Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.05.2015 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Kündigung eines Vertrages gemäß §§ 132, 132a Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Die Antragstellerin ist ein im Jahre 2006 gegründeter ambulanter Pflegedienst. Sie versorgt mit ca. 120 Mitarbeitern etwa 455 Patienten und eine Wohngemeinschaft mit acht Patienten. Der jährliche Gesamtumsatz belief sich in den letzten Jahren nach eigenen Angaben auf jährlich ca. 3 Mio. EUR, wovon etwa jährlich 100.000,00 EUR durch Leistungen erzielt wurden, die gegenüber Versicherten der Antragsgegnerin im Rahmen der häuslichen Krankenpflege (SGB V-Bereich) erbracht wurden. Die monatlichen Kosten (Personal, Büro, Mieten, Versicherungen, Leasingverträge etc.) belaufen sich nach eigenen Angaben auf 200.000,00 EUR bis 250.000,00 EUR.
Zum 01.05.2006 war die Antragstellerin dem Vertrag gemäß §§ 132,132a Abs. 2 SGB V zwischen dem Landesverband freie ambulante Krankenpflege NRW e.V. (LfK) und der AOK Rheinland/Hamburg, der AOK Westfalen-Lippe, der IKK Nordrhein, der Vereinigten IKK, der Knappschaft (Antragsgegnerin) und der Landwirtschaftlichen Krankenkasse NRW beigetreten. Gegenstand dieses Rahmenvertrags ist die Durchführung der häuslichen Krankenpflege, der häuslichen Pflege und der Haushaltshilfe.
Im März 2013 wurden die Büroräumlichkeiten der Antragstellerin wegen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Köln gegen Geschäftsführer der Antragstellerin wegen des Verdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges durchsucht. Mit Schreiben vom 29.01.2015 kündigte die AOK Rheinland/Hamburg den Rahmenvertrag fristlos zum 28.02.2015, hilfsweise fristgerecht zum 30.06.2015. In der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2015 des gegen die Kündigung gerichteten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (Sozialgericht (SG) Köln, Az. S 37 KR 106/15 ER) akzeptierte die Antragstellerin die ordentliche Kündigung des bestehenden Vertragsverhältnisses, worauf die Beteiligten übereinstimmend die Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 30.06.2015 erklärten.
Mit Schreiben vom 20.03.2015 kündigte die Antragsgegnerin, Regionaldirektion Bergheim, Vertragswesen, das Vertragsverhältnis zur Antragstellerin fristgerecht zum 30.06.2015.
Hierauf hat die Antragstellerin das SG Köln am 14.04.2015 zwecks Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes angerufen. Sie hat vorgetragen: Es bestehe ein Anordnungsgrund, da ohne den Versorgungsvertrag mit der Antragsgegnerin über 100.000,00 EUR ihres Jahresumsatzes entfielen. Ihre Patienten müssten sich kurzfristig einen neuen Pflegedienst suchen. Sie werde diese dauerhaft verlieren. Bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens werde sie keine neuen, bei der Antragsgegnerin kranken- oder pflegeversicherten Kunden gewinnen können. Der hierdurch bedingte erhebliche wirtschaftliche Schaden werde auch bei einem positiven Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht wieder gut gemacht werden können. Die Regionaldirektion Bergheim sei nicht berechtigt, im Namen der Hauptgeschäftsstelle den Versorgungsvertrag zu kündigen. Die Kündigungsvoraussetzungen lägen im Übrigen nicht vor. Die Staatsanwaltschaft habe das Strafverfahren noch nicht abschließend bewertet. Zwar entspreche die Kündigung dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 des Vertrages und sei auch fristgerecht erfolgt. Sie – die Antragstellerin – erfülle aber weiterhin die Beitrittsvoraussetzungen. Ohnehin dürfe die schwer in ihren Betrieb eingreifende Kündigung nicht ohne Rechtsgrund erfolgen. Eine Kündigung ohne Vorliegen eines besonderen Grundes verstoße gegen die Rechte aus Art. 12, Art. 14 GG bzw. Art. 3 Grundgesetz (GG).
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. die Antragsgegnerin zu verpflichteten, den mit der Antragstellerin abgeschlossenen Versorgungsvertrag gemäß §§ 132,132a SGB V vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu verlängern und die Leistungen entsprechend der Vergütungsvereinbarung des Rahmenvertrages zwischen den Parteien zu vergüten, hilfsweise 2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, den mit der Antragstellerin abgeschlossenen Versorgungsvertrag gemäß §§ 132,132a Abs. 2 SGB V vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, befristet längstens bis zum 31.12.2015, zu verlängern und die Leistungen entsprechend der Vergütungsvereinbarung des Rahmenvertrages zwischen den Parteien zu vergüten.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, dass die Kündigung des Vertragsverhältnisses mit Schreiben vom 20.03.2015 in Anlehnung an die mit der AOK Rheinland/Hamburg im Rechtsstreit S 37 KR 106/15 ER vor dem SG Köln erfolgte Einigung ausgesprochen worden sei.
Das SG Köln hat den Antrag mit Beschluss vom 19.05.2014 abgelehnt. Die Voraussetzungen der Regelungsanordnung lägen nicht vor. Dahinstehen könne, ob wegen der drohenden Einnahmeverluste ein Anordnungsgrund anzunehmen sei, denn schon die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Anordnungsanspruch seien nicht glaubhaft gemacht. Nach § 30 Abs. 1 des Rahmenvertrages könnten die gemäß § 3 des Vertrages begründeten Vertragsbeziehungen sowohl von den Trägern der ambulanten Pflegedienste als auch von den Krankenkassen jeweils mit einer dreimonatigen Frist zum Ende eines Kalendervierteljahres durch eingeschriebenen Brief gekündigt werden. Diese Voraussetzungen lägen vor. Die Vertragskündigung sei fristgerecht. Nach dem eindeutigen Wortlaut der vertraglichen Vorschrift stehe es der Antragsgegnerin frei, eine ordentliche Kündigung gegenüber der Antragstellerin auszusprechen, sofern das Fristerfordernis und die gebotene Form gewahrt seien. Die Kündigung sei insbesondere auch formgerecht erfolgt, da nicht etwa die Geschäftsstelle C der Antragstellerin, sondern die Geschäftsführung der für das Vertragswesen zuständigen Abteilung der Antragsgegnerin die Kündigung ausgesprochen habe. Das sei die Stelle, die zuvor das Zu-Stande-Kommen der vertraglichen Beziehungen bestätigt habe (Schreiben vom 09.09.2008 bzw. 28.06.2010). Im Vergleich zu einer außerordentlichen Kündigung nach § 30 Abs. 4 des Vertrages bedürfe es im Fall einer ordentlichen Kündigung (§ 30 Abs. 1 des Vertrags) keiner Kündigungsgründe. Ungeachtet dessen sei der Antragsgegnerin ein weiteres Festhalten an der vertraglichen Beziehung nicht zumutbar. Die Ermittlungen des Polizeipräsidiums L hätten ergeben, dass die personellen Ressourcen der Antragstellerin nicht dafür ausreichten, um die vertraglich zugesicherten Leistungen zu erfüllen, da es an einem ausreichend und hinreichend qualifizierten Personalstamm fehle und eine Minderversorgung eines Teils der Klienten durch die Geschäftsführerin der Antragstellerin nicht nur billigend in Kauf genommen worden, sondern dies von vornherein absehbar gewesen sei. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft sei abgeschlossen, die Anklageschrift werde zur Zeit verfasst. Vor diesem Hintergrund sei die ordentliche Kündigung in keiner Weise zu beanstanden.
Hiergegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde. Die Antragstellerin trägt vor: Es bestünden ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch. Allerdings seien die bei der Antragsgegnerin prozentual versicherten Patienten nicht so bedeutend, dass sie allein durch die streitige Vertragskündigung von Insolvenz bedroht wäre. Vom Gesamtumsatz 2014 von ca. 3 Mio. entfielen ca. 100.000,00 EUR auf Versicherte der Antragsgegnerin. Das entspreche ca. 3,3 % des Gesamtumsatzes. Diese Situation könne allerdings nicht isoliert betrachtet werden. So sei zu berücksichtigen, dass bereits andere Vertragspartner den Vertrag gekündigt hätten (AOK Rheinland/Hamburg mit einem Umsatz von ca. 855.000.00 EUR entsprechend einem Umsatzanteil von ca. 30 %) und im Falle eines negativen Beschlusses evtl. andere Krankenkassen mit Kündigungen folgen würden. Der Verband der Ersatzkassen (Umsatz von 400.000,00 EUR bis 450.000,00 EUR entsprechend einem Umsatzanteil von knapp 15 %) habe inzwischen eine Kündigung zum 30.06.2015 unter Hinweis darauf ausgesprochen, dass die AOK Rheinland/Hamburg und die Knappschaft das Vertragsverhältnis bereits zum 30.06.2015 gekündigt hätten. Werde jeder Vertragspartner gesondert betrachtet, so führe evtl. keine Kündigung zu einer Insolvenz des Betriebes. Betrachte man die Vertragspartner AOK Rheinland/Hamburg, Ersatzkassen und die Antragsgegnerin hingegen gemeinsam, so entspreche dies bereits einem Umsatzanteil von fast 50 %. Auch im Rahmen der Interessenabwägung überwögen ihre – der Antragstellerin – Interessen. Ohne einen Versorgungsvertrag mit der Antragsgegnerin würden sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten weiter verschärfen. Die Kündigungen durch die AOK und der Ersatzkassen werde die Unternehmensexistenz gefährden. Sie – die Antragstellerin – werde die Patienten vermutlich auch dauerhaft verlieren, da davon auszugehen sei, dass diese nach einem positiven Abschluss des Hauptsacheverfahrens bei dem neuen Versorger verblieben. Neukunden könnten keine mehr geworben werden. Die Struktur des Pflegedienstes werde unwiderruflich geschädigt. Andererseits sei nicht zu erkennen, welcher konkrete Nachteil für die Antragstellerin entstehe, wenn das Vertragsverhältnis zumindest vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens oder bis zum Abschluss des Strafverfahrens fortgesetzt werde. Auch ein Anordnungsanspruch sei gegeben. Zwar könne die Geschäftsführung der für das Vertragswesen zuständigen Abteilung der Regionaldirektion Bergheim eine Vertragskündigung formgerecht aussprechen. Da jedoch nicht bekannt sei, welche Funktion die die Kündigung unterzeichnende Mitarbeiterin innehabe und wer sie angewiesen habe, die Kündigung auszufertigen, sei zweifelhaft, ob die Mitarbeiterin formwirksam eine Kündigung mit "Die Geschäftsführung I.A. H W" unterzeichnen dürfe ohne der Kündigung eine Originalvollmacht beizufügen. Die Rechtsauffassung, dass für eine ordentliche Kündigung keine Kündigungsgründe vorliegen müssten, sei nicht haltbar. Zutreffend sei, dass nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 des Vertrages die Vertragsbeziehung von den Krankenkassen jeweils mit einer dreimonatigen Frist zum Ende eines Kalendervierteljahres durch eingeschriebenen Brief gekündigt werden könnten. Eine solche Kündigung sei jedoch unzulässig. Zum einen widerspreche dies § 30 Abs. 2 des Vertrags. Hiernach könnten die Krankenkassen mit einer dreimonatigen Frist zum Ende eines Kalendermonats das Vertragsverhältnis kündigen, wenn die Beitrittsvoraussetzungen vom Pflegedienst nicht mehr erfüllt seien. Es handele sich um eine unwesentlich kürzere Kündigungsfrist als die in § 30 Abs. 1 des Vertrags genannte Frist. Die Kündigung sei aber an weitere Voraussetzungen geknüpft. Die Beitrittsvoraussetzungen zum Rahmenvertrag müssten entfallen sein. Es sei widersprüchlich, wenn die Krankenkassen ohne den Wegfall der Beitrittsvoraussetzungen dem Pflegedienst mit nahezu gleichen Fristen kündigen könnte, wie in den Fällen, bei denen der Pflegedienst die Beitrittsvoraussetzungen nicht mehr erfülle. Sie – die Antragstellerin – erfülle diese Voraussetzungen weiterhin. Wäre § 30 Abs. 1 des Vertrags so zu verstehen, dass für eine ordentliche Kündigung grundsätzlich keine Kündigungsgründe vorliegen müssten, so wäre diese Vereinbarung unwirksam, weil die Klausel mit Blick auf die enorme Tragweite der Rechtsfolgen zu unbestimmt sei. Da es hier eine Existenzfrage und um das grundrechtlich geschützte Rechtsgut der Freiheit der Berufsausübung gehe, sei es unbillig, wenn allein einem Vertragspartner die Voraussetzungen für den Entzug der Abrechnungsmöglichkeit überlassen sei, ohne dass es ein gesichertes Verfahren gebe, das eine rechtsstaatliche Auseinandersetzung über den Inhalt der Entscheidung ermögliche. Ähnliche Regelungen bestünden auch bei den Verträgen mit den Pflegekassen gem. § 74 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Hier habe der Gesetzgeber geregelt, dass Versorgungsverträge mit einer Frist von einem Jahr gekündigt werden könnten, von den Landesverbänden der Pflegekassen jedoch nur, wenn die Voraussetzungen des § 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI nicht mehr erfüllt seien. Die Krankenversicherung sei ein eng mit der Pflegeversicherung verflochtenes Gebiet. Die Anforderungen an die häusliche Pflege nach dem SGB V unterschieden sich von der Pflege nach dem SGB XI nicht so erheblich, dass es gerechtfertigt sei, bei einer Vertragskündigung oder einer Zulassung unterschiedliche Anforderungen anzulegen. Deshalb müsse bei einem Entzug eines SGB V-Vertrages der gleiche Schutz gelten, wie bei dem Entzug eines SGB XI-Vertrages. Eine Kündigung ohne Vorliegen eines besonderen Grundes verstoße angesichts der Monopolstellung der Krankenkassen gegen Grundrechte aus Art. 12, Art. 14 GG und Art. 3 Abs. 1 GG. Die ordentliche Vertragskündigung greife unzulässig in ihre Berufs- und Wirtschaftsfreiheit ein und unterliege wegen Art. 12 GG und Art. 14 GG strengen Anforderungen. Ihr werde die weitere Ausübung des Berufes erschwert. Sie habe bereits durch die Beendigung des Vertrages mit der AOK Rheinland/Hamburg zum 30.06.2015 einen Patienten- und Umsatzverlust von 28 % ihres Gesamtumsatzes hinnehmen müssen. Es drohe die Insolvenz. Die Argumentation des SG, der Antragsgegnerin sei ein Festhalten am Vertrag aufgrund der polizeilichen Ermittlungen nicht zumutbar, sei rechtlich nicht haltbar. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien nicht zutreffend, nicht zugestanden und keineswegs erwiesen und würden ggf. in einem späteren gerichtlichen Verfahren überprüft werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sei eine Vertragskündigung unverhältnismäßig.
Die Antragstellerin beantragt:
1. die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Köln vom 19.05.2015, Az.: S 9 KN 53/15 KR ER, den mit der Antragstellerin abgeschlossenen Versorgungsvertrag gem. §§ 132, 132 a SGB V vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, befristet längstens bis zum 31.12.2015, zu verlängern und die Leistungen entsprechend der Vergütungsvereinbarung des Rahmenvertrages zwischen den Parteien zu vergüten. 2. Hilfsweise wird beantragt, die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Köln vom 19.05.2015, Az.: S 9 KN 53/15 KR ER, den mit der Antragstellerin abgeschlossenen Versorgungsvertrag gem. §§ 132, 132 a SGB V vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, zu verlängern und die Leistungen entsprechend der Vergütungsvereinbarung des Rahmenvertrages zwischen den Parteien zu vergüten.
Die Antragsgegnerin tritt dem entgegen. Sie verweist darauf, dass die Unterschrift "Die Geschäftsführung I.A." sich aus der Unterschriftenregelung des öffentlichen Dienstes ergebe. Diese besage nicht etwa, dass der Unterzeichner wie im Zivilrecht im Auftrage eines anderen tätig sei und demzufolge dessen Vollmacht benötige, sondern, dass der Unterzeichner seine Körperschaft vollumfänglich vertreten dürfe. So sei die Unterzeichnung "Die Geschäftsführung I.A." mit der zivilrechtlichen Prokura vergleichbar, demzufolge bedürfe es keiner gesonderten Bevollmächtigung. Das Vorbringen zum Anordnungsgrund führe an der Sache vorbei. Entscheidend sei allein, dass der Gesamtumsatz mit Versicherten der Knappschaft im Jahr 2014 lediglich 100.000,00 EUR oder 3,3 % des Gesamtumsatzes ausmache und in absoluten Zahlen lediglich 12 Patienten behandelt worden seien. Ob andere Krankenkassen den Vertrag ebenfalls gekündigt hätten, welchen Umsatzanteil diese ausmachten und ob die Antragstellerin bereits rechtliche Schritte unternommen habe, sei für das Bestehen eines Anordnungsgrundes ohne Belang. Es sei nicht einsichtig, warum das Verhalten Dritter die Erfolgsaussichten einer Verteidigung gegen den Antrag der Antragstellerin beeinflussen solle. Unverständlich sei auch, warum die Antragstellerin anführe, die AOK Rheinland/Hamburg habe das Vertragsverhältnis bereits gekündigt und die Umsätze mit Versicherten dieser Krankenkasse machten einen Anteil von ca. 30 % aus. Den Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz im Verfahren gegen die AOK Rheinland/Hamburg habe die Antragstellerin zurückgenommen und die ordentliche Kündigung zum 30.06.2015 wirksam werden lassen. Da sie die Kündigung akzeptiert habe, könne sie dies nicht im hiesigen Verfahren zur Begründung eines Anordnungsgrundes heranziehen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Streitakte und die Akte S 37 KR 106/15 ER (SG Köln) Bezug genommen.
II.
Die statthafte und im übrigen zulässig Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nicht gegeben. Rechtsgrundlage für das Begehren des Antragstellerin ist § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
1. Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung nach Maßgabe der in Absatz 1 bzw. Absatz 2 genannten Voraussetzungen treffen. Danach ist zwischen Sicherungs- (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) zu unterscheiden.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist – erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs – einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -; Senat, Beschlüsse vom 14.01.2015 – L 11 KA 44/14 B ER – und 12.08.2013 – L 11 KA 92/12 B ER -; Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.09.2006 – L 10 B 2/06 KA ER -), es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 -). Andererseits müssen die Gerichte unter Umständen wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit Rechtsfragen nicht vertiefend behandeln und ihre Entscheidung maßgeblich auf der Grundlage einer Interessenabwägung treffen können (Senat, Beschlüsse vom 14.01.2015 – L 11 KA 44/14 B ER -, 12.08.2013 – L 11 KA 92/12 B ER – und 12.10.2009 – L 11 B 17/09 KA ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 15.11.2006 – L 10 B 14/06 KA ER – und 14.12.2006 – L 10 B 21/06 KA ER -). Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde (vgl. Senat, Beschlüsse vom 14.01.2015 – L 11 KA 44/14 B ER – und 12.08.2013 – L 11 KA 92/12 B ER – und 21.01.2012 – L 11 KA 77/11 B ER -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.04.2007 – L 5 KR 518/07 ER-B -).
Die Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGG sind unterschiedlich formuliert. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts eines Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hingegen bestimmt § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, dass eine einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig ist, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Voraussetzung beider Erscheinungsformen ist das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz begehrt wird) und eines Anordnungsgrundes (Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, wenn ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist).
Die Antragstellerin hat weder den Anordnungsgrund (nachfolgend a)) noch den Anordnungsanspruch (nachfolgend b)) glaubhaft gemacht.
a) Anordnungsgrund
aa) Den Anordnungsgrund definiert § 86b Abs. 2 SGG für die Sicherungsanordnung einerseits und Regelungsanordnung andererseits jeweils eigenständig. Die Sicherungsanordnung setzt die Gefahr voraus, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG). Sicherungsanordnungen dienen der Sicherung eines bestehenden Zustandes; das Gericht trifft demgemäß nur bestandsschützende Maßnahmen (Frehse, in: Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 86b Rdn. 73). Hingegen verlangt die Regelungsanordnung, dass die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Hierunter fallen die praktisch häufigen Fälle eines Verpflichtungs- oder Leistungsbegehrens (vgl. Frehse, a.a.O., § 86b Rdn. 73). Die Abgrenzung der Sicherungs- von der Regelungsanordnung ist unsicher (Senat, Beschlüsse vom 14.01.2015 – L 11 KA 44/14 B ER -, 16.10.2014 – L 11 KA 41/14 B ER – und 28.12.2010 – L 11 KA 60/10 B ER -).
Vorliegend geht es der Antragstellerin vornehmlich darum, den mit der Antragsgegnerin geschlossen Versorgungsvertrag bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu verlängern und die auf dieser Grundlage erbrachten Leistungen zu vergüten. Das deutet auf eine Sicherungsanordnung hin. Letztlich kann dies dahinstehen, denn Sicherungs- und Regelungsanordnung unterliegen im Ergebnis derselben Behandlung (hierzu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Auflage, 2013, § 940 Rdn. 1; vgl. auch Musielak/Huber, ZPO, 11. Auflage, 2014, § 935 Rdn. 1 und § 940 Rdn. 1; Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 33. Auflage, 2012, § 935 Rdn. 3).
bb) Im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG zum einstweiligen Rechtsschutz im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988 – 2 BvR 745/88 – ; Beschluss vom 19.10.1977 – 2 BvR 42/76 -) wurde unter der Geltung des früheren Rechts von den Sozialgerichten ganz überwiegend gefordert, dass dem Antragsteller schwere irreparable und unzumutbare Nachteile drohen müssen. Die Rechtsprechung aus der Zeit vor Inkrafttreten des § 86b Abs. 2 durch das 6. SGGÄndG vom 17.08.2001 (BGBl. I 2144) m.W.v. 02.01.2002 zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anordnungsgrund dargetan ist (Sicherung eines verfassungsrechtlichen Mindeststandard i.S. einer "Existenzgefährdung"), kann nur noch eingeschränkt herangezogen werden (Senat, Beschlüsse vom 23.12.2010 – L 11 KA 54/10 B ER – und 23.11.2007 – L 11 B 11/07 KA ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 22.05.2006 – L 10 B 3/06 KA ER – und 09.07.2004 – L 10 B 6/04 KA ER -). Setzt § 86b Abs. 2 i.d.F. des 6. SGGÄndG für den Erlass einer einstweiligen Anordnung seither (nur) voraus, dass ein wesentlicher Nachteil abgewendet werden soll oder die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers wesentlich erschwert werden könnte, so ist dies schon sprachlich weniger als die zuvor geforderten "schweren und unzumutbaren Nachteile". Demzufolge wird unter Geltung des SGG i.d.F. des 6. SGGÄndG vornehmlich darauf abgestellt, welche Intensität der abzuwehrende Eingriff in geschützte Güter (z.B. Art. 12, 14 GG) hat. Maßstab für die Eingriffsintensität sind vielfach die wirtschaftlichen Folgen in Bezug auf das geschützte Rechtsgut (vgl. Senat, Beschlüsse vom 28.12.2010 – L 11 KA 60/10 B ER -, 06.09.2010 – L 11 KA 3/10 B ER -, 27.05.2008 – L 11 B 6/08 KR ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 23.11.2007 – L 10 B 11/07 KA ER – und 12.02.2007 – L 10 B 35/06 KA ER -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009 – L 11 KR 3727/09 ER-B -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.12.2007 – L 5 ER 289/07 KR -). Der unbestimmte Rechtsbegriff "zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint" in § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erfordert eine Interessenabwägung nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls. Ein Anordnungsgrund ist danach anzunehmen, wenn dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, a.a.O., § 940 Rdn. 1; vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Auflage, 2010, § 940 Rdn. 4; Seiler, a.a.O, § 940 Rdn. 5; Huber, a.a.O., § 940 Rdn. 4; Frehse, in: Jansen, SGG, § 86b Rdn. 87 ff.); dabei sind die öffentlichen Interessen jenen der Verfahrensbeteiligten gegenüberzustellen. Insbesondere sind die Folgen abzuwägen, die mit dem Erlass bzw. dem Nicht-Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden sind. Einzubeziehen sind u.a. die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Intensität einer drohenden (Grund-)Rechtsverletzung und sonstige unbillige Härten der Beteiligten. Die mit jedem Hauptsacheverfahren zwingend verbundenen zeitlichen Nachteile reichen für den Erlass einer Regelungsanordnung nicht aus (Senat, Beschlüsse vom 12.08.2013 – L 11 KA 92/12 B ER – und 21.01.2012 – L 11 KA 77/11 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.11.2011 – L 3 KA 104/10 B ER -).
cc) Hiernach ist kein Anordnungsgrund dargetan.
(1) Ob die ggf. glaubhaft zu machenden Tatsachenbehauptungen einen Anordnungsgrund ausfüllen, bedarf einer genauen Prüfung. Trägt ein Antragsteller vor, in seiner Existenz gefährdet zu sein, muss er eine entsprechende wirtschaftliche Situation glaubhaft machen und nachvollziehbar darlegen, dass diese – kausal – auf die angegriffene Maßnahme zurückzuführen ist, d.h. die Gründe für die behauptete Existenzgefährdung müssen geklärt sein (Senat, Beschlüsse vom 14.01.2015 – L 11 KA 44/14 B ER -, 12.08.2013 – L 11 KA 92/12 B ER -, 11.01.2013 – L 11 KA 123/12 B ER -, 05.12.2012 – L 11 KA 121/12 B ER -, 15.05.1996 – L 11 SKa 21/96 – und 27.11.1991 – L 11 SKa 35/91 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.03.2007 – L 10 B 3/07 KA ER -).
Macht ein Antragsteller erhebliche Zahlungsverpflichtungen geltend, fehlt es am Anordnungsgrund, wenn diese nicht kausal durch den Betrieb z.B. der Arztpraxis entstanden sind (Senat, Beschluss vom 16.10.2014 – L 11 KA 41/14 B ER -; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 16.10.1997 – L 5 Ka 58/97 eR -). Keinesfalls reicht es aus, wenn z.B. defizitäre Salden ausweisende steuerliche Bilanzen oder Gewinn- und Verlustrechnungen vorlegt werden (vgl. Beschlüsse vom 28.12.2010 – L 11 KA 60/10 B ER – und 19.03.2009 – L 11 B 20/08 KA ER -; so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.07.2005 – L 10 B 11/05 KA ER -). In der Regel muss hinzu kommen, dass der Antragsteller glaubhaft macht, personelle und organisatorische Effizienzoptimierungsmaßnahmen ausgeschöpft zu haben (Senat, Beschluss vom 14.01.2015 – L 11 KA 44/14 B ER -, Beschluss vom 12.08. 2013 – L 11 KA 92/12 B ER – und vom 24.06.1997 – L 11 SKa 20/97 -), unmittelbar von Insolvenz bedroht zu sein oder die Schließung oder doch nennenswerte Einschränkung seines Betriebs befürchten zu müssen (Senat, Beschlüsse vom 09.05.2012 – L 11 KA 90/11 B ER -, 05.04.2012 – L 11 KA 92/11 B ER -, 02.04.2012 -L 11 KA 81/11 B ER -, 25.01.2012 – L 11 KA 77/11 B ER -, 18.07.1997 – L 11 SKa 27/97 – und 22.02.1996 – L 11 SKa 55/95 -; im Ergebnis auch LSG Bayern, Beschlüsse vom 21.11.1995 – L 12 B 211/95 – und 28.09.1994 – L 12 B 189/94 Ka-VR -; einschränkend LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.10.1999 – L 4 B 60/99 KA ER -).
(2) Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Antragstellerin nicht. Die Behauptung, infolge der Kündigung des Versorgungsvertrags die bei der Knappschaft versicherten Patienten und damit jährliche Abrechnungen von ca. 100.000,00 EUR zu verlieren, genügt nicht den Anforderungen des § 294 Abs. 1 ZPO. Die Glaubhaftmachung verlangt eine Beweisführung (hierzu Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 294 Rdn. 1). Als solche kommt eine eidesstattliche Versicherung in Betracht (§ 294 Abs. 1 ZPO). Die Antragstellerin hat eine eidesstattliche Versicherung ihrer Geschäftsführerin vom 26.06.2015 vorgelegt hat. Das genügt grundsätzlich den Vorgaben des § 294 Abs. 1 ZPO. Ausgehend hiervon ist die Behauptung
"Vom Gesamtumsatz 2014 von ca. 3 Mio, EUR entfielen ca. 100.000.- EUR des Umsatzes auf Versicherte der Knappschaft. Zur Zeit versorgen wir ca. 12 Patienten, die bei der Knappschaft versichert sind. Der Anteil der AOK-Versicherten lag 2014 bei ca. 30 % und einem Jahresumsatz von ca. 855.000.- EUR. Dieser Vertrag wurde zum 30.06.2015 beendet. Der Verband der Ersatzkassen (BarmerGEK, TK, DAK, KKH, HEK, hkk) hat ebenfalls eine Kündigung zum 30.06.2015 ausgesprochen. Hier liegt der Umsatzanteil bei ca. 15 %. Im Hinblick auf das hier anhängige Verfahren wurden bisher keine rechtlichen Schritte gegen die Kündigung unternommen."
glaubhaft gemacht. Dennoch fehlt es am Anordnungsgrund. Ein Umsatzverlust von ca. 3,3 % des Gesamtumsatzes erfüllt weder die in § 86b Abs. 2 SGG formulierten Anforderungen an eine Regelungs- noch an eine Sicherungsanordnung. Ein solcher Umsatzverlust ist nicht geeignet, einen wesentlichen Nachteil glaubhaft zu machen (hierzu Senat, Beschluss vom 28.12.2010 – L 11 KA 60/10 B ER -: Umsatzverlust von 2,45 %; Beschluss vom 23.12.2010 – L 11 KA 54/10 B ER -: Umsatzverlust von 0,33 %; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.12.2006 – L 10 B 21/06 KA ER -: Umsatzverlust von 5 %).
(3) Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass bereits durch die Beendigung des Versorgungsvertrags mit der AOK Rheinland/Hamburg zum 30.06.2015 ein Umsatzverlust von 28 % des Gesamtumsatzes eingetreten sei und dies im Hinblick auf den Anordnungsgrund mit berücksichtigt werden müsse, trägt das nicht.
(aa) Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG ist die einstweilige Regelung "in Bezug auf den Streitgegenstand" zu treffen. Streitgegenstand ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigung des Versorgungsvertrags. Die hieraus resultierenden Folgen sind zu prüfen und zu gewichten, um ggf. einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren. Einwirkungen anderer Streitgegenstände sind grundsätzlich irrelevant, insbesondere wenn – wie hier – andere natürliche und/oder juristische Personen daran beteiligt sind. Die "Veränderung des bestehende Zustandes" (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) bezieht sich immer auf den konkreten Streitgegenstand, der durch den maßgeblichen Lebenssachverhalt und die jeweiligen Verfahrensbeteiligten bestimmt wird. Etwaige Auswirkungen der Kündigung des Versorgungsvertrags durch AOK Rheinland/Hamburg sind daher nicht geeignet, einen Anordnungsgrund hinsichtlich der streitbefangenen Kündigung des Versorgungsvertrags mit der Knappschaft (Antragsgegnerin) dazutun.
(bb) Mit Blick auf § 86b Abs. 2 Satz 2 (Regelungsanordnung) ergibt sich keine abweichende Rechtslage. Hiernach ist eine einstweilige Anordnung "in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis" zulässig. Das ist die durch die Antragsgegnerin ausgesprochene Vertragskündigung. Die ggf. abzuwendenden "wesentlichen Nachteile" müssen grundsätzlich aus dieser Rechtsbeziehung herrühren. Bezogen auf die Kündigung des mit der AOK Rheinland/Hamburg geschlossenen Vertrags ist das nicht der Fall. Das Verhalten Dritter hat insoweit keinen Einfluss auf die Frage, ob ein Anordnungsgrund im Verhältnis zum Antragsgegner gegeben ist. Wird der Streitgegenstand durch Dritte beeinträchtigt, ist nötigenfalls eigenständiger und hiergegen gerichteter Rechtsschutz einzuleiten.
cc) Überdies hat die Antragstellerin die Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die AOK Rheinland/Hamburg im Termin vor dem SG am 13.03.2013 (S 37 KR 106/15 ER) akzeptiert. Damit hat sie eine Situation hingenommen, in der ihr nach eigenem Vorbringen ein Umsatzverlust von für 2014 von ca. 30 % droht. Dieses Verhalten kann nicht der Antragsgegnerin angelastet werden. Ein Anordnungsgrund besteht dann nicht, wenn behauptete "schwere und nicht anders abwendbare Nachteile" erst als Folge von eigenverantwortlichen Dispositionen des Betroffenen eintreten (hierzu Senat, Beschlüsse vom 11.01.2013 – L 11 KA 123/12 B ER -, 03.11.2010 – L 11 KA 43/10 B ER – und 30.09.1992 – L 11 S (Ka) 24/92 -; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 03.02.1992 – L 5 Ka 6/92 -).
dd) Auch Übrigen sind die Anforderungen, die der Senat in ständiger Rechtsprechung an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes stellt, nicht erfüllt. Der Senat hat die Antragstellerin mit Verfügung vom 19.06.2015 auf den Beschluss vom 05.04.2012 – L 11 KA 86/111 B ER – hingewiesen. Hierauf wird Bezug genommen. Mit Verfügung vom 07.07.2015 hat der Senatsvorsitzende zudem mitgeteilt, dass er nach summarischer Prüfung dem Vorbringen der Antragsgegnerin zum (fehlenden) Anordnungsgrund beitrete.
ee) Nach alldem ergibt sich: Es ist zwar glaubhaft gemacht, dass die Kündigung des Versorgungsvertrags zu einem Umsatzverlust von 100.000,00 EUR führt. Nicht glaubhaft gemacht ist hingegen, das dieses Volumen (3,3 % des Gesamtumsatzes) ursächlich für die behauptete Existenzgefährdung sein kann. Weitergehende rechtliche Prüfungen dahin, ob und inwieweit Grundrechte verletzt sein können und einen Anordnungsgrund auszufüllen vermögen (hierzu auch Senat, Beschluss vom 06.09.2010 – L 11 KA 3/10 B ER -) verbieten sich. Die Kündigung des Versorgungsvertrags hat eher marginale Auswirkungen; eine Grundrechtsrelevanz ist mit Blick auf den Anordnungsgrund nicht erkennbar. Fernwirkungen infolge Kündigung anderer Versorgungsverträge durch verfahrensfremde Dritte sind nicht rechtserheblich.
b) Anordnungsanspruch
aa) Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen sich nicht isoliert gegenüber, vielmehr besteht zwischen ihnen eine funktionelle Wechselbeziehung dergestalt, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Eingriffs (Anordnungsgrund) zu verringern sind oder umgekehrt (Senat, Beschluss vom 16.05.2011- L 11 KA 132/10 B ER -; LSG Hessen, Beschluss vom 18.03.2011 – L 7 AS 687/10 B ER -); dabei dürfen keine zu hohen Anforderungen an die Glaubhaftmachung im Eilverfahren gestellt werden, die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinem Begehren verfolgt (BVerfG, Beschlüsse vom 19.03.2004 – 1 BvR 131/04 – und 29.07.2003 – 2 BvR 311/03 -; Senat, Beschlüsse vom 27.03.2013 – L 11 KA 96/12 B ER -, 27.02.2013 – L 11 KA 8/13 B ER -,07.01.2013 – L 11 KR 592/12 B ER -, 21.05.2012 – L 11 KR 113/12 B ER -, 04.10.2011 – L 11 KA 50/11 B ER -, 21.06.2010 – L 11 B 26/09 K ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.02.2011 – L 12 B 50/09 AS ER -). Je schwerer die mit der Versagung des begehrten Rechtsschutzes verbundenen Belastungen des Betroffenen wiegen, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (Senat, Beschluss vom 04.10.2011 – L 11 KA 50/11 B ER -; LSG Bayern, Beschluss vom 18.11.2010 – L 3 U 191/10 B ER -). Ist ein Anordnungsgrund nicht dargetan, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG auch dann nicht in Betracht, wenn der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen wird (zur abweichenden Rechtslage nach Maßgabe des § 86b Abs. 1 SGG vgl. Senat, Beschluss vom 03.02.2010 – L 11 KA 80/09 ER -). Anderenfalls würden die den Anordnungsgrund bezeichnenden Tatbestandsmerkmale des § 86b Abs. 2 SGG ("vereitelt" bzw. "wesentlich erschwert" und "zur Abwendung wesentlicher Nachteile") gesetzwidrig hinweg interpretiert (Senat, Beschluss vom 16.05.2011 – L 11 KA 132/10 B ER -). Hieraus folgt, dass eine Rechtsverletzung, wenn sie denn vorläge, allein keinen Anordnungsgrund begründet (Senat, Beschlüsse vom 11.12.1996 – L 11 SKa 81/96 – und 26.05.1997 – L 11 SKa 22/97 -). Anderenfalls würde jedes nicht rechtmäßige Handeln einer Behörde einen Anordnungsgrund erfüllen, mithin zu einer konturenlosen Ausuferung des vorläufigen Rechtsschutzes führen (Senat, Beschlüsse vom 11.01.2013 – L 11 KA 123/12 B ER -, 23.12.2010 – L 11 KA 54/10 B ER – und 12.10.2009 – L 11 B 17/09 KA ER -). Fehlt es es sonach eindeutig an einem Anordnungsgrund, vermag allein der Anordnungsanspruch die Sicherungsanordnung nicht zu rechtfertigen.
bb) Dennoch verweist der Senat vorsorglich auf Folgendes:
(1) Soweit es um die Wirksamkeit der Kündigung geht, sieht der Senat die Entscheidung des SG als zutreffend an. Hierauf wird in entsprechender Anwendung des § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
(2) Das Beschwerdevorbingen, die Kündigung sei deswegen unwirksam, weil sie von einer hierzu nicht bevollmächtigten Mitarbeiterin der Antragsgegnerin ausgefertigt worden sei, trägt aus den von der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 25.06.2016 genannten Gründen nicht. Die Kündigung ist formwirksam.
(3) Einen schwerwiegenden Eingriff in den Betrieb der Antragsgegnerin stellt diese Kündigung schon deswegen nicht dar, weil lediglich 12 von ca. 455 Patienten betroffen sind und der zur Disposition stehende Umsatzanteil sich lediglich auf 3,3 % beläuft. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Freiheit der Berufsausübung wird hiervon nicht berührt. Die "Freiheit der Berufswahl" ist nicht betroffen, weil die streitige Kündigung hierzu keinen Bezug hat.
(4) Soweit die Antragstellerin meint, das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb werde durch Art. 14 GG geschützt, ist dies strittig (ablehnend Bryde, in: von Münch/Kunig, GG, 6. Auflage, 2012, Art. 14 Rdn. 18; a.A. Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, 13. Auflage, GG, Art. 14 Rdn. 16; Wendt, in: Sachs, GG, 7. Auflage, 2014, Art. 14 Rdn. 26) und vom BVerfG "nie explizit" anerkannt worden (so Bryde, in: von Münch/Kunig, a.a.O., Art. 14 Rdn. 18). Fraglich ist überdies, ob die Teilnahme am Vertrag (§ 3 des Vertrags) Eigentum i.S.d. Art. 14 GG begründet. Wenn Eigentum verstanden wird als "jedes vermögenswerte Recht, das dem Berechtigten von der Rechtsordnung zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet wird" (so Bryde, in: von Münch/Kunig, a.a.O., Art. 14 Rdn. 12 m.w.N. auf die Rechtsprechung des BVerfG), ist das durch den Beitritt begründete (öffentlich-rechtliche) Vertragsverhältnis dem nicht zuzuordnen. Zwar können auch Vermögenswerte als öffentliche-rechtliche Rechtspositionen durch Art. 14 GG geschütztes Eigentum sein. Hierzu muss jedoch eine Rechtsstellung vorliegen, die derjenige des Eigentümers entspricht, also eine verfestigte Rechtsposition, die im Hinblick auf ihre rechtliche Ausgestaltung und nach rechtsstaatlichen Verfassungsgrundsätzen nicht mehr wegfallen kann. Für die Abgrenzung ist maßgeblich, ob die Rechtsstellung ihren Grund in eigener Leistung oder eigenem Kapitalaufwand des Berechtigten hat (Wendt, in: Sachs, a.a.O., Art. 14 Rdn. 28 m.w.N. auf die Rechtsprechung des BVerfG). So unterfällt die vertragsärztliche Zulassung mangels "Äquivalent eigener Leistung" nicht dem Eigentum i.S.d. Art. 14 GG (Senat, Beschlüsse vom 29.06.2011 – L 11 KA 2/11 B ER – m.w.N., 23.12.2010 – L 11 KA 95/10 B ER – m.w.N. und 12.05.2010 – L 11 KA 9/10 B ER – m.w.N.). Dann gilt dies auch für die Teilnahme am Versorgungsvertrag und zwar ungeachtet dessen, dass organisatorische (§ 4 des Vertrags) und personelle (§ 5 des Vertrags) Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
(5) Der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht berührt. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2012 – 1 BvL 18/11 -). Gegen den Gleichheitssatz wird verstoßen, wenn wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird (BVerfG, Beschluss vom 11.06.2004 – 2 BvR 473/04 -). Gegen den Gleichheitssatz wird ferner verstoßen, wenn wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird (BVerfG, Beschluss vom 26.04.1988 – 1 BvL 84/86 -).
Erfüllt die Antragstellerin die Voraussetzungen für einen Beitritt zum Vertrag, kann sie wegen Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Teilnahme haben (vgl. Husemann, in: Peters, SGB V, 82. Lieferung, April 2015, § 132a Rdn. 10: Kontrahierungszwang). Geht es hingegen um die Kündigung, greift dieser Gedanke nicht. Die Antragsgegnerin hat eine ordentliche Kündigung ausgesprochen (§ 30 Abs. 1 des Vertrags). Eines Kündigungsgrundes bedarf es hierfür nicht. Zwar wird eine solche Kündigung schwerlich wirksam sein, wenn sie gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Anspruch auf Teilnahme (Kontrahierungszwang) steht. Vorliegend ist die Gleichheit der Leistungserbringer und damit der Kontrahierungszwang indessen dadurch unterbrochen, dass gegen die Geschäftsführer der Antragstellerin ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren geführt wurde. Dieses ist nach Angaben des Bevollmächtigten der Antragstellerin bezogen auf deren Geschäftsführerin gem. § 153a Strafprozessordnung eingestellt worden. Das wiederum ist nur möglich bei geringer Schuld, setzt aber voraus, dass die übrigen Voraussetzungen eines Vergehens (hierzu § 12 Abs. 2 Strafgesetzbuch) mit einer Sicherheit vorliegen, dass die am Ende des jeweiligen Verfahrensstadiums stehende Sachentscheidung (Anklageerhebung, Eröffnungsbeschluss, Sachurteil) getroffen werden könnte, wenn nicht von der Einstellung Gebrauch gemacht würde und die Sachentscheidung daher gerade nicht zu fällen ist (Radtke/Hohmann, StPO, 2011, § 153a Rdn 2a). Ob hieraus das Recht zu einer außerordentlichen Kündigung folgt (§ 27 des Vertrags), kann dahinstehen. Jedenfalls steht dieser Umstand einem Kontrahierungszwang entgegen und rechtfertigt eine ordentliche Kündigung.
Nach alldem fehlt es auch an der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs.
Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.
III.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). In Anlehnung an die Entscheidungen des BSG vom 12.06.2008 – B 3 P 2/07 R – und 12.10.2005 – B 6 KA 47/04 B – sowie unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Senats in vertrags(zahn)ärztlichen Zulassungsverfahren (z.B. Beschluss vom 16.03.2011 – L 11 KA 96/10 B ER -) ist als zeitlicher Maßstab zunächst ein Drei-Jahres-Zeitraum zugrundezulegen. Da es um die Kündigung eines Versorgungsvertrags geht, ist im Gegensatz zu vertragsärztlichen Zulassungsentziehungsverfahrens (Umsatz./. Praxiskosten) auf den perspektivisch entgehenden Umsatz abzustellen (BSG, Beschluss vom 12.06.2008 – B 3 P 2/07 R -). Dieser beläuft sich nach Angaben der Antragstellerin, auf deren wirtschaftliches Interesses für die Bestimmung des Streitwertes ankommt, auf jährlich 100.000,00 EUR. Für das einstweilige Rechtsschutzverfahren ist der sich hieraus ergebende Betrag von 300.000,00 EUR wegen Art. 19 Abs. 4 GG auf 1/3 zu reduzieren (hierzu Senat, Beschlüsse vom 16.03.2011 – L 11 KA 96/10 B ER -, 21.05.2010 – L 11 B 15/09 KA ER, 15.06.2009 – L 11 B 2/09 KA ER – und 12.08.2009 – L 11 KA 102/08 ER -). Demzufolge ist der Streitwert für das einstweilige Rechtsschutzverfahren auf 100.000,00 EUR festzusetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Erstellt am: 10.09.2015
Zuletzt verändert am: 10.09.2015