1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01. September 2008 geändert.
2. Soweit das Sozialgericht auch den Antrag zu 2) zurückgewiesen hat (nämlich der Antragsgegnerin für den Fall weiterer Verstöße gegen den Vergleich vom 22. Oktober 2007 ein Ordnungsgeld anzudrohen), wird der Antragsgegnerin für jeden weiteren Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 22.10.2007, die Formulierung "Die Gamma-Knife-Behandlung wurde durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nicht anerkannt" (im Geschäftsverkehr mit Dritten) nicht mehr zu verwenden, ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro je Zuwiderhandlung angedroht. Eine zukünftige Erhöhung des Ordnungsgeldes bei wiederholten schuldhaften Zuwiderhandlungen sowie die Festsetzung von Ordnungshaft gegen einen oder alle gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin bleibt dem Sozialgericht vorbehalten, sofern ein entsprechender ergänzender Antrag gestellt wird.
3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
4. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller zu zwei Drittel; ein Drittel der Kosten trägt die Antragsgegnerin. Die Gerichtskostengebühr nach Nr 7504 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz trägt der Antragsteller ungeachtet seines teilweisen Obsiegens in voller Höhe.
5. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 37.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I. Der Antragsteller (ASt) begehrt gegenüber der Antragsgegnerin (AGn), einer großen deutschen Ersatzkasse, die Festsetzung von Vollstreckungsmaßnahmen aus einem am 22.10.2007 abgeschlossenen gerichtlichem Vergleich.
Der ASt ist Neurochirurg und niedergelassener Vertragsarzt in L. Er betreibt dort ein "Gamma-Knife-Behandlungszentrum". Bei der "Gamma-Knife-Therapie" handelt es sich um eine neurochirurgische Operationsmethode, mittels radiologischer Gamma-Strahlen einen gewebeverändernden Eingriff im Hirn vorzunehmen, ohne dass es erforderlich ist, die Schädeldecke zu eröffnen und weitere Hirnpartien zu schädigen, um in das eigentliche Operationsgebiet vorzudringen. Die Behandlung erfolgt unter anderem zur Therapie von gutartigen Gehirntumoren, Aneurismen oder anderen Miss- oder Fehlbildungen im Hirnbereich. Die Beteiligten sind sich einig, dass es sich bei dieser Methode um eine neue Behandlungsmethode in der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne von § 135 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V -) handelt.
Die Behandlung mit dem Gamma-Knife ist derzeit keine Leistung der gesetzlichen ambulanten Krankenversicherung, obgleich sie schon in Krankenhäusern stationär angewandt wird und über Fallpauschalen mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden kann.
Der ASt hat ein dazu erforderliches spezielles Bestrahlungsgerät ("Leksell-Gamma-Knife") mit hohem finanziellem Aufwand angeschafft und bemüht sich seit langem darum, das Gerät auch bei gesetzlich Krankenversicherten zu Lasten u.a. der AGn einsetzen zu dürfen. Dazu wäre erforderlich, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (bestehend aus Mitgliedern der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Bundesverbände der Krankenkassen – jetzt: des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, vgl. § 91 SGB V in der 2007 bzw heute geltenden Fassung) gemäß § 135 Abs 1 SGB V Empfehlungen abgibt über
1. die Anerkennung des … Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit … nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse …,
2 …
3 …
Derartige Empfehlungen liegen bis heute nicht vor.
Die AGn bemüht sich seit mehreren Jahren, diesen Rechtszustand ihren Versicherten in vorbereitenden Gesprächen, in Aufklärungsschreiben und in Bescheiden zu verdeutlichen und verwandte dazu u.a. die vom ASt beanstandete Formulierung
"Die Gamma-Knife-Behandlung wurde durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nicht anerkannt".
Dagegen wandte sich der ASt mit einer 2006 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage. Das Verfahren endete nach einer intensiven Verhandlung vor dem SG am 22.10.2007 mit folgendem Vergleich
"1. Die Beklagte (i.e. die AGn des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens) verpflichtet sich, die hausinterne Mitteilung vom 18.01.2007 an den Kläger (i.e. der ASt des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens) herauszugeben, wobei die Beklagte darauf hinweist, dass die Anteile des Schreibens geschwärzt werden, die dieses Verfahren nicht betreffen. In der hausinternen Mitteilung vom 18.01.2007 geht es um die Anweisung der Beklagten an ihre Geschäftsstelle, dass die hier streitige Formulierung in Zukunft nicht mehr verwandt werden dürfe.
2. Sofern es gleichwohl noch ein Schreiben der Beklagten vom 29.01.2007 gibt, erklärt der Beklagtenvertreter, dass es sich hierbei um ein Problem im Rahmen der Umsetzungsphase gehandelt hat.
3. Ferner verpflichtet sich die Beklagte, die hier streitige Formulierung "die Gamma-Knife-Behandlung wurde durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nicht anerkannt" oder vergleichbare sinngemäße Formulierungen werden von der Beklagten nicht mehr verwendet (gemeint ist offenbar: " die … Formulierungen nicht mehr zu verwenden").
4. Die Bevollmächtigte des Klägers nimmt dieses Angebot der Beklagten zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache an.
5. bis. 8 …” (es folgen ergänzende Regelungen)
Dabei waren sich die Beteiligten einig, dass aus den Schreiben der AGn (an die Versicherten) deutlich werden müsse, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Gamma-Knife-Methode als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode noch nicht geprüft habe und daher eine Anerkennung der Methode noch nicht erfolgt sei. Den unwidersprochenen Einlassungen der AGn im Vollstreckungsverfahren ist zudem zu entnehmen, dass eine Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Nr 3 der Vergleichs unterblieben ist, weil sich die AGn diesem Ansinnen ausdrücklich widersetzt hatte.
Nach Abschluss des genannten Klageverfahrens erfuhr der ASt, dass eine Mitarbeiterin einer Geschäftsstelle der AGn am 26.06.2008 in einem Bescheid an eine Versicherte erneut die Formulierung "Die Gamma-Knife-Behandlung wurde durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nicht anerkannt" verwendet hatte.
Daraufhin hat der ASt am 02.07.2008 vor dem SG Düsseldorf beantragt,
1. gegen die AGn wegen Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot gemäß Ziffer 3 des gerichtlichen Vergleichs vom 22.10.2007 ein empfindliches Ordnungsgeld nicht unter 25.000,00 Euro zu verhängen, ersatzweise Ordnungshaft, die an dem Vorstand der AGn, Herrn I I, zu vollziehen ist;
2. der AGn für jeden weiteren (künftigen) Verstoß gegen das Unterlassungsgebot gemäß des gerichtlichen Vergleichs vom 22.10.2007 ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nicht jedoch niedriger als das nach Antrag zu1) bestimmte, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die an dem Vorstand der Schuldnerin, Herrn I I, zu vollziehen ist, anzudrohen.
Die AGn hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie meint, die von ihr eingegangene Verpflichtung, die strittige Formulierung nicht weiter zu verwenden, sei der Vollstreckung nicht zugänglich. Eine Unterlassungsverpflichtung des Inhalts, zu Wettbewerbszwecken über Geschäft und Person des Gläubigers unwahre Tatsachen zu behaupten, begründe nämlich keinen vollstreckbaren Inhalt des erlangten Titels.
Sie weist darauf hin, sie habe damals vor dem SG gerade kein Vertragsstrafenversprechen für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Absprachen aus dem Vergleich abgegeben. Deshalb könne ihr auch kein Ordnungsgeld angedroht oder auferlegt werden.
Die Anträge seien im Übrigen missbräuchlich, weil versucht werde, die grundsätzliche Klärung der offen gebliebenen Rechtsfragen in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern.
Das SG hat mit Beschluss vom 01.09.2008 die Anträge zurückgewiesen, dem ASt die Verfahrenskosten auferlegt und den Streitwert auf 12.500,00 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Rahmen der Vergleichsverhandlungen habe die AGn unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht bereit sei, eine Unterwerfungserklärung in Verbindung mit einer Ordnungsgeldzahlung abzugeben. Dies stehe einer Anwendung der Vollstreckungsregelungen des § 890 der Zivilprozessordnung (ZPO) entgegen.
Den am 09.09.2008 zustellten Beschluss hat der ASt am 17.09.2008 beim SG mit der (sofortige) Beschwerde angefochten und darauf hingewiesen, es gehe vorliegend nicht um die Vollstreckung eines unbestimmten Vollstreckungstitels (Behauptung unbestimmter "unwahrer Tatsachen"), sondern um die Unterlassung einer ganz konkreten Formulierung.
Es könne im Übrigen nicht sein, dass eine in einem gerichtlichen Vergleich übernommene Verpflichtung nur dann eingehalten werden müsse, wenn in ihr ausdrücklich bereits die Verhängung eines Ordnungsgeldes aufgenommen worden sei. Dies würde die Rechtsverbindlichkeit eines Titels (hier eines gerichtlichen Vergleichs) "ad absurdum" führen.
Der ASt beantragt dem Sinne nach,
den Beschluss des SG Düsseldorf vom 01.09.2008 zu ändern und nach den erstinstanzlichen Anträgen zu entscheiden.
Die AGn beantragt,
die sofortige Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss zurückzuweisen.
Ihr Wille sei im Klageverfahren gerade nicht gewesen, den geltend gemachten (umfassenden) Anspruch des ASt anzuerkennen. Es treffe nicht zu, dass der ASt durch die von ihr, der AGn, verwendeten und von ihm beanstandeten Formulierungen in seiner Existenz als niedergelassener Neurochirurg beschränkt werde. Es sei vielmehr zu berücksichtigen, dass sie, die AGn, die Übernahme von Kosten der ambulanten Gamma-Knife-Behandlung gegenüber ihren Versicherten im Ergebnis zutreffend abgelehnt habe. Zum anderen habe der ASt einen von ihm behaupteten Schaden bisher nicht dargelegt. Deshalb stelle sich der Vollstreckungsantrag nach § 890 Abs 1 ZPO als rechtsmissbräuchlich dar. Dem Vergleich vom 22.10.2007 dürfe nachträglich ungeachtet seines eindeutigen Wortlauts kein Inhalt gegeben werden, der ihm so nicht zukomme. Es stehe Gerichten nicht zu, Vergleiche im Nachhinein zu Gunsten eines Beteiligten "vollstreckungskonform" bzw. vollstreckungsfähig" zu machen. Dies überschreite die Grenzen richterlicher Vertragsauslegung.
Ergänzend trägt sie vor, bei der erneuten Verwendung der beanstandeten Formulierung habe es sich um einen Irrtum einer Urlaubsvertreterin gehandelt. So etwas könne hin und wieder passieren. Dies sehe man schon daraus, dass auch dem Senatsvorsitzenden bei der Abfassung seines Hinweisschreibens erhebliche Irrtümer unterlaufen seien. Man habe in Konsequenz des neuerlichen Vorfalls jetzt mit Wirkung ab 27.11.2008 den maßgeblichen Textbaustein geändert und einen weiteren Textbaustein gänzlich gelöscht.
Wegen der näheren Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der beigezogenen Akten sowie der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze.
II. Die zulässige Beschwerde ist hinsichtlich des Antrags zu 1) – Festsetzung eines Ordnungsgeldes – unbegründet, jedoch hinsichtlich des Antrags zu 2) – Androhung eines Ordnungsgeldes für den Fall einer weiteren Zuwiderhandlung gegen die Grundaussage der Nr 3 des am 22.10.2007 abgeschlossenen gerichtlichen Vergleichs im Wesentlichen begründet.
Rechtsgrundlage für die Vollstreckung eines gerichtlichen Vergleichs ist im sozialgerichtlichen Verfahren § 198 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 890 ZPO. Die letztgenannte Vorschrift lautet:
(1) "Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen …, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass diese nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von zweihundertfünfzigtausend Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.
(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.
(3) …"
Entgegen der Auffassung der AGn ist ihre Verpflichtung, die Formulierung "Die Gamma-Knife-Behandlung wurde durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nicht anerkannt" nicht mehr zu verwenden, jedenfalls im vorliegenden Falle der Vollstreckung zugänglich. Denn die AGn hat die beanstandete Ausgangsformulierung wortgleich verwendet und gerade dies will der ASt für die Zukunft verhindern. Ob und welche ähnlich gearteten Formulierungen von der AGn unterlassen werden sollen, ist jedenfalls nicht Kern des anhängigen Vollstreckungsverfahrens, das an ein zeitlich und örtlich konkretes Geschehen, nämlich die Wiederholung einer früheren Formulierung durch die Mitarbeiterin der AGn am 25.06.2008, angeknüpft hat. Soweit allerdings in Nr 3 des Vergleichs von vergleichbaren, sinngemäßen Formulierungen gesprochen wird, erscheint dies kaum einer Vollstreckung fähig. Denn welche Formulierung der Ursprungsformulierung "sinngemäß vergleichbar" ist, hat ein Vollstreckungsorgan nicht zu entscheiden. Dem Umstand, dass insoweit eine vollstreckungsrechtlich zu beachtende Unbestimmtheit vorliegt, kann durch eine Beschränkung der Vollstreckung auf die Unterlassung der Ausgangsformulierung Rechnung getragen werden, wie dies auch durch die Entscheidung des Senates zum Antrag zu 2) verdeutlicht wird.
Der der Vollstreckung zugrunde liegende Vergleich ist auch nicht etwa deshalb unwirksam, weil es die AGn offenbar hat vermeiden wollen, dass der ASt sie – die AGn – im Zweifel mit Hilfe eines gesetzlich vorgesehenen Verfahrens, nämlich der Androhung und Festsetzung eines Ordnungsmittels zur Beachtung eines gesetzlich vorgesehenen Vollstreckungstitels, hier eines gerichtlichen Vergleichs, zwingen kann, eine vor Gericht abgegebene Zusicherung durchzusetzen. Ein solcher – geheimer – Vorbehalt ist rechtlich unwirksam und damit unbeachtlich. Eine Unterlassungsverpflichtung ist nicht erst schon dann wirksam, wenn sie strafbewehrt ist. Dies ergibt sich schon aus der Systematik des § 590 ZPO, der an das Fehlen einer Strafandrohung lediglich ein (behebbares) Vollstreckungshindernis anknüpft.
Unbeachtlich ist auch, dass die AGn auch nicht bereit war, sich der Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung gegen den Vergleich vom 22.10.2007 zu unterwerfen. Denn die Verhängung eines Ordnungsmittels zur Vollstreckung einer nicht vertretbaren Handlung tritt gesondert neben die Möglichkeit für die Beteiligten, auch Vertragsstrafen vereinbaren zu können.
Wenn die AGn es hätte vermeiden wollen, wegen der Verwendung der beanstandeten Formulierung vom ASt in Anspruch genommen zu werden, hätte sie es in der Hand gehabt, den genannten Vergleich nicht abzuschließen – natürlich mit dem Risiko des völligen Unterliegens im Rechtszug und mit dem Risiko einer umfassenden Kostentragung. Nachdem sich die AGn allerdings dazu verstanden hat, einen Vergleich abzuschließen, hat sie sich daran zu halten. Und wenn sie erst nach mehr als einem Jahr weitere Maßnahmen ergreift (so der Schriftsatz vom 18.12.2008: (es wird mitgeteilt, dass die Agn) "am 26.11.2008 eine weitere Bildschirmnachricht an alle Abteilungsleiter … gerichtet hat, der zufolge mit Wirkung ab 27.11.2008 der hier maßgebliche Textbaustein abgeändert und ein weiterer Textbaustein gänzlich gelöscht wurde"), die es nachhaltiger verhindern, dass die strittige Formulierung weiterhin als Textbaustein verwendet werden kann, dann ist es ihrem bis dahin ausgeprägten Organisationsverschulden zuzuschreiben, dass es erneut zu Differenzen mit dem ASt gekommen ist. In diesem Zusammenhang von einem Rechtsmissbrauch des ASt zu sprechen, erscheint schlichtweg unvertretbar. Indes kann der ASt. mit seinem Antrag, gemäß § 590 Abs 1 ZPO ein Ordnungsgeld und/oder Ordnungshaft festzusetzen, nicht durchdringen, da es an der nach § 590 Abs 2 ZPO vorgeschriebenen vorherigen Androhung fehlt.
Soweit die ASt indes gerade für die Zukunft eine solche Androhung begehrt, ist seinem Antrag entgegen der Auffassung des SG zu folgen. Denn dieser Antrag kann sich auf § 590 Abs 2 ZPO stützen und ist in dem von dem Senat ausgesprochenen Umfang zulässig. Der Senat hat dabei die Androhung der Höhe nach auf ein Ordnungsgeld von derzeit (nur) 1.000,00 Euro beschränkt, weil der Unrechtsgehalt des der AGn vorgeworfenen Fehlverhaltens relativ gering erscheint, was durch die beschriebenen, von der AGn nunmehr im November 2008 ergriffenen Sicherungsmaßnahmen, einen solchen erneuten Vorfall zu verhindern, auch noch gestützt wird. Darüber hinaus hat der Senat berücksichtigt, dass die beanstandete Formulierung auch wertneutral verstanden werden konnte und nicht nur in dem Sinne, die ihr der ASt selbst aus subjektiver Sicht beigemessen hat. Darüber hinaus darf erwartet werden, dass sich ein Träger öffentlicher Verwaltung auch der Drohung mit einem geringer ausfallenden Ordnungsgeld beugen wird.
Soweit der ASt die Androhung von Ersatzordnungshaft gegen den Bediensteten der AGn I beantragt hat, geht dieser Antrag ins Leere und ist demgemäß zurückzuweisen, weil Herr I kein gesetzlicher Vertreter der AGn ist, gegen den naturgemäß nur eine Ordnungshaft vollstreckt werden könnte. Eine entsprechende Antragsumstellung ist trotz Hinweises durch den Senat unterblieben.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs 1 der Verwaltungsgerichtsordnung; sie trägt dem Umstand Rechnung, dass der ASt mit seinem im Vordergrund stehenden Antrag, der Agn ein nur durch die Höchstgrenze beschränktes Ordnungsgeld aufzuerlegen, in vollem Umfang nicht durchgedrungen ist und sein Zweitantrag nur zum Teil erfolgreich war. Andererseits war auch das erhebliche Organisationsverschulden der AGn und ihr zögerliches Prozessverhalten zu berücksichtigen. Die nach § 197a SGG und § 1 Abs 1 Nr 4 GKG entstandene geringfügige Gerichtsgebühr (Nr 7504 des Kostenverzeichnisses zum GKG) trägt der ASt in vollem Umfange entsprechend seinem überwiegenden Unterliegen im Beschwerdeverfahren. Eine im Ermessen des Senats stehende Ermäßigung der Gebühr erscheint angesichts des erheblichen Streitwerts für den Teil des Rechtsstreits, mit dem der ASt unterlegen ist, unbillig.
Der Senat hat den Streitwert – auch für das erstinstanzliche Verfahren (vgl dazu § 63 Abs 3 des Gerichtskostengesetzes – GKG) – auf jeweils 37.500,00 Euro festgesetzt. Dies berücksichtigt zunächst den nach oben in das Ermessen des Gerichts gestellten Festsetzungsantrag nach § 590 Abs 1 ZPO (mit der Option, dass nach der Vorstellung des ASt ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro hätte möglich sein können). Des weiteren ist zu bedenken, dass der Androhungsantrag nach § 590 Abs 2 ZPO eine eigene rechtliche Bedeutung hat und streitwertsteigernd zu bewerten ist, vgl §§ 4 ff, § 52 GKG und ergänzend § 5 Halbsatz 1 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 24.03.2009
Zuletzt verändert am: 24.03.2009