Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Köln vom 6. Juli 1999 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger ist am …1993 geboren. Er war/ist bei der beklagten Ersatzkasse familienpflichtversichert und beansprucht die Erstattung von Kosten, die dadurch entstanden sind, daß seine Eltern ihn im Zeitraum vom 23.4. bis zum 15.5.1996 von dem zur Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht zugelassenen Masseur H … Sch … aus N … haben behandeln lassen. Die Eltern des Klägers haben bei der Beklagten in drei Etappen Unterlagen eingereicht.
Am 13. Mai 1996 gingen bei der Beklagten ein: – eine Bescheinigung des Nervenarztes Dr. O … aus S … vom 25.4.1996 mit der Diagnose: "deutlich linksbetonte Tetraspastik psychisch retardiert chron. persistierende Atlasblockierung "
– ein Schreiben des Masseurs Sch … vom 25.4.1996, mit dem dieser den Eltern des Klägers erläuterte, was er unter Intensivbehandlung des Kindes verstehe: dreimal täglich Massagen von mindestens 60 Minuten Dauer mit Ruhepausen zwischen 45 bis 60 Minuten, wobei seine Massage aus einer Kombination verschiedener Techniken bestehe (wird konkretisiert) ein Kostenvoranschlag des Herrn Sch … vom 25.4.1996:
für 4 Monate 240 Einzelbehandlungen à 68 = 16.320 DM
für 4 Wochen 60 Massagen à 68 DM = 4080 DM.
Am 18.6.1996 gingen bei der Kasse von der Mutter des Klägers mit Schreiben vom 10.6.1996 übersandte Unterlagen ein: – Rechnung des Herrn Sch … vom 15.5.1996 über 44 Massagen à 68 = 2992.- DM, durchgeführt im Zeitraum vom 23.4. bis zum 15.5.1996 Zeitplan des Herrn Sch …Quittung des Herrn Sch … vom 17.4.1996, daß er 100 DM für eine "Anamnese-Voruntersuchung" bekommen habe vertragsärztliche Verordnung der praktischen Ärztin
– Homöopathie – Dr. Sch … aus Remagen vom 29.5.1996 über "Intensiv-Massagen bei linksbetonter Spastik, Entwicklungsretardierung und Atlasblockierung"
– Rechnung vom 15.5.1996 für die Mutter des Klägers über Aufenthalt vom 23.4. – 15.5.1996 22 Tage à 55 DM = 1210 DM".
Zur mit der der o.a. Quittung erstmals aktenkundig gewordenen Voruntersuchung vom 17. April 1996 haben die Bevollmächtigten des Klägers später im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 9.10.2001 vorgetragen, die streitige Behandlung durch den Masseur habe entgegen dem Hinweis des Gerichts im Schreiben vom 3.7. 2001 nicht vor der Diagnosestellung durch den Arzt begonnen, es sei vielmehr der Vertragsarzt der Beklagten, Dr. O …, bei der Voruntersuchung durch den Masseur am 17.4.1996 zugegen gewesen und habe seine Diagnose mit Datum des 25.4.1996 lediglich im Nachhinein noch einmal bestätigt.
Am 4.12.1996 waren bei der Beklagten von der Mutter des Klägers mit Schreiben vom 30.11.1996 übermittelte Unterlagen eingegangen: – eine weitere Bescheinigung des Nervenarztes Dr. O … vom 15.11.1996: die Tetraspastik sei wahrscheinlich Folge einer pränatalen Hirnschädigung; der Junge habe schon reichlich Anwendungen nach Bobath und Vojta erhalten; eine weitere krankengymnastische Behandlung auch mit Spezialmassagen sei unbedingt erforderlich; er bitte, sich an den Behandlungen durch Herrn Sch … zu beteiligen.
– eine weitere Bescheinigung von Frau Dr. Sch … 20.11.96: das Kind sei dort seit April 1995 in Behandlung; sie empfehle die Fortsetzung der Behandlung bei Herrn Sch …, der bereits eine Atlasblockierung und andere Symptome erfolgreich therapiert habe.
Mit Datum des 16.12.1996 schaltete die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) ein. Dieser erbat von Frau Dr. Sch … weitere Unterlagen und befand mit Datum des 15.8.1997, eine entsprechende Indikation sei nicht gegeben; es stünden ausreichend zugelassene Therapeuten zur Verfügung. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 27.8.97 die Ablehnung des Erstattungsbegehrens in Aussicht gestellt hatte, meldeten sich mit Schriftsatz vom 16.9.1997 die Bevollmächtigten des Klägers und trugen vor, aufgrund von Empfehlungen habe sich die Mutter des Klägers an Herrn Sch … gewandt, nachdem ihr die Kasse erklärt habe, sie sei nicht befugt, ihr einen Masseur zu empfehlen.
Mit Bescheid vom 28.10.1997 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger Kosten zu erstatten, weil Herr Sch … Nichtvertragsbehandler sei, weil vor Inanspruchnahme außervertraglicher Leistungen ein Antrag bei der Kasse gestellt werden müsse, und weil die vorgelegte ärztliche Verordnung erst im Nachhinein ausgestellt worden sei. Die Bevollmächtigten des Klägers erhoben am 18.11.1997 Widerspruch und machten geltend, entscheidend sei, daß eine besondere Behandlung wegen der Atlasverschiebung notwendig gewesen sei; diese Behandlung, für die Herr Sch … fachlich besonders geeignet sei, hätten die Eltern nicht anderweitig durchführen lassen können; so besehen habe es sich um eine Notfallbehandlung gehandelt; entscheidend sei nicht, wann eine Verordnung ausgestellt werde, sondern auf welchen Zeitraum sie sich beziehe – hier auf den Zeitraum vor und nach Ausstellung der Verordnung. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.7.1998 zurück.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 10.8.1998 Klage erhoben. Sie haben ergänzt, der Versicherte könne nicht darauf verwiesen werden, die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten, jedenfalls nicht, wenn die Entscheidung der Krankenkasse geraume Zeit in Anspruch nehme.
Der Kläger hat vor dem SG beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.10.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.7.1998 zu verurteilen, ihm 4302,- DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 10.8.1998 zu erstatten.
Die Beklagte hat vor dem SG beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG Köln hat die Klage mit Urteil vom 6. Juli 1999 abgewiesen.
Auf die Gründe des Urteils wird Bezug genommen.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben gegen das Urteil – ihnen zugestellt am 12.8.1999 – am 6.9.1999 Berufung eingelegt und vor getragen, das SG lasse außeracht, daß die Massagen nach den Bescheinigungen der Drs. O … und Sch … medizinisch indiziert gewesen seien; es sei Besserung eingetreten; vergleichbare Behandlungsmethoden hätten nicht zur Verfügung gestanden; die Schwere der Erkrankung habe keinen Aufschub geduldet; es sei von Unterversorgung durch entsprechende Leistungserbringer auszugehen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des SG Köln vom 6. Juli 1999 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28.10.1997 und des Widerspruchsbescheides vom 14.7.1998 zu verpflichten, ihm aus Anlaß der Behandlung durch den Masseur Sch … in der Zeit vom 23.4.1996 bis zum 15.5.1996 die Behandlungskosten in Höhe von 2992.- DM zu erstatten sowie die Unterbringungskosten in Höhe von 1210.- DM und die Kosten der Voruntersuchung vom 17.4.1997 in Höhe von 100.- DM.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer der Streitakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht daher – die nachfolgenden Ergänzungen ausgenommen – von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Dem Kläger steht nach und aus den Gründen des angefochtenen Urteils – dies hat das Berufungsgericht bereits mit Schreiben vom 3.7.2001 noch einmal zu verdeutlichen versucht – ein Anspruch auf Kostenerstattung im wesentlichen deshalb nicht zu, weil sich die Eltern des Klägers die streitige Leistung durch einen zur Versorgung der Versicherten der GKV nicht zugelassenen Leistungserbringer selbst beschafft haben, und weil sie dies getan haben, ohne zuvor die Entscheidung der Kasse abzuwarten. Dabei liegt der von den Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung erneut erhobene Vorwurf, es sei nicht zumutbar gewesen, die späte Entscheidung der Kasse abzuwarten, neben der Sache, denn selbst wenn die Kasse unmittelbar auf die erste Bitte der Eltern des Klägers vom 13.5.1996 um Übernahme der Kosten für die laut Kostenvoranschlag vom 25.4.1996 geplanten Maßnahmen eine Entscheidung getroffen hätte, hätten durch diese Entscheidung (§ 13 Abs 3 2. Mögl. SGB V) die streitigen Kosten nicht mehr entstehen können, weil insoweit damals die Maßnahmen schon an ihrem Ende standen, was die Eltern der Kasse freilich zunächst verschwiegen und erst am 18.6.1996 durch Vorlage der Rechnung des Herrn Sch … offenbart haben.
Unabhängig davon, ob dem hier (also außerhalb eines von den ordentlichen Gerichten zu prüfenden Schadenersatzanspruchs) über haupt eine rechtserhebliche Bedeutung hätte zukommen können, ist vorliegend auch keinerlei Fehlverhalten auszumachen, das dem Vertragsarzt Dr. O … und/oder der Beklagten anzulasten wäre. Dr. O … mag die streitige Behandlung durch den nichtzugelassenen Leistungserbringer empfohlen haben. Der Einwand des Gerichts, daß er dann sicherlich pflichtgemäß klargestellt haben werde, was er schon mit der Ausstellung einer Bescheinigung statt einer vertragsärztliche Verordnung zum Ausdruck gebracht habe, daß nämlich eine Bezahlung des Honorars des Herrn Sch … durch die GKV nicht in Betracht komme, ist auch in der mündlichen Verhandlung durch die Eltern des Klägers und die Bevollmächtigten des Klägers unwidersprochen geblieben. Unbeantwortet geblieben ist (insbesondere in der Antwort der Bevollmächtigten des Klägers vom 9.10.2001 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat) der Vorhalt aus dem Schreiben des Gerichts vom 3.7.2001, es bleibe unerfindlich, weshalb sich die Mutter des Klägers wann wegen eines Nachweises eines geeigneten Masseurs vergeblich an wen von der Kasse gewandt haben wolle (Vortrag der Bevollmächtigten des Klägers vom 16.9.1997), und weshalb sie sich nicht deshalb an die behandelnden Vertragsärzte gewandt habe. Es konnte daher nur bei der Feststellung verbleiben, daß die Kasse am 13.5.1996 – gegen Ende der streitigen Behandlung – überhaupt erstmals etwas von ihrer tatsächlichen oder angeblichen Notwendigkeit erfahren hat, und vielleicht am 4.12.1996 – weit nach Beendigung der Behandlung – hat die Beklagte überhaupt erkennen können, daß es hier möglicherweise um etwas gehen könnte, was der Art der Behandlung nach nicht zum Leistungskatalog der GKV gehört, nämlich dadurch, daß Dr. O … in seiner Bescheinigung vom 15.11.1996 darauf hinwies, der Junge habe bis dahin schon reichlich Anwendungen nach Bobath und Vojta bekommen.
Falsch ist auch die Behauptung der Bevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 9.10.2001, unwidersprochen sei ihr Vortrag, daß zum damaligen Zeitpunkt geeignete zugelassene Leistungserbringer im Sinne von § 124 SGB V nicht zur Verfügung gestanden hätten. Richtig ist, daß das Gericht bereits im Schreiben vom 3.7.2001 ausgeführt hat: von einem Notfall oder sonstigen Unaufschiebbarkeit sei weder bei Dr. O … noch bei Frau Dr. Sch … die Rede, und Unaufschiebbarkeit könne ja auch nur angenommen werden, wenn ein Vertragsbehandler nicht rechtzeitig zu erreichen sei, was wiederum idR auch nur dann der Fall sei, wenn der Versicherte sich zuvor vergeblich an die Kasse gewandt habe. Also noch einmal: es gibt keinerlei Anhalt dafür, daß geeignete Vertragsbehandler, wäre ihr Einsatz mit einer vertragsärztlichen Verordnung für notwendig erklärt worden, damals nicht rechtzeitig zur Verfügung gestanden hätten. Ohnehin hatten die Bevollmächtigten des Klägers selbst mit Schriftsatz vom 16.9.1997 vorgetragen, nach Beginn der Intensivbehandlung habe sich die Mutter zusätzlich an den zuständigen Landesverband gewandt, der ihr dann einen anderen Masseur benannt habe. Davon, daß dieser nicht rechtzeitig zur Verfügung gestanden hätte, ist damals nicht die Rede gewesen.
War die Hauptforderung unbegründet, konnten akzessorische Nebenforderungen nicht zugesprochen werden.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Es bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen, denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab und beruht auf dieser Abweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Erstellt am: 20.08.2003
Zuletzt verändert am: 20.08.2003