Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.10.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem die Antragstellerin beantragt hat, der Antragsgegnerin aufzugeben, ihr bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens S 9 KR 1178/13 die weitere Nutzung der bisherigen Krankenversichertenkarte zu ermöglichen, sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zutreffend abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat deshalb gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses und sieht von einer weiteren Begründung ab.
Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde geltend macht, dass sich der angefochtene Beschluss nicht nur gegen ihr persönliches, sondern auch gegen das Interesse der Allgemeinheit wende, ist dem entgegenzuhalten, dass einzelne im sozialgerichtlichen Verfahren – von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen – nur die Verletzung eigener Rechte, nicht jedoch die Verletzung von Rechten Dritter geltend machen können; eine sog. Popularklage ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. hierzu Jung in: Jansen, SGG, 4. Aufl. 2012, § 54, Rn. 22; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 54, Rn. 13, jeweils m.w.N.).
Wie bereits der 16. Senat des LSG NRW (Beschluss v. 04.11.2013 – L 16 KR 679/13 B ER) ausgeführt hat, liegt ein Anordnungsgrund auch deshalb nicht vor, weil der Antragstellerin aktuell keine erheblichen Nachteile im Hinblick auf die Versorgung mit Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) drohen. Das ergibt sich bereits unter dem Gesichtspunkt, dass sie ihre noch bis zum 31.12.2013 gültige Krankenversichertenkarte (§ 291 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V) bis zum Ablauf des Jahres 2013 ohne Einschränkungen nutzen kann. Demnach hat die Antragstellerin aktuell keine schlechterdings unzumutbaren Nachteile zu befürchten.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass sowohl der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) als auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) davon ausgehen, dass Versicherte jedenfalls bis Ende September 2014 eine vertragsärztliche Behandlung bei Vorlage einer (gültigen) Krankenversichertenkarte oder – dies kommt für die Antragstellerin in Betracht – eines anderen Versicherungsnachweises in Anspruch nehmen können (vgl. http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/elektronische-gesundheitskarte-wird-ab-2014-pflicht-a-925638.html). Dies korrespondiert im Wesentlichen mit den Vorgaben des Anhangs 1, Ziff. 2.1 der Anlage 4a zum Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä – Vereinbarung zum Inhalt und zur Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte zwischen dem GKV Spitzenverband und der KBV vom 11.09.2013). Danach kann zwar ein Vertragsarzt in einem Behandlungsfall u.a. bei Nichtvorlage der elektronischen Gesundheitskarte nach Ablauf von zehn Tagen eine Privatvergütung für die Behandlung verlangen. Diese ist jedoch zurückzuzahlen, wenn dem Arzt eine zum Zeitpunkt der Behandlung gültige elektronischen Gesundheitskarte bis zum Ende des Quartals vorgelegt wird oder wenn dem Arzt bis zum Ende des Quartals ein zum Zeitpunkt der Behandlung bestehender Leistungsanspruch des Versicherten von der Krankenkasse nachgewiesen wird (vgl. hierzu auch die Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit Ulrike Flach vom 04.10.2013, BT-Drs. 17/14813 S. 43).
Lediglich ergänzend merkt der Senat an, dass auch erhebliche Zweifel an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs bestehen, zumal die elektronische Gesundheitskarte gegenwärtig über keine weitergehenden Funktionen verfügt als die Krankenversichertenkarte nach § 291 SGB V (vgl. Hessisches LSG, Urteil v. 26.09.2013 – L 1 KR 50/13; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 30.11.2012 – L 11 KR 4746/12; SG Berlin, Beschluss v. 07.11.2013 – S 81 KR 2176/13 ER). Insbesondere kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg rügen, dass die in § 291a Abs. 3 Satz 1 SGB V genannten, sog. freiwilligen Anwendungen zu Grundrechtsverstößen führen. Wie sich dem eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut des § 291a Abs. 5 Satz 1 SGB V entnehmen lässt, ist das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten mittels der elektronischen Gesundheitskarte in den Fällen des Abs. 3 Satz 1 nur mit dem Einverständnis der Versicherten zulässig. Zugriffsberechtigte nach Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5a Satz 1 dürfen mit dem Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten der Versicherten im Rahmen der freiwilligen Anwendungen erst beginnen, wenn die Versicherten gegenüber einem zugriffsberechtigten Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeuten oder Apotheker dazu ihre Einwilligung erklärt haben (vgl. § 291a Abs. 3 Satz 4 SGB V). Die Einwilligung ist bei erster Verwendung der Karte vom Leistungserbringer oder unter dessen Aufsicht von einer Person, die bei dem Leistungserbringer oder in einem Krankenhaus als berufsmäßiger Gehilfe oder zur Vorbereitung auf den Beruf tätig ist, auf der Karte zu dokumentieren; die Einwilligung ist jederzeit widerruflich und kann auf einzelne Anwendungen nach diesem Absatz beschränkt werden (vgl. § 291a Abs. 3 Satz 5 SGB V). Der Ausübung eines – wie auch immer gearteten – sozialen Drucks auf die Versicherten dahingehend, dass diese sich veranlasst sehen könnten, gegen ihre eigene Überzeugung in die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung ihrer Sozialdaten einzuwilligen, wird zudem durch das in § 291 Abs. 8 Satz 2 SGB V geregelte Benachteiligungsverbot entgegengewirkt.
Im Hinblick auf die erstinstanzlich angeregte Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) merkt der Senat an, dass dies in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht kommt, weil in diesen Verfahren nur eine vorläufige Regelung zu treffen ist, bei der möglichst zeitnah zu entscheiden ist, welche Leistungspflichten einstweilen gelten sollten; eine solche zeitnahe Klärung ist in einem Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG jedoch nicht zu erwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 09.12.2013
Zuletzt verändert am: 09.12.2013