutachten des Fachbereichs Gesundheit des Kreises C vom 04.04.2006 zu den Akten gereicht.
Das Sozialgericht hat den Kläger mit Schreiben vom 06.02.2006 darauf hingewiesen, streitbefangen könne allein der Zeitraum von Juli bis Ende November 2005 (Monat der Widerspruchsentscheidung) sein; der Kläger möge die Klage entsprechend beschränken. Dieser Anregung ist der Kläger nachgekommen (vgl. insbesondere Schriftsatz vom 03.03.2006).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Kläger gleichwohl beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 08.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 08.11.2005 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 01.07.2005 die ungedeckten Kosten des Heimaufenthaltes des Klägers im Haus N W in S zu übernehmen, hilfsweise den Beigeladenen (zu 1) zu verurteilen, ab dem 01.07.2005 die ungedeckten Kosten des Heimaufenthaltes des Klägers im Haus N W in S zu übernehmen.
Die ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht geladene, dort aber nicht vertretene Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat daran festgehalten, nicht (mehr) der örtlich zuständige Leistungsträger zu sein. Denn eine Resozialisierung werde vom Kläger weder angestrebt, noch würden von "N W" entsprechende Hilfen für erforderlich gehalten. Dass sie in der Vergangenheit zu Unrecht Leistungen erbracht habe, begründe keine weitere Verpflichtung. Ggf. sei jedenfalls der Beigeladene zu 1 der zuständige Leistungsträger. Wegen seiner Suchterkrankung und psycho-sozialen Probleme gehöre der Kläger zum Personenkreis des § 53 SGB XII und sei auf ein Leben in einer stationären Einrichtung wie "N W" angewiesen, wo er die erforderlichen Leistungen erhalte. Sie sei damit einverstanden, wenn das Sozialgericht ohne Anwesenheit der Beklagten im Termin entscheide.
Der mit Beschluss des Sozialgerichts vom 05.11.2008 zum Verfahren hinzugezogene Beigeladene zu 1 hat beantragt,
die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen.
Es sei nicht hinreichend belegt, dass der Kläger zum von § 53 SGB XII erfassten Personenkreis gehöre. Sein Behinderungsbild und die daraus resultierenden Bedarfe seien unklar. Medizinische Unterlagen über die Ausprägung der Suchterkrankung lägen nicht vor. Im Übrigen sei nicht erkennbar, ob bzw. in welchem Umfang der Kläger an tagesstrukturierenden Maßnahmen teilgenommen habe, und ob bzw. mit welchem Ergebnis versucht worden sei, ihn in eine weniger betreute Wohnsituation zu verlegen. Eine Alkoholproblematik werde zwar beschrieben; eine Entwöhnungstherapie oder eine andere psychiatrische bzw. psychotherapeutische Behandlung seien bislang jedoch offenbar nicht durchgeführt worden. Ggf. müsse Beweis erhoben werden, welcher Art Hilfe der Kläger in "N W" erhalte, bzw. welcher Art Hilfe er aufgrund seines Behinderungsbildes benötige. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger jedenfalls seit seiner Aufnahme in "N W" bis zum Bescheid vom 08.06.2005 keine Eingliederungshilfe erhalten habe; deshalb seien jedenfalls die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1b AV-SGB XII NRW nicht erfüllt.
Mit Urteil vom 07.03.2012 (dem Beigeladenen zu 1 zugestellt am 08.06.2012) hat das Sozialgericht den Beigeladenen zu 1 verurteilt, die Kosten für die Unterbringung des Klägers in "N W" ab dem 01.07.2005 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu tragen. Der Kläger bedürfe seit dem 01.07.2005 der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII, die er in der Einrichtung auch erhalte. Hierfür sei der Beigeladene zu 1 sachlich und örtlich zuständig. Insoweit werde den Ausführungen im Urteil des Senats vom 07.04.2008 – L 20 SO 53/06 gefolgt. Diesem liege ein vergleichbarer Fall zu Grunde. Der Beigeladene zu 1 rüge zwar eine fehlerhafte rechtliche Bewertung durch jenes Urteil, zeige aber keine tatsächlichen Unterschiede zum vorliegenden Fall auf.
Hiergegen hat der Beigeladene zu 1 am 04.07.2012 Berufung eingelegt. Er hält daran fest, dass der Kläger in "N W" jedenfalls bis 2005 keine Eingliederungshilfe erhalten habe und daher die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1b AV-SGB XII NRW nicht erfüllt seien. Das Sozialgericht habe belastbare Feststellungen dazu versäumt, ob der Kläger Eingliederungshilfe in einer stationären Einrichtung benötige und in "N W" nicht lediglich seinen Wohnsitz (gehabt) habe. Der medizinische Dienst des Beigeladenen zu 1 (MPD) sei nach Auswertung der spärlichen aktenkundigen Angaben zu der Einschätzung gelangt, beim Kläger könne eine wesentliche Behinderung im Sinne des § 53 SGB XII nicht festgestellt werden. Die Suchterkrankung reiche insoweit nicht aus. Der Kläger gehöre lediglich zu dem in § 53 Abs. 1 S. 2 SGB XII genannten Personenkreis mit einer "anderen Behinderung", der Eingliederungshilfe lediglich als Ermessensleistung erhalten könne. Die Unterbringung in "N W" könne am ehesten als Hilfe zum Leben in selbstbestimmten Wohnmöglichkeiten (§ 55 SGB IX) verstanden werden. Der Kläger sei zu keinem Zeitpunkt alkoholabstinent gewesen; er habe sich auch keinerlei qualifizierten Therapiemaßnahmen (Entwöhnungsbehandlung o.ä.) unterzogen. Im Anschluss an eine Beweisaufnahme des Senats im Ortstermin vom 08.01.2014 stehe zudem fest, dass der Kläger keine Eingliederungshilfe erhalte, sondern nur pflegerische Leistungen, die sein Überleben sicherstellten. Weiterhin sei nicht erkennbar, dass die in "N W" erbrachten Leistungen die Suchterkrankung in irgendeiner Weise milderten, solange ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Leistungen und der Suchterkrankung nicht nachvollziehbar sei. Auch im Anschluss an ein im Berufungsverfahren eingeholtes suchtmedizinisches Sachverständigengutachten macht der Beigeladene zu 1 weiter geltend, die Betreuung in "N W" gehe nicht auf die Behinderung des Klägers und seine dadurch bedingte Teilhabeeinschränkung ein. Vielmehr handle es sich überwiegend um eine individuelle Basisversorgung einschließlich der notwendigen medizinisch-pflegerischen Maßnahmen lediglich zum Erhalt des status quo. Leistungen nach § 35 SGB XII könnten durchaus selbständig erbracht werden. Unabhängig von einer materiell-rechtlichen Zuständigkeit könne er – der Beigeladene zu 1 – schon deshalb nicht zur Leistung verpflichtet sein, weil etwaige heimvertragliche Zahlungsansprüche des Beigeladenen zu 2 gegen den Kläger jedenfalls für die Zeit vor dem 01.01.2014 verjährt seien. Einen Anspruch auf Eingliederungshilfe für die Begleichung bereits verjährter Forderungen sehe das SGB XII nicht vor. Er könne auch nicht nach § 75 Abs. 5 SGG anstelle der Beklagten verurteilt werden. Denn die Beklagte habe mit Schreiben vom 02.12.2004 an "N W" bereits über den 01.01.2005 hinaus die Kostentragung zugesichert. In dem Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 08.06.2005 sei ferner ein neuer Antrag auf Übernahme der Heimunterbringungskosten über den 30.06.2005 hinaus zu sehen, den die Beklagte nicht an den Beigeladenen zu 1 weitergeleitet habe. Hieraus folge nach § 14 SGB IX eine Zuständigkeit der Beklagten; diese hätte einen etwaigen Erstattungsanspruch innerhalb der Frist des § 111 SGB X anmelden müssen. All diese Regelungen könnten nicht durch Anwendung des § 75 Abs. 5 SGG ausgehebelt werden.
Der Beigeladene zu 1 beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.03.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, anstelle des Beigeladenen zu 1 die Beklagte zu verurteilen.
Zu Beginn der mündlichen Verhandlung hat der Senat nach Anhörung der Beteiligten den bisher als Prozessbevollmächtigter des Klägers aufgetretenen Rechtsanwalt als dessen besonderen Vertreter (§ 72 Abs. 1 SGG) beigeordnet. Der besondere Vertreter hat sodann die gesamte bisherige Prozessführung der Klägerseite, mit Ausnahme der zeitlichen Einschränkung des Klagebegehrens (bis November 2005), genehmigt. Die Genehmigung hat er ausdrücklich auch auf die Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Verwaltungsverfahren bezogen.
Die Beteiligten unter Einschluss der beiden Beigeladenen haben in der mündlichen Verhandlung mit Teil-Unterwerfungsvergleich den streitigen Leistungszeitraum im vorliegenden Verfahren auf die Monate November 2005 und Januar 2006 beschränkt.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beigeladenen zu 1 zurückzuweisen,
hilfsweise, den Beklagten unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Münster vom 07.03.2012 und des Bescheides vom 08.06.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2005 zu verurteilen, ihm Eingliederungshilfe für den Monat November 2005 i.H.v. 902,95 EUR und für den Monat Januar 2006 i.H.v. 934,95 EUR zu leisten.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und schließt sich den Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren an. Das Vorliegen einer Behinderung i.S.v. § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII sei angesichts seiner langjährigen, schweren Alkoholkrankheit offensichtlich. Keineswegs seien die Ansprüche des Beigeladenen zu 2 gegen ihn verjährt. Dass in der Vergangenheit zunächst keine Heimverträge geschlossen worden seien, sei unschädlich; eine Rechtspflicht hierzu habe nicht bestanden. Die Höhe der Vergütung ergebe sich aus den Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII. Selbst für den Fall der Verjährung bleibe der Beigeladene zu 1 eine Erklärung schuldig, aus welchem Grund dies seinen sozialhilferechtlichen Anspruch gegen den Beigeladenen zu 1 berühren solle. Verjährung sei ohnehin nicht von Amts wegen zu berücksichtigen. Er – der Kläger – habe sich gegenüber dem Beigeladenen zu 2 bisher nicht darauf berufen, und er werde dies auch nicht tun. Er könne nicht zur Verjährungseinrede gezwungen werden, zumal eine solche im vorliegenden Zusammenhang treuwidrig erschiene. Das Schreiben der Beklagten vom 02.12.2004 an "N W" beinhalte keine Zusicherung. § 14 SGB IX finde zu Lasten der Beklagten keine Anwendung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Beigeladenen zu 1 zurückzuweisen,
hilfsweise, unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Münster vom 07.03.2012 die Klage abzuweisen.
Auch sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1 spreche nichts dafür, dass der Kläger in "N W" lediglich seinen Wohnsitz (gehabt) habe. Die dortigen Leistungen seien auf die Verhinderung einer Verschlimmerung seines Zustandes gerichtet gewesen. Bereits das erfülle die Zielsetzung der Eingliederungshilfe. Aus den aktenkundigen Informationen ergebe sich hinreichend deutlich eine wesentliche Behinderung des Klägers. Mit dem Beigeladenen zu 1 stimme sie überein, dass etwaige Forderungen des Beigeladenen zu 2 gegen den Kläger verjährt seien. Entgegen der Rechtsauffassung des Beigeladenen zu 1 enthalte ihr Schreiben vom 02.12.2004 allerdings keine Zusicherung einer fortlaufenden Leistungserbringung an den Kläger, dies schon deshalb nicht, weil Adressat nicht der Kläger, sondern "N W" bzw. der Beigeladene zu 2 gewesen sei. Dem Schreiben habe ohnehin der für eine Zusicherung wesentliche Regelungswille gefehlt. Eine Leistungszuständigkeit der Beklagten folge auch nicht aus § 14 SGB IX. Die Vorschrift sei bei Heimaufnahme des Klägers noch gar nicht in Kraft gewesen. Dessen ungeachtet könne sich der Beigeladene zu 1 spätestens seit seiner Beiladung nicht auf eine fehlende Weiterleitung berufen; denn jedenfalls seit Ende 2004 habe der Kläger keinen neuen Leistungsantrag gestellt, welchen sie – die Beklagte – hätte weiterleiten können. Der Kläger habe lediglich im Klagewege die Verpflichtung der Beklagten oder des Beigeladenen zu 1 zur Leistungserbringung begehrt. Selbst wenn § 14 SGB IX anwendbar sein sollte, entspräche es nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die Beklagte angesichts der wegen des laufenden gerichtlichen Verfahrens unterbliebenen Folgeanträge zu verpflichten, durchgehend seit dem 01.07.2005 die Kosten für die Unterbringung des Klägers zu übernehmen. Denn § 14 SGB IX solle lediglich durch rasche Zuständigkeitserklärung eine zügige und reibungslose Leistungserbringung gewährleisten; dies hindere jedoch im späteren Gerichtsverfahren nicht eine Verurteilung des Beigeladenen zu 1 gemäß § 75 Abs. 5 SGG.
Der mit Beschluss des Senats vom 15.05.2013 zum Verfahren hinzugezogene Beigeladene zu 2 stellt keinen Antrag. Er schließt sich den Ausführungen des Klägers an.
Der Senat hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten des Klägers (praktischen Arzt X, Allgemeinmediziner Dr. E sowie Allgemeinmedizinerin Dr. U) eingeholt.
Im Ortstermin vom 08.01.2014 in "N W" ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen I (Bezugsbetreuer des Klägers), G (leitender Mitarbeiter in der Metallwerkstatt von "N W"), T (Hauswirtschaftsleiterin) und Anders (Pflegekraft) sowie X (Arzt) und Dr. U (Ärztin). Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 389 bis 408 der Gerichtsakten) Bezug genommen.
Schließlich ist zu Inhalt und Umfang der Teilhabeeinschränkungen des Klägers Beweis erhoben worden durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie – Suchtmedizin Gv. – Dr. M vom 20.03.2015. Dieser hat das Gutachten nach persönlicher Untersuchung des Klägers erstattet. Im Nachgang zu diesem Gutachten hat Dr. M auf Veranlassung des Senats unter dem 05.10.2015 ergänzend nach Aktenlage die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Klägers begutachtet. Auf beide Gutachten wird Bezug genommen (vgl. hierzu auch Blatt 516 bis 518, 524 bis 576, 641 f. und 650 bis 668 der Gerichtsakten).
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
A) Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Berufung des Beigeladenen zu 1, der durch das angefochtene Grundurteil (§ 130 Abs. 1 S. 1 SGG) vom 07.03.2012 nach § 75 Abs. 5 SGG ab dem 01.07.2005 zukunftsoffen zur Tragung der Kosten für die Unterbringung des Klägers im "Haus N W" verurteilt wurde. Ist diese Verurteilung zu Unrecht erfolgt, hat der Senat zugleich über den ursprünglichen Antrag des Klägers zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 13.07.2010 – B 8 SO 14/09 R Rn. 19 m.w.N.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 75 Rn. 18b m.w.N.). Denn der Kläger darf durch die Aufhebung der erstinstanzlichen Verurteilung des Beigeladenen zu 1 nicht schlechter gestellt werden, als wenn das Sozialgericht die Beklagte verpflichtet hätte und diese Berufung führte.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 08.06.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2005 (§ 95 SGG), mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, die Kosten für die Unterbringung des Klägers in "N W" über den 30.06.2005 hinaus zu tragen.
B) Die Verpflichtung des Beigeladenen zu 1 im angefochtenen Urteil ab dem 01.07.2005 ist zukunftsoffen erfolgt. Seine Berufung ist deshalb ohne weiteres statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Sie ist auch begründet.
Denn die Klage hat nicht gegen den Beigeladenen zu 1, sondern – dessen Hilfsantrag entsprechend – gegen die Beklagte Erfolg. Sie ist (in dem im Anschluss an den Teil-Unterwerfungsvergleich im Berufungsverfahren nach dem Hilfsantrag des Klägers geführten Umfang) gegenüber der Beklagten zulässig (dazu II.) und begründet (dazu III.). Dabei stehen Verfahrensfehler des Sozialgerichts einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen (dazu sogleich I.).
I. Zu Recht moniert zwar der Beigeladene zu 1, das Sozialgericht habe seine Entscheidung allein auf eine vermeintliche Vergleichbarkeit des vorliegenden Falles mit demjenigen aus dem Senatsurteil vom 07.04.2008 – L 20 SO 53/06 gestützt und eine gebotene weitere (insbesondere medizinische) Sachaufklärung nach § 106 Abs. 3 SGG unterlassen. Ob dies an sich eine Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG gerechtfertigt hätte, lässt der Senat offen; denn im Rahmen des ihm insoweit zukommenden Ermessens erschiene schon angesichts der erheblichen Gesamtverfahrensdauer eine Zurückverweisung jedenfalls nicht sachgerecht.
Aus gleichen Gründen offen lassen kann der Senat, ob die Entscheidung des Sozialgerichts durch Grundurteil (§ 130 Abs. 1 S. 1 SGG) i.S.v. § 159 Abs. 1 S. 2 SGG verfahrensfehlerhaft war. Jedenfalls hätte ein Grundurteil nicht ergehen dürfen. Denn ist die Klage unter Berücksichtigung des sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses (dazu noch später) nicht auf eine Geldleistung als solche, sondern auf einen Schuldbeitritt der Beklagten (zu den zivilrechtlichen Verpflichtungen des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2) gerichtet, so kann ein solcher Schuldbeitritt nicht dem Grunde nach erfolgen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 10/12 R Rn. 12; Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 48).
Ohne Verfahrensfehler hat das Sozialgericht in der Sache entschieden, ohne dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2012 vertreten gewesen ist. Denn sie ist zum Termin ordnungsgemäß geladen und dabei auf die Möglichkeit der Entscheidung nach § 126 SGG hingewiesen worden (vgl. § 110 Abs. 1 SGG). Ohnehin hat sie eine Entscheidung des Sozialgerichts ohne ihre Teilnahme vorab ausdrücklich gewünscht (Schriftsatz vom 27.02.2012).
II. Sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.
1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage statthaft (§§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4, 56 SGG). Im sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis müssen bei erfolgreicher Klage zum einen die ablehnenden Bescheide aufgehoben werden. Ferner muss der zuständige Sozialhilfeträger (hier: Beklagte) zum Erlass eines Verwaltungsaktes verpflichtet werden, mit dem er den Beitritt zur zivilrechtlichen Zahlungsverpflichtung des hilfebedürftigen Klägers gegenüber dem Leistungserbringer (Beigeladener zu 2) zum Ausgleich der noch offenen Maßnahmekosten (Unterbringungskosten des Klägers in "N W" für November 2005 und Januar 2006) erklärt; im Umfang des Schuldbeitritts schuldet der Träger dann Leistungen zur Zahlung an den Leistungserbringer (vgl. dazu BSG, Urteil vom 25.09.2014 – B 8 SO 8/13 R Rn. 10 m.w.N.).
2. Der Zulässigkeit der Klage steht die fehlende Prozessfähigkeit des Klägers (§ 71 Abs. 1 SGG) nicht (mehr) entgegen.
Im Anschluss an die Feststellungen des Sachverständigen Dr. M (Gutachten vom 05.10.2015) ist der Senat von der Prozessunfähigkeit des Klägers überzeugt. In dieses Gutachten hat der Sachverständige auch die Erkenntnisse einfließen lassen, die er bei einer ausführlichen ambulanten Untersuchung des Klägers am 30.01.2015 in "N W" gewinnen konnte. Danach steht fest, dass der Kläger wegen erheblicher psychischer Einschränkungen, insbesondere langjähriger Alkoholabhängigkeit und deren Folgen, in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit jedenfalls seit Juli 2005 dauerhaft derart eingeschränkt ist, dass er nicht in der Lage ist, im Rechtsverkehr seinen Willen zu bilden oder nach gewonnenen Einsichten zu handeln. Ist er deshalb krankheitsbedingt geschäftsunfähig (§ 104 Nr. 2 BGB), so ist er zugleich prozessunfähig (vgl. hierzu J. Lange in jurisPK-BGB, 7. Auflage 2014, § 104 Rn. 11 bis 16, sowie Leitherer, a.a.O. § 71 Rn. 4 und 6, jeweils m.w.N.).
Wegen fehlender Prozessfähigkeit hat der Senat gemäß § 72 Abs. 1 SGG für den Kläger einen besonderen Vertreter bestellt. Diesem stehen damit im vorliegenden Verfahren alle Rechte mit Ausnahme des Empfangs von Zahlungen für den Kläger zu. Der Kläger ist zuvor angehört worden und hat sich ausdrücklich mit der Bestellung des besonderen Vertreters einverstanden erklärt.
Die Bestellung des besonderen Vertreters war nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Kläger schon zuvor im Verfahren durch den jetzigen besonderen Vertreter in seiner Eigenschaft als Prozessbevollmächtigter ordnungsgemäß vertreten gewesen wäre. Denn die ihm am 15.11.2005 erteilte Prozessvollmacht war wegen der (erst im Berufungsverfahren nachträglich festgestellten) Geschäftsunfähigkeit unwirksam (§ 105 Abs. 1 BGB). Dieser Mangel war auch nicht gemäß § 73 Abs. 6 S. 5 a.E. SGG unbeachtlich. Denn das Gericht muss dem Mangel auch einer anwaltlichen Vollmacht ggf. von Amts wegen nach pflichtgemäßem Ermessen nachgehen, wenn sich – wie hier – Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht aufdrängen (vgl. Leitherer, a.a.O. § 73 Rn. 68, sowie Straßfeld in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Auflage 2014, § 73 Rn. 135, beide m.w.N.).
Zugleich hat der Senat keine Bedenken, gerade den zuvor vermeintlich bevollmächtigten und für den Kläger von Beginn des Verfahrens an tätigen Rechtsanwalt zum besonderen Vertreter zu bestellen. Der Rechtsanwalt war aufgrund seiner Vortätigkeit ausführlich über das Verfahren informiert und hatte die rechtlichen Interessen des Klägers bereits eingehend verfolgt. Anzeichen dafür, dass er seine Bestellung als besonderer Vertreter in einer diesen Interessen nicht entsprechenden Weise nutzen würde, bestanden zum Zeitpunkt der Bestellung nicht; sie sind im Übrigen auch im Anschluss daran nicht erkennbar geworden.
3. Auch sonst begegnet die Zulässigkeit der Klage keinen Bedenken.
Zweifel an der Wirksamkeit von Handlungen des Klägers oder der Beklagten im Verwaltungs- bzw. im Gerichtsverfahren bestehen im Anschluss an die Bestellung des besonderen Vertreters von vornherein nicht mehr. Denn der besondere Vertreter hat jedenfalls die bisherige Prozessführung (mit Ausnahme der zuvor auf Anregung des Sozialgerichts erfolgten zeitlichen Einschränkung des Klagebegehrens) einschließlich der Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Verwaltungsverfahren ausdrücklich genehmigt (vgl. zu dieser Möglichkeit Leitherer, a.a.O. § 72 Rn. 4b).
4. Die Beteiligten konnten den streitgegenständlichen Zeitraum in zulässiger Weise durch Teil-Unterwerfungsvergleich auf die Monate November 2005 und Januar 2006 beschränken (vgl. zu dieser Möglichkeit im Allgemeinen BSG, Urteil vom 20.09.2012 – B 8 SO 4/11 R Rn. 11 f.).
Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgend (vgl. nur Urteil vom 11.12.2007 – B 8/9b SO 12/06 Rn. 8 m.w.N.), war ursprünglich der gesamte Leistungszeitraum, beginnend mit der Leistungseinstellung zum 01.07.2005, Verfahrensgegenstand, begrenzt erst auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz. Dem steht nicht entgegen, dass die Klage schon mit Schriftsatz vom 03.03.2006 auf einen streitigen Zeitraum für die Monate Juli bis November 2005 begrenzt worden war (und damit einem rechtlichen Hinweis des Sozialgerichts vom 06.02.2006 gefolgt war, der sich nach der vorgenannten – späteren – Entscheidung des Bundessozialgerichts als unzutreffend erwies, jedoch der bisherigen Handhabung in der bis Ende 2004 für sozialhilferechtliche Streitigkeiten zuständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit entsprach). Ein derartiger Schriftsatz beinhaltet zwar grundsätzlich eine teilweise Klagerücknahme, die nicht nachträglich – auch nicht etwa durch eine Klageerweiterung (§ 99 SGG) – wieder rückgängig gemacht werden kann (vgl. dazu ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 26.09.2011 – L 20 SO 160/10 n.V.; BSG, Urteil vom 21.02.1969 – 3 RK 99/65). Im vorliegenden Fall war die im Schriftsatz vom 03.03.2006 zum Ausdruck kommende Teil-Klagerücknahme jedoch wegen Prozessunfähigkeit des Klägers bzw. einer deshalb (zunächst unerkannt) unwirksamen Bevollmächtigung des für ihn auftretenden Rechtsanwalts (s.o.) schwebend unwirksam; sie blieb auch endgültig unwirksam, weil sie vom Vertreter später ausdrücklich von dessen Genehmigung der sonstigen bisherigen Verfahrenshandlungen ausgenommen worden ist. Bis zum Teil-Unterwerfungsvergleich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat blieb deshalb der gesamte Zeitraum seit dem 01.07.2005 streitbefangen (und im Anschluss an diesen Vergleich bleiben es auch die Leistungen für den Monat Januar 2006).
III. Der Bescheid vom 08.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2005 ist rechtswidrig und der Kläger dadurch i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert. Der Kläger hat auch über den 30.06.2005 hinaus (jedenfalls in den Monaten November 2005 und Januar 2006) gegen die Beklagte Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Kosten für seine Unterbringung in "N W".
Dieser Anspruch dürfte allerdings – was der Senat jedoch offen lassen kann – nicht bereits aus den Schreiben der Beklagten vom 06.05.1996 oder vom 02.12.2004 folgen. Denn diesen Schreiben dürfte dem Kläger gegenüber bereits kein Erklärungswert zukommen, da sie nicht an ihn, sondern an "N W" gerichtet waren.
Offen bleiben kann dies, weil der Anspruch des Klägers ohnehin aus dem Sechsten Kapitels des SGB XII folgt (dazu 1.) und die Beklagte als im Außenverhältnis zum Kläger zuständiger Leistungsträger (dazu 2.) zu verpflichten ist, weil sie der schuldrechtlichen Verpflichtung des Klägers zur Zahlung seiner Unterbringungskosten in der für die Monate November 2005 und Januar 2006 vom Beigeladenen zu 2 geltend gemachten Höhe beitreten muss (dazu 3.).
1. Der Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe ergibt sich aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII.
a) Nach § 19 Abs. 3 SGB XII erhalten Personen Eingliederungshilfe, soweit ihnen bzw. den weiteren in der Vorschrift genannten Personen die Aufbringung der Mittel für ihre Eingliederung aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist.
Der Kläger verfügte im streitigen Zeitraum über kein einsatzpflichtiges Vermögen i.S.v. § 90 SGB XII. Über Einkommen i.S.v. § 82 SGB XII verfügte er einzig durch die Rentenzahlungen der DRV Westfalen i.H.v. monatlich knapp 100 EUR sowie durch Grundsicherungsleistungen; dies konnte die Kosten für seine Unterbringung in "N W" ersichtlich nicht decken. Zwischen den Beteiligten ist denn auch nicht streitig, dass der Kläger die wirtschaftlichen Voraussetzungen für Eingliederungshilfeleistungen erfüllt.
b) Der Kläger gehört zu dem in § 53 Abs. 1 SGB XII genannten Personenkreis. Auch hierüber streiten die Beteiligten nicht mehr. Klärungsbedürftig ist allein, ob bei ihm eine wesentliche Behinderung im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII oder nur eine sonstige Behinderung im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 2 SGB XII besteht (im letzteren Fall wäre die Beklagte nur zu einer Ermessensentscheidung verpflichtet gewesen).
Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen Eingliederungshilfe, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperlichen Funktionen, geistigen Fähigkeiten oder ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
Ausgehend von den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. M (Gutachten vom 20.03.2015) sind die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII hier erfüllt. Besteht danach beim Kläger ein Alkoholabhängigkeitssyndrom, so leidet er an einer Suchtkrankheit im Sinne von § 3 Nr. 3 EinglHV. In Zusammenschau mit den übrigen Diagnosen (Tabakabhängigkeit, leichtes amnestisches Syndrom aufgrund langjähriger Alkoholeinwirkung, kombinierte Persönlichkeitsstörung) und den – insbesondere im Ortstermin vom 08.01.2014 bekannt gewordenen, aber auch vom Sachverständigen ausgiebig dargelegten – sonstigen Informationen zum mit der Sucht einhergehenden Verhalten des Klägers liegt sowohl die Wesentlichkeit der Behinderung des Klägers als auch die Wesentlichkeit seiner Teilhabeeinschränkung auf der Hand (vgl. zur "doppelten Wesentlichkeit" bei § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 53 Rn. 21). Der Sachverständige sowie insbesondere der Zeuge I haben nachvollziehbar ausgeführt, dass sich das Denken des Klägers nahezu ausschließlich um die Befriedigung seiner Sucht bewegt, die allein in dem geschützten Rahmen von "N W" in einem tolerablen Rahmen gehalten werden kann. Der Sachverständige hat zudem die Gründe für die Teilhabeeinschränkungen des Klägers benannt (eingeschränkte Steuerungsfähigkeit mit Neigung zu impulsivem, selbstschädigendem, verantwortungslosem und rücksichtslosem Verhalten sowie ausgeprägte Verwahrlosungstendenzen, erhebliche Verhaltensstörung mit Aggressionsneigung), diese Gründe nachvollziehbar aus seiner Anamnese hergeleitet und sie in Beziehung zu den gestellten Diagnosen gesetzt. Die vom Sachverständigen überzeugend beschriebenen Verhaltensmuster des Klägers decken sich im Übrigen mit den Beobachtungen von dessen langjährigem Bezugsbetreuer I.
Die eingeholten Befundberichte sowie das Ergebnis der Vernehmung der Allgemeinmedizinerin Dr. U und des praktischen Arztes X im Ortstermin vom 08.01.2014 stützen im Übrigen die Einschätzung des Sachverständigen. So hat Dr. U ebenfalls ausgeführt, dass aus der Alkoholerkrankung des Klägers eine wesentliche Teilhabeeinschränkung resultiert. Der praktische Arzt X hatte zwar in seinem Befundbericht eine wesentliche Teilhabeeinschränkung verneint. Bei seiner Befragung als Zeuge hat er dies jedoch insoweit relativiert, als er der Einschätzung von Dr. U nicht widersprechen wollte, weil er den Kläger nur sporadisch gesehen und sich auf dessen somatische Beschwerden konzentriert habe.
Demgegenüber rechtfertigen die Ausführungen des MPD des Beigeladenen zu 1 keine andere Beurteilung. Auch dieser stellt (jedenfalls seit einer Stellungnahme vom 22.06.2015) eine wesentliche Behinderung des Klägers nicht mehr in Abrede und räumt inzwischen ein, dass die Teilhabefähigkeit des Klägers in Bezug auf "interpersonale Interaktionen und soziale Beziehungen" erheblich eingeschränkt ist. Da dies zumal (schon angesichts seines Alters und der Lebensumstände) im streitigen Zeitraum letztlich die für den Kläger wesentlichen, wenn nicht gar einzig verbliebenen Teilhabebereiche waren, hält es der Senat für schlichtweg nicht nachvollziehbar, wenn der MPD die Wesentlichkeit der Behinderung des Klägers (im Sinne von § 53 Abs. 1 SGB XII) weiterhin in Abrede stellt. Diese Wesentlichkeit beurteilt sich wertend insbesondere an den Auswirkungen für die Eingliederung in die Gesellschaft. Entscheidend ist nicht die Stärke der Beeinträchtigung als solche bzw. der Umfang eines Funktionsdefizits, sondern die Auswirkung der Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 – B 8 SO 10/11 R Rn. 14 m.w.N.). Soweit der MPD moniert, es sei nicht erkennbar, dass die dem Kläger zur Verfügung gestellten Leistungen auf die Überwindung seiner Teilhabeeinschränkungen gerichtet seien, ist dies für die Wesentlichkeit der Behinderung unerheblich; von Bedeutung kann es nur für die Frage sein, ob es sich bei den Leistungen um Eingliederungshilfe handelt (dazu sogleich).
c) Zu dieser Frage der Qualifizierung der dem Kläger in "N W" erbrachten Betreuungsleistungen als Eingliederungshilfe kann der Senat offen lassen, ob es sich (entsprechend dem Senatsurteil vom 07.04.2008 – L 20 SO 53/06 Rn. 53) um eine Leistung zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten (§§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX) handelt oder um eine solche zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (§§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX), oder ob eine sonstige, unbenannte Leistung der Eingliederungshilfe nach § 55 Abs. 2 SGB IX vorliegt. Einer Leistung zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten könnte jedenfalls entgegenstehen, dass eine solche nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 22.12.2014 – L 20 SO 236/13 Rn. 65) final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein sowie eine gewisse Kontinuität aufweisen muss. Gerade auf eine Verselbständigung des Klägers beim Wohnen dürften die Betreuungsleistungen in "N W" jedoch (jedenfalls seit 2005) nicht mehr ausgerichtet sein.
Eine exaktere Vorortung der erbrachten Leistungen innerhalb des § 55 Abs. 2 SGB IX ist jedoch nicht erforderlich. Denn sie entsprechen jedenfalls den notwendigen und hinreichenden Merkmalen aller Eingliederungshilfeleistungen (vgl. zu diesen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erforderlichen Kriterien das Senatsurteil vom 22.12.2014 – L 20 SO 236/13 Rn. 67 ff. mit ausführlichen Nachweisen). Eingliederungshilfe liegt danach vor, wenn deren Ziele mit der begehrten Maßnahme erreicht werden können; dabei ist ein individueller, personenzentrierter Prüfmaßstab anzulegen. Die Ziele der Eingliederungshilfe bestehen darin (vgl. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist ihm die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 2 S. 2 SGB XII, § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs. 2 SGB XII).
Davon ausgehend kommt es darauf an (vgl. Senatsurteil a.a.O. Rn. 68), welche Eingliederungsziele mit der begehrten Maßnahme verfolgt werden (dazu aa) sowie, ob die begehrte Eingliederungsmaßnahme für die Verfolgung dieser Ziele geeignet (dazu bb) und erforderlich (dazu cc) ist.
aa) Die Leistungen an den Kläger waren (auch) im hier fraglichen Zeitraum im Wesentlichen darauf gerichtet, ihm in Ansehung seiner Suchtproblematik und seiner sonstigen psychischen Einschränkungen sowie der damit verbundenen Verhaltensauffälligkeiten ein relativ stabiles und zufriedenes Leben innerhalb der Heimgemeinschaft in "N W" zu ermöglichen. Dies ergibt sich insbesondere aus Schreiben des Hauses vom 11.11.1994 und 03.02.1995, aus den Bekundungen der Zeugen I, G und T bei ihrer Vernehmung im Ortstermin vom 08.01.2014 sowie aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M vom 20.03.2015.
Die Ausführungen der Zeugen I und G zeigen, dass dem Kläger – wenn auch auf geringerem Niveau – u.a. tagesstrukturierende und "integrative" Angebote gemacht wurden, die er auch angenommen hat.
Die Eingliederung in die Heimgemeinschaft von "N W" ist ein legitimes Ziel, das mit Eingliederungshilfe verfolgt werden kann und darf. Es erscheint – insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Klägers – auch angemessen; denn es geht darum, dem Kläger unter Zurückdrängung der negativen Folgen seiner Suchtproblematik und seiner sonstigen psychischen und verhaltensbezogenen Einschränkungen ein möglichst normales und menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
Dem steht nicht entgegen, dass diese Heimgemeinschaft einen nur sehr kleinen und relativ abgeschlossenen Teil der Gesellschaft bildet. Vielmehr reicht für eine Qualifizierung als Eingliederungshilfe aus, dass die Leistung den Berechtigten in die Lage versetzt, in der Gemeinschaft gerade der jeweiligen Einrichtung zu leben und deren Regeln zu befolgen (BSG, Urteil vom 25.09.2014 – B 8 SO 8/13 R Rn. 12). Eingliederungshilfe muss mithin nicht notwendig auf die Eingliederung in die Gesamtgesellschaft gerichtet sein. Unschädlich ist ferner – entgegen der Ansicht des Beigeladenen zu 1 -, dass im streitigen Zeitraum die Betreuungsleistungen für den Kläger in "N W" nicht (mehr) auf eine Verbesserung gerichtet waren, sondern nur mehr auf eine Erhaltung des bestehenden Zustandes. Denn eine "Milderung" der Folgen einer Behinderung i.S.v. § 53 Abs. 3 SGB XII kann auch in der Gewährleistung einer "zustandserhaltenden Beheimatung" (als Leistung der Eingliederungshilfe) bestehen (vgl. bereits mit ausführlicher Begründung Senatsurteil vom 07.04.2008 – L 20 SO 53/06 Rn. 56 f.; wohl zustimmend Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 53 SGB XII Rn. 12; ders. a.a.O. § 54 Rn. 50 m.w.N.).
Für die Erfassung der dem Kläger in "N W" erbrachten Leistungen als Eingliederungshilfe ist schließlich ohne Bedeutung, dass sie in der Vergangenheit durchgehend als "Hilfe zum Lebensunterhalt" bezeichnet und vom Beigeladenen zu 2 (wohl bis heute) auch so abgerechnet wurden. Maßgebend ist nicht die (fehlerhafte) Bezeichnung, sondern allein der tatsächliche Inhalt der erbrachten Betreuungsleistungen (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2015 – B 8 SO 7/14 R Rn. 20). Dieser Inhalt erschöpfte sich eben nicht in der bloßen Sicherstellung des Lebensunterhaltes, sondern lieferte – gerade auch angesichts des fortbestehenden stetigen, vom Kläger weder vermiedenen noch wohl überhaupt vermeidbaren Alkoholkonsums – Alltagsbetreuung, gesundheitliche und soziale Beaufsichtigung, ggf. Krisenintervention sowie Strukturgebung.
bb) Die dem Kläger in "N W" erbrachten Leistungen sind auch geeignet, die zuvor dargestellten Ziele zu erreichen. Denn sowohl seinen eigenen Angaben wie auch den Bekundungen der im Ortstermin als Zeugen gehörten Mitarbeiter von "N W", ferner dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M vom 20.03.2015 lässt sich nachvollziehbar entnehmen, dass der Kläger so gut es geht in die dortigen Abläufe eingebunden ist, und dass die Auswirkungen seiner vom Sachverständigen festgestellten Einschränkungen so in einem tolerablen Rahmen gehalten werden. Dies zweifeln im Übrigen weder die Beklagte noch der Beigeladene zu 1 an.
cc) Die Betreuung des Klägers in "N W" ist schließlich auch erforderlich. Erforderlich ist eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, wenn das angestrebte Eingliederungsziel nicht auch durch andere (gleich geeignete und zumutbare) Maßnahmen erreicht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 8 SO 18/12 R Rn. 17 f.; Urteil des Senats vom 24.06.2014 – L 20 SO 388/13 Rn. 63 ff.). Angesprochen ist damit die in § 55 Abs. 1 SGB IX und § 2 SGB XII zum Ausdruck kommende Subsidiarität der Eingliederungshilfe. Zur Beurteilung des Vorrangs bzw. Nachrangs der dem Kläger in "N W" erbrachten Leistungen im Vergleich zu möglichen Alternativmaßnahmen ist zu beurteilen, auf welches Ziel denkbare Alternativen gerichtet sind, und ob sie mit Blick auf die erhaltenen Leistungen gleich, gleichartig, ihnen entsprechend oder deckungsgleich sind (vgl. dazu Lachwitz in HK-SGB IX, 4. Auflage 2014, § 55 Rn. 8 ff., 12; Luthe in jurisPK-SGB IX, 2. Auflage 2015, § 55 Rn. 22 ff., 23).
Nach diesen Kriterien kommen vorrangige Alternativleistungen für den Kläger nicht in Betracht; vielmehr waren gerade die in "N W" erbrachten Leistungen erforderlich.
(1) Zu einer isolierten Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach § 35 SGB XII (in der hier maßgebenden, bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) hat der Senat bereits ausführlich dargelegt, dass die Vorschrift von vornherein keine gegenüber §§ 53 ff. SB XII eigenständige Hilfeart regelt (vgl. Urteil vom 07.04.2008 – L 20 SO 53/06 Rn. 61). Sie liefert vielmehr nur Bestimmungen zum Umfang von Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII für den Sonderfall, dass die Hilfe zum Lebensunterhalt – wie hier – etwa im Zusammenhang mit Leistungen der Eingliederungshilfe in einer Einrichtung erbracht wird.
Eine abweichende Beurteilung ist auch angesichts des vom Beigeladenen zu 1 herangezogenen Urteils des Verwaltungsgerichts Aachen vom 26.03.2003 – 6 K 1310/99 nicht veranlasst. Diese – noch zum BSHG ergangene – Entscheidung ist mit der allein die Leistungsbemessung, aber nicht eine eigene Leistungsart regelnden Vorschrift zur Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem SGB XII nicht vereinbar. Ohnehin verkennt sie, dass Eingliederungshilfe auch als bloße zustandserhaltende Beheimatung erbracht werden kann (s.o.).
(2) Leistungen zur stationären Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII waren im fraglichen Zeitraum nicht die für den Kläger angemessenen Leistungen. Denn er ist bis heute nicht pflegebedürftig nach den Bestimmungen des SGB XI und bedurfte damit nicht ausschließlich der stationären Pflege in einer Einrichtung (wie sie etwa in dem "N W" angegliederten Altenpflegeheim geleistet wird). Dass der Kläger punktuell – etwa im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, beim Anziehen von Kompressionsstrümpfen, etc. – Pflegeleistungen im Umfang der sog. "Pflegestufe 0" benötigt und in "N W" auch erhalten hat, gibt den dortigen Leistungen nicht insgesamt das Gepräge einer Pflegeleistung.
(3) Hilfen nach den §§ 67 ff. SGB XII kommen schon deshalb nicht als vorrangig in Betracht, weil sie ihrerseits gegenüber der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII subsidiär sind (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.04.2008 – L 20 SO 53/06 Rn. 59 f. m.w.N.).
(4) Schließlich sind – möglicherweise kostengünstigere – ambulante Hilfen zum betreuten Wohnen für den Kläger keine taugliche alternative Hilfeform. Die Beweisaufnahme hat vielmehr deutlich gemacht, dass eine Verselbständigung des Klägers in einer eigenen Wohnung im hier fraglichen Zeitraum mangels entsprechender Ressourcen des Klägers nicht in Betracht kam. Danach ist sogar evident, dass der Kläger mittlerweile einzig in "N W" einigermaßen geordnet leben kann. Es liegt bei seiner Persönlichkeitsstruktur mit jahrzehntelanger Alkoholsucht, beruflicher Unstetigkeit sowie langen Zeiten der Wohnungslosigkeit und ersichtlich fehlenden Ressourcen zu vollständiger Heilung auf der Hand, dass er im Falle einer Beendigung seiner Betreuung in "N W" der konkreten Gefahr von Verwahrlosung, Wohnungslosigkeit und einer massiven Verschlimmerung seines Alkoholismus, letztlich also unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt wäre.
2. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit für den Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe läge bei Anwendung der Vorschriften des SGB XII zwar beim Beigeladenen zu 1 (dazu a). Diese Vorschriften werden jedoch im Außenverhältnis zum Kläger durch die Regelung des § 14 SGB IX überlagert; danach ist die Beklagte (weiterhin) der gegenüber dem Kläger zuständige Leistungsträger (dazu b).
a) Die sachliche Zuständigkeit des Beigeladenen zu 1 bei Anwendbarkeit der Regelungen des Sozialhilferechts ergäbe sich aus § 97 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1b AV-SGB XII NRW. Denn der Kläger hat seit der Vollendung seines 64. Lebensjahres (also seit dem 13.07.1997) Eingliederungshilfe in einer stationären Einrichtung erhalten.
Dass es sich schon bei den dem Kläger seit Juli 1997 erbrachten Leistungen um Eingliederungshilfe (damals §§ 39 ff. BSHG) handelte, folgt aus den bereits zu 1. gemachten Ausführungen. Der Senat ist nach den Berichten aus "N W" vom 11.11.1994 und 03.02.1995 sowie den Auskünften des Zeugen I und dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M vom 20.03.2015 überzeugt, dass der Kläger schon damals an einer wesentlichen Behinderung im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 1 BSHG litt und ihm seitdem Leistungen zur zustandserhaltenden Beheimatung erbracht wurden.
Bei "N W" handelt es sich auch um eine stationäre Einrichtung i.S.v. § 13 Abs. 2 SGB XII (§ 97 Abs. 4 BSHG). Stationäre Einrichtungen sind danach alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen im Bereich der Sozialhilfe zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen. Bei Einrichtungen handelt es sich um einen in einer besonderen Organisationsform zusammengefassten Bedarf von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft. Sie müssen auf eine gewisse Dauer angelegt sowie auf einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten sein und Leistungen der Sozialhilfe erbringen. Weiteres wesentliches Merkmal einer Einrichtung im Sinne des Sozialhilferechts ist die räumliche Bindung an ein Gebäude. In stationären Einrichtungen übernimmt der Einrichtungsträger – anders als in teilstationären Einrichtungen – von der Aufnahme der leistungsberechtigten Person bis zu ihrer Entlassung nach Maßgabe eines angewandten Gesamtkonzepts die Verantwortung für die tägliche Lebensführung der leistungsberechtigten Person (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 13.02.2014 – B 8 SO 11/12 R Rn. 19 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind in "N W" erfüllt. Insbesondere bei der Beweisaufnahme vom 08.01.2014 ist deutlich geworden, dass dort die gesamte Lebensführung (Unterkunft, Ernährung, pflegerische Unterstützung und sonstige Betreuung) des Klägers gesichert und geordnet wurde und wird. Bereits in seiner Entscheidung vom 07.04.2008 – L 20 SO 53/06 (Rn. 52) hat der Senat (bei ähnlichem Betreuungssetting des dortigen Klägers) ausführlich dargelegt, dass es sich bei "N W" um eine stationäre Einrichtung im Sinne von § 13 Abs. 2 SGB XII handelt. Zwischen den Beteiligten ist dies auch wohl nicht mehr umstritten. Soweit zu Beginn der dortigen Unterbringung des Klägers im Hinblick auf die Kostentragung durch die Beklagte darüber gestritten wurde, ob sich der Kläger in einer stationären Einrichtung aufhielt, ist dies durch die zwischenzeitliche Präzisierung des Einrichtungsbegriffs in § 13 Abs. 2 SGB XII und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts überholt.
Die örtliche Zuständigkeit des Beigeladenen zu 1 bei Anwendung des Sozialhilferechts ergäbe sich aus § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII. Danach ist für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten.
Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts in § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII entspricht im Wesentlichen demjenigen in § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I (statt aller Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 98 Rn. 51 m.w.N.). Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Maßgeblich ist, wo sich der Betroffene "bis auf Weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibens aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat (st. Rspr. des BVerwG, z.B. Urteil vom 13.12.2012 – 5 C 25/11 Rn. 23 m.w.N.; BSG, Urteil vom 13.02.2014 – B 8 SO 11/12 R Rn. 18). Ausgehend von diesen Kriterien ist der gewöhnliche Aufenthalt im Rahmen einer vorausschauenden Betrachtung (Prognoseentscheidung) unter Berücksichtigung aller für die Beurteilung der künftigen Entwicklung im Zeitpunkt des Eintreffens am maßgeblichen Ort erkennbaren Umstände zu ermitteln (BSG, Urteil vom 17.12.2014 – B 8 SO 19/13 R Rn. 15; BVerwG a.a.O.). Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts i.S.v. 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII ist sowohl ein objektives Element (Aufenthalt von gewisser Dauer) als auch ein voluntatives Element (Wille, einen bestimmten Ort zukunftsoffen zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen) erforderlich (vgl. insb. Böttinger in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 106 Rn. 43 bis 45; Hohm a.a.O. Schoch in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 98 Rn. 23 ff.; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, 33. Erg.-Lfg. VIII/13, K § 98 Rn. 51).
Der Kläger lebte vor seiner Aufnahme in "N W" etwa sieben Jahre, also für einen nicht unerheblichen Zeitraum, in F und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten in Mietwohnungen; dementsprechend war er auch bei der Beklagten gemeldet. Insofern war nach einer längeren Zeit der Nichtsesshaftigkeit zumindest hinsichtlich des Wohnsitzes eine gewisse Stabilisierung erkennbar. Der Wille, dort zukunftsoffen zu verweilen, ist durch seine einwohnerrechtliche Meldung dokumentiert. Dies und der Umstand, dass der Kläger In F geboren und aufgewachsen ist, rechtfertigen den Schluss, dass er vor der Aufnahme in "N W" auch subjektiv bis auf Weiteres im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten verbleiben wollte.
Da das Stadtgebiet der Beklagten zum Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen zu 1 gehört (vgl. § 1 Abs. 1b der Hauptsatzung des Beigeladenen zu 1 vom 07.09.2005), ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Beigeladenen zu 1 als überörtlicher Sozialhilfeträger.
b) Jedoch sind für die Leistungszuständigkeit im Außenverhältnis zum Kläger nicht die Regelungen des SGB XII einschlägig. Die Zuständigkeit richtet sich vielmehr nach § 14 SGB IX. Diese Norm kann die materiell-rechtlichen Zuständigkeitsvorschriften überlagern (vgl. dazu Luik in jurisPK-SGB IX, 2. Auflage 2015, § 14 Rn. 43, 54); im vorliegenden Fall weist sie die Zuständigkeit für die Leistungserbringung an den Kläger (weiterhin) der Beklagten zu. Das Urteil des Sozialgerichts war dementsprechend zu ändern.
§ 14 SGB IX ist grundsätzlich anwendbar. Denn es geht inhaltlich um eine Rehabilitationsleistung, und die Beklagte ist ein für solche Leistungen zuständiger Träger (vgl. §§ 6 Abs. 1 Nr. 7, 5 Nr. 4SGB IX). Zum hier fraglichen Zeitpunkt (Sommer 2005) war die Vorschrift bereits in Kraft; der Einwand der Beklagten, sie komme in zeitlicher Hinsicht nicht zur Anwendung, geht deshalb fehl. Dass die (entsprechend den nachfolgenden Ausführungen) maßgebliche Kenntnis der Beklagten vom Bedarf des Klägers (§ 14 Abs. 3 S. 2 SGB IX) bereits vor Inkrafttreten des § 14 SGB IX (am 01.07.2001) bestand, ist unbeachtlich, da die Kenntnis auch ab Geltung der Vorschrift weiter fortbestand, ohne dass zuvor im bedarfsauslösenden Sachverhalt eine Veränderung eingetreten gewesen wäre.
Nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX wird unabhängig von den materiell-rechtlichen Zuständigkeitsregelungen derjenige Rehabilitationsträger für die Erbringung einer Rehabilitationsleistung zuständig, der einen Antrag auf Rehabilitationsleistungen nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 14 Abs. 1 SGB IX weiterleitet. Dabei handelt es sich um eine im Außenverhältnis gegenüber dem Leistungsberechtigten endgültige Zuständigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 19/08 R Rn. 12; a.A. BSG, Urteil vom 14.12.2006 – B 4 R 19/06 R).
Dass die streitgegenständliche Leistungsablehnung aus einer laufenden Leistungsbeziehung heraus erfolgte, ohne dass sich der Kläger zuvor (noch einmal) ausdrücklich an die Beklagte gewandt hat, dass also gar kein weiterleitungsfähiger Leistungsantrag vorlag, steht – entgegen der Ansicht der Beklagten – der Anwendung von § 14 SGB IX nicht entgegen. Denn nach § 14 Abs. 3 SGB IX können die Rechtsfolgen der Abs. 1 und 2 der Regelung auch dann eintreten, wenn (ohne vorherigen Antrag) von Amts wegen über einen Anspruch auf Rehabilitationsleistungen entschieden wurde (vgl. Luik, a.a.O. Rn. 117). Dies entspricht ebenso dem Sinn und Zweck von § 14 SGB IX; dieser besteht nicht nur darin, Zuständigkeitszweifel zu beseitigen und dadurch eine möglichst zügige Leistungsgewährung zu gewährleisten, sondern auch darin, Rechtssicherheit schaffen, indem eine im Außenverhältnis einmal begründete Zuständigkeit erhalten bleibt (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.).
Da bislang noch keine Zahlungen für die Betreuung des Kläger in "N W" während des streitigen Zeitraums erbracht wurden, erschiene es zwar denkbar (und möglicherweise prozessökonomisch und sachgerecht), entsprechend den materiell-rechtlichen Zuständigkeitsregelungen des SGB XII anstelle der Beklagten den Beigeladenen 1 zu verpflichten (so noch bei identischer Konstellation das Senatsurteil vom 07.04.2008 – L 20 SO 53/06). Dies widerspräche jedoch dem Charakter des § 14 SGB IX als einer abschließenden Zuständigkeitsbestimmung im Außenverhältnis zum Hilfeberechtigten. Die Beklagte ist daher darauf verwiesen, zur Herstellung des nach der materiell-rechtlichen Zuständigkeitsverteilung vorgesehenen wirtschaftlichen Ergebnisses ggf. nachträglich über § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Beigeladenen zu 1 geltend zu machen (über dessen Erfolgsaussichten etwa mit Blick auf die Frage einer rechtzeitigen Geltendmachung der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht zu entscheiden hat).
Der anderslautenden Entscheidung des Senats vom 07.04.2008 – L 20 SO 53/06 lag noch die Vorstellung zu Grunde, dass § 14 SGB IX lediglich eine alternative, nicht aber eine verdrängende Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers begründe (in diesem Sinne BSG, Urteil vom 14.12.2006 – B 4 R 19/06 R; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2010 – L 20 SO 38/09 ZVW Rn. 93 m.w.N.). Hiervon hat sich der Senat jedoch (im Anschluss an BSG, Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 19/08 R) gelöst (vgl. Urteil des Senats a.a.O. Rn. 94). Begründet aber § 14 SGB IX gegenüber dem Leistungsberechigten eine abschließende Zuständigkeit, kann dies durch (in manchen prozessualen Situationen nach langer Verfahrensdauer und klarer Zuständigkeit nach dem SGB XII deutlich greifbare) Gesichtspunkte sachgerechter Prozessökonomie (die der als obiter dictum geäußerten a.A. des BSG im Urteil vom 14.12.2006 – B 4 R 19/06 R zugrundeliegen mögen) nicht umgangen werden.
3. Ist aber die Beklagte der gegenüber dem Kläger allein zuständige Leistungsträger, so besteht in den beiden streitgegenständlichen Monaten auch eine zivilrechtliche Schuld des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2 (dazu a) in zumindest der mit der Klage geltend gemachten Höhe (dazu b), für welche die Beklagte durch Schuldbeitritt Sozialhilfe zu leisten hat.
a) Nach den Grundsätzen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses (vgl. dazu z.B. Eicher/Jaritz in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 30 ff.; Eicher SGb 2013, 127 ff.; Senatsurteil vom 22.12.2014 – L 20 SO 236/13 Rn. 54; auch der Bundesgerichtshof legt diese Grundsätze seiner neueren Rechtsprechung zu Grunde, vgl. Urteil vom 07.05.2015 – III ZR 304/14) erfolgt die Leistungserbringung auch im Bereich des Sechsten Kapitels des SGB XII auf der Grundlage eines privatrechtsgestaltenden Verwaltungsaktes mit Drittwirkung, mit dem der Sozialhilfeträger der privatrechtlichen Schuld des Leistungsberechtigten (also hier des Klägers) gegenüber dem Leistungserbringer (hier also dem Beigeladenen zu 2) im sog. Erfüllungsverhältnis beitritt (vgl. Jaritz/Eicher a.a.O. Rn. 42 ff. mit ausführlichen Nachweisen u.a. der Rechtsprechung des BSG). Ein Schuldbeitritt ist ohne das Bestehen einer solchen Schuld nicht denkbar (vgl. etwa Senatsurteil a.a.O. m.w.N.; ferner BSG, Urteile vom 28.10.2008 – B 8 SO 22/07 R Rn. 25, vom 02.02.2010 – B 8 SO 20/08 R Rn. 12 und vom 02.02.2012 – B 8 SO 5/10 R Rn. 15).
aa) Allerdings dürfte ein vertragliches Schuldverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2 zu keiner Zeit begründet worden sein.
Der Senat geht (wie bereits ausgeführt) im Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M davon aus, dass der Kläger (mindestens seit 2005) prozess- und damit auch geschäftsunfähig i.S.v. § 104 Nr. 2 BGB ist. Der zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 2 am 03.09.2013 mit Rückwirkung ab dem 01.04.1992 in schriftlicher Form geschlossene Heimvertrag ist damit nichtig (§ 105 Abs. 1 BGB).
Aber auch eine (denkbare) vertragliche Verpflichtung des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2 schon bei Heimaufnahme oder auch zu einem anderen, früheren Zeitpunkt in Form eines konkludent geschlossenen Vertrags über die Kostentragung für die (in "N W" ja tatsächlich in Anspruch genommenen) Betreuungsleistungen hält der Senat für ausgeschlossen. Denn seit der dortigen Aufnahme des Klägers ist sein mentaler bzw. psychischer Zustand und insbesondere das Bild seiner Suchterkrankung mit den damit einhergehenden Verhaltensstörungen erkennbar im Wesentlichen unverändert geblieben. Deshalb geht der Senat davon aus, dass eine Geschäftsunfähigkeit des Klägers bereits bei Aufnahme in "N W" (April 1992) bestand; mithin konnte er gegenüber dem Beigeladenen zu 2 auch durch schlüssiges Verhalten keine wirksamen Willenserklärungen zum Abschluss eines Vertrages äußern (wollte man jedoch abweichend davon ausgehen, dass der Kläger bei Aufnahme in "N W" noch nicht geschäftsunfähig gewesen ist, läge allerdings ein durch schlüssiges Verhalten zustande gekommener Heimvertrag zwischen Kläger und Beigeladenem zu 2 durchaus nahe. Denn der Kläger konnte nicht annehmen, dass ihm die Leistungen in "N W" unentgeltlich zur Verfügung gestellt würden. Dass er sich im Umfang seiner Leistungsfähigkeit an der Tilgung der Heimkosten im Rahmen einer eigenen Schuldverpflichtung beteiligen und der Beigeladene zu 2 ihm die erbrachten Leistungen nicht unentgeltlich zur Verfügung stellen wollte, ist im Übrigen dadurch dokumentiert, dass der Beigeladene zu 2 die Renten- und teilweise auch die Wohngeldzahlungen an den Kläger vereinnahmt hat, ohne dass dieser dem widersprochen hätte. Am Ergebnis einer bestehenden zivilrechtlichen Verpflichtung des Klägers, welcher die Beklagte beizutreten hat – siehe dazu sogleich -, änderte eine solche Sichtweise nichts).
bb) Die zivilrechtliche Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2, welcher die Beklagte beitreten muss, folgt jedoch aus Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA; §§ 683, 677 BGB).
(1) Zwar sind die Regelungen zur GoA nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25.09.2014 – B 8 SO 8/13 R Rn. 20 m.w.N., unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 23.09.1999 – III ZR 322/98 Rn. 7 ff.) nach der Risikozuordnung der §§ 75 ff. SGB XII im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis (grundsätzlich) nicht anwendbar.
Dieser Anwendungsausschluss stellt allerdings nur sicher, dass das Rechtsinstitut der GoA nicht dafür genutzt werden kann, in Umgehung der Regelungen des Heimvertrages i.V.m. den Vereinbarungen nach den §§ 75 ff. SGB XII eine weitere bzw. höhere Heimvergütung gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend zu machen (vgl. dazu BSG a.a.O.). In Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine wirksame zivilrechtliche Vereinbarung zwischen Leistungserbringer und Hilfeempfänger gerade fehlt, greift dieser Grund für den Anwendungsausschluss der GoA indes nicht. Dementsprechend sieht der Bundesgerichtshof (a.a.O. Rn. 10; auf diese Entscheidung hat sich das BSG selbst bezogen) in Fällen unerkannt nichtiger Verträge die Grundsätze der GoA regelmäßig als anwendbar an. Auch der Senat geht davon aus, dass in Fällen wie dem vorliegenden deren Anwendbarkeit gerade nicht ausgeschlossen ist.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 677, 683 BGB (Geschäftsbesorgung, für einen anderen, ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung; vgl. zum Ganzen Sprau in Palandt, BGB, 73 Auflage 2014, § 677 Rn. 1 ff.) sind erfüllt. Der Begriff der Geschäftsbesorgung ist weit zu ziehen; er kann sowohl tatsächliche als auch rechtliche Handlungen umfassen. Am Merkmal "für einen anderen" fehlt es nicht schon deshalb, weil der Beigeladene zu 2 mit der Aufnahme des Klägers in "N W" nicht nur dessen, sondern auch seine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt hat (sog. "Auch-fremdes-Geschäft"; vgl. Sprau, a.a.O. Rn. 6 für ein Altenheim, das einen pflegebedürftigen Rentner aufnimmt, dem ein Anspruch auf Pflegekosten gegen den Sozialhilfeträger zusteht). Wegen der Geschäftsunfähigkeit des Klägers ist der Beigeladene zu 2 auch objektiv ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung tätig geworden; dabei wäre es nicht von Bedeutung, wenn er sich irrtümlich für vertraglich verpflichtet gehalten haben sollte, den Kläger in "N W" zu versorgen (vgl. Sprau, a.a.O. Rn. 11 m.w.N.).
Der Geschäftsführer ohne Auftrag (hier: der Beigeladene zu 2) kann (hier: vom Kläger) wie ein Beauftragter Aufwendungsersatz verlangen (§§ 683 S. 1, 670 BGB). Danach steht ihm der Ersatz der Aufwendungen zu, die er nach den Umständen für erforderlich halten durfte. Umfasst werden Aufwendungen, die zu dem Zeitpunkt, in dem der Beauftragte seine Disposition getroffen hat, nach dem verständigen Ermessen des Beauftragten zur Verfolgung des Auftragszweckes geeignet waren, notwendig erschienen und in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Geschäftsführung für den Auftraggeber standen (Sprau, a.a.O. § 670 Rn. 4 m.w.N.). Die zivilrechtliche Forderung des Beigeladenen zu 2 gegen den Kläger kann sich deshalb an den Beträgen orientieren, die sich aus dem materiellen Sozialhilferecht einschließlich der Vereinbarungen auf der Grundlage der §§ 75 ff. SGB XII ergeben (vgl. hierzu mittelbar etwa OLG Köln, Urteil vom 20.01.1994 – 7 U 127/93; zur Höhe des Anspruchs im Einzelnen s.u. b).
(2) Eine vom Kläger (ggf. als Selbsthilfemöglichkeit zur Vermeidung von Sozialhilfebedürftigkeit; § 2 SGB XII) zu erhebende Verjährungseinrede (vgl. § 194 Abs. 1 BGB), die sich bei Ansprüchen aus GoA nach der zivilrechtlichen Regelfrist des § 195 BGB richtet (vgl. Sprau, a.a.O. Rn. 15; ferner Jaritz/Eicher, a.a.O. Rn. 46.3 f. m.w.N.), steht dem Aufwendungsersatzanspruch des Beigeladenen gegen den Kläger von vornherein nicht entgegen.
Offen bleiben kann dabei, ob aus systematischen Gründen eine Verjährungseinrede durch den Kläger selbst nicht schon deshalb unerheblich wäre, weil sie den Bestand der schuldrechtlichen Forderung des Beigeladenen zu 2 gar nicht berühren würde (und deshalb eine beitrittsfähige Schuld unabhängig von der Verjährung fortbestehen würde, welche die Beklagte – erst – nach Schuldbeitritt allerdings wiederum selbst einwenden könnte).
Erwägungen zur Verjährung des Anspruches sind allerdings keineswegs schon deshalb überflüssig, weil der Kläger erklärt hat, die Verjährungseinrede auf keinen Fall erheben zu wollen. Denn im Falle eines Schuldbeitritts kann die Beklagte als Gesamtschuldner (vgl. dazu A. Röthel in Erman, BGB, 14. Auflage 2014, Vorbemerkungen vor § 414 Rn. 25) selbständig sämtliche Einreden geltend machen, die vor ihrem Beitritt gegen die Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2 entstanden sind (§ 417 Abs. 1 BGB analog; A. Röthel, a.a.O. Rn. 26). Steht im vorliegenden Verfahren zugleich der zivilrechtliche Anspruch des Beigeladenen zu 2 gegen den Kläger als solcher nicht (auch nicht nur mittelbar) im Streit, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Verjährung etwa durch die Klageerhebung und/oder die Beiladung des Beigeladenen zu 2 gehemmt bzw. unterbrochen worden sein könnte (vgl. §§ 203 ff. BGB).
In Fällen der vorliegenden Art wäre es jedoch sowohl für den Kläger als auch für die Beklagte wegen unzulässiger Rechtsausübung treuwidrig (§ 242 BGB), sich auf Verjährung zu berufen. Im vorliegenden Fall könnte es deshalb dem Kläger – unabhängig davon, dass er erklärtermaßen eine Verjährungseinrede ohnehin nicht beabsichtigt – nicht etwa angesonnen werden, als Maßnahme der zumutbaren Selbsthilfe (§ 2 SGB XII) gegenüber dem Beigeladenen zu 2 die Verjährungseinrede zu erheben.
Die Treuwidrigkeit ergibt sich nach Ansicht des Senats als Folge der rechtlichen Erfassung der Leistungsbeziehungen zwischen Kläger, Beigeladenem zu 2 und Beklagter als sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis. Innerhalb dieses Verhältnisses bedient sich die Beklagte als zuständiger Leistungsträger des Beigeladenen zu 2 als Erbringer der materiellen Hilfeleistung, um ihre ihr gegenüber dem Kläger als Leistungsberechtigtem obliegende Aufgabe (hier: Eingliederungshilfe) zu erfüllen. Verlangt in einem solchen Fall der Leistungsberechtigte rechtzeitig Sozialhilfe und kann er seine zivilrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Leistungserbringer nur deshalb nicht erfüllen, weil der Leistungsträger (wie hier) die Hilfeleistung rechtswidrig verweigert, verbietet es die Rechtzeitigkeit der Klage auf Schuldbeitritt dem Sozialhilfeträger, sich selbst auf Verjährung zu berufen bzw. dies von dem Leistungsberechtigten als zumutbare Selbsthilfe zu verlangen. Denn der Leistungsberechtigte wäre seiner zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Leistungserbringer ja nachgekommen, wenn der Leistungsträger rechtmäßig gehandelt hätte, d.h. der Schuldverpflichtung des Leistungsberechtigten im Erfüllungsverhältnis rechtzeitig beigetreten wäre. Die rechtskonstruktive Erfassung der Beziehungen zwischen Leistungserbringer, Leistungsberechtigtem und Leistungsträger als Dreiecksverhältnis darf den Leistungsträger bei rechtswidriger Verweigerung des Schuldbeitritts nicht dadurch entlasten, dass er dem Leistungsberechtigten die Erhebung der Verjährungseinrede abverlangt. Zwar hätte der Leistungsträger (hier: der Beigeladene zu 2) die rechtliche Möglichkeit gehabt, seine Forderung gegen den Leistungsempfänger (der Kläger) titulieren zu lassen. Es erscheint angesichts der rechtswidrigen Verweigerung des Schuldbeitritts jedoch treuwidrig, würde sich der Leistungsträger (der Beklagte) nur deshalb seiner an sich bestehenden Leistungspflicht endgültig entziehen können.
b) Für die Monate November 2005 und Januar 2006 besteht ein Anspruch des Beigeladenen zu 2 auf Aufwendungsersatz gegenüber dem Kläger, welcher zumindest die mit der Klage geltend gemachte Höhe (902,95 EUR für November 2005 bzw. 934,95 EUR für Januar 2006) erreicht. In dieser Höhe ist die Beklagte dem Kläger deshalb – in Form eines entsprechenden Schuldbeitritts – zur Sozialhilfeleistung verpflichtet.
Der Beigeladene zu 2 hat in seine Berechnung zunächst die pauschalierten Pflegekosten entsprechend seinen Vereinbarungen mit dem LWL bzw. dem Kreis C nach §§ 75 ff. SGB XII eingestellt; dies ist nicht zu beanstanden (s.o.). Hinzu kamen noch gesetzlich vorgesehene (Zusatz-)Barbeträge nach § 35 Abs. 2 S. 2 SGB XII (i.d.F. bis 31.12.2010) i.V.m. § 133a SGB XII. Berücksichtigungsfähig ist auch die (nur für November 2006 in Ansatz gebrachte) Bekleidungspauschale; denn diese beruht auf entsprechenden Vorgaben des LWL für die Abrechnung von Aufwendungen für Personen, die in "N W" untergebracht waren.
Seine sich daraus ergebenden Ansprüche gegen den Kläger hat der Beigeladene zu 2 zutreffend ermittelt. Nach der Vergütungsvereinbarung zwischen ihm und dem LWL bzw. dem Kreis C war für die Betreuung des Klägers ein Tagessatz von 47,30 EUR zu berücksichtigen. Der Barbetrag gemäß § 35 Abs. 2 S. 2 belief sich auf 26% des Eckregelsatzes, der wiederum im fraglichen Zeitraum 345 EUR betrug; das ergibt einen Betrag von 89,70 EUR. Den Zusatzbarbetrag nach § 133a SGB XII hat der Beigeladene mit 4,95 EUR, d.h. mit 5% des Renteneinkommens i.H.v. 98,97 EUR, zutreffend bemessen, weil dieser Betrag 15% des Eckregelsatzes nicht übersteigt (vgl. § 21 Abs. 3 S. 4 BSHG).
Danach ergibt sich für die Monate November 2005 bzw. Januar 2006 eine Vergütungsverpflichtung des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2 von 1.528,95 EUR (= 30 Tage x 47,30 EUR + 89,70 EUR + 4,95 EUR + 15,30 EUR) bzw. von 1.560,95 EUR (31 Tage x 47,30 EUR + 89,70 + 4,95 EUR).
Der Kläger macht diese Beträge abzüglich der vom Beigeladenen zu 2 in den beiden Monaten bereits vereinnahmten Rentenzahlungen sowie der von der Beklagten gezahlten Grundsicherungsleistungen (insgesamt 626 EUR monatlich) geltend, so dass sich die streitgegenständlichen Beträge von 902,95 EUR für November 2005 (1.528,95 EUR abzgl. 626 EUR) bzw. 934,95 EUR für Januar 2006 (1.560,95 EUR abzgl. 626 EUR) ergeben. Zwar ist der Abzug dieser Einkünfte (jedenfalls hinsichtlich des Renteneinkommens) nicht zwingend. Denn es geht um stationäre Eingliederungshilfe, die nicht nach dem sog. Netto-, sondern nach dem sog. Bruttoprinzip erbracht wird (vgl. hierzu etwa BSG, Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 17/12 R). Deshalb hätte die Beklagte eigentlich die Leistungen zunächst ohne Berücksichtigung des Einkommens des Klägers zu erbringen gehabt; es hätte ihr oblegen, ggf. nachgelagert eine rechtlich getrennte Heranziehungsverfügung gegen den Kläger zu erlassen (vgl. BSG a.a.O.). Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, weil der Kläger bei Abzug seiner vom Beigeladenen zu 2 bereits vereinnahmten Einkünfte jedenfalls nicht zu viel von der Beklagten fordert.
C) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten für den Beigeladenen zu 2 findet nicht statt, weil er keinen Antrag gestellt hat (vgl. dazu Senatsurteil vom 18.04.2011 – L 20 SO 78/10 Rn. 62, sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 193 Rn. 3b). Für den Beigeladenen zu 1 ergibt sich diese Folge aus § 193 Abs. 4 i.V.m. § 184 Abs. 1 S. 1 SGG.
D) Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Erstellt am: 25.09.2017
Zuletzt verändert am: 25.09.2017