I. Unter Abänderung ihrer Bescheide vom 16. Februar 2009, vom 3. März 2009, vom 29. Juli 2009, vom 3. Februar 2010, vom 5. März 2010, vom 5. August 2010 und vom 25. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2011 wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger im Zeitraum vom 1. September 2008 bis 31. August 2010 die Übergangsleistungen wegen der anerkannten Berufskrankheit nach Nummer 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung auf der Grundlage des Bescheids vom 29. Oktober 2008 unter Anrechung von nur 18.300 EUR brutto der Abfindung aus dem Auflösungsvertrag zwischen dem Kläger und der Firma B. vom 21. Juli 2008 zu bewilligen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte hat ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Berücksichtigung einer Abfindung bei der Berechnung von Übergangsleistungen.
Der 1959 geborene Kläger war von April 1983 bis Ende Juli 2008 bei der Firma B. als Maschinenarbeiter, Sichtprüfer, Vergießer und Automatenbetreuer beschäftigt. Ab 26. März 2007 bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses war der Kläger arbeitsunfähig. Sein letzter Monatsverdienst betrug brutto rund 3.050 EUR.
Wegen Atemnot des Klägers wurde der Beklagten im April 2007 der Verdacht auf eine Berufskrankheit angezeigt. Die arbeitstechnischen Ermittlungen ergaben einschlägige Einwirkungen und der Pneumologe und Arbeitsmediziner Dr. S. nahm in seinem Gutachten vom 27. März 2008 eine beruflich bedingte obstruktive Atemwegserkrankung im Sinn der Berufskrankheit (BK) nach Nummer 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK 4302) an; die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er auf 30 v.H. Eine Fortsetzung seiner Tätigkeit in der Produktion bei der Firma B. sei dem Kläger nicht möglich.
Dementsprechend erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 14. August 2008 eine BK 4302 ab dem 26. März 2007 an und bewilligte Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. Der Widerspruch wurde dann mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2008 zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 8. Dezember 2009 wurde die Rente schließlich in eine Rente auf unbestimmte Zeit umgewandelt.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger wegen der BK 4302 Übergangsleistungen ab März 2007 für höchstens fünf Jahre. Zudem wurden die konkreten Übergangsleistungen von März 2007 bis August 2008 festgesetzt.
Offenbar im November 2008 erhielt die Beklagte Kenntnis von dem Auflösungsvertrag zwischen dem Kläger und der Firma B. vom 21. Juli 2008. Danach wurde das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen aus gesundheitlichen Gründen zum 31. Juli 2008 beendet und der Kläger erhielt für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung von 38.000,00 EUR brutto, netto 32.465,47 EUR. Die Abfindung wurde mit der Entgeltabrechnung für Juli 2008 ausbezahlt.
Bei der Berechnung der Übergangsleistungen für die Zeit von September 2008 bis Februar 2009 mit Schreiben vom 16. Februar 2009 kam die Beklagte zu keinem Zahlbetrag, weil sie die Abfindung in voller Höhe berücksichtigte.
Die damaligen Bevollmächtigten des Klägers trugen dagegen unter dem 23. Februar 2009 vor, die Abfindung stehe nicht in einem inneren Zusammenhang mit der Tätigkeitsaufgabe, so dass sie nicht zu berücksichtigen sei.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2009 erfolgte die Berechnung der Übergangsleistungen für den Zeitraum März 2009 bis Juli 2009 wiederum unter vollständiger Anrechung der Abfindung. Ebenso verfuhr die Beklagte für den Zeitraum August 2009 bis Januar 2010 mit Schreiben vom 3. Februar 2010, das durch die Neuberechnung mit Schreiben vom 5. März 2010, ersetzt wurde.
Auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 19. Juli 2010 hin, in dem die Zahlung der vollen Übergangsleistung gefordert wurde, erließ die Beklagte den Bescheid vom 5. August 2010. Damit wurde eine Überprüfung des Verwaltungsakts vom 29. Oktober 2008 in der Fassung der Abrechnungsschreiben vom 16. Februar 2009, 29. Juli 2009, 3. Februar 2010 und 5. März 2010 abgelehnt.
Mit Schreiben vom 25. August 2010 berechnete die Beklagte die Übergangsleistungen für die Zeit von Februar 2010 bis August 2010 ebenso wie zuvor.
Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 5. August 2010 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2011 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 7. März 2011 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Das Arbeitsverhältnis des Klägers habe über 25 Jahre bestanden. Seine gesundheitliche Verfassung sei der ausschließliche Grund für die Beendigung gewesen. Die Tatsache, dass der Kläger eine Abfindung erhalten habe, und deren Höhe beruhten ausschließlich auf der langen Dauer des unbelasteten Arbeitsverhältnisses und dem Verzicht auf die 7monatige Kündigungsfrist. Die gesundheitliche Situation des Klägers sei lediglich der Anlass für die Beendigung gewesen.
In der mündlichen Verhandlung am 31. August 2011 haben die Beteiligten einen bis 14. September 2011 widerruflichen Vergleich dahin geschlossen, dass nur 18.300,00 EUR der Abfindung anzurechnen sind. Für den Fall des Widerrufs ist außerdem das Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erklärt worden. Am 13. September 2011 hat die Klägerseite den Widerruf des Vergleichs erklärt.
Für den Kläger wird beantragt (sinngemäß):
Unter Abänderung ihrer Bescheide vom 16. Februar 2009, vom 3. März 2009, vom 29. Juli 2009, vom 3. Februar 2010, vom 5. März 2010, vom 25. August 2010 und vom 5. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2011 und vom 2. März 2011 wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger im Zeitraum von September 2008 bis Februar 2011 die Übergangsleistungen wegen der anerkannten Berufskrankheit nach Nummer 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ohne Anrechung der Abfindung aus dem Auflösungsvertrag zwischen dem Kläger und der Firma B. vom 21. Juli 2008 zu bewilligen.
Für die Beklagte wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 31. August 2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht macht von der Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid Gebrauch. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis dazu erklärt, der Sachverhalt ist geklärt und die Sache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, § 105 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gegenstand der Klage ist das Ziel des Klägers, die Übergangsleistungen für die Zeit vom 1. September 2008 bis zum 28. Februar 2011 ohne jegliche Berücksichtigung der Abfindung von 38.000 EUR brutto aus dem Auflösungsvertrag zwischen ihm und der Firma B. vom 21. Juli 2008 zu erhalten. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 24. Mai 2011. Zugunsten des Klägers nimmt das Gericht an, dass der in diesem Schriftsatz unter Ziffer 3 gestellte Feststellungsantrag rein deklaratorisch ist. Die damit begehrte Feststellung ist nicht ausreichend konkret und folgt bereits aus dem Gesetz; auch wurde sie mit dem Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2008 bereits konkret umgesetzt.
Soweit sich die Klage auf die Übergangsleistungen im Zeitraum von September 2010 bis Februar 2011 bezieht, ist sie unzulässig. Denn darüber hat die Beklagte erst in dem als Verwaltungsakt zu qualifizierenden Schreiben vom 2. März 2011, also nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2011, entschieden. Der Bescheid vom 2. März 2011 stellt auch keine Abänderung oder Ersetzung eines angefochtenen Verwaltungsakts im Sinn des § 86 oder § 96 SGG dar, sondern regelt die Übergangsleistung für einen bestimmten (späteren) Zeitraum.
Im Übrigen ist die Klage zulässig. Insbesondere ist das Verfahren infolge des fristgemäßen Widerrufs des am 31. August 2011 abgeschlossenen Vergleichs durch diesen nicht beendet. Auch stellen die Abrechnungsschreiben der Beklagten vom 16. Februar 2009, vom 3. März 2009, vom 29. Juli 2009, vom 3. Februar 2010, vom 5. März 2010 und vom 25. August 2010 nicht bloße Schreiben dar, sondern Verwaltungsakte. Denn sie enthalten jeweils konkrete Regelungen der Übergangsleistungen für bestimmte Zeiträume. Die gegen das Schreiben vom 16. Februar 2009 im Schreiben der damaligen Klägerbevollmächtigten erhobenen Einwände sind als Widerspruch zu werten. Damit sind auch alle nachfolgenden Abrechnungsbescheide der Beklagten gemäß § 86 SGG mit angefochten. Dies gilt auch für das Abrechnungsschreiben vom 25. August 2010. Es liegt auch ein Vorverfahren vor, das mit dem Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2011 seinen Abschluss gefunden hat. Dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 5. August 2010 und dem Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2011 allein eine Entscheidung bezüglich einer Überprüfung getroffen hat, ist unschädlich. Denn zumindest in der Sache hat sie sich mit dem streitgegenständlichen Begehren befasst. Auch wäre die Klage zwischenzeitlich gemäß § 88 SGG zulässig.
Soweit die Klage zulässig ist, hat sie in der Sache teilweise Erfolg.
Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum von September 2008 bis einschließlich August 2010 Anspruch auf Bewilligung der Übergangsleistungen unter Anrechnung von nur 18.300,00 EUR brutto der Abfindung, die er aufgrund des Auflösungsvertrags mit der Firma B. vom 21. Juli 2008 erhalten hat. Soweit die Bescheide der Beklagten vom 16. Februar 2009, vom 3. März 2009, vom 29. Juli 2009, vom 3. Februar 2010, vom 5. März 2010, vom 5. August 2010 und vom 25. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2011 dies versagen, sind sie rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, so dass sie abzuändern sind.
Gemäß § 3 Abs. 2 der BKV haben Versicherte, die die gefährdende Tätigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht, zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungsträger Anspruch auf Übergangsleistungen. Als Übergangsleistungen wird ein einmaliger Betrag bis zur Höhe der Vollrente oder eine monatlich wiederkehrende Zahlung bis zur Höhe eines Zwölftels der Vollrente längstens für die Dauer von fünf Jahren gezahlt.
Auf die Übergangsleistung besteht dem Grunde nach ein Anspruch des Versicherten, wenn die rechtlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 BKV gegeben sind. Dagegen steht die Entscheidung über Art, Dauer und Höhe der Leistung im pflichtgemäßen Ermessen des Unfallversicherungsträgers. Sinn und Zweck des § 3 Abs. 2 BKV ist es, alle wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die der erzwungene Berufswechsel oder die Tätigkeitsaufgabe verursacht. Zur Ermittlung dieser Nachteile ist die gesamte wirtschaftliche Lage des Versicherten vor dem schadenbringenden Ereignis mit der danach bestehenden Situation zu vergleichen. Daher sind alle Umstände des konkreten Einzelfalles, die sich auf die wirtschaftliche Lage auswirken, bei diesem Vergleich zu berücksichtigen. Der Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile stellt einen echten Schadensersatz dar. Ist aber ein Schaden zu ersetzen, der durch ein bestimmtes Ereignis entstanden ist, so sind grundsätzlich bei der Ermittlung der konkreten Höhe dieses Schadens auch die Vorteile zu berücksichtigen, die durch dieses Ereignis eingetreten sind. Bei diesem Vorteilsausgleich können im Rahmen des § 3 Abs. 2 BKV den auf der BK beruhenden Nachteilen nur solche Vorteile gegenübergestellt werden, die ihrerseits in einem wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis – dem berufskrankheitsbedingten Berufswechsel bzw. der Tätigkeitsaufgabe – stehen. Die Berücksichtigung eines wirtschaftlichen Vorteils bei der Berechnung des durch die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit entstandenen Minderverdienstes im Wege der Vorteilsausgleichung ist nur dann gerechtfertigt, wenn er durch dieses Verhalten des Versicherten erlangt ist, also dieselbe Ursache hat. Dies ist der Fall, wenn der Vorteil im Sinn der unfallversicherungsrechtlichen Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung auf der BK beruht, derentwegen der Versicherte zur Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit gezwungen worden ist (BSG, Beschluss vom 27. Juni 2000, B 2 U 107/00 B; Urteil vom 4. Mai 1999, B 2 U 9798 R).
Demnach ist die Abfindung von brutto 38.000,00 EUR, welche der Kläger aufgrund des Auflösungsvertrages mit der Firma B. vom 21. Juli 2008 erhalten hat, (nur) bis zur Höhe von 18.300,00 EUR auf die Übergangsleistungen anzurechnen.
Der Kläger hat seine frühere Tätigkeit in der Produktion der Firma B. infolge der als BK 4302 von der Beklagten anerkannten Atemwegserkrankung aufgegeben. Dies ergibt sich aus den vorliegenden (ärztlichen) Unterlagen, vor allem den Ausführungen im Gutachten des Dr. S. vom 27. März 2008. Danach war dem Kläger BK-bedingt seine weitere Tätigkeit nicht mehr möglich.
Der Erhalt der Abfindung steht in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der als BK 4302 anerkannten Erkrankung. Laut dem Aufhebungsvertrag vom 21. Juli 2008 zwischen dem Kläger und der Firma B. wurde das Arbeitsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen zum 31. Juli 2008 beendet. Im Schreiben an den Kläger vom 7. September 2010 hat die Firma B zudem bestätigt, dass die Höhe der Abfindung sich überwiegend aus den Dienstjahren des Klägers bemisst und mit dem Krankheitsbild in keinem Zusammenhang steht. Die Formulierung im Aufhebungsvertrag lässt nach Auslegung des Gerichts kaum einen anderen Schluss zu, als dass alleine gesundheitliche Gründe für die (vorzeitige) Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers maßgeblich waren. Da damals keine anderen gesundheitlichen Gründe infrage kamen als die Krankheit, welche als BK 4302 anerkannt wurde, war die BK 4302 mithin wesentlich ursächlich für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht nur der Anlass, wie die Klägerseite argumentiert hat. Das Gleiche gilt dem Grunde nach für die Zahlung der Abfindung. Wenn sich auch ihre Höhe noch an anderen Faktoren orientiert hat (dazu unten), wurde sie allein deswegen vereinbart, weil das langjährige Arbeitsverhältnis des Klägers kurzfristig aufgehoben wurde. Andernfalls wäre vom Arbeitgeber eine mehrmonatige Kündigungsfrist – nach Angabe des Klägerbevollmächtigten 7 Monate – einzuhalten gewesen und es hätte die Gefahr eines Kündigungsschutzprozesses bestanden. Um dem zu entgehen und den Kläger zum Einverständnis zu bewegen, wurde die Abfindung vereinbart. Das ergibt sich bei lebensnaher Betrachtung. Aus dem Schreiben der Firma B. vom 7. September 2010 folgt nichts anderes. Dort wird bestätigt, dass überwiegend die Dienstjahre für die Bemessung der Höhe der Abfindung ausschlaggebend waren und nicht die BK. Das stützt aber nur die Ansicht des Gerichts, dass die BK-bedingte Tätigkeitsaufgabe eben zumindest wesentlich mitursächlich für die Vereinbarung der Abfindung war.
Damit ist die Abfindung dem Grunde nach von den Übergangsleistungen abzuziehen.
Allerdings können nur 18.300,00 EUR brutto der Abfindung abgezogen werden. Denn nach der Feststellung, ob dem Grunde nach ein wesentlicher Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen Vorteil, hier der Abfindung, und der BK-bedingten Tätigkeitsaufgabe besteht, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, inwieweit auch der Höhe nach dieser wesentliche Zusammenhang besteht, wenn eine Aufteilung möglich ist.
Nach Auffassung des Gerichts ist bei der Frage nach der Höhe, in der Abfindungszahlungen zu berücksichtigen sind, zu prüfen, ob für die Bemessung der Höhe der Abfindung nur die BK-bedingte Tätigkeitsaufgabe maßgeblich war oder noch andere Faktoren eine Rolle spielten, die mit der Erkrankung nichts zu tun hatten. Denn der Ansatz, dass Vorteile nur dann berücksichtigt werden können, wenn ein wesentlicher Zusammenhang gegeben ist, muss auch bezüglich der Höhe gelten. Soweit eine Aufteilung möglich ist, erscheint das Prinzip des "Alles oder Nichts" nicht sachgerecht. Es lässt sich auch den maßgeblichen Regelungen nicht entnehmen, dass der Normgeber dies wollte. Schließlich widerspricht dies auch nicht dem vom Bundessozialgericht (BSG), a.a.O., aufgestellten Grundsatz eines einheitlichen Maßstabs bei der Bewertung der Vor- und Nachteile. Denn dies ist gewährleistet durch die erste Stufe der Prüfung, nämlich ob überhaupt ein wesentlicher Zusammenhang besteht. Außerdem kann es auch nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung bei der Bemessung der Übergangsleistungen kommen, indem derjenige der eine geringe Abfindung erhält, mehr Übergangsgeld bekommt, und umgekehrt. Denn dies hat weder Einfluss auf die Frage, ob dem Grunde nach ein wesentlicher Zusammenhang besteht, noch in welcher Höhe der Zusammenhang gegeben ist.
Beim Kläger war für die Bemessung der Höhe seiner Abfindung zum einen maßgeblich, dass seine Tätigkeit BK-bedingt beendet wurde, und zum anderen die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit. Dass die gesundheitlich, d.h. durch die BK, bedingte Aufgabe der Tätigkeit einen Faktor bei der Bemessung der Abfindung bildete, ergibt sich – wie oben dargelegt – bereits daraus, dass ansonsten das Arbeitsverhältnis nicht bzw. nicht so kurzfristig beendet worden wäre. Dies wird gestützt durch die Angaben der Firma B. im Schreiben vom 7. September 2010. Dort ist ausdrücklich bestätigt worden, dass sich die Höhe der Abfindung überwiegend aus den Dienstjahren bemaß. Das bedeutet aber, dass die Dienstjahre, also die Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht alleine ausschlaggebend war. Alles andere wäre auch lebensfremd. Für die Annahme eines rechtlich wesentlichen Zusammenhangs der BK-bedingten Tätigkeitsaufgabe mit wenigstens einem Teil der Abfindung genügt dies, da auch nicht ersichtlich ist, dass die BK ein völlig untergeordneter Faktor war.
Zur Bestimmung der Höhe der Abfindung, bis zu der ein wesentlicher Zusammenhang mit der BK-bedingten Tätigkeitsaufgabe besteht, bietet sich eine Orientierung an § 10 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) und die danach sich ergebende Abfindung an. Es ist nämlich anzunehmen, dass insofern die Abfindung überwiegend der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschuldet ist. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Abfindung auch insofern noch andere Zwecke verfolgt, insbesondere einen sozialen Ausgleich. Um dies zu berücksichtigen und zur Vereinfachung der Handhabung der Angemessenheitsklausel von § 10 KSchG hält es das Gericht daher für angezeigt, im Regelfall den Betrag, der sich bei der Berechnung mit der vollen Monatszahl ergibt, zu halbieren. Da beim Kläger keine besonderen Umstände ersichtlich sind, die eine Abweichung rechtfertigen könnten, ergibt sich demnach bei einem Bruttomonatsgehalt von rund 3.050,00 EUR, einer Betriebszugehörigkeit von über 25 Jahren (April 1983 bis Juli 2008) und einem Alter bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von unter 50 Jahren ein Betrag von brutto 36.600,00 EUR/2 = 18.300,00 EUR. Auch die Gesamtschau bestätigt, dass der so ermittelte anrechenbare Betrag von 18.300,00 EUR stimmig ist und die oben dargelegten Erwägungen beim Abschluss des Aufhebungsvertrages widerspiegelt. Demnach waren überwiegend die Dienstjahre für die Höhe der Abfindung maßgeblich, sprich mehr als die Hälfte der Abfindung stand in keinem wesentlichen Zusammenhang mit der Tätigkeitsaufgabe. Dem entspricht das so gefundene Ergebnis, dass weniger als die Hälfte des Betrages, nämlich nur 18.300,00 EUR, anrechenbar sind. Bis zu dieser Höhe ist die Abfindung somit zu berücksichtigen.
Daher ist wie aus dem Tenor ersichtlich zu entscheiden. Die Sache ist auch spruchreif. Zwar ist die Entscheidung über die Art, Dauer und Höhe der Übergangsleistung eine Ermessensentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 5. Februar 2008, B 2 U 18706 R). Jedoch steht vorliegend nur im Streit, ob die Abfindung zu berücksichtigen ist oder nicht und über Art und Dauer der Übergangsleistungen hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 29. Oktober 2008 bereits eine grundlegende Entscheidung getroffen, die lediglich für die folgenden Zeiträume konkretisiert wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Der Kläger hat in der Sache zu knapp 52% Erfolg. Zu seinen Lasten ist aber noch zu berücksichtigen, dass die Klage in Bezug auf ein Fünftel des gegenständlichen Zeitraums bereits unzulässig ist. Daher ist eine Kostenerstattung durch die Beklagte lediglich in Höhe von einem Drittel angemessen.
Erstellt am: 19.09.2011
Zuletzt verändert am: 19.09.2011