I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Berufung wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 893,19 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin fordert von der Beklagten Kostenerstattung für eine stationäre Behandlung.
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus der Maximalversorgung, in dem auch ein sogenannter Schockraum eingerichtet ist. Der bei der Beklagten unfallversicherte E.K. (Versicherter) fiel am 24. September 2012 bei Ladearbeiten aus ca. 3 m Höhe. Der Versicherte wurde mit dem Notarzt am selben Tag kurz vor 15 Uhr in besagtem Schockraum aufgenommen.
Nach dem Bericht des Durchgangsarztes (D-Arzt) vom 27. September 2012 sowie dem Arztbrief vom 24. September 2012 erfolgten eine klinische und radiologische Untersuchung und eine Beratung, außerdem wurde ein HNO-Arzt hinzugezogen. Als Diagnosen wurden eine nicht dislozierte Nasenbeinfraktur, eine subtotale Amputation der Nasenspitze, eine Defektwunde an Nasenrücken und linker Wange sowie eine Platzwunde an der Stirn angegeben. Auf das Anlegen eines Nasengipses wurde verzichtet. Es bestand weder Bewusstlosigkeit noch Amnesie, Übelkeit oder Erbrechen. Die Risswunden wurden in lokaler Anästhesie versorgt und es erfolgte eine Tetanusauffrischimpfung. Als Art der Heilbehandlung wurde ambulante Behandlung angegeben. Der Versicherte lehnte eine stationäre Aufnahme ab und wurde gegen 17:30 Uhr entlassen.
Die Klägerin forderte mit Rechnung vom 9. Oktober 2012 von der Beklagten 893,19 EUR für die Behandlung des Versicherten am 24. September 2012 nach DRG D65Z.
Da der Beratungsarzt der Beklagten keine stationäre Behandlung erkennen konnte, lehnte die Beklagte eine Zahlung der Rechnung ab und forderte die Klägerin zur Abrechnung nach UV-GOÄ auf.
Am 21. August 2013 ließ die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten Klage zum Sozialgericht Augsburg erheben. Es habe eine stationäre Versorgung stattgefunden. Entscheidend sei nicht der Umfang der Behandlung, sondern dass die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch genommen worden sei. Es habe hier eindeutig Schockraumindikation bestanden. Das Leistungsangebot des Schockraums erfülle sicher die Kriterien einer stationären Versorgung. Die stationäre Behandlung sei entgegen des ärztlichen Rates abgebrochen worden. Bei nicht auszuschließender akuter Lebensgefahr zu Beginn der Behandlung sei die Aufnahme nicht in einer Ambulanz, sondern in der stationären zentralen Notaufnahme erfolgt.
Die Beklagte hat erwidert, der Versicherte sei zwar im Schockraum behandelt worden, habe aber eine stationäre Behandlung abgelehnt und sei nicht in den stationären Versorgungsbereich eingegliedert worden.
Für die Klägerin wird beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 893,19 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
9. November 2012 zu zahlen.
Für die Beklagte wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, in der Sache hat sie aber keinen Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen der Behandlung des Versicherten am 24. September 2012 keinen Zahlungsanspruch.
Der von der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 893,19 EUR für eine stationäre Behandlung des Versicherten am 24. September 2012 gemäß der Rechnung des Klinikums vom 9. Oktober 2012 kann sich nur aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben. Allgemeine vertragliche Beziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten über die Vergütung stationärer Behandlungen von Versicherten bestehen nicht, insbesondere ist die Klägerin nicht am Vertrag Ärzte/UV-Träger beteiligt und es gilt auch das krankenversicherungsrechtliche Regelungsregime nicht (entsprechend). Durch die stationäre Aufnahme des Versicherten, auch wenn dieser auf Veranlassung eines Durchgangsarztes eingewiesen worden ist, ist ebenfalls keine vertragliche Beziehung zustande gekommen (vgl. zum Ganzen Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 12. Januar 2010, B 2 U 28/08 R).
Allein in Rechnung gestellt wurde eine stationäre Behandlung, da nur die Rechnung vom 9. Oktober 2012 vorliegt, die auf dem Fallpauschalensystem basiert. Eine wenigstens hilfsweise Inrechnungstellung einer ambulanten Behandlung ist nie erfolgt, so dass insofern schon kein erfüllbarer und fälliger Anspruch gegeben ist.
Ungeachtet der Frage, ob im Bereich der Behandlung gesetzlich unfallversicherter Personen überhaupt eine Abrechnung auf der Grundlage des jeweils gültigen Fallpauschalenkatalogs (G-DRG) erfolgt, ist jedenfalls eine stationäre Behandlung nach G-DRG 2012 Ziffer D65Z (Verletzung und Deformität der Nase) nicht abrechenbar. Daher besteht kein Anspruch auf Zahlung der Rechnung vom 9. Oktober 2012. Zwar ist die Beklagte grundsätzlich zuständiger Unfallversicherungsträger und hat damit nach § 26 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) vorliegend auch für stationäre Behandlung des Versicherten E.K. wegen des Arbeitsunfalls vom 24. September 2012 aufzukommen. Die hier erfolgte ärztliche Behandlung im Schockraum der Klägerin kann jedoch nicht als stationäre Krankenhausbehandlung gewertet werden. Das ergibt sich recht deutlich bereits aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen, namentlich dem Arztbrief des Klinikums A-Stadt vom 24. September 2012 und dem D-Arzt-Bericht vom 27. September 2012. Aus ihnen lässt sich entnehmen, dass die Diagnostik, welche im sogenannten Schockraum des Klinikums A-Stadt durchgeführt wurde, letztlich zeigte, dass eine stationäre Aufnahme nicht erforderlich war. Die klinische Behandlung der Unfallverletzungen erschöpfte sich dann im Nähen einer Risswunde und einer Tetanusauffrischimpfung. Zudem hat der Versicherte bereits nach kurzer Zeit, etwa 2 1/2 Stunden nach seiner Einlieferung, das Klinikum wieder verlassen. Damit hatte gerade noch keine Einbindung in das stationäre Versorgungssystem des Krankenhauses stattgefunden.
Das folgt ebenso wenig aus der Behandlung im sogenannten Schockraum. Das Gericht kann der Ansicht der Klägerin, damit habe der Patient quasi die Schwelle zur stationären Krankenhausbehandlung überschritten, nicht folgen. Zwar ist zu sehen, dass die Klägerin in ihrem Schockraum eine zeitlich und örtlich konzentrierte Versorgung und Diagnostik zur Verfügung stellt. Allerdings handelt es sich dabei ihrer Art nach nicht um Leistungen, die nicht auch ambulant erbracht werden könnten. Das ergibt sich für das Gericht nicht zuletzt aus dem Vortrag der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung. Die bloße Konzentration begründet noch nicht eine andere Qualifizierung, nämlich als stationäre Behandlung, weil damit noch keine spezifische Einbindung in das Versorgungssystem eines Krankenhauses verbunden ist. Vielmehr ermöglicht nach Auffassung des Gerichts der Schockraum eine – bei bestimmten Verletzungsmustern jedenfalls wünschenswerte – raschere Diagnostik und Entscheidung über die weitere Behandlung. Die Schockraumbehandlung als solche dient aber erst der Klärung. Der von der Klägerin übergebene "Schockraum-Algorithmus" verdeutlicht das, indem er damit endet, dass der Patient in die weitere Behandlung überführt wird. Auch wenn dabei die Variante einer ambulanten Behandlung nicht aufgeführt ist, zeigen gerade der vorliegende und ein weiterer, an diesem Tag verhandelter Fall, dass diese durchaus auftreten kann. Die Klägerin kann es aber nicht in der Hand haben, durch entsprechende Beschreibungen die Art der Behandlungen einzustufen.
Hinzu kommt, dass der Versicherte selbst keine Beschwerden angab und recht frühzeitig eine stationäre Behandlung ablehnte. Damit konnte zu keinem Zeitpunkt die Klägerin als Fremdgeschäftsführerin für die Beklagte annehmen, dass sie zu einer stationären Krankenhausbehandlung berechtigt wäre bzw. dies im Interesse der Beklagten liege.
Die Annahme einer stationären Behandlung kann ferner nicht auf die vom Versicherten unterzeichnete Erklärung vom 24. September 2012 "Erklärung wegen Abbruchs bzw. Ablehnung der stationären Krankenhausbehandlung" gestützt werden. Denn wie deren Titel schon klar macht, umfasst diese eben nicht nur den Fall des Abbruchs einer bereits begonnenen stationären Behandlung, sondern auch den Schritt davor, nämlich die Weigerung, sich in stationäre Behandlung zu begeben. Hinzu kommt vorliegend, dass die zweitgenannte Alternative umkringelt ist und auch im Arztbrief vom 24. September 2012 von der Ablehnung der stationären Behandlung gesprochen wird.
Auch die Rechnungstellung auf der Basis einer Fallpauschale ist hier ohne Relevanz, weil deren Berechtigung gerade infrage steht.
Daher ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 54 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Soweit ersichtlich, ist die Frage, ob die Behandlung im Schockraum eines Krankenhauses nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung als stationäre Behandlung zu werten und zu erstatten ist, noch nicht ober- oder höchstrichterlich geklärt. Daher wird die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG zugelassen.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Zugrunde gelegt wird der von der Klägerin geforderte streitige Betrag; der geltend gemachte Zinsanspruch ist wegen § 43 Abs. 1 GKG nicht zu berücksichtigen.
Erstellt am: 17.12.2013
Zuletzt verändert am: 17.12.2013