Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.06.2009 abgeändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die versicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei der Beigeladenen zu 4) vom 01.01.1993 bis zum 31.07.2007.
Der 1968 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er arbeitet seit 1987 bei der Beigeladenen zu 4), deren Geschäftsgegenstand der Vertrieb von Nahrungsmitteln und Getränken aller Art und alle damit zusammenhängenden Geschäfte ist.
Gesellschafter und Geschäftsführer der Beigeladenen zu 4) waren zunächst Herr C und Herr T. Am 07.04.1989 traten Herr C und Herr T auf der Grundlage eines Kaufvertrags ihre Gesellschafteranteile (je 25.000 DM) mit Gewinnbezugsrecht an den Vater des Klägers, den 1940 geborenen Kaufmann N H ab und legten ihr Amt als Geschäftsführer der Gesellschaft nieder. Der Vater des Klägers wurde zum alleinigen Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.
Der Kläger machte bei der Beigeladenen zu 4) vom 01.08.1989 bis 30.06.1992 eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Er wurde mit Wirkung zum 01.08.1989 bei der Beklagten zur Sozialversicherung angemeldet. Ab dem 01.07.1992 wurde er ins Angestelltenverhältnis übernommen und erhielt ein Gehalt von 2.500,00 DM. Dieses wurde 2001 auf 4.100,00 DM und 2006 auf 2.602,08 EUR angepasst. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht abgeschlossen. Das Arbeitsentgelt wurde auf ein privates Girokonto des Klägers überwiesen und von der Beigeladenen zu 4) als Betriebsausgabe verbucht. Es wurde Lohnsteuer entrichtet.
Der Bruder des Klägers, der 1967 geborene U H, ist seit dem 01.07.1992 bei der Beigeladenen zu 4) beschäftigt. Das von ihm angestrengte Klageverfahren mit dem Ziel, bei ihm eine versicherungsfreie Tätigkeit ab dem 01.07.1992 festzustellen, wird vor dem Sozialgericht Köln unter dem Aktenzeichen S 26 KR 80/07 geführt und ruht derzeit.
Mit notariellem Vertrag vom 28.12.1992 (mit Wirkung zum 01.01.1993) übertrug der Vater 20 % des Stammkapitals (10.000,00 DM) auf den Kläger. Eine Gegenleistung des Klägers erfolgte nicht.
Am 25.11.1998 übernahm der Kläger gegenüber der Sparkasse Bonn für die Beigeladene zu 4) eine betragsmäßig beschränkte Einzelbürgschaft i.H.v. 120.000,00 DM.
Mit notariellem Vertrag vom 08.01.2001 wurde das Stammkapital auf 30.000,00 EUR umgestellt. Der Vater des Klägers hatte nunmehr 24.000,00 EUR; der Kläger 6.000,00 EUR des Stammkapitals inne. In § 9 des notariellen Vertrages wurde vereinbart, dass Gesellschafterbeschlüsse – soweit nichts anderes geregelt sei – mit einer ¾ Mehrheit zu fassen seien. Für bestimmte Entscheidungen (Verfügung über Geschäftsanteil, Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne Gesellschafterversammlung) wurde Einstimmigkeit vorgesehen. Für Änderungen des Vertrags wurde die Schriftform vereinbart; gleiches für den Verzicht auf das Schriftformerfordernis.
Mit schriftlichem Darlehnsvertrag vom 19.09.2003 gewährte der Kläger der Beigeladenen zu 4) ein Darlehen über 12.000,00 EUR. Es wurde ein Zinssatz von 5 % und eine Fälligkeit drei Monate nach Kündigung vereinbart. Des weiteren gewährte er der Gesellschaft ein Darlehen in Höhe von 31.716,- Euro.
Betriebsprüfungen blieben ohne Beanstandungen.
Der Kläger beantragte am 11.07.2006 bei der Beklagten die versicherungsrechtliche Beurteilung seiner Beschäftigung. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung gab er an, von 1990 bis 2006 eine nicht selbständige Tätigkeit als Kaufmann im Einzelhandel ausgeübt zu haben. Er könne durch Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern und verfüge als Einziger über die zur Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Im Gesellschaftsvertrag sei die einfache Stimmenmehrheit für Beschlüsse vereinbart. Er sei nicht vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 4) sei durch familiäre Rücksichtnahme geprägt. Seine regelmäßige tarifliche und tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden. Hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege er keinerlei Weisungen. Er könne seine Tätigkeit frei bestimmen und habe Personalverantwortung. Seinen Urlaub müsse er sich nicht genehmigen lassen. Er erhalte eine gleichbleibende Vergütung. Es sei eine Kündigungsfrist vereinbart sowie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Wochen. Am Gewinn des Unternehmens sei er nicht beteiligt.
Mit Bescheid vom 01.08.2006 stellte die Beklagte -ohne sich zuvor mit der Beigeladenen zu 1) in Verbindung zu setzen- fest, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 4) nicht abhängig beschäftigt sei. Der Kläger übe seine Tätigkeit weder fremdbestimmt aus, noch stehe er in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Auftraggeber. Sie werde der Beigeladenen zu 1) eine Kopie des Bescheids zur Prüfung der Rentenversicherungspflicht zukommen lassen. Der Bescheid enthielt eine Rechtsmittelbelehrung mit folgendem Wortlaut:
"Gegen diese Entscheidung können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift bei uns Widerspruch einlegen, der möglichst eingehend begründet werden sollte."
Die Beigeladene zu 1) erhielt eine Kopie des Bescheids vom 01.08.2006 unter dem 14.08.2006.
Nachdem die Beklagte der Beigeladenen zu 1) weitere Unterlagen übersandt und telefonisch mitgeteilt hatte, die Beurteilung greife ab dem 01.01.2002, wies die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 22.11.2006 (Eingang 27.11.2006) darauf hin, dass sich die Beklagte nicht an die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen, dem VDR (Verband Deutscher Rentenversicherungsträger) und der Bundesagentur für Arbeit beschlossene Vorgehensweise gehalten und sich nicht zuvor mit ihr abgestimmt habe. Weshalb eine Beurteilung ab 2000 erfolgt sei, sei ihr nicht erklärlich. Sie gehe nach den nun vorliegenden Unterlagen von einer abhängigen Beschäftigung des Klägers aus und bitte die Beklagte daher, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken.
Daraufhin erließ die Beklagte unter dem 23.01.2007 einen weiteren Bescheid an den Kläger. In Korrektur des Bescheids vom 01.08.2006 gehe man nun davon aus, dass eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliege.
Mit seinem Widerspruch macht der Kläger geltend, er sei spätestens seit dem 28.12.1992 nicht mehr versicherungspflichtig bei der Beigeladenen zu 4) beschäftigt, da er seit diesem Zeitpunkt Gesellschafter des Unternehmens sei und dieses gemeinsam mit seinem Bruder und seinem Vater leite. Er handele weisungsfrei und sei nicht in die betriebliche Organisation eingegliedert. Durch die Darlehens- und Bürgschaftsübernahme trage er ein unternehmerisches Risiko. Im Übrigen sei im Gesellschaftervertrag vorgesehen, dass bestimmte Entscheidungen die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich machten. Darüber hinaus könne er in der Praxis durch mündlich eingeräumte Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse allein herbeiführen und verhindern und habe damit auch ohne Mehrheitsbeteiligung die Möglichkeit, die Geschicke des Unternehmens zu bestimmen. Aufgrund der familiären Verbundenheit habe man Gesellschafterbeschlüsse ohnehin nie nach der Höhe der Kapitalbeteiligung, sondern gleichberechtigt und gemeinschaftlich gefällt. Er habe umfassende Bank- und Handlungsvollmachten, verhandele mit den Geschäftspartnern und schließe Verträge. Er sei auch im Urlaub und am Wochenende für das Unternehmen erreichbar und arbeite auch hier nach Bedarf. Im Durchschnitt nehme er maximal 14 Tage Urlaub im Jahr. Auch besitze er die alleinigen Fachkenntnisse zur Führung des Unternehmens. Er beschäftige sich seit längerer Zeit damit, kleinere Brauereien ausfindig zu machen und sei Fachmann für fränkische und bayrische Biere. Er habe den Bereich "Planung von Veranstaltungen" im Unternehmen neu aufgebaut und betreue ihn alleine. Zudem habe er einen Lehrgang zum Sachverständigen für den Bereich Schankanlagen absolviert und kümmere sich um die Wartung und Instandhaltung des Schankwagens und der Kühlfahrzeuge. Da für ihn keine Vertretung existiere, könne niemand bei einem Ausfall seiner Person seine Arbeit übernehmen. Sein Vater sei für das tägliche Kassengeschäft inclusive Abrechnung und die Bereiche Wein, Spirituosen und Spezialitäten zuständig. Das besondere Aufgabenfeld seines Bruders umfasse das Bestell- und Personalwesen, das Bankgeschäft, Zollanmeldungen und Branntweinsteuer sowie die sämtliche Korrespondenz. Auf einen Arbeitsvertrag habe man verzichtet, da zwischen den Beteiligten ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehe. Im Übrigen sei sein jetziges Entgelt für seine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 50 – 60 Stunden und seinen Verantwortungsbereich nicht angemessen. Er habe die Möglichkeit, sein Gehalt je nach Unternehmenssituation selbständig anzupassen und werde es auch bei einer Notlage reduzieren. In der Vergangenheit habe er bereits mehrfach zu Gunsten der Liquidität des Unternehmens auf die pünktliche Zahlung seines Gehalts verzichtet. Zudem habe er aus seinem Privatvermögen einen LKW gekauft und diesen dem Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch sonst habe er immer wieder Privatvermögen in die GmbH fließen lassen. Dass er zur Sozialversicherung angemeldet worden sei, sei bei der Beurteilung der Versicherungspflicht nicht entscheidend. Vielmehr komme es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Eine Aufhebung des Bescheids vom 01.08.2006 sei im Übrigen weder nach §§ 48, 45 noch nach § 47 SGB X (Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) rechtlich zulässig.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2007 als unbegründet zurück. Mit Bescheid vom 23.01.2007 habe man festgestellt, dass der Kläger seit dem 01.08.1989 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Der Kläger sei nicht Geschäftsführer und erst seit dem 01.01.1993 Minderheitsgesellschafter der GmbH. Er trage nur ein geringes Unternehmerrisiko und könne keinen entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag nicht immer gelebt werde, sei es nur dem Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter rechtlich möglich, jederzeit Weisungen zu erteilen. Außerdem sei die Rücknahme des Bescheids vom 01.08.2006 nicht zu beanstanden, da der Rechtsgedanke aus § 49 SGB X Anwendung finde. Danach gelte § 45 Abs. 1 – 4 SGB X nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden sei, während des Vorverfahrens aufgehoben werde, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen werde. Hier habe sich der Rentenversicherungsträger als Dritter gegen den Bescheid vom 01.08.2006 gewandt.
Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid hat der Kläger unter dem 13.07.2007 vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben.
Mit notariellem Vertrag vom 23.7.2007 ist der Bruder des Klägers als Gesellschafter der Beigeladenen zu 4) aufgenommen worden. Das Stammkapital ist so aufgeteilt worden, dass jeder der drei Gesellschafter einen Anteil von nunmehr 10.000,- Euro inne hat. Die Übertragung der Geschäftsanteile ist unentgeltlich erfolgt. Beide Söhne sind neben dem Vater zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt und von § 181 BGB befreit worden.
Zur Begründung der Klage hat der Kläger vorgetragen, der nunmehr geschlossene notarielle Vertrag vom 23.07.2007 beurkunde nur das, was schon die ganze Zeit über gelebt worden sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2009 haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass in dem Bescheid vom 01.08.2006 der Status des Klägers ab dem 01.01.1993 festgestellt worden ist.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 23.01.2007 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 04.07.2007 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Eine selbständige Tätigkeit könne erst mit Wirkung zum 01.08.2007 angenommen werden. Ein entsprechender Bescheid sei unter dem 08.01.2008 erlassen worden.
Die Beigeladene zu 3) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 4) haben keinen Antrag gestellt.
Das Sozialgericht Köln hat der Klage mit Urteil vom 24.06.2009 stattgegeben und den Bescheid vom 23.01.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2007 aufgehoben. Die Beklagte habe den begünstigten Verwaltungsakt vom 01.08.2006 nur nach Maßgabe des § 45 SGB X aufheben können. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach dieser Norm habe die Beklagte allerdings nicht erfüllt. Weder im Bescheid vom 23.01.2007 noch im Widerspruchsbescheid vom 04.07.2007 seien die erforderlichen Ermessenserwägungen aufgeführt. Vielmehr gehe die Kammer davon aus, dass die Beklagte die Anwendbarkeit von § 45 SGB X für entbehrlich gehalten habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei § 49 SGB X nicht einschlägig, da der Beigeladene zu 1) keinen Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom 01.08.2006 eingelegt habe. § 49 SGB X gebe der Behörde keine uneingeschränkte Möglichkeit zur Korrektur eines rechtswidrigen Zustands.
Gegen das ihr unter dem 14.07.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.07.2009 Berufung eingelegt. Das Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 22.11.2006 sei als Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.08.2006 zu werten. Darin stelle diese ihre gegenteilige Rechtsauffassung dar, begründe ihre Einwände und fordere die Beklagte auf, die Entscheidung zu überprüfen. Auf die wörtliche Benennung des Schreibens als Widerspruch komme es nicht an. Mit Ergänzungsbescheid vom 20.07.2009 habe sie darüber hinaus hilfsweise ausgeführt, welche Ermessenserwägungen der Aufhebung des Bescheids vom 01.08.2006 zu Grunde gelegen hätten. Verfahrens- und Formfehler könnten nach § 41 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz geheilt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.06.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils. Der Ergänzungsbescheid der Beklagten vom 15.07.2009 enthalte die erforderliche Interessenabwägung nicht. Insbesondere sei das Abstellen auf das überwiegende wirtschaftliche Interesse der Sozialversicherung an der Beitragszahlung gegenüber seinem wirtschaftlichen Interesse an der Rückerstattung der Beiträge nicht zulässig, da die Statusfeststellung an sachlichen Kriterien auszurichten sei. Nach Erhalt des Bescheids der Beklagten vom 01.08.2006 habe er sich um eine private Krankenversicherung gekümmert. Im Übrigen sei die Widerspruchsfrist für die Beigeladene zu 1) im November 2006 bereits abgelaufen.
Die Beigeladene zu 3) hat sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen. Die weiteren Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Verwaltungsakte der Beigeladenen zu 1), die Gerichtsakte S 26 KR 80/07 und die Gerichtsakte L 5 KR 124/09 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 23.01.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2007 ist rechtmäßig.
Mit Bescheid vom 23.1.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2007 wird zum einen der Bescheid vom 01.08.2006 aufgehoben. Zum anderen wird festgestellt, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 4) versicherungspflichtig beschäftigt war. Beides ist rechtmäßig.
Die Beklagte konnte den Bescheid vom 01.08.2006 nach § 49 SGB X aufheben.
Nach § 49 SGB X gelten die § 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 SGB X nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird.
Der Bescheid vom 01.08.2006 war schon formal ein begünstigender Verwaltungsakt, da er dem Antrag des Klägers, festzustellen, dass er seit dem 01.01.1993 selbständig tätig war, entsprach. Darüber hinaus war mit der Feststellung mittelbar das Wegfallen der Beitragspflicht zur Sozialversicherung verbunden. Auch wurde dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, einen Erstattungsantrag für die in der Vergangenheit entrichteten Beiträge zu stellen.
Bei dem Bescheid vom 01.08.2006 handelte es sich auch um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung. Die Befreiung des Klägers von der Sozialversicherungspflicht durch die Einzugsstelle (§ 28 h SGB IV) betrifft nicht nur den Betroffenen und seinen Arbeitgeber sondern auch die anderen Sozialversicherungsträger, da sie Auswirkungen auf die Beitragspflicht bzw. -freiheit im jeweiligen Sozialversicherungszweig hat. Die Hinweise auf § 12 SGB X und § 75 SGG in der Begründung des Entwurfs zu § 28 h Abs. 2 SGB IV lassen erkennen, dass im Gesetzgebungsverfahren von einer Beteiligung der anderen Versicherungsträger an den Streitigkeiten der Einzugsstelle mit einem Arbeitnehmer oder Arbeitgeber ausgegangen worden ist (BSG, Urteil vom 27.09.1961 -BSGE 15, 118- und Urteil vom 01.07.1999 -B 12 KR 2/99 R-).
§ 49 SGB X setzt einen zulässigen Widerspruch eines Dritten voraus. Die Beigeladene zu 1) hat die Kopie des Bescheids vom 01.08.2006 am 14.08.2006 erhalten. Nachdem sie zunächst ergänzende Unterlagen angefordert hat, hat sie die Beklagte mit Schreiben vom 22.11.2006 dazu aufgefordert, ihre Entscheidung zu überdenken, da sie von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers ausgehe.
Das Schreiben vom 22.11.2006 ist als Widerspruch zu qualifizieren. Ob Widerspruch eingelegt werden sollte, muss durch Auslegung ermittelt werden. Dabei muss der Rechtsbehelf nicht unbedingt als Widerspruch bezeichnet werden. Es reicht aus, wenn der Verfasser sich durch den Bescheid beeinträchtigt fühlt und eine nochmalige Überprüfung anstrebt. Im Zweifel ist ein Schriftstück, welches sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, als Widerspruch auszulegen (Leitherer in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, § 83 Rn. 2). Die Beigeladene zu 1) legt in ihrem Schreiben vom 22.11.2006 dar, dass sie im Gegensatz zu der Beklagten von einer versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers ausgeht und beanstandet, dass die Beklagte das für solche Fälle vorgesehene Abstimmungsverfahren zwischen den Sozialversicherungsträgern nicht eingehalten hat. Sie fordert die Beklagte ausdrücklich auf, ihre Auffassung zu überdenken und eine entsprechende Mitteilung zu machen. Darin ist ein Widerspruch der Beigeladenen zu 1) verbunden mit der Erwartung eines folgenden Überprüfungsverfahrens zu sehen. Dass es sich bei der Widerspruchsführerin um eine Behörde handelt, die entsprechende Rechtskenntnisse hat, lässt zwar grundsätzlich eine exakte Bezeichnung des Begehrens erwarten, macht jedoch bei den Auslegungskriterien keinen Unterschied.
Der Widerspruch erfolgte auch fristgerecht. Grundsätzlich ist der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG binnen Monatsfrist nach Bekanntgabe bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Enthält der bekanntgegebene Bescheid keine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung, beträgt die Frist nach § 66 Abs. 2 SGG ein Jahr.
Da die Rechtsmittelbelehrung im Bescheid vom 01.08.2006 nicht ordnungsgemäß war, lief für den Kläger -und damit auch für die Beigeladene zu 1)- nur die Jahresfrist. Die Rechtsmittelbelehrung enthält hinsichtlich der für die Einlegung des Rechtsmittels zuständigen Verwaltungsstelle nur den Hinweis, dass der Widerspruch bei "uns" eingelegt werden kann. Dabei ist nach § 66 Abs. 1 SGG eine Belehrung über den Sitz der Verwaltungsstelle, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, erforderlich. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Rechtsmittelbelehrung nicht ordnungsgemäß, wenn sie bei abstrakter Betrachtungsweise geeignet sein kann, den Informationswert der Angaben zu mindern oder bei mehreren Möglichkeiten, den Rechtsbehelf einzulegen, nicht alle angibt (BSG, Beschluss vom 18.10.2007 -B 3 P 24/07 B- und Urteil vom 23.09.1955 -3 RJ 74/55-). Die Formulierung "bei uns" nennt zum einen nicht den Sitz der zuständigen Dienststelle der Beklagten. Zum anderen bleibt -selbst wenn man von der im Briefkopf genannten Dienststelle ausgehen wollte- für den Adressaten unklar, ob er nur in Bonn oder beispielsweise auch beim Hauptsitz oder einer anderen Geschäftsstelle der Beklagten Widerspruch einlegen kann. Der Bescheid vom 01.08.2006 wurde der Beigeladenen zu 1) durch Übersendung einer Zweitschrift am 14.08.2006 bekannt. Der der Beklagten gut drei Monate nach Kenntniserlangung zugegangene Widerspruch von 22.11.2006 ist demnach fristgerecht.
Nichts anderes ergibt sich, wenn man davon ausgeht, dass der Beigeladenen zu 1) der Bescheid vom 01.08.2006 nicht bekannt gegeben worden ist, sondern sie nur Kenntnis von dem drittbegünstigenden Verwaltungsakt erlangt hat. Hat ein Drittbetroffener lediglich Kenntnis erlangt, wird -sofern er nicht eine eigens an ihn gerichtete Rechtsmittelbelehrung erhält- gar keine Widerspruchsfrist in Gang gesetzt. In Anlehnung an das öffentliche Baunachbarrecht ist dann aber in der Regel nach etwa einem Jahr nach Kenntniserlangung von einem Verwirken der Widerspruchsfrist auszugehen (Leitherer in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, § 84 Rn. 4d und Keller in Meyer-Ladewig, aaO, Vor § 60 Rn. 14a). Auch in diesem Fall wäre das Widerspruchsschreiben vom 22.11.2006 noch fristgerecht.
Die Beklagte hat den Bescheid vom 01.08.2006 während des durch die Beigeladene zu 1) eingeleiteten Widerspruchsverfahrens mit Bescheid vom 23.01.2007 aufgehoben und damit dem Widerspruch der Beigeladenen zu 1) abgeholfen, wogegen der Kläger am 14.02.2007 Widerspruch eingelegt hat.
Da die Voraussetzungen des § 49 SGB X vorliegen, sind die Vorgaben des § 45 Abs. 1 bis 4 SGG nicht zu beachten. Dass der Kläger wegen der drittbelastenden Wirkung des Bescheids vom 01.08.2006 nach der Intension des § 49 SGB X keinen Vertrauensschutz genießt, bis das Rechtsbehelfsverfahrens abgeschlossen ist, ist vor dem Hintergrund, dass ihm im Bescheid vom 01.08.2006 mitgeteilt worden ist, dass die Beigeladene zu 1) eine Kopie des Bescheids zur Prüfung erhält, auch nicht unbillig. Er musste zumindest innerhalb der Jahresfrist damit rechnen, dass die Beigeladene zu 1) gegen die im Bescheid vom 01.08.2006 getroffene Feststellung vorgeht.
Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger vom 01.01.1993 bis 31.07.2007 bei der Beigeladenen zu 4) versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V -, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI -, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI, § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – SGB III -). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. Bundesverfassungsgericht – BVerfG -, Kammerbeschluss vom 20.05.1996 – 1 BvR 21/96 , SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 08.08.1990 – Az.: 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 S. 14 und vom 08.12.1994 – Az.: 11 Rar 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 S. 45). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteile vom 01.12.1977 – Az.: 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199, 200 ff.; vom 04.06.1998 – Az.: B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 31 f.; vom 10.08.2000 – Az.: B 12 KR 21/98 R, BSGE 87,53, 56 und vom 26.01.2006 – Az.: B 12 KR 30/04 R GmbHR 2006, 645-649, jeweils m.w.N). Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 – 12 RK 72/92 – NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 – 12 BK 98/94 -). Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 – B 7 AL 34/02 R – USK 2002-42 S. 238f).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 4) vom 01.01.1993 bis 31.07.1007 nicht als selbständige Tätigkeit angesehen werden.
Der Kläger konnte die Geschicke der Gesellschaft nicht maßgeblich beeinflussen. Er hatte nicht die Position eines Mehrheitsgesellschafters inne. Im Gesellschaftervertrag war nach den Angaben den Klägers wohl zunächst vorgesehen, dass Entscheidungen mit einfacher Stimmenmehrheit getroffen werden. Mit Gesellschaftsvertrag vom 08.01.2001 wurde vereinbart, dass Gesellschafterbeschlüsse (mit Ausnahme von besonders wichtigen Entscheidungen wie Verfügungen über den Geschäftsanteil, die Einstimmigkeit erfordern) einer 3/4 Mehrheit bedürfen. Der Kläger hielt vom 01.01.1993 bis 31.07.2007 nur 1/5 des Stammkapitals. Er war daher zu keinem Zeitpunkt in der Lage, die Geschicke der Gesellschaft gegen den Willen des Mehrheitsgesellschafters durchzusetzen. Auch hatte er grundsätzlich keine Sperrminorität inne. Lediglich bei den eine Einstimmigkeit erfordernden Beschlüssen war er in der Lage, eine Entscheidung seines Vaters zu verhindern. Eine derart beschränkte Sperrminorität begründet aber keine selbständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 24.09.1992 -7 RAr 12/92-). Soweit der Kläger vorträgt, er habe mündlich wesentlich weitere Beschlussrechte gehabt und quasi alleine alles entscheiden können, ändert dieser Vortrag nichts an der rechtlichen Beurteilung. Zum einen bestehen Zweifel, ob dieser Vortrag tatsächlich zutrifft. Denn wenn die Gesellschafter die Vereinbarungen des Gesellschaftsvertrags (entgegen der Schriftformklausel im Gesellschaftsvertrag) tatsächlich hätten mündlich abbedingen wollen, fragt sich, weshalb sie 2001 das Beschlusserfordernis noch einmal ausdrücklich und schriftlich erhöht haben. Andererseits hat der Vater, der das Unternehmen jahrelang alleine geführt und den Kläger ausgebildet hat, sich auch erst 2007 dazu entschlossen, seinen Geschäftsanteil bis auf 1/3 auf seine Söhne zu übertragen.
Selbst wenn es so gewesen sein sollte, wie der Kläger vorträgt, kommt es rechtlich entscheidend darauf an, dass nur dem Vater im streitigen Ernstfall die Rechtsmacht zugekommen wäre, Beschlüsse gegen den Willen seines Sohnes durchzusetzen und Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen. Im Übrigen war der Kläger -entgegen seines Vortrags- auch nicht der Einzige in der Gesellschaft, der auf Grund seiner Branchenkenntnisse dazu in der Lage war, die Gesellschaft zu führen. Dies ist schon aus den von der Familie vorgetragenen Zuständigkeiten ersichtlich. Hieraus ergibt sich allenfalls, dass der Kläger im Bereich Biere, Schankanlagen, Kühlfahrzeuge und Veranstaltungen die alleinigen Fachkenntnisse hatte. Dies gilt bei seinem Vater, der ebenfalls Kaufmann ist und das Unternehmen vor der Ausbildung des Klägers zum Einzelhandelskaufmann mehrere Jahre allein geleitet hatte, aber für die Bereiche Wein, Spirituosen und Spezialitäten. Demgegenüber hatte der Bruder Spezialkenntnisse im Bestell- und Personalwesen, im Bankgeschäft und bei Zoll- und Steuerangelegenheiten. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers kann daher in keiner Weise davon ausgegangen werden, dass er allein -und schon gar nicht gegenüber seinem Vater- die alleinige Erfahrung und Branchenkenntnis hatte. Im Übrigen hat der Kläger im Feststellungsbogen angegeben, die volle Personalverantwortung im Unternehmen zu tragen. Im Widerspruchsverfahren wird demgegenüber der Bruder als Personalverantwortlicher benannt.
Auch greift das Vorbringen des Klägers, er habe auch schon vor seiner Berufung zum Geschäftsführer völlig weisungsfrei entschieden und wie ein Geschäftsführer agiert, nicht durch. Eine GmbH wird nach § 35 GmbH-Gesetz durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Insofern kommt der Organstellung des Geschäftsführers eine besondere Bedeutung zu. Dies gilt nur dann, wenn tatsächlich eine Berufung zum Geschäftsführer erfolgt. Eine "faktische" Geschäftsführung sieht das GmbH-Gesetz nicht vor. Die Beigeladene zu 4) wurde im streitigen Zeitraum vom Vater des Klägers geführt und vertreten. Dass der Kläger seinen Zuständigkeitsbereich eigenverantwortlich geleitet hat, macht ihn nicht zum Selbständigen. Leitenden Angestellten stehen auch solche Befugnisse zu und ihnen wird ebenfalls ein hohes Maß an Eigenverantwortung zugebilligt. Dennoch hätte der Kläger sich im Ernstfall der Entscheidung und Weisung seines Vaters beugen müssen. Dass ihm bei der Berufsausübung im Wesentlichen freie Hand gelassen wurde, ist auch deshalb nicht von streitentscheidender Bedeutung, weil die Abhängigkeit unter Familienangehörigen im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist. Dass das Weisungsrecht wegen der Verbundenheit oft bis zur Nichtausübung modifiziert ist, kann aber nicht dazu führen, dass versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse innerhalb einer Familie grundsätzlich ausgeschlossen sind (LSG NRW, Urteil vom 04.09.2009 -L 5 (16) KR 148/07-). Im Übrigen war der Kläger auch nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
Auch die sonstige Ausgestaltung der Tätigkeit führt nicht zu dem Ergebnis, dass der Kläger selbständig tätig war.
Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrags spricht nicht gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Der Abschluss eines unbefristeten Dienstvertrags nach § 611 BGB bedurfte weder Ende der 80-iger Jahre noch heute der Schriftform. Zwar hat der Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (NachwG vom 20.07.1995) einen Anspruch auf eine schriftlichen Arbeitsvertrag. Nach § 4 NachwG kann dieses Recht auch bei schon vor 1995 bestehenden Arbeitsverhältnissen durchgesetzt werden. Die Wirksamkeit einer Arbeitsverhältnisses ist von dieser Dokumentation jedoch unabhängig. Zudem haben sich der Kläger und die Beigeladene zu 4) offensichtlich über wesentliche Punkte eines arbeitnehmertypischen Arbeitsvertrags (festes monatliches Gehalt, Arbeitszeit, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Kündigungsfrist) geeinigt.
Auch die Verbuchung des Gehalts als Betriebsausgabe, das Überweisen des Lohns auf das private Girokonto und das Entrichten von Lohnsteuer sprechen gegen eine selbständige Tätigkeit.
Die Übernahme der Höchstbetragsbürgschaft über 120.000 DM stellt ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit des Klägers dar, da ein solches Engagement arbeitnehmeruntypisch ist. Gleiches gilt für die -nicht nachgewiesenen- aber vom Senat als tatsächlich erbracht unterstellten finanziellen Hilfen des Klägers (Kauf LKW, sonstiges "Zurverfügungstellen finanzieller Mittel", Darlehn über 31.716 Euro). Andererseits erhielt der Kläger ein festes -von der monatlichen Ertragslage der Beigeladenen zu 4) unabhängiges- monatliches Gehalt von zuletzt 2.602,08 Euro, welches nicht nur als bloße Aufwandsentschädigung gewertet werden kann. Die Haftung als GmbH-Gesellschafter ist nur auf die Einlage -für die der Kläger noch nicht einmal etwas aufgewandt hat, da sie ihm unentgeltlich übertragen wurde- beschränkt. Dies allein begründet keine selbständige Tätigkeit, da andernfalls alle GmbH-Gesellschafter -auch nur mit geringen Kapitalanteilen- als Selbständige zu behandeln wären. Die Gewährung des Darlehns über 12.000,- Euro sowie die weiteren o.g. finanziellen Hilfen stellen kein relevantes Indiz gegen eine abhängige Beschäftigung dar. Zum einen ist die Gesamtbegünstigung der Beigeladenen zu 4) nicht besonders groß. Zum anderen wurden zum Teil sowohl Zins als auch Fälligkeit schriftlich vereinbart.
In der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung kann die Höhe des finanziellen Engagements die gegen eine selbständige Tätigkeit des Klägers sprechenden Umstände nicht überlagern. Die Tatsache, dass er weder tatsächlich noch rechtlich zur Bestimmung der Geschicke der Beigeladenen zu 4) in der Lage war, wiegt zu schwer.
Es sprechen auch insgesamt keine rechtlich vernünftigen Gründe dafür, nunmehr rückwirkend in das bestehende Versicherungsverhältnis einzugreifen. Denn schließlich haben der Kläger und die Beigeladene zu 4) die Tätigkeit des Klägers offensichtlich selbst von Anfang an als abhängige Beschäftigung qualifiziert. Der Kläger hat im Feststellungsbogen in 2006 sogar selbst noch angegeben, von 1990 bis 2006 als Einzelhandelskaufmann abhängig beschäftigt gewesen zu sein. Auch sind alle Betriebsprüfungen ohne Beanstandungen erfolgt. Gerade, weil eine solche in die Vergangenheit zielende Umwandlung eines jahrelang aus dem Blickwinkel verschiedenster Beteiligter zutreffenden Rechtszustandes zu Unklarheiten führt, hat das BSG den einleuchtenden Rechtssatz formuliert, dass die Versicherungsverhältnisse grundsätzlich nicht geändert werden sollen (BSG vom 08.12.1999 – BSGE 85, 208, 213). Der Gedanke von der Kontinuität eines Versicherungslebens, wonach Änderungen darin erst für die Zukunft gelten sollen, ist ein gewichtiger Grundsatz und Grundlage einer soliden Zukunftssicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht; § 160 Abs. 2 SGG.
Erstellt am: 08.10.2010
Zuletzt verändert am: 08.10.2010