Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.04.2008 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die klagende Gemeinschaftspraxis wendet sich gegen die sachlich-rechnerischer Richtigstellung ihrer Honorarabrechnung für das Quartal II/2005. Die Praxis besteht aus drei in C niedergelassenen Fachärzten für Innere Medizin, die berechtigt sind, die Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Onkologie zu führen.
Mit Bescheid vom 21.10.2005 stellte die Beklagte die Abrechnung der Klägerin für das Quartal II/2005 sachlich-rechnerisch richtig, indem sie u.a. Leistungen nach den Gebührennummern (GNRN) 19310 und 19312 des ab 01.04.2005 geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabes 2000plus (EBM) absetzte. Zur Begründung gab sie an, von einer Arztgruppe könnten nur die Leistungen abgerechnet werden, die in der Präambel zu dem entsprechenden arztgruppenspezifischen Kapitel aufgeführt seien. Da die Leistungen nach den GNRN 19310 und 19312 EBM in der Aufzählung der Arztgruppe der Klägerin nicht enthalten seien, könnten diese von ihr auch nicht abgerechnet werden.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe seit über zehn Jahren die entsprechenden GNRN 4952 und 4955 EBM a.F. bei der zytologischen Untersuchung von Erguss-, Feinnadel- Schilddrüsenpunktaten abgerechnet. Die Qualifikation zur zytologischen Untersuchung sei durch die Weiterbildung im Schwerpunkt Hämatologie/Internistische Onkologie und durch Fortbildung erworben worden. Die Leistungen seien im Rahmen der qualitativen Sicherstellung und des Bestandsschutzes weiter zu erbringen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2006 zurück: Die Leistungen nach den GNRN 19310 und 19312 EBM seien zu Recht abgesetzt worden; denn sie seien der Klägerin nicht zu vergüten. Der EBM gliedere sich in arztgruppenübergreifende und arztgruppenspezifische Kapitel. In den arztgruppenspezifischen Kapiteln bzw. Abschnitten seien entweder durch Aufzählung der Gebührennummern in den jeweiligen Präambeln oder durch Auflistung im Kapitel bzw. Abschnitt alle von einer Arztgruppe berechnungsfähigen Leistungen angegeben (vgl. Allgemeine Bestimmungen 1.2.2 des EBM). Die GNRN 19310 und 19312 EBM seien dem Kapitel 19 "Pathologische Leistungen" zugeordnet worden. Die Präambel zu diesem Kapitel beinhalte unter 19.1.1, dass die in diesem Kapitel aufgeführten Leistungen ausschließlich von Fachärzten für Pathologie, Neuropathologie und Vertragsärzten, die gemäß der Präambel zu ihren Kapiteln zur Abrechnung von Leistungen dieses Kapitels berechtigt seien, berechnet werden könnten. Die Klägerin bestehe aus fachärztlich tätigen Internisten mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie, so dass sich die Abrechenbarkeit ihrer Leistungen nach der Präambel zum Kapitel 13 des EBM "Leistungen der Inneren Medizin" mit den Unterpunkten der Auflistungen unter Kapitel 13.1.1 und 13.1.6 sowie 13.1.7 richte. Da die Leistungen der GNRN 19310 und 19312 EBM in diesen Aufzählungen nicht enthalten seien, könne die Klägerin sie auch nicht abrechnen. Der EBM sei auf der Grundlage des § 87 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und den Spitzenverbänden der Krankenkassen im Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 3 SGB V vereinbarte Abrechnungsgrundlage. Sie – die Beklagte – sei u.a. aufgrund der gesetzlichen Vorgaben im SGB V an die Regelungen im EBM gebunden; sie habe keine Normverwerfungskompetenz und dürfe daher von den ihr vorgegebenen Bestimmungen nicht abweichen. Im Übrigen habe das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 20.03.1996 – 6 RKa 34/95 – klargestellt, dass aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum für den betroffenen Vertragsarzt kein Recht erwachse, dauerhaft zukünftig entsprechend abrechnen zu dürfen. Der Vertragsarzt müsse stets mit Veränderungen, die die Abrechenbarkeit seiner Leistungen betreffen, rechnen.
Mit ihrer Klage vom 08.03.2006 hat die Klägerin vorgetragen, fachärztlich tätige Internisten mit dem Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie müssten die zytologischen Laborleistungen nach den GNRN 19310 und 19312 EBM abrechnen dürfen. Auch wenn im EBM nunmehr eine Zuordnung von Leistungen zu den jeweiligen Facharztgruppen vorgenommen worden sei, werde sie durch die Regelungen in ihrem Recht auf Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Grundgesetz (GG) unverhältnismäßig eingeschränkt. Die fehlende Abrechenbarkeit der Laborleistungen durch Internisten mit dem Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie korrespondiere nicht mit den Zielen des § 87 Abs. 2 SGB V; der Bewertungsausschuss habe gegen dessen Vorgaben verstoßen. Der EBM, der als Bestandteil des Bundesmantelvertrages Regelungen zur Berufsausübung enthalte, begrenze die Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Derartige Berufsausübungsregelungen dürften vom Gesetzgeber aber nur dann getroffen werden, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt seien und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprächen. Bei den zytologischen Untersuchungen von Erguss-, Flüssigkeits- sowie von Feinnadelpunktaten handele es sich jedoch – wie sich aus der Weiterbildungsordnung ergebe – um den obligaten Mindestinhalt ihres Schwerpunktes und um einen Kernbereich des hämatologisch-onkologischen Fachgebietes, in dem der Vertragsarzt nicht eingeschränkt werden dürfe. Die Ärztekammer Westfalen-Lippe habe dazu u.a. mitgeteilt, dass zytologische Leistungen für fachärztlich tätige Internisten mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie nicht fachfremd seien (Schreiben vom 17.05.2006). Auch im Leistungskatalog für das hämatologisch-internistisch-onkologische Labor, den die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. herausgegeben habe, zählten Untersuchungen aus Körperflüssigkeiten und zytologischen Feinnadelaspiraten zur Diagnostik von hämatologischen und onkologischen Erkrankungen und somit zu den Leistungen der hämatologisch-onkologischen Zytologie. Zudem sprächen auch Bestands- und Vertrauensschutzaspekte für eine Abrechenbarkeit der zytologischen Laborleistungen, da diese seit 1991 qualitativ hochwertig in ihrer Praxis erbracht und abgerechnet worden und zudem für die medizinisch sinnvolle Ausübung der hämatologisch-onkologischen Tätigkeit unerlässlich seien.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 21.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten über den Honoraranspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, dass in ihrem Bereich die Klägerin als einzige Praxis die streitigen GNRN abrechne.
Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 08.04.2008 abgewiesen. Die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen der GNRN 19310 und 19312 EBM seien rechtmäßig, denn nach dem ab 01.04.2005 geltenden EBM seien die dem Kapitel 19 "Pathologische Leistungen" zugeordneten GNRN 19310 und 19312 EBM für fachärztlich tätige Internisten mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie nicht abrechenbar. Mit der Gliederung der fachärztlichen Versorgung in einzelne Facharztgruppen und der jeweiligen Zuordnung der von diesen ausschließlich abrechenbaren Leistungen sei eine neue Form der Abgrenzung der jeweils abrechnungsberechtigten Leistungserbringer eingeführt worden. Da bei der Bestimmung der Arztgruppen nach § 87 Abs. 2a Satz 5 und 6 SGB V der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe in der vertragsärztlichen Versorgung zu Grunde zu legen sei, könne dies zu Abweichungen gegenüber dem in der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer definierten Fachgebiet führen. Darin seien keine Rechtsverstöße, insbesondere keine Grundrechtsverletzungen zu sehen, vielmehr habe der Bewertungsausschuss seine Regelungskompetenz auf der neu geschaffenen Grundlage des § 87 Abs. 2a Satz 5 und Satz 6 SGB V genutzt. Eine unsachliche oder missbräuchliche Ausfüllung dieses Gestaltungsspielraums liege nicht vor. Weder hätten die zuständigen Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten noch ihre Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt. Vielmehr habe der Gesetzgeber bewusst zu vermeiden gesucht, dass die Bestimmung der Arztgruppen von primär berufsrechtlichen Vorgaben gesteuert werde. Daher müssten Brüche mit früher ständig stattgehabten abrechnungsfähigen Leistungen hingenommen werden. Nicht zu erkennen sei, dass die Klägerin tatsächlich in einem wichtigen Kernbereich ihrer beruflichen Tätigkeiten übermäßig betroffen sei. Aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum erwachse für den betroffenen Vertragsarzt kein Recht, dauerhaft zukünftig entsprechend abrechnen zu dürfen. Vielmehr müsse der Vertragsarzt insbesondere im Hinblick auf die Regelungskompetenzen des EBM-Bewertungsausschusses stets mit die Abrechenbarkeit seiner Leistungen betreffenden Veränderungen rechnen. Diese Abänderungshoheit schließe einen Bestands- oder Vertrauensschutz aus, denn ansonsten wäre keine Steuerung über den EBM möglich.
Gegen das am 19.05.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.06.2008 Berufung eingelegt, mit der sie ergänzend darauf verweist, die GNRN 4952 und 4955 EBM a.F. im Jahr 2003 309mal und im Jahr 2004 386mal abgerechnet zu haben. Schon deshalb sei ihr aus Vertrauensschutzgrundgründen eine weitere Abrechnungsmöglichkeit zuzubilligen. Im Übrigen seien für die Abrechenbarkeit ärztlicher Leistungen die sich aus den Weiterbildungsordnungen bzw. -richtlinien der Ärztekammern ergebenden Fachgebietsgrenzen maßgeblich. Der Bewertungsausschuss sei nicht gehindert, die sich aus dem allgemeinen Berufsrecht ergebende Begrenzung in das Vertragsarztrecht zu transformieren. Zu beanstanden sei aber, wenn er umgekehrt die weiterbildungsrechtlichen Anforderungen leerlaufen lasse und fakultative Leistungsinhalte eines Schwerpunktes für Fachärzte für nicht abrechenbar erkläre. Die Auffassung der vom Senat gehörten Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die Zugehörigkeit der GNRN 19310 und 19312 EBM zum Kernbereich der Hämatologie und Onkologie könne nicht mehr aus der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer hergeleitet werden, sei nicht nachzuvollziehen. In der Musterweiterbildungsordnung, Stand 09/2007, seien für den Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie ausdrücklich die "Indikationsstellung, Methodik, Durchführung und Bewertung spezieller Laboruntersuchungen einschließlich Funktionsprüfungen des peripheren Blutes, des Knochenmarks, anderer Körperflüssigkeiten sowie zytologische Feinnadelaspirate" als Weiterbildungsinhalte aufgeführt und unter "Definierte Untersuchungs- und Behandlungsverfahren "die "morphologische, zytochemische und immunologische Zelldifferenzierung und Zellzählung" benannt. Dies entspreche wörtlich der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 09.04.2005.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.04.2008 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2006 zu verpflichten, über den Honoraranspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig. Für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung bestehe schon deshalb kein Grund, weil die Klägerin die streitigen Leistungen seit jeher in äußerst geringem Maße abrechne.
Die KBV hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, in der aktuellen Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer seien die histologischen bzw. zytologischen Untersuchungen von Materialien nicht mehr so explizit genannt; die Zugehörigkeit dieser Untersuchungen zum Kerngebiet der Hämatologie und Onkologie könne deshalb durch die Musterweiterbildungsordnung nicht mehr hergeleitet werden. Ggf. könne der Klägerin regional eine entsprechende Genehmigung erteilt werden (Schreiben vom 20.10.2008).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid vom 21.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2006 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidungen der Beklagten und des SG (§§ 136 Abs. 3, 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend aus:
Die Beklagte war zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung befugt. Rechtsgrundlage hierfür waren § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs. 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag – Ärzte/Ersatzkasse (EKV-Ä). Nach diesen für die Abrechnung des Quartals II/2005 maßgeblichen Vorschriften hat die Kassenärztliche Vereinigung die Befugnis, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und nötigenfalls richtigzustellen. Dabei kann das Richtigstellungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse durchgeführt werden (vgl. § 106a SGB V i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl. I 2190).
1)
Die Entscheidung der Beklagten ist formell rechtmäßig; ein Verfahrensfehler liegt nicht vor.
Nach § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist einem Beteiligten, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Verletzung dieser Verfahrens- und Formvorschriften, die den Verwaltungsakt nicht nach § 40 SGB X nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt wird (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X).
Die Beklagte hat die Klägerin vor Erlass des Bescheides vom 21.10.2005 nicht formell angehört. Ob eine solche Anhörung im Hinblick auf den bereits zuvor zwischen den Beteiligten geführten Schriftwechsel (Schreiben vom 29.03.2005, 31.05.2005 und 28.06.2005) überhaupt erforderlich war, kann dahinstehen. Denn die Anhörung ist zumindest bis zum Abschluss des Vorverfahrens wirksam nachgeholt worden. Zwar hat die Beklagte die Klägerin auch nachträglich nicht formell angehört. Die Heilung ist indes jedenfalls dadurch eingetreten, dass die Klägerin durch die in dem angefochtenen Bescheid vom 21.10.2005 enthaltenen Hinweise auf die wesentlichen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte Gelegenheit erhalten hat, sich im Widerspruchsverfahren sachgerecht zu äußern (vgl. u.v.a. BSG, Urteile vom 14.07.1994 – 7 RAr 104/93 – und vom 12.12.2001 – B 6 KA 3/01 R -).
2)
Die auf der Grundlage der § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä und § 34 Abs. 4 Satz 2 EKV-Ä vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung ist rechtmäßig. Die Beklagte hat die Vergütungsregelungen des ab 01.04.2005 geltenden EBM zutreffend angewandt.
Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum Einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum Anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Soweit indessen der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, ist Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht. Sie kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18.08.2010 – B 6 KA 23/09 R – m.w.N.).
Davon ausgehend war der von der Klägerin in ihrer Abrechnung vorgenommene Ansatz der GNRN 19310 und 19312 EBM unrichtig und musste deshalb korrigiert werden, denn die Klägerin durfte diese Leistungen nach Maßgabe des ab 01.04.2005 geltenden EBM nicht abrechnen. Wie die Beklagte und das SG im Einzelnen zutreffend dargestellt haben, konnten ab diesem Zeitpunkt diese Leistungen nur noch von Fachärzten für Pathologie und Neuropathologie sowie von Vertragsärzten berechnet werden, die die gemäß Präambel zu ihren Kapiteln zur Abrechnung von Leistungen dieses Kapitels berechtigt sind (Präambel 19.1.1 zu Kapitel 19.1). In der Präambel zu den Leistungen der fachärztlichen Internisten (Kapitel 13.1) sind die GNRN 19310 und 19312 EBM nicht aufgeführt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Kapitel 13.3.4, das die schwerpunktorientierte internistische Versorgung, hier Hämato-/Onkologische Leistungen, betrifft.
Diese Regelungen sind bereits vom Wortlaut her eindeutig; die Frage einer Auslegung oder Interpretation (vgl. dazu z.B. BSG, Urteile vom 05.02.1985 – 6 RKa 37/83 -, vom 15.11.1995 – 6 RKa 57/94 -, vom 31.08.2005 – B 6 KA 35/04 R – und vom 18.08.2010 – B 6 KA 23/09 R -) stellt sich damit nicht.
3)
Mit ihren Einwendungen, der Ausschluss der Abrechenbarkeit der GNRN 19310 und 19312 EBM für fachärztliche Internisten mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Onkologie sei rechtswidrig und stelle einen Verstoß gegen ihre durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit dar, kann die Klägerin nicht durchdringen.
Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte, mit "punktuellen" Entscheidungen zu einzelnen Leistungen in ein umfassendes Tarifgefüge einzugreifen, das als in sich widerspruchsfrei und ausgewogen vorauszusetzen ist. Ausnahmen sind nur in engen Grenzen denkbar, etwa wenn die in erster Linie zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten oder ihre Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt haben (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 26.04.1978 – 6 Rka 11/77 -).
Dafür besteht aber kein Anhaltspunkt.
Für die Beschränkung in der Präambel 19.1.1 zu Kapitel 19.1 EBM besteht eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Das in dieser Regelung enthaltene Qualifikationserfordernis und der dadurch bewirkte Ausschluss der Fachärzte für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Onkologie sind auch materiell rechtmäßig.
Auf der Grundlage der §§ 72 Abs. 2, § 82 Abs. 1 und § 135 Abs. 2 SGB V können die Partner der Bundesmantelverträge Vereinbarungen schließen und dabei u.a. Qualifikationserfordernisse im EBM festlegen. Soweit solche Qualifikationsvoraussetzungen normiert werden und an die berufsrechtliche Qualifikation als Facharzt für ein bestimmtes Fachgebiet anknüpfen, ergibt sich die gesetzliche Grundlage dafür bereits aus § 87 Abs. 2a SGB V. Hiernach hat eine Gliederung nach Facharztbereichen zu erfolgen. Solche Anknüpfungen sind inhaltlich unbedenklich und insbesondere mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, sofern das Erfordernis einer entsprechenden Qualifikation nicht sachwidrig ist und nicht Ärzte von einem Leistungsbereich ausschließt, der zum Kern ihres Fachgebiets gehört bzw. für dieses wesentlich und prägend ist. Unter diesen Voraussetzungen sind darüber hinaus auch Vorgaben im EBM, die an andere Qualifikationen wie z.B. Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen anknüpfen, zulässig (vgl. insgesamt dazu BSG, Urteil vom 09.04.2008 – B 6 KA 40/07 – m.w.N.).
Die darauf beruhende Vorgabe der Präambel 19.1.1 zu Kapitel 19.1 EBM, dass nur der dort benannte Personenkreis die Leistungen dieses Abschnitts erbringen und abrechnen darf, ist nicht zu beanstanden. Das darin enthaltene Qualifikationserfordernis kann nicht in dem Sinne als sachwidrig bewertet werden, dass damit der Regelungsspielraum überschritten oder die Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt worden sei. Vielmehr stellt es eine sachbezogene Erwägung der Qualitätssicherung dar, die Erbringung und Abrechnung pathologischer Leistungen davon abhängig zu machen, dass der Vertragsarzt über besondere Fähigkeiten in diesem Leistungsbereich verfügt, und als Beleg dafür die Qualifikation vorrangig in Form einer Facharztausbildung als Pathologe bzw. Neuropathologe zu fordern. Die Rechtmäßigkeit einer solchen schematischen Forderung folgt aus der jedem Normgeber zukommenden weiten Gestaltungsfreiheit, zu der insbesondere die Befugnis zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung gehört (BSG, Urteil vom 09.04.2008 a.a.O.)
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, durch dieses Qualifikationserfordernis werde der Kernbereich ihres Fachgebietes rechtswidrig tangiert. Es trifft zwar zu, dass Ärzte nicht von solchen Leistungsbereichen ausgeschlossen werden dürfen, die zum Kern ihres Fachgebiets gehören bzw. für dieses wesentlich und prägend sind (s.o.). Diese Grenze ist aber durch den vorliegend streitigen Ausschluss der Fachärzte für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Onkologie nicht überschritten. Histologische oder zytologische Untersuchungen eines Materials mögen sich zwar Fachärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Onkologie mitunter sogar anbieten, sie gehören aber nicht zum Kernbereich dieses Fachgebietes und sind für dieses nicht wesentlich und prägend.
Die Auskunft der KBV vom 20.10.2008, nach der Beurteilung des Bewertungsausschusses seien in der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer die histologischen bzw. zytolgischen Untersuchungen nicht mehr so ausdrücklich genannt, so dass eine Zugehörigkeit dieser Untersuchungen zum Kerngebiet der Hämatologie und Onkologie nicht mehr hergeleitet werden könne, führt in diesem Zusammenhang allerdings zunächst nicht weiter. Dies erschließt sich nämlich zumindest in dieser Form nicht. So ergibt z.B. der Vergleich der jetzt geltenden Musterweiterbildungsordnung mit früheren Fassungen eher, dass der Weiterbildungsinhalt hinsichtlich histologischer bzw. zytologischer Untersuchungen lediglich konkretisiert worden ist. So werden z.B. in der Musterweiterbildungsordnung nach den Beschlüssen des 95. Deutschen Ärztetages 1992 als Inhalt und Ziel der Weiterbildung im Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie besondere Kenntnisse und Erfahrungen in "der Methodik und Durchführung der speziellen Laboruntersuchungen sowie der Bewertung der Befunde", in "der Durchführung von Punktionen und Biopsien" und in "den theoretischen Grundlagen und der praktischen Anwendung der zytostatischen Therapie" gefordert, während in der Musterweiterbildungsordnung (Stand September 2007) für den Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie als Weiterbildungsinhalt Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der "Indikationsstellung, Methodik, Durchführung und Bewertung spezieller Laboruntersuchungen einschließlich Funktionsprüfungen des peripheren Blutes, des Knochenmarks, anderer Körperflüssigkeiten sowie zytologische Feinnadelaspirate" genannt sind.
Dem ist jedoch nicht weiter nachzugehen. Denn im Ergebnis ist der von der KBV mitgeteilten Auffassung, dass die Erbringung von Leistungen nach den GNRN 19310 und 19312 EBM in die Kernkompetenz der Fachärzte für Pathologie bzw. Neuropathologie und diesen ausdrücklich gleichgestellten Vertragsärzte fällt und als nicht wesentlich und prägend für andere Facharztgebiete angesehen werden kann, bereits aus anderen Gründen zu folgen.
Bei dieser Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass nicht mehr auf die strenge Ausrichtung der Rechtsprechung an die Terminologie der früher geltenden Weiterbildungsordnungen abgestellt werden kann. Ausgangspunkt war insoweit, dass zum jeweiligen Fachgebiet diejenigen Tätigkeiten zählen, die zu einem Bereich gehören, für den nach der Weiterbildungsordnung eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten gefordert werden (vgl. BSG, Beschluss vom 22.03.2006 – B 6 KA 46/05 B -; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16.07.2004 – 1 BvR 1127/01 -). Auf diese Kriterien stellen jedoch die ab 2003 beschlossenen Musterweiterbildungsordnungen und die daran orientierten länderrechtlichen Weiterbildungsordnungen nicht mehr ab. Vorgehend, dem aber entsprechend bestimmt § 87 Abs. 2a SGB V, dass bei der Zuordnung der jeweils von einer Arztgruppe ausschließlich abrechnungsfähigen Leistungen der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe in der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde zu legen ist.
Davon ausgehend spricht bereits unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung alles dafür, die Erbringung und Abrechnung pathologischer Leistungen wie derer nach den GNRN 19310 und 19312 EBM den insoweit nach dem Ausbildungsinhalt Bestqualifizierten vorzubehalten und diese Leistungen damit als nicht wesentlich und prägend für andere Fachgebiete anzusehen. Nach dem Ausbildungsinhalt Bestqualifizierte sind die Fachärzte für Pathologie bzw. Neuropathologie. Inhalt derer Ausbildung sind nämlich z.B. 15.000 histopathologische Untersuchungen an Präparaten aus verschieden Gebieten einschließlich Dermatohistologie sowie molekularpatholgische Untersuchungen und 10.000 zytopathologische Untersuchungen an Präparaten aus verschiedenen Gebieten einschließlich gynäkologischer Exfoliativzytologie (vgl. z.B. Musterrichtlinien über den Inhalt der Weiterbildungsordnung i.d.F. vom 18.02.2011). Weiterbildungsinhalt im Bereich der Hämatologie und Onkologie sind dagegen "lediglich" maximal 1.300 Befundungen (nämlich Befundungen von peripheren Blutausstrichen (500), Knochenmarkausstrichen (500), zytochemischen Färbungen (100), immunologischen Zelldifferenzierungen (100) und zytologischen Präparaten anderer Körperflüssigkeiten oder Feinnadelaspirate (100)). Nichts anderes ergibt aus den Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung zu der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe, die im Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie z.B. "lediglich" 500 selbständige zytologische Befundungen von pathologischen Knochenmarkausstrichen vorsehen (s. dazu auch Schreiben der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 17.05.2006).
Ungeachtet dessen gehören gerade pathologische Leistungen nach allgemeinem Verständnis zu den Leistungen, die typischerweise nahezu ausschließlich auf Überweisung von Fachärzten für Pathologie erbracht werden. Auch angesichts dessen besteht kein Anhaltspunkt dafür, diese Leistungen Fachärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Onkologie als wesentlich oder prägend zuordnen zu können.
Belegt wird dies schließlich auch durch die tatsächlichen Umstände. Aus ihrer Fachgruppe im Bereich der Beklagten rechnet allein die Klägerin die Leistungen nach den GNRN 19310 und 19321 EBM ab und das ab dem Quartal II/2005 in nahezu nicht nennenswerter Häufigkeit (12maliger Ansatz der GNR 19310 nebst Zuschlag nach der GNR 19321) und dies schließlich auch nur deshalb, weil sie einen Anspruch auf Leistungserbringung und Abrechnung dieser Leistungen nachdrücklich unterstreichen will (Erklärung des Dr. T im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 08.04.2008).
Das in der Präambel zu Kapitel 19.1 EBM normierte Qualifikationserfordernis sowie der dadurch bewirkte Ausschluss der Fachärzte für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Hämatologie und Onkologie sind auch mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Dies folgt bereits daraus, dass es sich um eine nicht statusrelevante Berufsausübungsregelung handelt, die schon aufgrund der Zielsetzung einer Qualitätssicherung im Interesse des Gesundheitsschutzes ohne Weiteres rechtmäßig, nämlich durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, ist. Beeinträchtigungen der vorliegenden Art kommen weder einem Eingriff in die Berufswahl nahe noch betreffen sie den Kernbereich des Berufsfeldes.
Ebenfalls zutreffend hat das SG schließlich ausgeführt, dass vorliegend keine Vertrauens- bzw. Bestandsschutzgesichtspunkte greifen.
Für eine Ausnahmegenehmigung der Beklagten, dass die Klägerin dennoch die Leistungen der GNRN 19310 und 19312 EBM erbringen und abrechnen kann, besteht weder eine Rechtsgrundlage noch Anlass.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 29.11.2011
Zuletzt verändert am: 29.11.2011