Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 09.12.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im zu Grunde liegenden Verfahren streiten die Beteiligten um die Übernahme der Kosten für die Einschläferung eines Hundes nach § 73 Sozialgesetzbuch (SGB) XII in Höhe von 270,00 EUR.
Der im Bezug von Leistungen nach dem SGB XII stehende Kläger beantragte im November 2013 die Übernahme der Kosten für die Einschläferung seines Hundes. Den gegen die Ablehnung seines Antrags gerichteten Widerspruch wies die Beklagte zurück. Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren sei § 73 SGB XII. Hierbei handele es sich um eine generalklauselsartig formulierte subsidiäre Auffangvorschrift, die besondere Bedarfe erfassen solle, für die eine spezielle gesetzliche Regelung fehle, die sich also weder der im Dritten Kapitel geregelten Hilfe zum Lebensunterhalt noch in den sonstigen, in den Kapiteln vier bis neun ausdrücklich benannten besonderen Hilfearten zuordnen ließe. Haustiere seien der Hilfe zum Lebensunterhalt und hierbei der Abteilung 09 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben zuzuordnen. Nach § 28 i. V. m 27a SGB XII seien Ausgaben für Haustiere allerdings nicht regelbedarfsrelevant, da sie nicht der Existenzsicherung dienten. Die Mehrkosten der Haustierhaltung müsse der Leistungsempfänger grundsätzlich selbst tragen. Dies entspreche auch der Rechtsprechung verschiedener Sozialgerichte (Sozialgericht Düsseldorf, Beschluss vom 12.12.2005 – S 35 SO 225/05ER -; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 25.07.2008 – L 8 B 324/08 SO ER -; Sozialgericht Gießen, Beschluss vom 20.3.2009 – S 29 AS 3/09 ER ). Die Haltung von Haustieren diene damit nicht der Existenzsicherung, so dass es für die Anwendbarkeit des § 73 SGB XII an einer gesetzlichen Regelungslücke mangele (Bescheid vom 15.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2014).
Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Münster mit Gerichtsbescheid vom 09.12.2014 unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid zurückgewiesen. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 16.12.2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers vom 15.01.2015. Die Berufung sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuzulassen. Der Umstand, dass der Regelsatz auch in der Sozialhilfe Kosten für die Tierhaltung nicht umfasse, sei kein Hinderungsgrund für eine Leistungsgewährung nach § 73 SGB XII. Die Leistungsgewährung nach dieser Norm sei gerade für die Lebensbereiche gedacht, für die der nach § 28 SGB XII ermittelte Regelsatz nicht vorgesehen sei. Die Hilfe in besonderen Lebenslagen ergänze den in § 8 SGB XII ausgewiesenen Hilfekatalog. Sonstige Lebenslagen hingegen lägen nur vor, wenn sich die Hilfesituation thematisch oder systematisch keinem Tatbestand der in § 8 SGB XII aufgeführten Hilfen zuordnen lasse. Diese Voraussetzung sei für die Einschläferungskosten eines Hundes gegeben. Im Übrigen beruhe der Gerichtsbescheid auch auf einem Verfahrensmangel nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG. Das Sozialgericht habe die Vermögenssituation des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt und damit den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 96 SGG verletzt, obwohl aufgrund der Klagebegründung zu weiteren Ermittlungen Anlass bestanden habe. Da der Kläger aufgrund einer Verurteilung monatlich 50 EUR als Auflage zu zahlen habe, verblieben ihm von den Regelleistungen nur dauerhaft etwa 300 EUR monatlich, so dass er auch aus diesem Grunde die Kosten Einschläferung seines Hundes nicht tragen könne.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung.
II.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 09.12.2014 ist statthaft, denn der Kläger hat von dem ihm in § 105 Abs. 2 S 2 SGG eingeräumten Wahlrecht, bei nicht zugelassener Berufung alternativ Antrag auf mündliche Verhandlung zu stellen, keinen Gebrauch gemacht. Die Beschwerde wurde auch fristgerecht erhoben und ist damit zulässig, jedoch gemäß § 145 SGG unbegründet.
Nach § 144 Abs. 1 S 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben, denn die streitigen Kosten für die Einschläferung des Hundes belaufen sich auf 270 EUR.
Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3 ). Vorliegend ist keiner dieser drei Zulassungsgründe gegeben.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG dann, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage § 144 Rdz 28 ff m. w. N.). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein.
Ungeachtet der Frage, ob die Vorschrift des § 73 SGB XII, die als Ermessensleistung und damit typische Einzelfallentscheidung ausgestaltet ist, überhaupt eine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage beinhalten kann, scheitert die erstrebte Zulassung der Berufung schon allein bei Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der Norm an der Klärungsbedürftigkeit der streitigen Rechtsfrage, denn sie lässt sich aus dem Gesetz heraus beantworten. Wortlaut und Systematik des § 73 SGB XII machen deutlich, dass die von dieser Norm erfassten Leistungen keinem Tatbestand der in § 8 SGB XII genannten Hilfen zuordnen lässt. Weil mit der Vorschrift unbekannten Notlagen von einigem Gewicht begegnet werden soll, kann § 73 SGB XII entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung keinesfalls so verstanden werden, dass schon bei Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der im SGB XII namentlich aufgeführten Hilfen die Hilfeleistung nach § 73 SGB XII zu erbringen wäre. Aus diesem Grunde ist es auch nicht zulässig, in den sonstigen Lebenslagen einen Anwendungsfall einer allgemeinen Einkommensarmut zu sehen (Verbot der Aufstockung). Aus der systematischen Stellung des § 73 SGB XII im Neunten Kapitel folgt auch, dass sich die Vorschrift nur auf Hilfesituationen beziehen kann, die in ihrer Typizität nicht zur Hilfe zum Lebensunterhalt gehören (Grube in Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 3. Auflage § 73, Rdz 4 u 5 m. w. N.). Die Kosten für das Halten eines Haustieres werden vom allgemeinen Regelsatz umfasst, der den notwendigen Lebensunterhalt abdeckt. Nach §§ 28, 27a Abs. 1 SGB XII umfasst der für die Gewährung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt u.a. die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens, wozu das Halten eines Haustieres gehört. Speziell sind sie im Hinblick auf die Aufteilung des Regelsatzes unter den verschiedenen Aspekten des täglichen Lebens der Abteilung 09 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) zugeordnet. Ausweislich der Gesetzesmaterialien sind die Ausgaben für Haustiere nicht regelbedarfsrelevant, weil nicht existentiell, woraus sich ergibt, dass der Leistungsempfänger sie aus seinen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu tragen hat (BT-Drucksache 17/3404 S 62). Aus diesen Ausführungen des Gesetzgebers ergibt sich, dass die hier streitigen Kosten in ihrer Typizität zur Hilfe zum Lebensunterhalt gehören und damit den Zugriff auf § 73 SGB XII sperren.
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch der nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG geltend gemachte Verfahrensfehler nicht vor. Die Zulassung eines Rechtsmittels wegen Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG setzt voraus, dass das Sozialgericht sich – unabhängig von der Stellung eines hierauf bezogenen Beweisantrags – zu weiteren Ermittlungen aus seiner rechtlichen Sicht hätte gedrängt fühlen müssen (allgemeine Meinung, z. B. Leitherer, a. a. O. § 144 Rdz 34 ff , 103 Rdz 20 jeweils m. w. N). Da das Sozialgericht sich zutreffend der Auffassung der Beklagten angeschlossen und den Anwendungsbereich des § 73 SGB XII als nicht gegeben angesehen hat, bestand kein weiterer Bedarf zur Aufklärung des Sachverhalts.
Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 S 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Erstellt am: 11.06.2015
Zuletzt verändert am: 11.06.2015