Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 20. August 2004 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin über den 21.07.2002 hinaus bis zum 19.03.2003 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zusteht.
Die am 00.00.1967 geborene Klägerin ist von Beruf Verkäuferin. Seit 1991 war sie, zuletzt seit mehreren Jahren als Teamleiterin einer Filiale, bei der niederländischen Firma A GmbH tätig, die Textilien im unteren Preissegment vertreibt.
Ab dem 15.04.2002 erkrankte die Klägerin. Der behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T aus H stellte folgende Diagnosen: akute Belastungsreaktion, Anpassungsstörung und Spondylose. Bei der Klägerin lägen multiple körperliche Funktionsstörungen mit vegetativer Symptomatik vor. Eine Medikation hielt er nicht für erforderlich. Die Behandlung erfolgte im Wesentlichen in Form von ca. 15-minütigen Gesprächen, die psychotherapeutische Ausrichtung aufwiesen und ca. sechs bis sieben Mal im Quartal stattfanden. Dr. T bescheinigte Arbeitsunfähigkeit zunächst für die Zeit vom 15.04. bis 16.07.2002. Auf Nachfrage gab dieser gegenüber der Beklagten an, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ausschließlich durch die Stresssituation am Arbeitsplatz (später als "Mobbing durch eine Vorgesetzte" bezeichnet, vgl. Bl. 2 der Senats-Niederschrift vom 18.01.2006, Bl. 180 der Gerichtsakten) bedingt werde. Daraufhin veranlasste die Beklagte eine Untersuchung der Klägerin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Westfalen-Lippe in H. Dessen Gutachter Dr. T1 gegenüber gab die Klägerin im Rahmen der Untersuchung am 12.07.2002 an, sie habe massive Probleme mit einer Vorgesetzten, der Bezirksleiterin, die sie wohl "loswerden" wolle. Eine schriftliche Abmahnung habe die Arbeitgeberin nach Einschaltung des Arbeitsgerichts zurücknehmen müssen. Zum Anforderungsprofil der zuletzt ausgeübten Tätigkeit hielt Dr. T1 fest, dass die Klägerin im erlernten Beruf als Verkäuferin tätig sei. Sie werde als Teamleiterin eingesetzt, sei vollschichtig und ungekündigt tätig. Von sich aus wolle sie den Arbeitsplatz nicht aufgeben. Es handelte sich nach seinem Befund um eine 35-jährige Versicherte im normalen körperlichen Zustand. Sie sei wach, bewusstseinsklar und orientiert. Ein Anhalt für Denkstörungen und Wahrnehmungsstörungen habe nicht bestanden. Affektiv sei sie mäßig bedrückt. Die Schwingungsfähigkeit sei nicht wesentlich eingeschränkt, die Klägerin nicht auffällig antriebsarm. Es lägen keine anamnestischen Funktionsdefizite vor. Letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit sei deshalb der 18.07.2002. Danach sei es der Versicherten zumutbar, ihre berufliche Tätigkeit als Verkäuferin und Teamleiterin wieder aufzunehmen. Gegebenenfalls sei mittelfristig ein Arbeitsplatzwechsel empfehlenswert.
Mit Bescheid vom 18.07.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der MDK eine Besserung ihres Gesundheitszustandes festgestellt habe. Aus ärztlicher Sicht sei sie ab dem 18.07.2002 wieder arbeitsfähig. Die Krankengeldzahlung ende jedoch erst am 22.07.2002, da eine rückwirkende Einstellung nicht möglich sei. Dagegen wandte sich der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 29.07.2002 und machte geltend, dass sich diese weiterhin in fachärztlicher Behandlung bei Dr. T befinde. Dieser attestiere durchgehend zu Recht weiterhin Arbeitsunfähigkeit.
Die Beklagte, die das Schreiben als Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.07.2002 wertete, holte eine Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. T vom 08.08.2002 ein: Nach seiner Überzeugung sei bei einer Wiederaufnahme der zuvor ausgeübten Arbeitstätigkeit mit einer erheblichen Gefährdung des gesundheitlichen Befindens der Klägerin zu rechnen. Allein die aus der Arbeitsplatzsituation resultierende Erkrankung begründe die Arbeitsunfähigkeit. Dagegen sei die Klägerin in der Lage, ihre bisherige Tätigkeit als Verkäuferin mit Teamleitung mit den sich daraus ergebenden Anforderungen an einem anderen Arbeitsplatz zu verrichten. Dr. C, Arzt für Sozialmedizin beim MDK E, bestätigte nach Auswertung der Unterlagen unter dem 29.08.2002 die vom MDK zuvor getroffene Beurteilung. Es lägen weder seitens des behandelnden Arztes noch seitens Dr. T1 vom MDK Befunde vor, die eine Arbeitsunfähigkeit über den 18.07.2002 hinaus rechtfertigen könnten. Die Ausübung ihrer früheren Tätigkeit sei der Klägerin möglich und zumutbar, weil eine psychische Symptomatik nicht (mehr) vorhanden sei.
Ergänzend holte die Beklagte eine Arbeitgeberauskunft der Firma A GmbH vom 23.01.2003 ein, die jedoch lediglich Angaben zum körperlichen Belastungsprofil der ausgeübten Tätigkeit enthielt. Aus einer abschließenden sozialmedizinischen Stellungnahme von Frau Dr. B, MDK E, ergab sich, dass keine medizinische Aussage zum weiteren Zeitraum ab dem 23.07.2002 getroffen werden könne, da außer den Datumsanzeigen in geringer Frequenz erfolgter nervenärztlicher Konsultationen bei Dr. T keinerlei Befundung vorliege. Ebenso könne nicht nachvollzogen werden, in welcher Form psychiatrisch-psychotherapeutische Maßnahmen zur psychischen Rekompensation und Erlangung der Arbeitsfähigkeit erfolgt seien. Die letzte Befunderhebung datiere vom 12.07.2002 und stamme vom MDK-Arzt Dr. T1.
Zwischenzeitlich hatte Dr. T das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.03.2003 bescheinigt. Ein Arbeitsversuch der Klägerin erfolgte am 20.03.2003, nachdem diese durch Gespräche mit ihrer Arbeitgeberin eine Umsetzung in eine andere Filiale, in der sie der Aufsicht durch eine andere Regionalleitung unterlag, erreicht hatte. Zunächst durchlief die Klägerin absprachegemäß eine mehrwöchige Schulung, die der Arbeitgeber im Hinblick auf die lange Dauer der Arbeitsunfähigkeit als notwendig erachtete,; danach wurde sie einer anderen Filiale zugewiesen. Sie ist aktuell weiterhin als Team- und Filialleiterin bei der Firma A GmbH tätig.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2003 als unbegründet zurück. Bei der Klägerin habe mit Ablauf des 21.07.2002 für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne nicht mehr vorgelegen. Der Arbeitsplatzkonflikt müsse insoweit außer Betracht bleiben.
Zur Begründung ihrer am 13.10.2003 zum Sozialgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage, die an das örtlich zuständige Sozialgericht Duisburg verwiesen worden ist, hat die Klägerin vorgetragen, es habe durchgehend bis März 2003 Arbeitsunfähigkeit vorgelegen, da sie den Anforderungen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit, auf die wegen des ungekündigten Arbeitsverhältnisses abzustellen sei, mit dem als Mobbing empfundenen Verhalten der Regionalleiterin krankheitsbedingt nicht gewachsen gewesen sei. Da die psychische Belastung bei einer Tätigkeit in einer anderen Filiale desselben Arbeitgebers nicht bestanden habe, sei sie nach der Umsetzung in der Lage gewesen, wieder eine Tätigkeit als Teamleiterin auszuüben. Eine zeitlich frühere Umsetzung sei ihr seitens des Arbeitgebers nicht ermöglicht worden. Ergänzend hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie nach der Einstellung der Leistungen durch die Beklagte keine sonstigen Sozialleistungen in Anspruch genommen habe; sie habe ab dem 23.07.2002 bis zur Wiederaufnahme der Tätigkeit im März 2003 über keinerlei Einkünfte verfügt. Dieser Umstand habe dazu geführt, dass sie ihre Wohnung habe kündigen und unter Aufgabe eines Teils ihres Hausrats und ihrer Möbel zu einer Freundin habe ziehen müssen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2003 zu verurteilen, über den 21.07.2002 hinaus bis zum 19.03.2003 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei ihrer in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Rechtsauffassung verbleiben und hat vorgetragen, die Behandlungsdaten von Dr. T ließen keinen Schluss auf eine behandlungsbedürftige Erkrankung mit damit verbundener Arbeitsunfähigkeit zu. Die Konsultationen seien lediglich in nahezu monatlichen Abständen erfolgt, ohne dass besondere Therapiemaßnahmen durchgeführt worden seien. Auch habe keine medikamentöse Behandlung stattgefunden. Es sei zweifelhaft, ob die mit dem behandelnden Psychiater geführten Gespräche nicht auch berufsbegleitend hätten geführt werden können. Auch sei nicht ersichtlich, wie das berufliche Umfeld eine derart schwerwiegende Erkrankung bei der Klägerin habe hervorrufen können. Entscheidend aber sei darauf abzustellen, dass die Arbeitsplatzsituation vorliegend der einzige Hinderungsgrund für die Klägerin gewesen sei, ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen. Es sei jedoch nicht Aufgabe einer Krankenkasse, bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten mit Leistungen einzutreten, um dem Arbeitnehmer die sofortige Rückkehr an den Arbeitsplatz zu ersparen.
Das Sozialgericht hat über die Frage des Fortbestehens von Arbeitsunfähigkeit über den 21.07.2002 hinaus Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichtes von Dr. T vom 14.01.2004. Dieser hat die erhobenen Befunde im Einzelnen mitgeteilt sowie als Diagnosen Neurasthenie, anhaltende Anpassungsstörung, HWS- und Kopfschmerzsyndrom. Die für ihn nicht nachvollziehbare Beendigung der Arbeitsunfähigkeit durch den MDK habe bei der Klägerin eine erneute psychische Verschlechterung hervorgerufen. Eine positive Entwicklung sei nach vorangegangener konstanter psychischer Beeinträchtigung erst im März 2003 eingetreten. Bei der Klägerin habe bis dahin durchgehend Arbeitunfähigkeit vorgelegen.
Die Beklagte hat ergänzend erklärt, dass Dr. T1 über die Zusatzausbildung Psychotherapie verfüge und Frau Dr. B Psychiaterin sei.
Mit Urteil vom 20. August 2004 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2003 verurteilt, der Klägerin über den 21.07.2002 hinaus bis zum 19.03.2003 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Zur Begründung hat das Sozialgericht unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Wesentlichen darauf abgestellt, ein Anspruch auf Krankengeld ergebe sich für den o. g. Zeitraum aus § 44 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V); denn die psychiatrische Erkrankung habe die Klägerin arbeitsunfähig gemacht. Davon sei die Kammer auf Grund der Angaben des behandelnden Arztes Dr. T überzeugt. In Folge der auf Grund der Konfliktsituation mit der Bezirksleiterin am bisherigen Arbeitsplatz aufgetretenen vielfältigen gesundheitlichen Störungen mit Somatisierungstendenz sei die Klägerin zumindest für ihren zuletzt inne gehabten Arbeitsplatz arbeitsunfähig krank gewesen. Bei der Beurteilung des Vorliegens von Arbeitsunfähigkeit aber sei bei einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis auf die besonderen Anforderungen und Belastungen des konkreten Arbeitsplatzes abzustellen, nicht auf einen gleichartigen Arbeitsplatz. Bei einem fortgeführten Beschäftigungsverhältnis könne Arbeitsunfähigkeit nur entfallen, wenn der Arbeitgeber dem erkrankten Arbeitnehmer konkret im Rahmen seines Direktionsrechts einen zumutbaren anderen Arbeitsplatz anbiete. Bis dahin bleibe zum Schutz des Versicherten der Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit allein die Tätigkeit, aus der heraus die Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei bzw. aus dem der Krankenversicherungsschutz erworben worden sei. Für Versicherte sei es nicht zumutbar, ihr bestehendes Beschäftigungsverhältnis aufzugeben, um sich einen anderen Arbeitsplatz zu suchen und auf diese Weise Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen. Die Möglichkeit zu betrieblichen Umsetzung habe sich für die Klägerin jedoch erst zum 20.03.2003 ergeben. Dagegen lasse sich § 44 Abs. 1 S. 1 SGB V nicht entnehmen, dass bei der Bejahung oder Verneinung eines Anspruchs auf Krankengeld die Ursache der Erkrankung von maßgeblicher Bedeutung sein solle. Der Krankengeldanspruch könne nicht davon abhängen, welcher Risikospähre die Ursache der Erkrankung zuzuordnen sei. Abgesehen davon, dass eine solche Differenzierung angesichts der Vielfalt möglicher Teilursachen für das Ent- und Fortbestehen einer Krankheit kaum möglich sein dürfte, führte eine solche Unterscheidung letztlich dazu, dass für dieselbe Erkrankung, je nach Ursache, ein Krankengeldanspruch bestünde bzw. nicht. Ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung sei nicht erkennbar, die Rechtsfolge grob unbillig. Die Auffassung der Beklagten führe zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten, kaum hinnehmbaren Unsicherheit für den Versicherten und Aushöhlung seiner sozialen Absicherung im Falle der Arbeitsunfähigkeit. Unter Berücksichtigung des übergeordneten Schutzinteresses des Versicherten entfalle daher auch dann der Krankengeldanspruch – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – nicht, wenn die Erkrankung ausschließlich oder überwiegend auf Konflikten am Arbeitsplatz beruhe und der Arbeitgeber keine Abhilfe schaffe. Überleitungs- und Regressvorschriften, wie in anderen Rechtsbereichen, fehlten. Die Pflicht des Versicherten, an der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit mitzuwirken, geht auch nicht so weit, dass er das Risiko eines arbeitsgerichtlichen Prozesses, gerichtet auf Umsetzung, zu tragen habe.
Gegen das der Beklagten am 06.09.2004 zugestellte Urteil hat diese am 04.10.2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, objektive medizinische Befunde, die eine Krankheit mit Krankheitswert bei der Klägerin nachwiesen, seien auch unter Einbeziehung des Ergebnisses der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme nicht vorhanden. Wenn im streitigen Zeitraum eine schwerwiegende Erkrankung bei der Klägerin vorgelegen hätte, so wäre diese auch nach einer Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz nicht in der Lage gewesen, eine berufliche Tätigkeit auszuüben. Demgegenüber werde selbstverständlich die Leistungsverpflichtung zur Zahlung von Krankengeld anerkannt, wenn zum Beispiel das berufliche Umfeld eine Erkrankung mit Krankheitswert hervorrufe, die eine Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne auslöse. Insofern sei, wie das Sozialgericht zu Recht festgestellt habe, unerheblich, ob der Auslöser der Erkrankung zum Beispiel im beruflichen oder privaten Umfeld zu suchen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 20. August 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagte gegen das genannte Urteil des Sozialgerichts Duisburg zurückzuweisen.
Sie weist die angedeuteten Vorwürfe in Richtung Simulation bzw. Leistungsmissbrauch weit von sich. Sie habe sogar im Hinblick auf die bestehende Arbeitsunfähigkeit den Verlust ihrer Wohnung in Kauf genommen. Dass die Beklagte nun trotz der zweitinstanzlich erhobenen Beweise sogar abstreite, dass am Arbeitsplatz der Klägerin Mobbing stattgefunden habe, zeige weiter, dass sich diese mit ihrer, der Klägerin, Situation überhaupt nicht auseinandergesetzt habe. Eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, die sie schon frühzeitig angestrebt habe, sei zunächst seitens des Arbeitgebers nicht für möglich gehalten worden. Erst eine längere Besprechung mit dem Zeugen T2 in der Filiale E im Februar 2003 habe nach entsprechender Einarbeitung zu einer Umsetzung in eine andere Filiale geführt. Von einer angedachten Klage auf Umsetzung innerhalb des Betriebes der Firma A GmbH habe ihr der Prozessbevollmächtigte zuvor aus mehreren Gründen abgeraten: geringe Erfolgsaussichten, da arbeitsrechtlich die Um- bzw. Versetzung als Gestaltungsrecht allein des Arbeitgebers angesehen werde; hohe Wahrscheinlichkeit einer sie in ihrem Gesundheitszustand zusätzlich belastenden Vernehmung von Zeugen; längere Verfahrensdauer. Durch das Ergebnis der Beweisaufnahme sieht sich die Klägerin in ihrer Rechtsauffassung, es habe im streitigen Zeitraum Arbeitsunfähigkeit bestanden, bestätigt. Die Zeuginnen X1 und E hätten Konflikte mit der Bezirksleitung beschrieben, unter denen sie, die Klägerin, massiv gelitten habe. Der Zeuge T2 habe die Gespräche wegen ihrer Umsetzung bestätigt. Als Ergebnis der Befragung des behandelnden Arztes Dr. T sei aus ihrer Sicht nachgewiesen, dass bei ihr Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, die es ihr unmöglich gemacht habe, im streitigen Zeitraum ihren konkreten Arbeitsplatz auszufüllen. Dies bestätige im Übrigen auch der Sachverständige Dr. B1 in seinem mündlich erstatteten Gutachten.
Der Senat hat einen Befundbericht von Dr. X eingeholt und die Zeugin X1, eine frühere Kollegin der Klägerin, sowie den Zeugen T2, ihren damaligen Vorgesetzten, zu den Arbeitsverhältnissen bzw. zu dem Inhalt der Gespräche, betreffend ihre Umsetzung, vernommen. Außerdem hat der Senat den behandelnden Arzt Dr. T zu der bei der Klägerin festgestellten Erkrankung, der Behandlung und der attestierten Arbeitsunfähigkeit befragt. Ergänzend hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B1 im Erörterungstermin am 18.01.2006 mündlich ein Gutachten erstattet sowie ergänzende Fragen im Termin zur mündlichen Verhandlung am 09.03.2006 beantwortet. Die ebenfalls als Zeugin vorgesehene D E hat schriftlich gebeten, sie auf Grund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung von der Zeugenvernehmung zu entbinden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 124, 125, 143, 144, 147 bis 155, 179 bis 181 sowie Bl. 194 bis 198 der Prozessakte Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Verwaltungsakte der Beklagen sowie der Behandlungsunterlagen von Dr. T verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt; der Beschwerdewert, der bei rund 9.000,- Euro liegt, ist deutlich überschritten. Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht und mit bereits überzeugender Begründung hat das Sozialgericht der Klägerin mit Urteil vom 20. August 2004 Krankengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 21.07.2002 bis zum 19.03.2003 zugesprochen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2003 ist rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz SGB V liegen vor.
Wegen der Begründung nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich anschließt. Insbesondere hat die zweitinstanzlich ergänzend durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt, dass bei der Klägerin im oben genannten Zeitraum auf Grund ihrer psychischen Erkrankung Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne bestanden hat. Darunter ist nach allgemeiner Auffassung im Falle – wie hier – des Fortbestehens eines Arbeitsverhältnisses bei Eintritt der Erkrankung die auf Krankheit beruhende Unfähigkeit des Versicherten zur Verrichtung seiner unmittelbar vor Eintritt der krankheitsbedingten Einschränkung des Leistungsvermögens ausgeübten Erwerbstätigkeit zu verstehen (Krauskopf-Vay, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Loseblattsammlung, Stand: September 2005, § 44 RdNrn. 10 ff. m. w. N.). Der tatsächlichen Unfähigkeit steht es gleich, wenn die Arbeit krankheitsbedingt nur unter der Gefahr, den Gesundheitszustand zu verschlimmern, fortgesetzt werden kann (Krauskopf-Vay, a. a. O., RdNr. 11 m. w. N.). Der Senat ist auf Grund der Angaben der o. g. Zeugen sowie aufgrund des schlüssigen und nachvollziehbaren mündlichen Gutachtens von Dr. B1 einschließlich seiner ergänzenden Ausführungen der Überzeugung, dass die Klägerin über den 21.07.2002 hinaus bis zur Wiederaufnahme der Tätigkeit im März 2003 für ihre zuletzt ausgeübte arbeitsunfähig war.
Es bestehen keinerlei Zweifel, dass die Klägerin durchgehend gegenüber ihrem behandelnden Arzt sowie gegenüber der Beklagten und den Gerichten zutreffende Angaben gemacht hat. Der Senat ist davon überzeugt, dass sie, ausgelöst u. a. durch das als Mobbing empfundene Verhalten ihrer damaligen Regionalleiterin, psychisch und physisch in erheblichem Maße beeinträchtigt war. Die Zeugin X1 hat, auch wenn sie über den Inhalt der Gespräche der Klägerin mit der Regionalleiterin keine Angaben machen konnte, nachvollziehbar geschildert, dass die Klägerin deutliche Beeinträchtigungen, wie Schwindel, Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten, aufwies, bevor sie arbeitsunfähig wurde. Sie erweckte den Eindruck bei der Zeugin, dass sie den Anforderungen, die ihre Tätigkeit an sie stellte, nicht – mehr – gewachsen war. Aus der schriftlichen Aussage der Zeugin E ergibt sich zudem, dass diese die Sichtweise der Klägerin, sie werde von der Bezirksleiterin "unerträglich gemobbt", teilt und ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Die Klägerin sei "an dieser Geschichte eher erkrankt" als sie selbst. Sie hätten "zu dieser Zeit" telefonischen Kontakt gehabt. Die Zeugin E hat sich offensichtlich durch die Vorfälle und die damit für sie verbundenen gesundheitlichen Auswirkungen sogar veranlasst gesehen, ihren damaligen Arbeitsplatz bei der Firma A GmbH aufzugeben. Die Ladung als Zeugin und die bereits damit verbundene Konfrontation mit den damaligen Konflikten war offensichtlich der Auslöser für die Zeugin E, sich in psychiatrische bzw. psychotherapeutische Behandlung zu begeben. Dies ergibt sich aus der Bescheinigung der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des St. M-Stiftes in X. All diese Angaben beleuchten in nachvollziehbarer Weise, dass das Arbeitsumfeld der Klägerin im streitigen Zeitraum offensichtlich durch nachhaltige Differenzen geprägt war. Gerade dies lässt die eigenen, deckungsgleichen Angaben der Klägerin beim behandelnden Arzt und vor Gericht, auch beim MDK, als uneingeschränkt glaubhaft erscheinen.
Auch der behandelnde Psychiater Dr. T hat im Rahmen seiner Vernehmung glaubhaft und nachvollziehbar angegeben, dass er keine Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Angaben der Klägerin gehabt habe. Bei dieser habe eine mittelschwere depressive Störung vorgelegen. Es hätten neben der psychischen Erkrankung in Form von Depressionen, geringer Belastungsfähigkeit, Versagensängsten auch nicht unerhebliche körperliche Auswirkungen bestanden, wie Gewichtsverlust im zweistelligen Kilogramm-Bereich, Kopfschmerzen, Übelkeit, Krämpfe in den Beinen, die offensichtlich keine körperliche Ursache hatten. Der Sachverständige Dr. B1 hat im Übrigen aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrung bestätigen können, dass Situationen am Arbeitsplatz, die von den Patienten als Mobbing empfunden werden, bei entsprechender Veranlagung zu massiven psychischen Erkrankungen in Form von Anpassungsstörungen führen können. Bei Auswertung aller vorhandenen Unterlagen und des Eindrucks der mündlichen Verhandlungen hatte er keinen Zweifel, dass die Angaben der Klägerin durchgehend glaubhaft waren und Dr. T eine zutreffende Diagnose gestellt hatte. Dem steht nicht die Beurteilung des MDK-Arztes Dr. T1 vom 12.07.2002 entgegen. Zwar ist er zu der Auffassung gelangt, bei der Klägerin bestehe ab dem Zeitpunkt der Untersuchung keine Arbeitsunfähigkeit mehr. Die von ihm erhobenen Parameter reichen jedoch nach übereinstimmender Ansicht von Dr. T und Dr. B1 nicht aus. Zum anderen resultiert sein Eindruck aus einem einmaligen Kontakt mit der Klägerin, während Dr. T diese über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr behandelt hat. Schließlich wird seine Einschätzung, die Klägerin sei wieder arbeitsfähig, durch seinen eigenen Hinweis, ggf. sei ein Arbeitsplatzwechsel erforderlich, deutlich relativiert.
Diese Krankheit führte zur Überzeugung des Senates im streitigen Zeitraum auch zu Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne. Nach übereinstimmender Angabe sowohl des Sachverständigen als auch des behandelnden Arztes Dr. T haben zwei Komponenten kumulativ dazu geführt, dass die Klägerin im März 2003 wieder eine Tätigkeit aufnehmen konnte, zuvor jedoch daran gehindert war: Zum einen war dies die psychische Stabilisierung, die durch die psychotherapeutischen Gespräche mit Dr. T und das Herausnehmen aus der die Erkrankung auslösenden, für sie belastenden Arbeitsplatzsituation, die dazu führten, dass die Klägerin sich in der Lage sah, mit ihrem Arbeitgeber über eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz in Verhandlungen zu treten. Andererseits war dies aber auch der Umstand, dass der Klägerin ein anderer Arbeitsplatz angeboten wurde, der nicht mehr die die Klägerin zuvor belastenden Begleitumstände aufwies. Für eine Anpassungsstörung ist nach den übereinstimmenden Angaben des behandelnden Psychiaters und des Sachverständigen gerade typisch, dass die Beibehaltung der psychisch belastenden Situation eine Besserung der massiven Erkrankung verhindert, eine Änderung der belastenden Situation aber durchaus zur Folge haben kann, dass in vollem Umfang Arbeitsfähigkeit für die geänderte Tätigkeit besteht. Dass aber bei einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis auf die zuletzt inne gehabte Arbeitsstelle und die damit verbundenen konkreten Anforderungen physischer, geistiger und psychischer Art abzustellen ist, nicht jedoch abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung (anders bei Eintritt von Arbeitslosigkeit, vgl. BSG, Urt. vom 14.02.2001, Az.: B 1 KR 30/00 R, SozR 3-2500 § 44 Nr. 9, LSG Rheinland-Pfalz, Urt. vom 21.04.2005, Az.: L 5 KR 123/02, jurisweb, juris Kennn-Nummer KSRE080031517, RdNr. 35, unter Bezugnahme auf Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 44 SGB V, RdNrn. 78 ff.), bestreitet auch die Beklagte nicht mehr.
Wenn auch die Bedenken der Beklagten zu Beginn des gerichtlichen Verfahrens im Hinblick auf die spärlichen, zum Teil unleserlichen Unterlagen von Dr. T und die nur fragmentarisch bekannten Einzelheiten des Sachverhalts nachvollziehbar erschienen und vom Senat – sonst hätte dieser keine umfassende Beweiserhebung als notwendig erachtet – zunächst geteilt wurden, so vermag der Senat jedoch keinerlei Verständnis aufzubringen, dass die Beklagte in Kenntnis der umfänglich erhobenen Beweise und der Bewertung der Sach- und Rechtslage durch den Senat den Leistungsanspruch der Klägerin nicht anerkannt hat, zumal die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vorlagen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG bestand nicht. Weder misst der Senat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab.
Erstellt am: 03.07.2006
Zuletzt verändert am: 03.07.2006