I. Der Bescheid der Beklagten vom 8. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2011 wird aufgehoben und es wird festgestellt, das der Unfall des Klägers vom 29. April 2010 ein bei der Beklagten versicherter Arbeitsunfall ist.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1955 geborene Kläger verdrehte sich am 29. April 2010 das linke Knie, als er seinen pflegebedürftigen Vater vom Bett in den Toilettenstuhl umsetzen wollte. Der Durchgangsarzt stellte am 17. Mai 2010 einen Erguss am linken Kniegelenk fest mit Druckschmerzhaftigkeit und vermutete eine Läsion des Innenmeniskus. Dem Kläger wurde Arbeitsfähigkeit bescheinigt. Die Kernspintomographie am 17. Juni 2010 zeigte dann Veränderungen am Meniskus des linken Kniegelenks sowie eine Signalerhöhung entlang des Innenbandes und der Quadrizepssehne.
Der Kläger gab gegenüber dem Rechtsvorgänger der Beklagten (im Folgenden ebenfalls: die Beklagte) an, er sei durch einen Übergabevertrag zur Pflege seines Vaters verpflichtet.
Mit besagtem Übergabevertrag vom 21. November 1978 war dem Kläger von seinen Eltern deren landwirtschaftliches Anwesen übergeben worden. Für die Anwesensübergabe und zur Sicherung des Lebensbedarfs war ein unentgeltliches Leibgedings vereinbart worden, dinglich gesichert durch eine Reallast, nachdem der Kläger seinen Eltern auf Lebenszeit auch Wart und Pflege in den Tagen des Alters, der Gebrechlichkeit und Krankheit schuldet.
Die weiteren Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass der Vater des Klägers seit 1. Juli 2008 in Pflegstufe 2 eingestuft ist und von seiner gesetzlichen Krankenkasse Pflegegeld erhält. Auch pflegte der Kläger seit Jahren seinen Vater.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Beigeladene mit, ihre Zuständigkeit scheide aus, weil der Haushalt, in dem sich der Unfall zugetragen habe, nicht vom landwirtschaftlichen Betrieb geprägt sei.
Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit Schreiben vom 8. November 2010 ab, weil der Kläger bei ihr nicht als Pflegeperson versichert sei. Denn er schulde die Pflege aufgrund des Übergabevertrags.
Erst am 17. August 2011 legte der Kläger Widerspruch ein. Es sei versäumt worden, eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen. In der Sache wurde vorgetragen, die Landwirtschaft sei aufgegeben worden, so dass die Pflegetätigkeit nicht an den Übergabevertrag gebunden sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchbescheid vom 9. September 2011 als unbegründet zurück. Die Pflegeleistung stelle eine unternehmerische Tätigkeit dar. Denn ohne sie wäre es nicht zu dem Übergabevertrag gekommen. Eine arbeitsnehmerähnliche Tätigkeit resultiere aus dem Vertrag ebenfalls nicht.
Dagegen hat der Kläger am 7. Oktober 2011 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Die Begründung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Jeder, der pflege, sei in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.
Mit Beschluss vom 15. November 2011 ist die Land- und fortwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niederbayern/Oberpfalz und Schwaben beigeladen worden.
Der Kläger beantragt:
Der Bescheid der Beklagten vom Beklagten vom 8. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2011 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Unfall des Klägers vom 29. April 2010 ein bei der Beklagten, hilfsweise bei der Beigeladenen versicherter Arbeitsunfall ist.
Für den Beklagten wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Für die Beigeladenen wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 30. Januar 2012 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Insbesondere hat die Beklagte über den Widerspruch des Klägers in der Sache entschieden, so dass eine etwaige Verfristung geheilt wäre.
Die Klage hat im Hauptantrag in der Sache Erfolg.
Der Kläger hat Anspruch auf die Feststellung, dass er am 29. April 2010 einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall erlitten hat. Der Bescheid der Beklagten vom 8. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2011 ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 8 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (Bundessozialgericht – BSG, Urteil vom 4. September 2007, B 2 U 28/06 R; Urteil vom 27. April 2010, B 2 U 11/09 R).
Der innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005, B 2 U 29/04 R).
Der Kläger hat bei dem Unfall am 29. April 2010 einen Gesundheits(erst)schaden erlitten. Dies ergibt sich aus dem Durchgangsarztbericht vom 17. Mai 2010 und weiteren ärztlichen Unterlagen. Demnach ist es am 29. April 2010 zu einer Verletzung des linken Kniegelenks gekommen.
Bei der unfallbringenden Verrichtung am 29. April 2010, dem Umheben seines Vaters vom Bett in den Toilettensitz, stand der Kläger auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a und b SGB VII:
Diese Tatbestände gewähren – bei Zugehörigkeit zu einer landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft – Unternehmern eines landwirtschaftlichen Unternehmens und ihren im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner sowie im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitenden Familienangehörigen Versicherungsschutz.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar ist der Kläger Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes, der auch bei der Beigeladenen als Mitglied geführt wird. Zum einen bewirtschaftet er aber nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung seit vielen Jahren die Flächen nicht mehr selbst, sondern hat diese verpachtet oder lässt sie anderweitig bewirtschaften. Und auch eine Viehhaltung existiert seit Jahrzehnten nicht mehr, so dass schon eine Unternehmerstellung fraglich ist. Zum anderen hat sich der Unfall vom 29. April 2010 im Haushalt zugetragen. Der Haushalt diente jedenfalls nicht mehr im Sinn des § 124 Nr. 1 SGB VII wesentlich dem landwirtschaftlichen Unternehmen. Denn mangels eines noch selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebes ist auch keine besondere landwirtschaftliche Prägung des Haushalts des Klägers mehr feststellbar, die ihn von privaten Haushalten abgrenzen könnte. Vielmehr stellte sich der Haushalt des Klägers als "normaler" Privathaushalt dar, der lediglich örtlich in einem landwirtschaftlichen Anwesen untergebracht ist. Dass die Situation früher, vor allem bei der Übergabe des landwirtschaftlichen Anwesens an den Kläger im Jahr 1978, eine andere war – und eine landwirtschaftliche Prägung damals bestanden haben mag, ist unerheblich. Denn maßgeblich sind stets nur die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Unfalls. Anders wäre eine nachvollziehbare Beurteilung nicht möglich. Eine frühere landwirtschaftliche Prägung des Haushalts kann daher nicht fortwirken und zu einem Fortbestehen – mit welcher zeitlichen Grenze? – eines einmal begründeten Unfallversicherungsschutzes führen.
Infolge der Übergabe hatte auch der Vater des Klägers im Unfallzeitpunkt kein landwirtschaftliches Unternehmen mehr, das seinen Haushalt hätte prägen können.
Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII:
Auch als Beschäftigter war der Kläger nicht versichert, weil weder aufgrund des Übergabevertrags noch sonst ein entsprechendes Beschäftigungsverhältnis zwischen ihm und seinem pflegebedürftigen Vater bestand. Aus dem Übergabevertrag vom 21. November 1978 resultierte dies nicht, weil die Verpflichtung zu Wart und Pflege – unter die die unfallbringende Tätigkeit des Klägers zu fassen ist – unentgeltlich erfolgt und vor allem eine Gegenleistung für die Übergabe des Anwesens darstellt. Somit wurde damit kein
Über-/Unterordnungsverhältnis geschaffen. Dies wäre ohnehin zwischen nahen Angehörigen in einem so persönlichen Bereich wie dem der Pflege die Ausnahme. Ein entsprechender Wille müsste daher in unverkennbarer Weise kundgetan werden. Dies war aber vorliegend nicht der Fall, weil sich dafür weder in dem Übergabevertrag noch sonst eine deutliche Willensbekundung findet.
Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII:
Aufgrund der eben angeführten Argumente scheidet auch eine arbeitnehmerähnliche Stellung des Klägers zu seinem Vater aus (siehe auch § 4 Abs. 4 SGB VII).
Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII:
Der Kläger war jedoch als Pflegeperson versichert. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sind Pflegepersonen im Sinne des § 19 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) bei der Pflege eines Pflegebedürftigen im Sinne des § 14
SGB XI versichert; die versicherte Tätigkeit umfasst Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und – soweit diese Tätigkeiten überwiegend Pflegebedürftigen zugutekommen – Pflegetätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 14 Abs. 4 SGB XI).
Pflegepersonen gemäß § 19 Satz 1 SGB XI sind Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI in seiner häuslichen Umgebung pflegen, also jemanden, der wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf.
Der Vater des Klägers ist ausweislich der Mitteilungen der Krankenkasse im Verwaltungsverfahren seit 1. Juli 2008 in Pflegestufe 2 eingestuft und damit pflegebedürftig im o.g. Sinn und er bezieht von der Krankenkasse auch Pflegegeld nach der Pflegestufe 2.
Auch pflegte der Kläger seinen Vater in nicht erwerbsmäßiger Weise in dessen häuslicher Umgebung, indem er regelmäßig Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftliche Verrichtungen im Sinn des § 14 Abs. 4 SGB XI verrichtet. Das folgt aus den Auskünften der Krankenkasse und den glaubwürdigen Angaben des Klägers.
Die Pflege ist auch nicht deswegen als erwerbsmäßig anzusehen, weil der Kläger zum größten Teil von den Renten seines Vaters und einem Teil des weitergeleiteten Pflegegeldes seines Vaters seinen Lebensunterhalt bestreitet. Bei der Pflege von nahen Angehörigen ist zu vermuten, dass eine Erwerbsmäßigkeit fehlt (vgl. Bereither-Hahn/Mehrtens, Unfallversicherung, § 2 Rz. 33.3; Vereinbarung der DGUV e.V. zur Abgrenzung der Zuständigkeit bei häuslicher Pflege, Ziffer 1.1). Diese Vermutung ist auch hier nicht widerlegt: Zwar bestreitet der Kläger seinen Lebensunterhalt nach seinen eigenen Angaben zum weitaus größten Teil aus den beiden Renten seines Vaters und dem anteiligen weitergeleiteten Pflegegeld. Dennoch bewegt sich der absolute Betrag der Zuwendung noch in einem Rahmen, der das Übliche nicht wesentlich überschreitet. Der Vater des Klägers bezieht zwei Renten von etwa 900 EUR monatlich. Außerdem erhält der Kläger seinen Angaben zufolge 220 EUR vom monatlichen Pflegegeld seines Vaters. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger aus den Renten seines Vaters auch noch dessen Lebensunterhalt bestreiten muss. Es ist also davon auszugehen, dass der verbleibende Wert der Zuwendung lediglich 500 bis 600 EUR monatlich beträgt. Dies ist keineswegs ein Betrag, der geeignet ist, die Vermutung der fehlenden Erwerbsmäßigkeit zu widerlegen. Denn Zweck des Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII ist die Förderung der Pflege durch Familienangehörige und die Anerkennung ihres besonderen Engagements. Dies würde konterkariert, wenn bereits derart geringe Beträge, die üblicherweise nicht ausreichen würden, um im selben Umfang eine Pflege durch Dritte zu finanzieren, die Annahme einer Erwerbsmäßigkeit begründen würden.
Auch aus der Verpflichtung des Klägers, seinen Eltern als Gegenleistung für die Übergabe des landwirtschaftlichen Anwesens Wart und Pflege zukommen zu lassen, ergibt sich keine andere Beurteilung. Nach dem Übergabevertrag vom 21. November 1978 wurde das Leibgeding für die Anwesensübergabe und zur Sicherung des Lebensbedarfs der Übergeber, also der Eltern des Klägers, eingeräumt und umfasst Wart und Pflege. Dies kann aber nicht zur Konsequenz haben, dass die geleistete Pflege durch den Kläger als erwerbsmäßig angesehen wird. Sie stellt zwar einen Teil der Gegenleistung dar. Allerdings bewegt sich das Leibgeding in dem seit Langem üblichen Rahmen bei der Übergabe eines landwirtschaftlichen Anwesens und schreibt nur fest, was damals und auch heute noch als sittliche Pflicht der übernehmenden Angehörigen angesehen wird. Damit kann es im Hinblick auf die gesetzliche Unfallversicherung keine Änderung des Erstreckungsbereichs von § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII bewirken. Denn dieser Tatbestand will ja gerade die Ausübung dieser sittlichen Pflicht fördern und nicht behindern. Zudem können privatrechtliche Vereinbarungen nicht den gesetzlich geregelten Unfallversicherungsschutz erweitern oder verkürzen.
Weiter ist zu bedenken, dass im Fall einer Heimunterbringung seines Vaters der Kläger aufgrund des Übergabevertrages nicht zur Tragung der gesamten Heimkosten verpflichtet wäre. Vielmehr wäre nach Art. 18 Satz 1 des Bayerischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch und anderer Gesetze (AGBGB) lediglich eine Geldrente in Höhe des Wertes des Leibgedings zu erbringen. Diese wird in aller Regel und sowohl auch hier nur einen geringen Teil der für eine stationäre Pflege anfallenden Kosten abdecken. Damit ist die Fortführung der häuslichen Pflege seines Vaters durch den Kläger nicht unwesentlich einer sittlich-moralischen Pflicht gegenüber seinem Vater geschuldet und nicht so sehr einer rechtlichen Verpflichtung aus dem Übergabevertrag. Außerdem ist die häusliche Pflege für die Sozialleistungsträger insgesamt finanziell vorteilhaft. Damit treffen die wesentlichen hinter § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII stehenden gesetzgeberischen Erwägungen auch auf die vorliegende Situation zu. Aus diesem Grund ist deshalb ebenfalls nicht zu sehen, weshalb dem Kläger der Versicherungsschutz als Pflegeperson nicht zugutekommen sollte.
Auch eine wertende Betrachtung spricht für die Anwendung von § 2 Abs. 1 Nr. 17
SGB VII. Für das Gericht ist kein überzeugender Grund erkennbar, weshalb der Kläger schlechter gestellt werden sollte als jemand, der im Vertrauen auf die Übergabe eines landwirtschaftlichen Anwesens durch seine Eltern diese bzw. einen Elternteil ohne vertragliche Verpflichtung in der Weise und in dem Umfang wie der Kläger pflegt. Zwar hat er nicht dieselbe Rechtsposition wie der Kläger, der bereits Eigentümer des Anwesens ist und dem somit auch dessen Ertrag zukommt. Doch wird sich dieselbe Situation der Sache nach auch ohne eine solche vertragliche Verpflichtung ergeben, weil der pflegende Angehörige de facto auch über die Erträge aus dem Anwesen verfügen wird, zumal wenn er – wie der Kläger – auch zum Betreuer des Gepflegten bestellt ist. Nachdem auch die wesentlichen Zwecke des Versicherungsschutzes von Pflegepersonen beim Kläger auch zum Tragen kommen, hat das Gericht keinen Anlass, einen Schutz des Klägers in der gesetzlichen Unfallversicherung als nicht gewollt zu erachten.
Der Kläger hat somit am 29. April 2010 einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall erlitten.
Die Klage hat demnach bereits im Hauptantrag Erfolg, so dass es auf den Hilfsantrag – der allerdings nicht begründet wäre, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt – nicht mehr ankommt.
Daher ist wie aus Ziffer I. des Urteilsspruchs ersichtlich zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Es ist angemessen, dass allein die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Klägers erstattet, weil der Klageabweisungsantrag der Beigeladenen vornehmlich auf den Hilfsantrag des Klägers abzielte. Auf diesen kam es aber nicht an. Deswegen ist aber andererseits auch eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht angebracht.
Erstellt am: 07.02.2012
Zuletzt verändert am: 07.02.2012