Rev. d.Kl. wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30.07.2009 geändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) für den Monat Juni 2008, insbesondere darüber, ob dem Kläger gemäß § 133a SGB XII ein zusätzlicher Barbetrag zur persönlichen Verfügung zusteht.
Der am 00.00.1940 geborene Kläger leidet an einer chronifizierten Psychose. Das Amtsgericht N hat zuletzt mit Beschluss vom 27.07.2006 die bereits bestehende gesetzliche Betreuung für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung sowie Vermögenssorge verlängert. Der Kläger verfügte im Juni 2008 über Einkommen in Gestalt einer gesetzlichen Altersrente i.H.v. monatlich 879,11 EUR (einschließlich Zuschuss für Krankenversicherung von 56,75 EUR).
Der Kläger ist seit 1994 stationär untergebracht. Die Kosten der stationären Unterbringung (einschließlich der Hilfen zum Lebensunterhalt) trug zunächst der Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Im Dezember 2004 berücksichtigte er im Rahmen der Leistungserbringung einen Zusatzbarbetrag i.S.v. § 21 Abs. 3 Satz 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) i.H.v. 29,78 EUR.
In der Zeit von Januar 2006 bis März 2008 bestritt der Kläger seinen Lebensunterhalt einschließlich der Kosten der stationären Unterbringung aus von ihm zuvor gerichtlich durchgesetzten Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüchen (i.H.v. etwa 80.000,00 EUR). Sozialhilfeleistungen bezog er während dieser Zeit nicht.
Mit Antrag vom 28.01.2008 beantragte der Kläger durch seinen Betreuer (erneute) Sozialhilfeleistungen. Er gab an, sein Vermögen bis auf das ihm zustehende Schonvermögen verbraucht zu haben. Er legte ärztliche Atteste des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N aus S vom 23.05.2006 sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. I aus S vom 10.11.1993 vor, ausweislich derer wegen einer paranoid-halluzinatorischen Psychose die weitere (stationäre) Unterbringung in einem Wohnheim erforderlich sei.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger nach Ermittlung der Vermögensverhältnisse mit Bescheid vom 22.07.2008 (Blatt 127 des Verwaltungsvorgangs des Beklagten (VA)) Eingliederungshilfe in Einrichtungen ab dem 01.03.2008. Dabei errechnete er einen vom Kläger zu erbringenden monatlichen Einkommenseinsatz von 743,35 EUR sowie einen einmaligen Vermögenseinsatz für den Monat März 2008 i.H.v. 778,02 EUR. Zur Sicherung seines notwendigen Lebensunterhalts gewährte sie dem Kläger gemäß § 35 Abs. 2 SGB XII einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung von 93,96 EUR für den Zeitraum März bis Juni 2008 sowie ab 01.07.2008 von 94,77 EUR. Diesen Bescheid hob der Beklagte später in einer mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 27.09.2010 auf. Mit weiterem Bescheid ebenfalls vom 22.07.2008 (Blatt 137 VA) bewilligte er dem Kläger wiederum Eingliederungshilfe in Einrichtungen; nunmehr errechnete er für den Monat März 2008 einen einmaligen Vermögenseinsatz von 34,67 EUR.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, vor dem Erbfall sei ihm neben dem Grundbarbetrag ein Zusatzbarbetrag von 29,78 EUR zuerkannt worden, so dass er monatlich insgesamt 123,47 EUR zur freien Verfügung gehabt habe. Ein solcher Zusatzbarbetrag stehe ihm weiterhin zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nach dem Wortlaut des § 133a SGB XII sei davon auszugehen, dass nach einem Wegfall der Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 S. 4 BSHG der Anspruch auf einen Zusatzbarbetrag endgültig verloren sei. Dies folge aus der gesetzlichen Verwendung des Wortes "weiter" vor "erbracht"; hierdurch komme zum Ausdruck, dass es sich um einen zusammenhängenden Leistungszeitraum handeln müsse. Werde jedoch die Leistung unterbrochen, bleibe für einen späteren Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag wie nach früherem Recht kein Raum mehr. Dies gelte umso mehr, als das derzeitige Recht einen solchen Anspruch nicht mehr kenne; im Sozialhilferecht komme es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an, da Sozialhilfe nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage diene und keine rentenähnliche wirtschaftliche Dauerleistung mit Versorgungscharakter sei.
Hiergegen hat der Kläger am 13.08.2008 Klage beim Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die im Widerspruchsbescheid zum Ausdruck kommende, am Wortlaut haftende Auslegung entspreche nicht dem Sinn des Gesetzes. Der Gesetzgeber habe den am 31.12.2004 bestehenden Besitzstand für alle Altfälle aufrecht erhalten wollen. Insofern könne es keinen Unterschied machen, wenn ein Heimbewohner wegen eines vorübergehenden Zuflusses finanzieller Mittel zeitweise nicht mehr hilfebedürftig sei. Vielmehr sei auch dann bei Wiedereinsetzen der Sozialhilfe der Zusatzbarbetrag weiter zu gewähren. Der Sozialhilfeträger handele wider Treu und Glauben, wenn er sich die vorübergehende Aussetzung seiner Leistungen aufgrund eines finanziellen Zuflusses zu Nutze mache, um dann später die an den alten Besitzstand anknüpfenden Leistungen zu verweigern. Für eine Ungleichbehandlung mit anderen Altfällen bestehe kein sachlicher Grund; die im Widerspruchsbescheid vorgenommene Gesetzesauslegung verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG).
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 22.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2008 zu verurteilen, ihm den Zusatzbarbetrag in der für den Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe ab dem 01.03.2008 weiter voll zu erbringen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, Anspruch auf einen Zusatzbarbetrag bestehe jedenfalls dann nicht, wenn die Hilfebedürftigkeit für mehrere Monate unterbrochen gewesen sei.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 30.07.2009 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger den Zusatzbarbetrag in der für den Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe ab dem 01.03.2008 voll zu erbringen.
§ 133a SGB XII enthalte nach seinem Wortlaut keine Regelung für Fälle der Unterbrechung der Hilfebedürftigkeit nach dem 31.12.2004. Die Rechtsauffassung des Beklagten verstoße gegen Treu und Glauben; sie sei rechtsmissbräuchlich. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass der Vertrauensschutz der begünstigten Personen auch zu einem späteren Zeitraum entfallen könne, so hätte er den Wortlaut entsprechend fassen können. Das Bundessozialgericht (BSG) habe den Grundsatz von Treu und Glauben und dessen Unterfall des Rechtsmissbrauchs als ungeschriebene Begrenzung der Geltendmachung von Sozialleistungen anerkannt. Die Feststellung von Rechtsmissbrauch habe sich dabei am Schutzzweck der Norm und ihrem rechtsethischen Gehalt zu orientieren. Schutzzweck und rechtsethischer Gehalt des § 133a SGB XII verlangten einen ausdrücklichen Vertrauensschutz für die Personen, die am Stichtag (31.12.2004) Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag gehabt hätten. Bereits bei wörtlicher Auslegung sei der Vorschrift, die keine Einschränkung vorsehe, zu entnehmen, dass der Gesetzgeber den ohnehin begrenzten Empfängerkreis nicht weiter habe einschränken wollen. Zu berücksichtigen sei dabei insbesondere, dass es sich bei den begünstigten Personen ohnehin um Hilfeempfänger handele, die aufgrund körperlicher und seelischer Gebrechen besonderen Schutz durch Staat und Allgemeinheit genössen. Gerade psychisch erkrankte Hilfeempfänger wie der Kläger könnten nicht nachvollziehen, warum aufgrund einer von ihnen nicht beeinflussbaren Unterbrechung der Hilfeleistung durch eine Erbschaft, welche sie nicht ausschlagen könnten und die allein dem Leistungsträger zugute komme, ihr Vertrauen darauf, nach der Unterbrechung die gleiche Leistung wie zuvor zu erhalten, nicht schutzwürdig sein solle. Für sie sei die Situation nicht anders zu bewerten als diejenige vor Eintritt der von ihnen nicht beeinflussbaren, unvorhergesehenen Unterbrechung. Sie hätten sich vielmehr auf den erhöhten Barbetrag eingestellt. Gerade dieser Personenkreis solle ausweislich der Gesetzesbegründung durch § 133a SGB XII geschützt werden.
Insbesondere seien diese Personen auch nicht mit den Antragstellern vergleichbar, welche erstmalig nach dem 31.12.2004 Leistungen hätten beanspruchen können und für die die Übergangsregelung in § 133a SGB XII nicht gelte. Jene Hilfeempfänger hätten durch die Stichtagsregelung von der zusätzlichen Leistung ausgeschlossen werden sollen, aus Vertrauensschutzgründen hingegen nicht der bisherige Personenkreis. Aus dem Umstand, dass der Kläger sowohl vor als auch während und nach der Unterbrechung des Sozialhilfebezuges wöchentlich den gleichen Geldbetrag (25,00 EUR) als Taschengeld verwendet habe, ergebe sich auch, dass er sich auf den erhöhten Barbetrag eingestellt habe. Folgte man der Rechtsauffassung des Beklagten, müsste der Kläger nunmehr nach langjähriger Praxis sein Verhalten ändern. Dies sei ihm nicht zuzumuten. Das Gesetz bezwecke die Wahrung des Besitzstandes; dafür müsse eine Unterbrechung des Sozialhilfebezugs unschädlich sein.
Gegen das ihm am 20.08.2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 21.08.2009 Berufung eingelegt.
In einer ersten mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 27.09.2010 haben die Beteiligten mit Blick auf das seinerzeit beim BSG anhängige Revisionsverfahren B 8 SO 16/10 R einen Unterwerfungsvergleich geschlossen. Für den Fall, dass dieses Revisionsverfahren ohne Urteil ende, sollte nach der ausdrücklichen vergleichsweisen Regelung das Berufungsverfahren fortgesetzt werden. Nachdem das Verfahren B 8 SO 16/07 R aus verfahrensrechtlichen Gründen ohne Urteil durch Anerkenntnis der klageweise verfolgten Forderung durch die dortige Beklagte geendet hatte, hat der Kläger unter Verweis auf den geschlossenen Unterwerfungsvergleich um Fortsetzung des Berufungsverfahrens gebeten.
Nach Fortsetzung des Verfahrens haben die Beteiligten in der weiteren mündlichen Verhandlung vom 16.04.2012 durch Teilvergleich den streitigen Zeitraum auf den Monat Juni 2008 beschränkt und die weiter streitigen Zeiträume unter den rechtskräftigen Ausgang des vorliegenden Verfahrens unterworfen. Zudem haben sie übereinstimmend erklärt: "Die Leistungen für Juni 2008 sind bis auf den im vorliegenden Verfahren streitigen Zusatzbarbetrag in korrekter Höhe erbracht worden. Insbesondere bedurfte es keiner abweichenden Bemessung im Sinne von § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, weil etwa außergewöhnliche Barbetragsbedarfe bestanden hätten. Im Dezember 2004 hat der Kläger einen Zusatzbarbetrag in Höhe von 29,78 EUR erhalten."
Der Beklagte trägt ergänzend zu seinen erstinstanzlichen Ausführungen vor, nach der Auffassung des Sozialgerichts würde der Anspruch nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG selbst dann wieder aufleben, wenn ein ehemals Leistungsberechtigter wegen einer Erbschaft, eines Lottogewinns usw. über Jahre hinweg keine Sozialhilfe mehr erhalten habe. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass der Gesetzgeber – in Kenntnis des Wegfalls des Zusatzbarbetrages im SGB XII – einen derart "endlosen" Vertrauensschutztatbestand habe schaffen wollen. Entscheidend sei vielmehr auf den Charakter der Sozialhilfe abzustellen, die keine rentenähnliche Dauerleistung mit Versorgungscharakter sein solle. Maßgeblich sei deshalb eine wortlautorientierte Auslegung des § 133a SGB XII.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30.07.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Dauer der Unterbrechung des Sozialhilfebezugs könne kein maßgebliches Kriterium sein; denn dann entfiele bei einer besonders hohen Erbschaft der Anspruch auf den Zusatzbetrag auf Dauer. Gerade in Altfällen wolle der Gesetzgeber Bestandsschutz gewähren. Er – der Kläger – habe auch nach Durchsetzung seiner Pflichtteilsansprüche wegen Auszahlung von Taschengeld (durch seinen Betreuer) an ihn in gleicher Höhe wie zuvor während des Sozialhilfebezuges weiterhin Monat für Monat lediglich Mittel in bisheriger Höhe (25,00 EUR wöchentlich) zur Verfügung gehabt. Sein Ausgabeverhalten habe er nicht geändert. Wer eine hohe Erbschaft erhalte und den Staat hierdurch für einige Zeit vollständig entlaste, könne sicherlich nicht schlechter gestellt werden als der "normale Altfall".
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten sowie der Prozessakte Bezug genommen. Er ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung des Beklagten ist auch ohne Zulassung statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Denn sie betraf im Zeitpunkt ihrer Einlegung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG). Für die Beschwer des Beklagten sind insoweit der erstinstanzlich (zeitlich) offen formulierte Antrag des Klägers und der diesem Antrag folgende Urteilstenor maßgeblich. Der Senat kann deshalb dahinstehen lassen, ob der angefochtene Bescheid vom 22.07.2008, mit dem Leistungen "ab dem 01.03.2008" bewilligt und explizit auch Leistungen ab dem 01.07.2008 der Höhe nach benannt wurden, unter Zugrundelegung eines objektiven Empfängerhorizonts als eine dauerhafte Bewilligung von Leistungen zu verstehen war.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig.
II. Die Berufung des Beklagten ist auch begründet.
Das Sozialgericht hat den Beklagten – als zwar sachlich und örtlich zuständigen Sozialhilfeträger (§ 97 Abs. 1 i.V.m. § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII und § 3 Abs. 2 S. 1 SGB XII sowie § 1 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB XII NRW) in der bis zum 31.05.2009 geltenden Fassung; ein Fall der sachlichen Zuständigkeit des überörtlichen Trägers nach § 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 2 Buchstabe a AG-SGB XII NRW sowie § 2 Abs. 1 Nr. 1b der Ausführungsverordnung zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen in der bis zum 31.05.2009 geltenden Fassung liegt nicht vor, da dem Kläger wegen seines seit Januar 2006 unterbrochenen Sozialhilfebezuges i.S. der letztgenannten Vorschrift nicht "weiterhin" ab dem 65. Lebensjahr eine Leistung in einer stationären Einrichtung erbracht worden ist) – zu Unrecht auf die vom Kläger in zulässiger Weise erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) zur Gewährung höherer Leistungen verurteilt.
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 22.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2008 (§ 95 SGG). Die Beteiligten haben den streitigen Zeitraum in der mündlichen Verhandlung in zulässiger Weise auf den Monat Juni 2008 beschränkt.
Inhaltlich ist die Klage beschränkt auf höhere Leistungen des weiteren notwendigen Lebensunterhalts in Einrichtungen (§ 35 SGB XII in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung (a.F.)). Nicht Gegenstand des Verfahrens sind danach insbesondere Leistungen, die für den Kläger als solche der Eingliederungshilfe durch Übernahme der gegenüber dem Heim bestehenden Zahlungsverpflichtung erbracht wurden. Zwar hat der Kläger die Klage erstinstanzlich (weiter) begrenzt auf den zusätzlichen Barbetrag i.S.v. § 133a SGB XII; dieser Zusatzbetrag ist jedoch untrennbarer Bestandteil des angemessenen Barbetrags zur persönlichen Verfügung (§ 35 Abs. 2 S. 1 SGB XII a.F.) und damit der (laufenden) Leistungen des weiteren notwendigen Lebensunterhalts in Einrichtungen (§ 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII a.F.). Hinsichtlich des (gesamten) weiteren notwendigen Lebensunterhalts ist eine Abtrennung des Streitgegenstandes möglich, nicht allerdings eine darüber hinausgehende Abtrennung allein hinsichtlich des Zusatzbarbetrages (vgl. hierzu eingehend BSG, Urteil vom 26.08.2008 – B 8/9 B SO 10/06 R zu Rn. 12 ff.).
2. Der Kläger kann zunächst höhere laufende Leistungen des weiteren notwendigen Lebensunterhalts nach § 19 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 35 Abs. 1 und 2 SGB XII a.F. nicht etwa deshalb beanspruchen, weil ihm i.S.v. § 35 Abs. 2 S. 2 SGB XII ein höherer angemessener Barbetrag zur persönlichen Verfügung zustünde. Die Vorschrift bestimmt die Höhe dieses Barbetrages mit mindestens 27 vom Hundert des Eckregelsatzes. Diesen Mindestbetrag hat der Beklagte im angefochtenen Bescheid, ausgehend vom bis zum 30.06.2008 maßgeblichen Eckregelsatz von 347,00 EUR, zutreffend ermittelt. Der gesetzliche Mindestbarbetrag reichte auch aus, um zusammen mit dem in der Einrichtung geleisteten Lebensunterhalt den notwendigen Lebensunterhalt des Klägers vollständig sicherzustellen; mangels besonderer Einzelfallgesichtspunkte (§ 9 Abs. 1 SGB XII) kam eine abweichende, höhere Bemessung nicht in Betracht. Hiervon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus.
3. Einziger Ansatzpunkt für die vom Kläger begehrten höheren Leistungen ist deshalb ein Zusatzbarbetrag i.S.v. § 133a SGB XII, wie er ihm im Dezember 2004 i.H.v. 29,78 EUR zur Zeit der Geltung des BSHG gewährt worden war.
Nach dieser Vorschrift wird für Personen, die am 31.12.2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 S. 4 des BSHG haben (hatten), diese Leistung in der für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter erbracht. § 21 Abs. 2 S. 4 BSHG bestimmte, dass der Hilfeempfänger, der einen Teil der Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung selbst trug, einen zusätzlichen Barbetrag in Höhe von fünf vom Hundert seines Einkommens, höchstens jedoch in Höhe von 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes erhielt.
a) Dieser zusätzliche Barbetrag war Bestandteil des angemessenen Barbetrags zur persönlichen Verfügung (s.o.); der Gesamtbarbetrag diente der Erfüllung der persönlichen Bedürfnisse des Hilfeempfängers. Typisierend sollten allein diejenigen Hilfeempfänger privilegiert werden, die während ihres Arbeitslebens durch Beiträge für ihre Alterssicherung vorgesorgt hatten und deren Renteneinkommen durch die mit dem Lebenshaltungskosten steigenden und gestiegenen Heimkosten aufgezehrt wurde; dem Heimbewohner sollte ein über die Bedarfsdeckung hinausgehender Betrag zur freien Verfügung erhalten bleiben (zu alledem BSG, a.a.O. zu Rn. 21 m.w.N.). Die grundsätzliche Abschaffung des zusätzlichen Barbetrages mit dem Wechsel vom BSHG zum SGB XII verfolgte das Ziel, die mit dieser Erhöhung des gesamten zur Verfügung stehenden Barbetrags verbundene Ungleichbehandlung von Leistungsbeziehern innerhalb und außerhalb von Einrichtungen zu beenden (BSG, a.a.O. unter Verweis auf BT-Drucks. 15/3977, S. 7).
Als insoweit Ausnahmen vorsehende Übergangsvorschrift trägt § 133a SGB XII dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes und damit der Verhältnismäßigkeit Rechnung. Der erhöhte Barbetrag sollte solchen Personen erhalten bleiben, die sich auf die bestehende Regelung bereits tatsächlich eingestellt hatten (BT-Drucks. 15/3977 S. 7). Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O. zu Rn. 24) ist der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums dabei zulässigerweise typisierend davon ausgegangen, dass es sich um auslaufendes Recht handele (vgl. BT-Drucks 15/3977, S. 7), da grundsätzlich ältere Personen mit Rentenbezug betroffen seien. Die Stichtagsregelung sei daher vertretbar, soweit sie Personen von einem zusätzlichen Barbetrag ausschließe, die vor dem 01.01.2005 zu keinem Zeitpunkt entsprechende Leistungen erhalten hätten. Auch dann, wenn man es für unangemessen halten wollte, dass durch § 133a SGB XII Begünstigte den Zusatzbarbetrag ohne jegliche zeitliche Begrenzung erhalten, besteht nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) jedenfalls kein aus Art. 3 Abs. 1 GG resultierender Anspruch nicht begünstigter Personen, eine solche Leistung ebenfalls (und) ohne zeitliche Begrenzung zu erhalten. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.
b) Die genannten Gesichtspunkt führen im Falle des Klägers gleichwohl nicht zu einem Anspruch nach § 133a SGB XII. Denn nach Ansicht des Senats reicht ein Anspruch nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG am gesetzlichen Stichtag allein nicht aus, um das Normprogramm der Übergangsregelung (erneut) einsetzten zu lassen, wenn im Anschluss an einen Anspruch auf einen Zusatzbarbetrag nach dem 31.12.2004 der Leistungsfall in der Folgezeit wegen Wegfalls der Bedürftigkeit des stationär untergebrachten Hilfeempfängers für einen längeren Zeitraum unterbrochen war. In einer solchen Konstellation handelt es sich nicht mehr um einen von § 133a SGB XII erfassten Übergangsfall beim Wechsel vom BSHG in das SGB XII.
Der Gesetzeswortlaut ("weiter erbracht") steht einer solchen Auslegung jedenfalls nicht entgegen (vgl. hierzu die Ansicht im Urteil des LSG NRW vom 31.03.2011 – L 9 SO 45/09 zu Rn. 32, Revision anhängig unter B 8 SO 11/11 R, wo dem Gesetzeswortlaut – sogar im entgegengesetzten Sinne – entnommen wird, der Anspruch auf den zusätzlichen Barbetrag verlange den ununterbrochenen Fortbestand des Anspruchs dem Grunde nach; vgl. auch LSG NRW, Urteil vom 18.02.2010 – L 9 SO 33/08 zu Rn. 26 ff.; dem folgend etwa Armborst in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 133a Rn. 3; a.A. etwa Sächs. LSG, Urteil vom 15.06.2009 – L 7 SO 15/08 zu Rn. 17; Becker in juris-PK, § 133a Rn. 18); ihm lässt sich nicht zwingend entnehmen, das auf Fälle eines Sozialhilfebezugs im Übergangszeitpunkt von BSHG zum SGB XII zielende Übergangsrecht des § 133a SGB XII entfalte auch in Fällen einer erst späteren, neuerlichen Sozialhilfebedürftigkeit Wirkung (die Unklarheit des Gesetzeswortlauts mit Blick auf ein Ende des Anspruchs hebt Rabe in Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 4. Aufl. 2009, § 133a Rn. 3, hervor).
Vielmehr kann für einen Anspruch nach § 133a SGB XII auch angesichts der vom BSG (Urteil vom 26.08.2008, a.a.O.) eingehend und zutreffend beschriebenen gesetzlichen Zielrichtung auf einen Fortbestand der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit seit dem gesetzlichen Stichtag nicht verzichtet werden (H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl. 2010, § 133a Rn. 5). Der Anspruch auf Gewährung des Zusatzbarbetrages ist mithin abhängig vom Fortbestand des Anspruchs auf einen Barbetrag dem Grunde nach (Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, Loseblatt § 133a Rn. 3; Rabe, a.a.O.). Auch wenn er im Gesetz bei ununterbrochener Hilfebedürftigkeit zeitlich unbefristet vorgesehen ist, führt ein Entfallen der Hilfebedürftigkeit z.B. wegen Einkommens oder Vermögens des Hilfebedürftigen zum Wegfall des Anspruchs (H. Schellhorn, a.a.O. Rn. 6).
Eine im Anschluss daran ggf. erneut entstehende Hilfebedürftigkeit ist kein Umstand mehr, den die die Umstellung der Leistungen vom BSHG auf das SGB XII zum 01.01.2005 berücksichtigende Übergangsregelung noch erfassen würde. Insofern wird ein Hilfebedürftiger wie der Kläger, der nach dem 31.12.2004 für längere Zeit der Sozialhilfe nicht mehr bedurfte, bei dieser Lesart des Gesetzes nicht anders behandelt als etwa ein erstmals nach dem 31.12.2004 für einen Aufenthalt in einer Einrichtung bedürftig Gewordener. Es wäre – auch wenn man wie der Senat den Ausführungen des BSG (a.a.O.; vgl. oben a) zur hinreichenden Sachgerechtigkeit der Ungleichbehandlung zwischen von § 133a SGB XII erfassten und nicht erfassten Hilfebedürftigen grundsätzlich folgt – jedenfalls nicht zu rechtfertigen, wenn ein nach längerer Zeit günstigerer wirtschaftlicher Verhältnisse erneut hilfebedürftig Gewordener gegenüber anderen Hilfebedürftigen durch Gewährung eines Zusatzbarbetrages auch dann wieder deutlich privilegiert würde. Denn er hatte während der Zeit seiner besseren wirtschaftlichen Verhältnisse – ebenso wie ein erstmals Bedürftiger – Gelegenheit, sich auf seine für die Zukunft (wieder) zu erwartende Sozialhilfebedürftigkeit einzustellen. Musste der Kläger in dieser Zeit nicht auf Mittel der Sozialhilfe, sondern konnte er auf eigene finanzielle Ressourcen zurückgreifen, wurde gesetzlich von vornherein kein Vertrauen in die Gewährung des Zusatzbarbetrages mehr "fortgeschrieben"; die gesetzgeberische Intention, den Personen, die sich bereits tatsächlich auf einen weiteren Erhalt des erhöhten Barbetrags eingestellt hatten, den Zusatzbetrag weiter zu gewähren (BT-Drucks. 15/3977, S. 7), trifft diese Konstellation gerade nicht (a.A. Becker, a.a.O. Rn. 17 f.; Dauber in Mergler/Zink, SGB XII, Stand Januar 2011, § 133a Rn. 3). Es wäre darüber hinaus nicht zu rechtfertigen, erneut bedürftig gewordene Personen wie den Kläger besserzustellen als etwa Personen, die nach längerem Bezug des Zusatzbarbetrages wegen einer kurzfristigen wirtschaftlichen Besserstellung z.B. ab November 2004 im Dezember 2004 keinen Sozialhilfeanspruch mehr hatten, die jedoch einige Zeit später erneut hilfebedürftig wurden. Diese erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 133a SGB XII, obwohl auch ihnen schon während der für sie wirtschaftlich günstigeren Zeit bereits eine künftige Sozialhilfebedürftigkeit bevorstand, bei der gesetzlich erwartet wurde, dass sie sich auf das Ausbleiben eines Zusatzbarbetrags einstellten.
Die demgegenüber vom Kläger gerügte Ungleichbehandlung im Vergleich zu Personen, die am 31.12.2004 und nachfolgend dauerhaft einen entsprechenden Anspruch hatten, ist sachlich gerechtfertigt und verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der Kläger hätte sich gerade nicht mehr wie dieser Personenkreis auf ein Wirtschaften mit einem Gesamtbarbetrag unter Einschluss eines zusätzlichen Barbetrages einstellen müssen, sondern seine Ausgaben an seinen – günstigeren – eigenen Mitteln ausrichten können. Dass der Kläger tatsächlich sein Ausgabeverhalten auch nach Zufluss erheblicher wirtschaftlicher Mittel nicht geändert hat, sondern in Absprache mit seinem Betreuer von diesem weiterhin wie zu Zeiten des Leistungsbezuges (mit Zusatzbarbetrag) lediglich ein wöchentliches Taschengeld von 25,00 EUR zur freien Verfügung erhielt, ist für die Beurteilung des Sachverhalts unerheblich. Zwar wäre der Kläger zu einer solchen einschränkenden Verwendung seiner Eigenmittel nicht verpflichtet gewesen und hat dadurch – im Ergebnis zur Entlastung der Allgemeinheit – den Wiedereintritt seiner Hilfebedürftigkeit hinausgeschoben. Dies beruht jedoch allein auf einer – den Angaben seines Betreuers zufolge auch den individuellen Bedürfnissen des Klägers Rechnung tragenden – persönlichen Entscheidung im Einzelfall, welche die Auslegung des § 133a SGB XII nicht beeinflussen kann.
c) Der Senat kann offen lassen, ob sich eine andere rechtliche Beurteilung ergäbe, wenn die Hilfebedürftigkeit nach dem 31.12.2004 nur für eine kurze Zeit entfallen wäre (so Sächs. LSG, a.a.O. zu Rn. 18 für einen Bedürftigkeitswegfall von fünf Monaten aufgrund einer Erbschaft; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auf. 2010 § 133a, der kurze Unterbrechungen etwa analog einer "kurzen Dauer" i.S.v. § 38 Abs. 1 SGB XII für unbeachtlich ansieht). Jedenfalls bei einem Bedürftigkeitswegfall von mehr als zwei Jahren wie beim Kläger, der etwa den regelmäßigen Bewilligungszeitraum von Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII von zwölf Monaten deutlich überschreitet, geht es nicht mehr um eine nur kurze Unterbrechung der Sozialhilfebedürftigkeit.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz.
IV. Die Revision wird zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), weil die höchstrichterliche Klärung der Reichweite des § 133a SGB XII aussteht. Der im bereits anhängigen Revisionsverfahren B 8 SO 11/11 R zur Prüfung anstehende Sachverhalt unterscheidet sich im Übrigen von dem vorliegenden dadurch, dass dort der stationäre Hilfebedarf selbst – im Sinne einer gleichbleibenden Lebenssituation, welche im Dezember 2004 zu einem Zusatzbarbetrag berechtigt hatte – zeitweise unterbrochen war, während im vorliegenden Fall bei Fortbestehen der hilfefordernden Lebenssituation und des stationären Aufenthalts lediglich die wirtschaftliche Bedürftigkeit zeitweise entfallen war.
Erstellt am: 03.06.2014
Zuletzt verändert am: 03.06.2014