Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 28.06.2007 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist die festzusetzende Anwaltsvergütung im Rahmen einer Prozesskostenhilfe (PKH)-Bewilligung.
Im Klageverfahren streitig waren die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld an den Kläger ab dem 29.08.2004 sowie Rückforderung von 134,36 EUR.
Im Hinblick auf das Ergebnis des Verfahrens zur Bewilligung von PKH hat der Kammervorsitzende des Sozialgerichts der Beklagten ein Vergleichsangebot dahingehend unterbreitet, dass die Aufhebung und Erstattung auf den Zeitraum vom 30.08.2004 bis 01.09.2004 begrenzt und der Erstattungsbetrag entsprechend reduziert wird. Diesem Vorschlag folgte die Beklagte und erließ den Änderungsbescheid vom 20.09.2006, mit dem Leistungen an den Kläger ab dem 30.08.2004 aufgehoben und in Höhe von 124,98 EUR von ihm zurückgefordert wurden.
Hiermit erklärte sich der Kläger mit Schreiben vom 31.10.2006 einverstanden und den Rechtsstreit für erledigt. Der Rechtsstreit wurde als durch außergerichtlichen Vergleich im Sinne der Aktenordnung erledigt ausgetragen. Die Beklagte sah den Rechtsstreit als durch angekommenes Teilanerkenntnis erledigt an und erklärte sich dem Grund nach bereit, die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers unter Ausschluss sowohl einer Erledigungs- als auch einer Vergleichsgebühr zu ¼ zu erstatten. Mit Beschluss des Sozialgerichts vom 02.01.2007 wurde die Beklagte zur Tragung der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1/4 verpflichtet.
Am 12.01.2007 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung der PKH-Vergütung in Höhe von 690,20 EUR (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG, Mittelgebühr 170,00 EUR, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG, Mittelgebühr 200,00 EUR, Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG, Mittelgebühr 190,00, Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 110,20 EUR) beantragt.
Mit Beschluss vom 29.01.2007 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die zu erstattenden Gebühren auf 452,20 EUR festgesetzt (Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR, Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR, Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 72,20 EUR). Eine Terminsgebühr sei nicht festzusetzen gewesen, da das Verfahren durch außergerichtlichen Vergleich erledigt worden sei.
Gegen diesen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 12.02.2007 Erinnerung eingelegt und die Ansetzung einer Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG begehrt. Bei angenommenem Anerkenntnis, das den Rechtsstreit in der Hauptsache erledige wie vorliegend, falle die Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG an.
Mit Beschluss vom 28.06.2007 hat der Kammervorsitzende des Sozialgerichts die Erinnerung zurückgewiesen. Mit dem Urkundsbeamten gehe das Gericht davon aus, dass keine Gebühr Nr. 3106 VV RVG angefallen sei. Das Verfahren sei nicht durch angenommenes Anerkenntnis sondern durch außergerichtliche Einigung beendet worden. Dieser Umstand werde nach Nr. 1006 VV RVG berücksichtigt. Selbst bei entsprechender Anwendung von Nr. 3106 VV RVG Ziff. 3 stünden keine höheren Gebühren als die festgesetzten Gebühren zu. Zu Gunsten des Klägerbevollmächtigten sei der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle vom Anfallen der sogenannten Mittelgebühr ausgegangen. Diese sei angesichts des vorliegend sehr geringen Streitwertes erheblich zu hoch.
Gegen diesen Beschluss hat der Klägerbevollmächtigte am 23.07.2007 Beschwerde eingelegt und weiterhin die Festsetzung der Gebühren nach Nr. 3106 VV RVG begehrt. Sie falle zusätzlich zur Erledigungsgbühr nach Nr. 1006 VV RVG an. Die Alternativerwägung des Sozialgerichts zum Ansatz der Mittelgebühr sei nicht zulässig. Es sei ausschließlich um die Frage gegangen, ob die Gebühr nach Nr. 3106 VV RVG festzusetzen sei. Dies lasse sich nicht mit der Begründung ablehnen, dass mit dem Ansatz der Mittelgebühr nach NR. 1006 VV RVG Gebühren in ausreichender Höhe erstattet worden seien. Die Mittelgebühr sei gerechtfertigt. Gerade im Bereich der Grundsicherung gehe es um geringe Streitwerte.
Mit Schreiben vom 21.07.2008 hat der Bezirksrevisor beantragt, die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 28.06.2007 zurückzuweisen. Eine Terminsgebühr Nr. 3106 Ziff. 3 VV RVG analog sei nicht entstanden (Hinweis auf Beschlüsse des LSG NW vom 10.05.2006 – L 10 B 13/05 SB -, vom 16.08.2006 – L 20 B 137/06 AS – und vom 27.11.2007 – L 16 B 38/07 KR -).
Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten Bezug genommen.
II.
Bedenken bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde.
Zwar wurde die Beschwerde innerhalb der zweiwöchigen Frist nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG – Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – eingelegt.
Auch ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen eine Erinnerungsentscheidung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG gegeben. Für das sozialgerichtliche Verfahren wird das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG weder durch § 178 SGG noch durch § 197 Abs. 2 SGG ausgeschlossen. Die Bestimmung des § 56 Abs. 2 RVG ist gegenüber der Vorschrift des § 178 SGG, wonach gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden kann, das endgültig entscheidet, vorrangig (Beschlüsse des Senats vom 21.09.2007 – L 19 B 112/07 AS -, vom 04.06.2008 – L 19 B 5/08 AL – sowie vom 24.09.2008 – L 19 B 21/07 AS – m. w. N., zugänglich im Internet unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Zweifel bestehen jedoch an der Statthaftigkeit der Beschwerde.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG gilt für die Beschwerde gegen eine Entscheidung über eine Erinnerung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG unter anderem die Vorschrift des § 33 Abs. 3 Sätze 1 und 2 RVG. Danach findet die Beschwerde gegen eine Entscheidung über eine Erinnerung statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt oder das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, die Beschwerde zugelassen hat. Mangels einer ausdrücklichen Beschwerdezulassung durch das Sozialgericht – die Anfügung einer u. U. nicht zutreffenden Rechtsmittelbelehrung genügt insoweit nicht – kommt es daher für die Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde darauf an, dass der Beschwerdegegenstand im Sinne des Gesetzes "200,00 Euro übersteigt".
Dies ist vor dem Hintergrund fraglich, dass mit der Beschwerde eine mit exakt 200,00 Euro bezifferte Gebühr nach Nr. 3106 VV RVG begehrt wird. Dieser Wert übersteigt den Schwellenwert von 200,00 Euro nicht. Er überstiege ihn nur, wenn in die Berechnung des Wertes der Beschwer auch die auf die Vergütung zu entrichtende und von der Landeskasse gleichfalls zu erstattende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG einzubeziehen ist.
Gegen eine solche Einbeziehung spricht immerhin, dass die Umsatzsteuer auch für den umsatzsteuerpflichtigen Rechtsanwalt nur ein Durchlaufposten ist, an dem kein wirtschaftliches Interesse im engeren Sinne bestehen kann. Eine vergleichbare Überlegung findet Anwendung hinsichtlich des Beschwerdewertes für die Zulässigkeit der Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu sind Beiträge zur Sozialversicherung im Streit um Lohnersatzleistungen nicht in den Beschwerdewert einzurechnen, es sei denn, es wird um die Erstattung von Sozialversicherungsleistungen unter Einschluss dieser Beiträge gestritten (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Randnr. 15 m. w. N.).
Für die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Berechnung des Wertes der Beschwer (ausdrücklich Beschluss des LSG NW vom 16.08.2006 – L 20 B 137/06 AS m. w. N.) spricht, soweit ersichtlich, alleine, dass sie Bestandteil der Gesamtvergütung ist.
Jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet. Die mit der Beschwerde geltend gemachte Erledigungsgebühr nach Nr. 3106 Ziff. 3 VV RVG ist bei dem hier vorliegenden Verfahrensabschluss durch Annahme eines Teilanerkenntnisses sowie Erledigungserklärungen im Übrigen nicht anzusetzen.
Nach Nr. 3106 Ziffer 3 VV RVG fällt eine sogenannte "fiktive Terminsgebühr" bei Beendigung eines erstinstanzlichen Verfahrens durch ein angenommenes Anerkenntnis an. Mit dem Rechtsbegriff "angenommenes Anerkenntnis" ist die Erledigung nach § 101 Abs. 2 SGG gemeint.
Eine sogenannte fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Ziff. 3 VV RVG entsteht daher nicht, wenn das Verfahren wie vorliegend durch einseitige Erledigungserklärung nach Erlass des begehrten Verwaltungsaktes beendet wird (Beschluss des Senats vom 05.05.2008 – L 19 B 24/08 AS zur Beendigung einer Untätigkeitsklage nach § 88 SGG durch den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes und hierauf folgende einseitige Erledigungserklärung, zugänglich unter www.sozialgerichtsbarkeit.de.).
Außergerichtliche Kosten der Beteiligten sind nicht zu erstatten, Gerichtskosten fallen nicht an (§ 56 Abs. 2 RVG).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§§ 177 SGG, 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Erstellt am: 14.04.2009
Zuletzt verändert am: 14.04.2009