Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 01.04.2008 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der seit 1994 als Facharzt für Augenheilkunde in C zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger wendet sich gegen Arzneimittelregresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise in den Quartalen I/2000 bis IV/2001.
Die Arzneimittelverordnungen des Klägers überschritten die Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe der Augenärzte je Fall gewichtet nach Versichertenstatus (Mitglied/Familienmitglied/Rentner (M/F/R)) in der streitbefangenen Zeit wie folgt:
(Werte in DM)
I/2000 – II/2000 – III/2000 – IV/2000 – I/2001 – II/2001 – III/2001 – IV/2001
Fallwert Arzt:
28,61 – 33,29 – 31,46 – 28,30 – 31,21 – 28,24 – 34,73 – 38,18
Fallwert Arztgruppe:
17,18 – 18,58 – 17,98 – 17,10 – 15,19 – 16,85 – 18,59 – 18,99
Abweichung in %:
+ 66,5 / + 79,2 / + 75 / + 65,5 / + 105,5 / + 67,6 / + 86,8 / + 101,1
Der Prüfungsausschuss leitete für die Quartale I/2000 bis IV/2000 auf Antrag der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen/Ersatzkassen in Westfalen-Lippe von März 2001 (für I/2000), Juni 2001 (für II/2000), September 2001 (für III/2000) und Dezember 2001 (für IV/2000) und für die Quartale I/2001 bis IV/2001 von Amts wegen Wirtschaftlichkeitsprüfungen ein.
Mit Beschlüssen vom 02.03.2002 für die Quartale I/2000 bis III/2000 (Nichtabhilfebeschluss vom 25.09.2002), 17.07.2002 für das Quartal IV/2000 (Nichtabhilfebeschluss vom 03.09.2003), vom 04.12.2002 für die Quartale I/2001 bis III/2001 (Nichtabhilfebeschluss vom 21.05.2003) und vom 21.05.2003 für das Quartal IV/2001 (Nichtabhilfebeschluss vom 08.10.2003) setzte der Prüfungsausschuss nach Anhörung des Klägers wegen Überschreitungen der durchschnittlichen Arzneimittelkosten pro Fall im Vergleich zur Gebietsgruppe Regresse zu Gunsten der Primär- und Ersatzkassen für die Quartale I/2000 bis IV/2001 in der Höhe von insgesamt 50.277,22 Euro (für I/2000: 3,92 %, II/2000: 10,7 %, III/2000: 8,56 %, IV/2000: 9,36 %, I/2001: 26,99 %, II/2001: 10,5 %, III/2001: 19,71 % IV/2001: 25,39 %) fest.
Im Anhörungs- und Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, es seien Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen. Er habe eine sog. Landarztpraxis mit einem überdurchschnittlich großen Einzugsgebiet. Auf Grund seiner Praxislage versorge er ein Gebiet im lippischen Südosten und den angrenzenden Bereichen u.a. der Kreise Höxter und Bad Pyrmont mit über 95.000 Einwohnern, während grundsätzlich für jeden augenärztlichen Kassensitz ein Einzugsgebiet mit nur ca. 20.000 bis 25.000 Einwohnern zu Grunde gelegt werde. Aus diesem Grund habe er eine Patientenkartei mit über 25.000 Patienten (Schreiben vom 27.05.2001) bzw. über 31.000 Patienten (Schreiben vom 01.11.2003) und eine deutlich erhöhte Anzahl chronisch Erkrankter. Bei den chronischen Erkrankungen handele es sich insbesondere um das Glaukom (sog. grüner Star), welches in seiner Behandlung vor allem auch wegen der in den letzten Jahren neuentwickelten innovativen und deutlich teureren Medikamente (Xalatan-AT, Alphagan-AT, Trusopz-AT, Cosopt-AT und Azopt-AT) die größten Kosten verursache, so dass die niedrigen Durchschnittswerte der Kollegen für ihn unerreichbar seien. Er habe in den Quartalen I/2000 bis IV/2001 einen Patientenanteil von 23,17 %, 27,8 %, 27,5 %, 26,5 %, 27,4 %, 27,96 % und 30,14 % mit Glaukomerkrankungen bzw. Verdacht auf eine solche Erkrankung behandelt. In deutschen Augenarztpraxen liege der durchschnittliche Anteil nach einer Statistik des Berufsverbandes der Augenärzte (veröffentlicht in der Fachzeitschrift "Augenarzt" 1-5/99, Seite 23 ff.) bei 10,9 %. Da der Anteil der Glaukommedikamente ca. ¾ der Gesamtkosten betrage, sei es nachzuvollziehen, dass die Gesamtkosten proportional mit dem Anteil der Glaukompatienten stiegen. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene zu 7) – die Kassenärztliche Vereinigung – mit den Krankenkassen vereinbart habe, dass die Verordnung von (näher bezeichneten) bestimmten Glaukommedikamenten (Augentropfen) als Praxisbesonderheit zu werten sei. Er habe überdies erst Mitte 2000 erfahren, dass er deutlich über dem Verordnungsdurchschnitt liege und sei nicht in der Lage gewesen, seine Verordnungsweise zu ändern. Unabhängig davon wisse er nicht, wie er seine Patienten anders behandeln solle. Nach Einsicht in die ihm zur Verfügung gestellten Verordnungsblätter bemängelte er deren Unvollständigkeit und teilweise Fehlerhaftigkeit. Unter Hinweis auf vier Behandlungsfälle im Quartal I/2000 (T, U, Q, M) trug der Kläger weiter vor, die Verordnungsdaten des Beklagten wiesen Fehlzuweisungen auf und seien daher nicht verwertbar. Die von ihm selbst EDV-technisch erhobenen Daten, bei denen er handschriftliche Rezeptkorrekturen nicht habe berücksichtigen können, belegten erheblich niedrigere Arzneikosten. Zum Nachweis der Praxisbesonderheit legte der Kläger exemplarisch eine handschriftlich erstellte Liste der "221 teuersten Patienten des Quartals I/2000" (mit jeweiliger Angabe des Namens, der Krankenkasse, Diagnose, Medikation, Kosten und einer "Begründung") vor. Die Kenntnis der Anzahl der Patienten einer Diagnosegruppe sei unabdingbar für die Einschätzung der entstandenen Kosten im Vergleich zum Durchschnitt der Fachgruppe. Der statistische Fallkostenvergleich nehme nur Bezug auf die Verordnungsmenge und nicht die Verordnungsweise. Unter Hinweis auf den Arzneiverordnungsreport des Jahres 2001 führte der Kläger weiter ergänzend aus, die neuen Medikamente bewirkten einen erheblichen Rückgang der Verordnung drucksenkender Glaukomoperationen, wobei die Langzeiterfolge der medikamentösen Therapie im Vergleich mit operativen Vorgehen vermutlich erst in vielen Jahren beurteilt werden könnten. Seine Therapiewahl unterscheide sich sicher nicht von der Vorgehensweise seiner Kollegen und entspreche dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Die Therapiekosten lägen nach dem Arzneiverordnungsreport 2002 bundesweit für einen Glaukompatienten pro Quartal 2000 bei 37,22 EUR (= 72,80 DM) und 2001 bei 40,04 EUR (= 78,31 DM). Ausgehend davon überschreite er in der vergleichbaren Durchschnittsbetrachtung die Verordnungsweise der Kollegen im Bundesgebiet lediglich um zwischen 0,11 % (Quartal II/2000) und höchsten 17,65 % (Quartal 3/2001). Dies liege im Bereich der "normalen Streuung" und könne eine unwirtschaftliche Verordnungsweise nicht belegen.
Der Beklagte bestätigte mit Beschluss 08.11.2003 die Entscheidung des Prüfungsausschusses; die statistischen Überhöhungen stellten jeweils ein offensichtliches Missverhältnis dar und implizierten die Vermutung einer unwirtschaftlichen Verordnungsweise. Für die Gesamtbeurteilung der Praxis führte er ergänzend folgende Werte an:
Quartal – Fallzahl – Rentneranteil – Überweisungsanteil – AbweichungRestfallwert
…; …; …; Arzt / Fachgr. / Arzt / Fachgr. / Arzt / Fachgr. / Arzt
I/ 2000 – 2.735 / 2.528 – 44,5 % / 40 % – 4 % / 4,7 % / – 94,6 %
II/ 2000 – 2.490 / 2.236 – 46,5 % / 41 % – 3,3 % / 3,8 % / – 93,5 %
III/2000 – 2.500 / 2.216 – 46 % / 41,9 % – 2.7 % / 4,3 % / – 90,9 %
IV/2000 – 2.538 / 2.346 – 44,4 % / 41,4 % – 2,8 % / 4,5 % / – 95 %
I/ 2001 – 2.749 / 2.493 – 46,5 % / 40,3 % – 4,7 % / 5 % / – 93,5 %
II/ 2001 – 2.717 / 2.338 – 47,2 % / 41,2 % – 3,2 % / 5 % / – 97,8 %
III/2001 – 2.551 / 2.190 – 49,8 % / 41,1 % – 3,1 % / 4 % / – 94 %
IV/2001 – 2.581 / 2.263 – 48,7 % / 41,3 % – 3,5 % / 4,4 % / – 97 %
Die Zahl der Behandlungsfälle liege in allen Prüfquartalen enorm hoch und deutlich über den durchschnittlichen Scheinzahlen der Praxen der Vergleichsgruppe. Der ebenfalls überdurchschnittliche Rentneranteil könne nicht als Entlastungskriterium dienen, da die als Vergleichsbasis herangezogenen Fachgruppendurchschnittswerte jeweils mit den Versichertenanteilen (M/F/R) des betreffenden Arztes ermittelt würden, so dass die Vergleichsgruppe hinsichtlich des Rentneranteils in jedem Einzelfall so gestellt würde wie die zu prüfende Praxis. Seit 1998 sei ein kontinuierlicher Anstieg in den Überschreitungen des Klägers bei den Arznei-Verordnungen im Vergleich zur Gebietsgruppe zu verzeichnen:
I/1998 = + 22 %
II/1998 = + 41 %
III/1998 = + 33 %
IV/1998 = + 25 %
I/1999 = + 31 %
II/1999 = + 40 %
III/1999 = + 49 %
IV/1999 = + 53 %
I/2000 = + 66,5 %
II/2000 = + 79,2 %
III/2000 = + 75 %
IV/2000 = + 65,5 %
I/2001 = + 105,5 %
II/2001 = + 67,6 %
III/2001 = + 86,8 %
IV/2001 = +101,1 %
In den Prüfquartalen I/2001 und IV/2001 erreichten die Überschreitungen Werte von mehr als +100%. Für das Jahr 2002 seien nur geringfügig niedrigere Überschreitungen zu verzeichnen.
I/2002 = + 91,7 %
II/2002 = + 89,4 %
III/2002 = + 74,3 %
IV/2002 = + 77,7 %
Erst ab dem Jahr 2003 sei eine deutlich rückläufige Tendenz in den Überschreitungen festzustellen; I/2003 + 58 % und II/2003 + 42,8%. Für den Beschwerdeausschuss sei dies insofern unverständlich, da der Kläger z.B. für das Quartal I/2000 bereits am 11.04.2001 durch die Geschäftsstelle des Prüfungsausschusses auf seine erhöhten Verordnungswerte und die daraus resultierende Einleitung eines Prüfverfahrens hingewiesen worden sei. Bei der orientierenden Durchsicht der Prüfunterlagen, die unabhängig vom statistischen Fallkostenvergleich vorgenommen worden sei, stelle sich eine "völlig normale" Augenarztpraxis dar, die in dem Gesamtspektrum der Augenheilkunde keine besondere Diagnostikbreite biete. Auffällig im Vergleich zur Gebietsgruppe sei lediglich die enorm hohe Fallzahl sowie der enorm hohe Anteil an Glaukom-Verordnungen, der ca. 70 – 75 % aller Arznei-Verordnungen ausmache. Soweit der Kläger einwende, dass es sich um eine Sondersituation einer Landarztpraxis handele, die grundsätzlich mehr chronische Kranke – und damit auch die chronische Erkrankung Glaukom – zu behandeln habe, sei dies nicht nachzuvollziehen. Das könne in dieser pauschalen Form nicht als Entlastungskriterium gewertet werden. Auch widerspreche es jeglicher Erfahrung, dass allein aufgrund hoher Patientenzahlen eine ungewöhnliche Häufung besonders schwerer und/oder kostenintensiver Behandlungsfälle vorhanden seien. Im Übrigen halte er die Darstellung des Klägers, dass Menschen in ländlichen Regionen gegenüber Menschen in Städten oder in Ballungszentren grundsätzlich öfter und/oder schwerer erkrankten, für nicht zutreffend. Der Kläger habe zudem nichts vorgetragen, was diese Behauptung begründen könnte. Soweit dieser für sich ein Einzugsgebiet von ca. 80.000 Einwohnern reklamiere, sei auch diese Argumentation nicht plausibel. Auffällig sei nämlich, dass Kreise angeführt würden, die nach Kenntnis des Beschwerdeausschusses alle augenärztlich hochkarätig besetzt seien (Lippe Süd, Kreis Höxter, Bad Pyrmont). Zudem stelle sich die Frage, ob chronisch Kranke, die häufig kontrolliert werden müssten, nicht eher die Nähe einer Praxis wählten. Eine entsprechende Qualifizierung des Klägers sei nicht bekannt. Auch anhand der im Honorarbereich abgerechneten Leistungen bestätige sich dies nicht. So habe der Kläger die zur Glaukomdiagnostik neben verschiedenen Funktionstests gehörenden Untersuchungen nicht in einem Umfang abgerechnet, die einen überdurchschnittlichen Anteil an Glaucompatienten erkennen ließe. Er habe die Perimetrie (Ziff. 1227 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM)) lediglich in normaler bis leicht überdurchschnittlicher Häufigkeit abgerechnet. Die als unabdingbar für die konkrete Spezifizierung eines Glaukoms anzusehende Gonioskopie (Ziff. 1241 EBM) sowie Verlaufsbestimmung des Augeninnendrucks (Ziff. 1257 EBM) seien nur vereinzelt angesetzt worden. Auch die Tonometrische Untersuchung (Ziff. 1256 EBM), die ansonsten bei Augenärzten in ca. 65-70 % der Fälle anfalle, rechne der Kläger in weniger als 50 % seiner Fälle ab. Im Hinblick auf den reklamierten überdurchschnittlichen Anteil an Glaukompatienten sei eine entsprechende differenzierte Diagnostik – zumindest anhand der vorliegenden Honorarforderungen – nicht zu erkennen. Eine besondere Spezialisierung erscheine auch deshalb nur schwer vorstellbar, da nur ein unwesentlicher und im Vergleich zur Gebietsgruppe unterdurchschnittlicher Anteil an Überweisungsfällen zu verzeichnen sei. Der Anteil kostenintensiver Medikamente belaufe sich auf ca. 56 – 57 %. Der Anteil "normaler" Glaukomtherapeutika liege dementsprechend bei 43 – 44%. In den Praxen der Vergleichsgruppe liege dieses Verhältnis in etwa bei 30 %: 70 %. Neue Präparate kosteten das Zehnfache der früheren Präparate. Diesen Preisen stehe das Wirtschaftlichkeitsgebot entgegen. Die Symbolnummer (SNR) 9812 (Medikamentöse Therapie des Glaukoms) werde vom Kläger in den Prüfquartalen in einer Ansatzhäufigkeit zwischen 10 – 12 % gegenüber 3 – 4% bei der Vergleichsgruppe abgerechnet. Diesen Angaben entsprechend müsste in seiner Praxis – so wie dieser es auch reklamiere – ein deutlich überhöhter Anteil an Glaukompatienten vorhanden sein. Dies erscheine aber – wie sich den o.a. Ausführungen ergebe – nicht plausibel. Eine Ursachen- und Kostenstatistik sei ebenso wie statistische Werte über die Verordnung von Arbeitsunfähigkeit und Krankenhauseinweisungen im Vergleich zur Gebietsgruppe für das vorliegende Verfahren nicht zur Verfügung gestellt worden. Unter Umständen vorhandene Unterschreitungen in diesen Bereichen seien ungeachtet dessen nicht geeignet, die hier beanstandeten Überschreitungen auszugleichen. Zusammenfassend sei die sich aus der statistischen Vergleichsbetrachtung ergebende Vermutung der Unwirtschaftlichkeit als nicht widerlegt anzusehen. Es seien keine plausiblen Gründe vorgetragen worden, die die enormen statistischen Überhöhungen als wirtschaftlich begründen könnten. Die unwirtschaftlichen Mehraufwendungen und die daraus resultierenden Umfänge der Prüfmaßnahmen seien im Wege der Schätzung ermittelt worden, da eine exakte Quantifizierung nicht möglich sei. Gegenüber der Vergleichsgruppe verbleibe für die Quartale IV/2000 bis IV/2001 ein Mehraufwand von jeweils +50 %. Für die übrigen Prüfquartale seien Mehraufwendungen von jeweils +60 % (I/2000 bis III/2000) verblieben. Im Einzelnen ergäben sich nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens folgende Werte:
(Werte in DM)
I/2000 – II/2000 – III/2000 – IV/2000 – I/2001 – II/2001 – III/2001 – IV/2001
Regress um
3,92 % – 10,7 % – 8,56 % – 9,36 % – 26,99 % – 10,5 % – 19,71 % – 25,39 %
verbleib. Fallwert
27,49 – 29,73 – 28,77 – 25,65 – 22,79 – 25,28 – 27,89 – 28,49
verbleib. Toleranz
+ 60 % / + 60 % / + 60 % / + 50 % / + 50 % / + 50 % / + 50 % / + 50 %
Regressbetrag
2.942,33 – 8.455,64 – 6.506,30 – 6.478,80 – 23.263,97 – 8.063,41 – 17.472,85 – 25.150,39
Der Kläger hat mit rechtzeitiger Klageerhebung am 05.04.2004 seine Einwendungen wiederholt und vertieft. Der Beschluss des Beklagten sei wegen mangelhafter Auseinandersetzung mit seinen Argumenten nicht nachvollziehbar begründet und daher formell rechtswidrig. Die Rückschlüsse der Beklagten aus den Abrechnungsziffern der Gebührenziffern 1227, 1241, 1256 und 1257 EBM seien nicht zutreffend. Die Gesichtsfeldkontrolle (Ziff. 1227 EBM) erfolge in seiner Praxis nicht viertel-, sondern lediglich halbjährlich. Er spezifiziere ein Glaukom nicht mittel Gonioskopie (Ziff. 1241 EBM), sondern nach der Methode van Hericks. Goniometrische Untersuchungen (Ziff. 1256 EBM) fielen nicht ausschließlich bei Patienten mit Glaukom an. Eine Abrechnung nach Ziff. 1257 EBM könne nur erfolgen, wenn vier Augendruckmessungen an einem Tag erfolgten; er führe wegen der unverhältnismäßig großen Belastung für die Patienten lediglich zwei Messungen am Tag je Patient durch. Wie durch das von ihm im Beschwerdeverfahren vorgelegte Zahlenmaterial belegte, lägen keine Überschreitungen vor. Der Beklagte habe im Übrigen auch verkannt, dass durch die Glaukomtherapie Krankenhauseinweisungen zu vermeiden seien und zudem ihr Ermessen bei der Feststellung der Regresshöhe nicht "gleichmäßig" ausgeübt, so dass die angefochtene Entscheidung auch unter diesem Gesichtspunkt materiell rechtswidrig sei. Bei völlig unterschiedlichen Ausgangsüberschreitungen seien jeweils gleich hohe Restüberschreitungen gelassen worden. Ergänzend hat der Kläger unter Vorlage eines Schreibens des Prüfungsausschusses vom 12.09.2005 darauf hingewiesen, dass gegen ihn zusätzlich zu den im Streit stehenden Quartalen für die Quartale II/2002 und III/2002 Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach Durchschnittswerten bzgl. der Verordnungsweise eingeleitet worden seien. Nachdem aber Praxisbesonderheiten für Glaukompräparate in Höhe von 77.215,17 EUR pro Jahr anerkannt worden seien und sich die Überschreitung auf weniger als 15 % belaufen habe, sei von einer Richtgrössenprüfung abgesehen worden. Ausgehend davon müssten Mehraufwendungen in Höhe von 19.303,79 EUR/Quartal berücksichtigt werden.
Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat die Beteiligten am 01.06.2006 auf Folgendes hingewiesen:
"Nach eingehender Diskussion der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Arzneiverordnungskosten des Klägers in den hier streitigen Quartalen ist festzuhalten, dass der Beschwerdeausschuss bei seinen bisher festgesetzten Regressmaßnahmen dem Kläger unterschiedliche Toleranzen belassen hat. Insgesamt sind dem Kläger jedoch Verordnungsmehrkosten gegenüber der Vergleichsgruppe von insgesamt + 192.720,37 DM zugestanden worden. Dieses muss zur Kenntnis genommen werden und diese Gesamtsumme muss übertragen werden auf den Betrag, der dann dem Kläger für das jeweils einzelne Quartal zur Versorgung und zur Verordnung seiner Patienten zur Verfügung gestanden hat. Daraus ergibt sich rechnerisch, dass dem Kläger pro Quartal schon dadurch für die hier streitigen acht Quartale ein Mehrbedarf von ca. 24.000,00 DM zugestanden worden ist. Bei dieser Betrachtung muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger aber auch die Kollegen seiner Fachgebietsgruppe ein entsprechendes Patientenklientel einschließlich der Glaukompatienten betreut haben. Eine differenzierende Betrachtung muss allerdings die Gruppe der Glaukompatienten insoweit erfahren, als bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung einzuschätzen ist, inwieweit die jeweils betroffene Praxis durch den Mehrbedarf an Verordnungen durch Glaukompatienten belastet war. Diese Prüfung muss dann umgesetzt werden dahingehend, ob dieser Mehrbedarf durch die zugestandenen Verordnungsvolumina abgedeckt ist und somit nicht in diesen Bereich hinein regressiert worden ist. Bei dieser Betrachtung nimmt das Gericht den gesamten Vortrag des Klägers analysierend und differenzierend zur Kenntnis und stellt dazu fest, dass insbesondere der Anteil der Patienten mit innovativer Glaukomtherapie bei den Arzneikosten durch die Symbolnummer 9812 in den jeweiligen Quartalsabrechnungen des Klägers gekennzeichnet und von ihm selbst benannt worden ist. Dabei hat es sich in den Quartalen ab III/2000 um 256, 247, 278, 248, 278 und 300 Patienten gehandelt. Mit diesen Patientenzahlen hat der Kläger im Wesentlichen die dreifache Anzahl durch die Symbolziffern gekennzeichnet als die Kollegen seiner Fachgebietsgruppe. Das Gericht geht bei der Verpflichtung zur peinlich genauen Honorarabrechnung für jeden Arzt davon aus, dass die angegebenen Werte und Symbolnummern stimmen und damit einen deutlichen Hinweis darauf geben, inwieweit die Notwendigkeit auch zu einer innovativen Glaukomtherapie bestanden hat. Legt man diese Berechnung zugrunde, so wird man zwei Drittel auch der innovativen Kosten als Praxisschwerpunkt bei dem Kläger berücksichtigen müssen. Dieses führt dazu, dass Arzneiverordnungskosten pro Quartal, d.h. ein Mehrbedarf durch diese Patienten in einer Größenordnung zwischen 13.000,00 DM bis maximal 20.000,00 DM ausgelöst haben. Bei dieser Betrachtung muss gesichert sein, dass auch in den jeweiligen Einzelquartalen dem Kläger die entsprechend notwendigen Verordnungsvolumina verblieben sind. Um hier ganz sicher zu gehen, dass der Kläger nicht in diesem besonderen Bereich einen Verordnungsregress erleidet, schlägt das Gericht daher vor, für die Quartale IV/2000 bis IV/2001 den belassenen Toleranzrahmen von + 50 % auf + 60 % zu erhöhen. Dieses führt zu einer entsprechenden Angleichung bzw. Verminderung der Regressbeträge und damit gleichzeitig zu einer Erhöhung der dem Kläger in den einzelnen Quartalen zur Verfügung stehenden Verordnungsvolumina. Damit steigert sich die durchschnittliche Mehrbelastung gegenüber der Fachgebietsgruppe von bisher ca. 24.000,00 DM auf 27.800,00 DM. Bei diesen zugestandenen Mehrverordnungskosten wird dem gesamten Vortrag des Klägers deshalb Rechnung getragen, weil auch die Fachgebietsgruppe entsprechende Glaukompatienten und auch entsprechende Verordnungskosten hat. Es darf hier daran erinnert werden, dass diese Verordnungskosten bereits in den Fachgruppenvergleichswert eingeflossen sind und somit hier eine Betrachtungsweise Anwendung findet, um dem Kläger hinsichtlich der innovativen Therapieansätze nicht in den Regress zu führen. Bei den Berechnungen des Gerichts ist dieses davon ausgegangen, dass der Kläger einen gewissen Anteil an Patienten mit innovativer Glaukomtherapie hat und hat dabei einen Wert von 40,00 Euro pro Quartal zu Grunde gelegt. Die nach dem nachfolgenden Vergleichsvorschlag im Ergebnis verbleibenden Regressbeträge wären bei streitiger Entscheidung als rechtmäßig zu bestätigen, denn insoweit ist auch bei voller Berücksichtigung des klägerischen Vortrags der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit für diesen kleinen Bereich der Verordnungskosten nicht mehr widerlegt worden."
Auf Vorschlag des SG einigten sich die Beteiligten unter Einräumung eines Widerrufsvorbehalts auf eine Reduzierung des Regressbetrages unter Berücksichtigung der abgeänderten Toleranzen auf 60 % und der Patientenzuzahlungen auf 34.800,00 EUR.
Nach dem rechtzeitig erfolgten Widerruf des Vergleichs vom 01.06.2006 durch die Klägerseite wurde der Rechtsstreit fortgesetzt. Zur Begründung des Widerrufs hat der Kläger vorgetragen, er habe in den streitgegenständlichen Quartalen circa 35.000,00 EUR für innovative Antiglaukomatosa verordnet. Bei einer Patientenzahl von durchschnittlich circa 268 Patienten, die einer innovativen Therapie bedurft hätten, habe sich ein Verordnungsschnitt von circa 130,00 EUR ergeben. Dies sei mit dem vom Gericht angenommenen Wert von 40,00 EUR pro Patient nicht zu vergleichen. Die Verordnungen hätten sich hauptsächlich aufgrund der Notwendigkeit von Kombinationen mit mehreren innovativen Medikamenten zur Vermeidung von Operationen ergeben. Bei den vorgetragenen Zahlen des Arzneiverordnungsreports handele es sich nur um die durchschnittlichen Quartalskosten im Rahmen der Glaukomtherapie (für 1999 in Höhe von 34,54 EUR und für 2000 in Höhe von 37,11 EUR/Quartal) und nicht um die Kosten der von ihm durchgeführten innovativen Glaukomtherapie (in Höhe von 102,80 EUR für Carbonanhydrasehemmer bzw. 188,10 EUR für Postglandinderivate). Völlig unberücksichtigt bleibe in diesem Zusammenhang auch, dass bei knapp 30 % der Patienten die Verordnung nicht in Monotherapie, sondern in Kombination mit anderen Glaukompräparaten erfolge. Ausgehend von einem Ansatz der Ziff. 9812 EBM in den jeweiligen Quartalen seien damit Kosten von durchschnittlich 25.000,00 EUR allein durch die Verordnung von innovativen Antiglaukomatosa entstanden.
Der Beklagte hat auf Vorschlag des SG – entsprechend des Vergleichsangebots – eine Reduzierung des Regressbetrages auf 34.800,00 Euro anerkannt.
Der Kläger, der das Teilanerkenntnis angenommen hat, hat beantragt,
über die teilweise Erledigung des Rechtsstreits durch das angenommene Teilanerkenntnis hinaus den Beschluss des Beklagten vom 08.11.2003 aufzuheben, insoweit ein Regressbetrag von 34.800,00 Euro verblieben ist.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 3) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben sich auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses bezogen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 01.04.2008 abgewiesen. Über das in dem Teilanerkenntnis gewonnene Ergebnis hinaus seien keine weiteren Rechtsfehler des Beschlusses vom 08.11.2003 zu erkennen, die zu einer Aufhebung des Beschlusses und zu einer Verpflichtung des Beklagten zur Entscheidung nach Rechtsauffassung des Gerichts hätten führen können.
Der Kläger hat gegen das ihm am 05.09.2008 zugestellte Urteil am 02.10.2008 Berufung eingelegt und wiederholend vorgetragen, in seiner Praxis einen atypisch hohen Anteil an Glaucompatienten von 20-30 % zu haben. Durch das Teilanerkenntnis habe der Beklagte selbst die Praxisbesonderheit anerkannt und den Anscheinsbeweis widerlegt. Der Beklagte habe die Praxisbesonderheiten im Rahmen der Glaukomtherapie nicht bzw. nur unzureichend anerkannt. Auch seien die durch die Praxisbesonderheit verursachten Medikamentenkosten zu niedrig geschätzt worden. In der Therapie des Glaukoms und der oculären Hypertension seien es gerade die schwereren Fälle, welche einer Therapie mit innovativen Glaukommitteln bedürften. Hier komme es oft vor, dass eine Monotherapie nicht ausreiche und eine Doppel- oder Mehrfachtherapie notwendig sei. Ein Patient, der z.B. das Medikament Cosopt und zusätzlich das Mittel Xalatan benötigt, verursache Quartalskosten von knapp 300,00 DM. Hinzu komme, dass das Glaukom eine Erkrankung sei, welche meistens alte Menschen betreffe, die in der Handhabung der Tropfflaschen Probleme hätten und zum Teil 4-5 Flaschen pro Quartal verbrauchten. Die im Arzneimittelreport aufgeführten Therapiekosten entsprächen einer wirtschaftlichen Verordnungsweise, da die Berechnung auf den diagnosebezogenen Medikamentenkosten einer bundesweiten Datenermittlung einer unabhängigen Kommission erfolge. Da der Prüfungsausschuss kein anderes Datenmaterial habe, sei eine unabhängige Datenermittlung, in diesem Fall im Arzneimittelreport, als Berechnungsgrundlage in Betracht zu ziehen. Unter Vorlage eines Schreibens der Beigeladenen zu 7) macht der Kläger geltend, die medikamentösen Therapie des Glaukoms (Augentropfen mit den Wirkstoffen aus den Gruppen Carboanhydrasehemmer, Alpha-2- Sympaticomimetica, Prostaglandinantagonisten) sei mit Quartalsrundschreiben der Beigeladenen zu 7) vom 24.07.2000 als Praxisbesonderheit anerkannt worden. Die Dokumentation sei in der Abrechnung mit der Symbolnummer (SNR) 9812 erfolgt, wobei die Anerkennung als Praxisbesonderheit auf die Fallzahl pro 100 Fälle vorgenommen werden solle, um welche die durchschnittliche Fallzahl pro 100 Fälle der Fachgruppe für diese Indikation überschritten werde. Die Überschreitungssumme solle damit den praxisindividuellen Jahresverordnungswert entlasten. Insofern müsse ein Wert in Höhe von ca. 100,00 EUR/Fall angesetzt werden. Ausgehend von einen Ansatz der SNR 9812 in den jeweiligen Quartalen seien damit Kosten in Höhe von durchschnittlich 25.000,00 EUR allein durch die Verordnung von innovativer Antiglaukomatosa entstanden. Völlig unberücksichtigt bleibe in diesem Zusammenhang, dass bei knapp 30 % seiner Patienten die Verordnung nicht in Monotherapie, sondern in einer Kombination mit anderen Glaukompräparaten erfolge. Dies gehe aus einer von der Firma IMS erhobenen Sonderstudie ("Verschreibungsindex für Pharmazeutika-Ophtalmologen") hervor. Um im Übrigen den indikationsbezogenen Mehraufwand bei Überschreitung der Richtgrößen einzuschätzen zu können, sei die Kenntnis der Anzahl der Glaukompatienten im Fachgruppendurchschnitt unabdingbar. Soweit der Prüfungsausschuss anhand der Auswertung der Ziff. 1256 EBM (Augeninnendruckmessung mittels Applanationstonometrie) die Häufigkeit der Patienten mit Glaukom oder oculärer Hypertension einschätze, führe dies nicht zu plausiblen Ergebnissen, da die Anwendung dieser Gebührenziffer nicht ausschließlich oder signifikant überwiegend nur bei Glaukom-Patienten erfolge. Der Prüfungsausschuss, der nicht über das insoweit erforderliche Datenmaterial zur Berechnung der durch die Praxisbesonderheit verursachten Mehrkosten verfüge, habe die vorgelegten statistischen Daten zur Diagnosehäufigkeit (aus einer Studie des Berufsverbandes der Augenärzte, veröffentlicht im "Augenarzt" 1-5/99, Seiten 23 ff.) und die statistisch ermittelten Verordnungszahlen (aus dem Arzneimittelreport) willkürlich ignoriert. Auch die Festsetzung des Regressbetrages unter Zugrundelegung einer Überschreitung von 60 % bzw. 50 % Toleranz gegenüber dem Fachgruppendurchschnitt sei willkürlich ohne fundierte Grundlage auf Grund falscher Berechnungsgrundlage erfolgt.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 01.04.2008 abzuändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist im Wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das SG hat die nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässige Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid vom 08.11.2003 ist – unter Berücksichtigung des vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnisses – rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Rechtsgrundlage für Regresse wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise ist § 106 Abs. 2 Nr. 1 1. Alternative Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), hier zu Grunde zu legen in der ab 1998 unveränderten Fassung des GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23.06.1997 (BGBl I 1520), der bis zum 31.12.2003 die Prüfung nach Durchschnittswerten als Regelprüfmethode vorsah. Rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken bestehen dagegen nicht (u.v.a. Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.12.2004 – B 6 KA 84/03 R -, schon zuvor Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 29.05.1978 – 1 BvR 951/77 -) und werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht.
Der auf diese Ermächtigungsgrundlage gestützte, vom Kläger angefochtene Beschluss des Beklagten ist formell rechtmäßig.
Die Prüfverfahren sind rechtzeitig eingeleitet worden. Die auf der Rechtsgrundlage des § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB V ergangene gemeinsame Prüfvereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, der AOK Westfalen-Lippe, dem Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen, dem IKK Landesverband Westfalen-Lippe, der Westfälischen Landwirtschaftlichen Krankenkasse, der Bundesknappschaft, dem VdAK/AEV – Landesbereichsvertretung Westfalen-Lippe – vom 01.07.1993 (mit den Ergänzungsvereinbarungen vom 01.01.1996, 29.11.1996, 04.12.1996, 01.01.1997, 02.02. 1998) regelte den Vorgaben des § 106 Abs. 5 Satz 1 SGB V a.F. entsprechend das Antragserfordernis als solches in § 13, die Antragserfordernisse im Einzelnen in § 14 und die Antragsfristen in § 15. Nach § 15 Abs. 2 Prüfvereinbarung konnten Anträge auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise spätestens bis zum Ablauf von zwölf Monaten nach Abschluss des Quartals gestellt werden, in dem die Verordnung erfolgt ist. Unbeschadet der Frage, ob die Nichteinhaltung dieser Antragsfristen überhaupt dem Schutz des geprüften Arztes zu dienen geeignet ist (verneinend BSG, Urteil vom 05.05.2010 – B 6 KA 20/09 R), sind vorliegend in den Prüfquartalen des Jahres 2000 die Antragsfristen eingehalten worden. Mit der am 01.01.2002 in Kraft getretenen Prüfvereinbarung (Westfälisches Ärzteblatt 2/2003 S. 56 ff.) für die Wirtschaftlichkeits- und Richtgrößenprüfung nach § 106 SGB V, ergangen auf der nunmehr in § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V normierten Ermächtigungsgrundlage, ist das Antragserfordernis entfallen und nunmehr die Prüfung von Amts wegen vorgesehen (§ 13 Abs. 3 Satz 2). Damit haben die Vertragspartner – wenn auch zeitlich versetzt – der mit dem 2000 zum 01.01.2000 in Kraft getretenen gesetzlichen Änderung Rechnung getragen. Obwohl die geprüften Quartale des Jahres 2001 in einen Zeitraum fallen, in dem die für den Beklagten maßgebliche Prüfvereinbarung noch das Antragserfordernis vorsah, nach dem der Prüfantrag innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf des zu prüfenden Quartals zu stellen war (§ 15 Abs. 2 der Prüfvereinbarung vom 01.07.1993), durfte der Beklagte von Amts wegen tätig werden, ohne dass es eines Prüfantrags bedurfte. Das ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass die zum 01.01.2002 in Kraft getretene Prüfvereinbarung keine Übergangsbestimmungen für die Prüfverfahren vorsieht, die sich auf zeitlich vor dem Inkrafttreten liegende Quartale bezieht, zum anderen aber auch aus der Tatsache, dass das früher geltende Antragserfordernis für das durchzuführende Prüfverfahren keine materiell-rechtliche Bedeutung hat, sondern eine bloße Verfahrensvoraussetzung darstellte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 27.06.2001 – B 6 KA 66/00 R -).
Der Regressanspruch des Beklagten ist auch nicht verfristet. Für die Geltendmachung von Regressansprüchen aufgrund Wirtschaftlichkeitsprüfung gilt eine vierjährige Ausschlussfrist (BSG, Urteile vom 05.05.2010 – B 6 KA 20/09 R -, 14.05.1997 – 6 Rka 63/95 – und vom 27.06.2001 – B 6 KA 66/00 R -), die dann gewahrt ist, wenn der Bescheid über die Honorarkürzung dem Vertrags(Zahn)arzt – wie vorliegend – innerhalb von vier Jahren nach der vorläufigen Honorarabrechnung zugegangen ist. Auch eine Verwirkung scheidet aus. Dieses im bürgerlichen Recht als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) entwickelte Rechtsinstitut ist auch im Sozialrecht anerkannt. Danach entfällt eine Leistungspflicht, wenn der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BSG, Urteile vom 01.04.1993 – 1 RK 16/92 – m.w.N. und vom 29.01.1997 – 5 RJ 52/94 -). Dafür bestehen indes keine Anhaltspunkte. Soweit der Kläger einwendet, er habe erst Mitte 2000 erfahren, dass er deutlich über dem Verordnungsdurchschnitt liege und nicht in der Lage gewesen sei, seine Verordnungsweise zu ändern, ist darauf hinzuweisen, dass eine vorgängige Beratung bei Überschreitung des Vergleichsgruppendurchschnitts im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses nicht notwendig ist. Dies gilt nicht nur für Honorarkürzungen, sondern auch für Arzneikostenregresse und gilt auch dann, wenn der Arzt noch nicht auf das Ergebnis einer für das Vorquartal durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung reagieren konnte und auch sonst bisher keine "Mahnung" erfolgte sowie auch dann, wenn früher Praxisbesonderheiten anerkannt wurden (vgl. BSG vom 19.06.1996 – 6 Rka 40/95 -, vom 18.06.1997 – 6 RKa 95/96 -, vom 27.6.2001 – B 6 KA 66/00 R -, vom 21.5.2003 – B 6 KA 32/02 R -, vom 28.4.2004 – B 6 KA 24/03 R -, vom 30.05.2006 – B 6 KA 14/06 B – und zuletzt vom 05.11.2008 – 6 KA 63/07 R und 6 KA 64/07 -). Nach § 106 Abs. 5 S. 1 SGB V sollen gezielte Beratungen weiteren Maßnahmen in der Regel vorausgehen. Dieser Bestimmung kann jedoch nicht der Grundsatz entnommen werden, dass jeder Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise eine gezielte Beratung im Sinne eines Rechtmäßigkeitserfordernisses vorausgehen muss (BSG, Urteil vom 18.06.1997 – 6 Rka 85/96 – ). Da der Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot weder verschuldet sein noch irgendeine sonstige besondere Verwerflichkeit festgestellt werden muss, sind gezielte Beratungen vor Honorarkürzungen nicht zwingend erforderlich (BSG, Urteil vom 28.04.2004 – B 6 KA 24/03 R -).
Der angefochtene Bescheid ist auch, soweit im Umfang noch streitgegenständlich, materiell rechtmäßig.
Nach den zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode (u.v.a. BSG, Urteile vom 09.09.1998 – B 6 KA 50/97 R -, 09.06.1999 – B 6 KA 21/98 R -, 06.09.2000 – B 6 KA 46/99 R -, 12.12.2001 – B 6 KA 7/01 R – und vom 16.07.2003 – B 6 KA 45/02 R -). Die Abrechnungs- bzw. Verordnungswerte des Arztes werden mit denjenigen seiner Fachgruppe – bzw. ggf. mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe – im selben Quartal verglichen. Ergänzt durch die sog. intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt (u.v.a. BSG, Urteil vom 10.05.2000 – B 6 KA 25/99 R -, 06.09.2000 – B 6 KA 24/99 R -, 12.12.2001 – B 6 KA 7/01 R – und vom 16.07.2003 – B 6 KA 45/02 R -). Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungs-/Verordnungsaufwand des Arztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, mithin ihn in einem Ausmaß überschreitet, das sich im Regelfall nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungs-/Verordnungsnotwendigkeiten erklären lässt, hat das die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (u.v.a. BSG, Urteil vom 06.09.2000 – B 6 KA 24/99 R – und B 6 KA 46/99 R -, 11.12.2002 – B 6 KA 1/02 R – und vom 16.07.2003 – B 6 KA 45/02 R -). Dieser wird nur dann entkräftet, wenn der betroffene Arzt darlegt – und sich dies als zutreffend erweist -, dass bei seiner Arztpraxis besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigenden Umstände vorliegen, die für die zum Vergleich herangezogenen Ärzte untypisch sind.
Die Verordnungskosten des Klägers für Arzneimittel überschritten in den Prüfquartalen I/2000 bis IV/2001 die Vergleichskosten der Vergleichsgruppe um zwischen 66,5 % und 105,5 %. Dabei hat der Beklagte zutreffend die Abrechnungswerte der zugelassenen Augenärzte, also der Fachgruppe des zu prüfenden Arztes (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.1980 – 6 RKa 5/79 -) zu Grunde gelegt. Anhaltspunkte für eine Inhomogenität innerhalb dieser Vergleichsgruppe trotz hinreichend großer Anzahl ausführender Ärzte sind nicht ersichtlich, so dass diese als ausreichend anzusehen ist, um statistisch aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.
Anlass für die Annahme, dass die von dem Beklagten zugrunde gelegte und in den Bescheid eingebundene Statistik auf falschem Zahlenmaterial der Krankenkassen beruht, bestehen nicht. Den auf diese Weise für den einzelnen Vertragsarzt erfassten Verordnungsdaten kommt die Vermutung ihrer Richtigkeit zu; sie begründen den Anscheinsbeweis für das Volumen der von ihm veranlassten Verordnungskosten (BSG, Urteil vom 02.11.2005 – B 6 KA 63/04 R -). Der Kläger hat diesen Anscheinsbeweis, den die von den Krankenkassen elektronisch erfassten Verordnungsdaten begründen, nicht durch konkrete Tatsachen erschüttert. Seine weitgehend pauschale Behauptung, das Verordnungsvolumen sei nicht ordnungsgemäß erfasst worden, löst keine Verpflichtung der Prüfgremien zu weiterer Beweiserhebung aus. Anlass dafür hat insbesondere auch nicht der Hinweis des Klägers auf vier Behandlungsfälle (T und U im Quartal I/2000, Q im Quartal II/2000, M im Quartal III/2000) ergeben, die Fehlzuweisungen aufzeigten, da der Kläger eingeräumt hat, handschriftliche Rezeptkorrekturen nicht berücksichtigt zu haben. Unabhängig davon liegen Unrichtigkeiten in einem den Anscheinsbeweis ausschließenden Umfang grundsätzlich erst vor, wenn wenigstens 5 % der für den betroffenen Vertragsarzt elektronisch erfassten Verordnungskosten nach Durchführung einer Einzelprüfung in Abzug zu bringen sind. In einem solchen Fall müssen die vom Arzt tatsächlich veranlassten Verordnungskosten durch individuelle Auswertung sämtlicher noch vorhandener Verordnungsblätter bzw. Images ermittelt werden oder – wenn dies nicht möglich ist – dem Arzt ein entsprechend bemessener Sicherheitsabschlags von dem auf der Grundlage der vorhandenen Verordnungsblätter ggf. festzusetzenden Regress gewährt werden (BSG vom 02.11.2005 a.a.O.). Die als erforderlich angesehene 5 %-Grenze ist indes bei weitem unter Zugrundelegung der o.a. konkreten Beanstandungen des Klägers nicht erfüllt.
Der Umstand, dass die Zahl der Behandlungsfälle des Klägers im geprüften Zeitraum deutlich höher als die der Fachgruppe war, wirkt sich im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung tendenziell eher günstiger aus und muss daher nicht besonders berücksichtigt werden. Eine in Relation zur Vergleichsgruppe besonders niedrige Fallzahl des zu prüfenden Arztes kann nämlich zur Folge haben, dass einzelne schwere, besonders aufwändige Behandlungsfälle den Fallwert des betroffenen Arztes überproportional in die Höhe treiben, weswegen der mit einer sehr geringen Fallzahl einhergehenden Vergröberung des Aussagewerts der statistischen Vergleichsprüfung durch die Einführung einer Mindestquote der in die Prüfung einzubeziehenden Fälle zu begegnen ist (vgl. BSG, Urteil vom 09.09.1998 – B 6 KA 50/97 R -). Einer hohen Fallzahl – wie hier – steht hingegen ein statistischen Kostenvergleich nicht entgegen.
Auch die Altersstruktur des Patientengutes der klägerischen Praxis steht dem Vergleich mit der Fachgruppe nicht entgegen. Denn der Beklagte hat die als Vergleichsbasis herangezogenen Fachgruppendurchschnittswerte jeweils mit den Versichertenanteilen (M/F/R) des Klägers ermittelt und dies dadurch berücksichtigt, dass er den Verordnungswerten des Klägers fiktive Verordnungswerte gegenübergestellt hat, die denen entsprechen, die die Vergleichsgruppe bei einer der Praxisstruktur des Klägers entsprechenden Rentneranzahl gehabt hätte. Dies reicht aus (vgl. Senat, Urteil vom 24.11.2010 – L 11 KA 4/09 -).
Davon ausgehend hat der Beklagte zu Recht festgestellt, dass der Verordnungsumfang des Klägers je Fall in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht und die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit angenommen. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, durch das Teilanerkenntnis habe der Beklagte selbst die Praxisbesonderheit anerkannt und den Anscheinsbeweis widerlegt, ist dies nicht zutreffend. Der Beklagte hat sich in Reaktion auf das Hinweisschreiben des SG lediglich bereit erklärt, für alle beanstandeten Quartale gleichermaßen den Toleranzrahmen von + 50 % auf + 60 % zu erhöhen. Das SG hat ausdrücklich ausgeführt: "Die nach dem nachfolgenden Vergleichsvorschlag im Ergebnis verbleibenden Regressbeträge wären bei streitiger Entscheidung als rechtmäßig zu bestätigen, denn insoweit ist auch bei voller Berücksichtigung des klägerischen Vortrags der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit für diesen kleinen Bereich der Verordnungskosten nicht mehr widerlegt worden." Dem stimmt der Senat zu.
Praxisbesonderheiten oder kompensatorische Einsparungen hat der Beklagte zu Recht nicht berücksichtigt. Solche mussten sich ihm weder aufdrängen noch hat der Kläger solche in erforderlicher substantiierter Weise dargelegt.
Praxisbesonderheiten sind aus der Zusammensetzung der Patienten herrührende Umstände, die sich auf das Behandlungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht in entsprechender Weise anzutreffen sind (u.v.a. BSG, Urteil vom 21.06.1995 – 6 RKa 35/94 -). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden (BSG, Urteil vom 06.09.2000 – B 6 KA 24/99 R -). Umstände, die sich ausschließlich auf den Arzt, seine Ausbildung oder seine Praxisausstattung beziehen, sind dem grundsätzlich nicht zuzuordnen (BSG, Urteil vom 21.06.1995 – 6 Rka 35/94-; Senat, Urteile vom 24.11.2010 – L 11 KA 4/09 – und vom 04.11.1998 – L11 KA 174/97 -). Dabei ist es grundsätzlich Sache des geprüften Arztes, den durch die Feststellung eines offensichtlichen Missverhältnisses erbrachten Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit seines Verhaltens durch die Geltendmachung von Praxisbesonderheiten oder kompensatorischen Minderaufwendungen zu widerlegen. Ihn trifft hinsichtlich dieser Einwendungen die Darlegungslast (BSG, Urteil vom 11.12.2002 – B 6 KA 1/02 R -). Es ist Angelegenheit des Vertragsarztes und nicht des Beklagten oder des Gerichts, entscheidungserhebliche Umstände vorzutragen, die auf eine Abweichung von der Typik der Praxen der Fachgruppe schließen lassen. Der Vertragsarzt ist nicht nur gemäß § 21 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) allgemein gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere die ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Im Rahmen der Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen hat er vielmehr eine entsprechende besondere Mitwirkungspflicht aus der Sache selbst, wie sie immer dann besteht, wenn ein Arzt sich auf ihm günstige Tatsachen berufen will und diese Tatsachen allein ihm bekannt oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (BSG, Urteil vom 15.11.1995 – 6 RKa 58/94 – m.w.N.).
Dieser Mitwirkungsobliegenheit, der der Vertragsarzt grundsätzlich im Verwaltungsverfahren zu genügen hat, ist der Kläger nicht nachgekommen. Er hätte nämlich konkret darlegen müssen, bei welchem der von ihm behandelten Patienten aufgrund welcher Erkrankungen im Einzelnen welcher erhöhte Verordnungsaufwand erforderlich war. Dafür reicht insbesondere der Hinweis des Klägers auf die Angabehäufigkeit der SNR 9812 (Medikamentöse Therapie des Glaukoms: Augentropfen mit den Wirkstoffen aus den Gruppen Carboanhydrasehemmer, Alpha-2-Sympaticomimetica, Prostaglandinantagonisten) und die Anerkennung dieser Leistung als Praxisbesonderheit nach Maßgabe der Richtgrößenvereinbarung, die hier weder mittelbar noch unmittelbar zur Anwendung kommt, nicht aus, da die Verordnungshäufigkeit der Medikamente Gegenstand der Prüfung ist und daher nicht zur Widerlegung des Anscheinsbeweises herangezogen werden kann. Soweit der Kläger meint, der Beklagte habe zum Beleg der hohen Arzneimittelkosten für Glaukompatienten die im jährlichen Arzneimittelreport und zum Beleg der Diagnosehäufigkeit die in der Studie des Berufsverbandes der Augenärzte erhobenen Daten heranzuziehen, geht er fehl. Die von dem Beklagten vorgenommene Durchschnittsprüfung basiert auf der Prämisse, dass der Großteil der Ärzte wirtschaftlich abrechnet und deshalb signifikante Abweichungen vom Durchschnitt der Fachgruppe der Augenärzte im Bezirk der Beigeladenen zu 7) eine unwirtschaftliche Behandlungs- bzw. Verordnungsweise ergeben. Insofern sind ausschließlich die von dem Beklagten zugrunde gelegten statistischen Daten zu erheben und bewerten. Auf einen bundesdeutschen Vergleich kommt es nicht an. Dem Kläger ist zwar zuzustimmen, dass bei einer überdurchschnittlich hohen Patientenanzahl auch die Anzahl der Glaukompatienten überdurchschnittlich hoch sein wird, dies ist indes nicht ausschlaggebend, da die Fallwerte vergleichen wurden. Anlass für die Annahme, dass der Kläger einen gegenüber der Fachgruppe höheren Anteil an Glaukompatienten hat als die Fachgruppe, besteht nicht. Der Kläger hat insbesondere nicht dargelegt, aus welchen Gründen, Glaukompatienten trotz weiterer Entfernung besonders seine Praxis aufsuchen. Gegen eine Spezialisierung der Praxis spricht, dass – darauf hat der Beklagte im angefochtenen Beschluss zutreffend hingewiesen – der nur unwesentliche und im Vergleich zur Gebietsgruppe unterdurchschnittliche Anteil an Überweisungsfällen von 2,7 % bis 4,7 % (Kläger) gegenüber 3,8 % bis 5 % (Fachgruppe).
Auch die zum Nachweis der Praxisbesonderheit vom Kläger vorgelegte handschriftliche Liste der "221 teuersten Patienten des Quartals I/2000" (mit jeweiliger Angabe des Patientennamens sowie der jeweiligen Krankenkasse, Diagnose allesamt Glaukomerkrankungen, Medikation, Kosten und einer "Begründung"), die wenn überhaupt ausschließlich Auswirkungen auf den Regress für dieses Quartal haben könnte, genügt den Anforderungen an seine Darlegungslast nicht. Insbesondere belegen diese Angaben nicht, dass die Morbiditätsstruktur seines Patientengutes von denen der Fachgruppe abweicht. Die Auflistung wie die weiteren Ausführungen des Klägers bringt vielmehr die Erkenntnis, dass die von ihm – durch entsprechende Verordnungen – verursachten weit überdurchschnittlichen Arzneikosten darauf zurückzuführen sind, dass er in den streitgegenständlichen Quartalen seine Glaukompatienten in weit höherem Umfang als die Fachgruppe mit teuren Arzneimitteln wie u.a. Trusopt®, und Alphagan® oder Kombinationspräparaten wie u.a. Xalacom® und Cosept® anstatt konservativ mit Betarezeptoren-Blockern, die auch heute noch die Behandlungsleitlinie des Bundesverbandes der Augenärzte e.V. und Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft e.V. empfiehlt, behandelt hat. Eine ausreichende Begründung für dieses Verordnungsverhalten, die ihre Ursache in der Zusammensetzung seiner Patienten haben muss, hat der Kläger nicht erbracht. Dafür reicht insbesondere sein in der o.a. Liste überwiegend aufgeführter pauschaler Hinweis "guter Druck nur mit Maximaltherapie", "optimale Druckeinstellung", notwendige Therapie zur Druckregulierung" oder auch "Maximaltherapie nötig" nicht aus. Dabei übersieht der Senat nicht, dass der Kläger auch Patienten aufgelistet hat, bei den (angabegemäß) eine Betablockerunverträglichkeit besteht oder bei denen aus anderen Gründen (angabegemäß) eine konservative Behandlung aus medizinischen Gründen nicht in Betracht kommt. Zur Überzeugung des Senats handelt es sich dabei indes nicht um eine Besonderheit der Praxis des Klägers ist, da solche Patienten in jede Augenarztpraxis zu finden sind und einer ggf. bestehenden Abweichung jedenfalls durch den vom Beklagten eingeräumten Mehraufwand von 60 % ausreichend Rechnung getragen wird.
Im Übrigen bleibt im Anschluss an die Entscheidung des BSG vom 15.04.1980 – 6 RKa 5/79 – festzustellen: Es bleibt dem Kläger unbenommen, die Therapiemethode, die er für zutreffend hält, bei seinen Patienten anzuwenden, es kann ihm aber nicht gestattet werden, durch das Ausmaß seiner Leistungen Kosten zu verursachen, die das Maß des Zumutbaren überschreiten. Eine solche Überschreitung liegt hier vor. Er verkennt, dass er als Vertragsarzt Teil eines Leistungssystems ist, dem eine besonders bedeutsame soziale Funktion zukommt. Seine Handlungsweise lässt sich nicht von den Rechten und den Pflichten der anderen an diesem System Beteiligten lösen. Sie ist vielmehr eingebettet in einen Gesamtzusammenhang, der auf dem Gedanken der Solidargemeinschaft der Versicherten aufbaut (vgl. BVerfG, Urteil vom 28.02.1980 – 1 BvL 17/77 -). Die Kosten, die durch die Leistungen im System der gesetzlichen Krankenversicherung entstehen, werden durch alle Versicherten gemeinsam aufgebracht. Sie dienen dazu, für alle Versicherten eine zweckmäßige und ausreichende Krankenversorgung sicherzustellen (§§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 SGB V), wobei allen Versicherten nach dem Gleichheitsgrundsatz ein Anspruch darauf zusteht, "gleich gut" behandelt zu werden. Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn nicht notwendige und unwirtschaftliche Leistungen vermieden werden.
Auch kompensatorische Einsparungen hat der Kläger nicht hinreichend dargetan. Die Anerkennung kompensatorischer Einsparungen setzt voraus, dass zwischen dem Mehraufwand auf der einen und den Kostenüberschreitungen auf der anderen Seite ein kausaler Zusammenhang besteht. So muss ersichtlich sein, durch welche Leistungen der Arzt in welcher Art von Behandlungsfällen aus welchem Grund welche Einsparungen erzielt hat (BSG, Urteil vom 05.11.1997 – 6 RKa 1/97 -). Dabei ist es wiederum grundsätzlich Sache des geprüften Arztes, kompensatorische Minderaufwendungen darzutun und zu belegen. Ihn trifft hinsichtlich dieser Einwendungen die Darlegungslast (BSG, Urteil vom 21.06.1995 a.a.O.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe fehlt es bereits an der substantiierten Darlegung des tatsächlich vorliegenden Minderaufwandes. Allein die unter Inbezugnahme einer Verlautbarung des Bundesverbandes der Augenärzte und des Arzneimittelreportes aufgestellte Behauptung, dass seit dem Einsatz der benannten Medikamente zur Glaukombehandlung fast keine Operationen, Krankenhauseinweisungen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr erforderlich gewesen seien, genügt nicht. Der Kläger hätte vielmehr schon im Verwaltungsverfahren konkret ausführen und belegen müssen, bei welchen Patienten durch ihre aufwändige Arzneimitteltherapie ansonsten gebotene Operationen, Krankenhauseinweisungen bzw. Arbeitsunfähigkeitszeiten eingespart worden sind (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.09.2005 – L 5 KA 72/04 – ).
Der Beklagte hat sich nicht nur auf eine statistische Betrachtung beschränkt, sondern auch die von der Rechtsprechung geforderte sog. intellektuelle Prüfung durchgeführt. Diese dient im Wesentlichen dazu, die rechtliche Prüfung des Behandlungs- bzw. Verordnungsverhaltens durch medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte zu ergänzen und abzurunden (vgl. u.v.a. BSG, Urteil vom 21.03.2012 – B 6 KA 18/11 R – m.w.N.). Unschädlich ist, dass der Beklagte die in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen nicht ausdrücklich unter die Überschrift "intellektuelle Prüfung" gestellt hat. Er hat jedenfalls inhaltlich die quantitative Dimension der Abrechnungsabweichung unter Einbeziehung der abgerechneten gewürdigt. So hat er nach Durchsicht der Prüfunterlagen insbesondere auch beanstandungsfrei festgestellt, dass sich die Praxis des Klägers als "völlig normale Augenpraxis" darstellt, die in dem Gesamtspektrum der Augenheilkunde keine besondere Diagnostikbreite bietet.
Auch im Übrigen sind bei der Festsetzung des Regresses keine Rechtsfehler zu erkennen. Dem Kläger verbleibt mit der von dem Beklagten belassenen Toleranz von + 60 % mehr als hinreichender Raum für eine wirtschaftliche Behandlung von ihm in den Vordergrund gestellter Patienten mit Glaukom.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach fallen demjenigen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 24.04.2013
Zuletzt verändert am: 24.04.2013