Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 05.02.2003 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Köln Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt U U als Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht binnen eines Monats eingelegt worden, § 173 Satz 1, 1. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG). Mit dem Eingang des Rechtsmittels beim SG am Montag, dem 05.05.2003 ist die Beschwerdefrist gewahrt, obwohl der angefochtene Beschluss bereits am 03.04.2003 bekannt gegeben worden war, § 64 Abs 3 SGG.
Die Klägerin hat entsprechend ihrem Antrag Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Prozesskostenhilfe erhält auf Antrag ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, §§ 73a SGG, 114 Zivilprozessordnung (ZPO).
Lässt sich nach Lage der Akten auch noch nicht abschließend sagen, ob der mit der Klage verfolgte Anspruch ganz oder teilweise gegeben ist, so bietet die Klage doch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Hinreichende Erfolgsaussicht liegt nämlich bereits dann vor, wenn eine realistische Möglichkeit des Obsiegens besteht und vor einer abschließenden Beantwortung der streiterheblichen Fragen weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen sind (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.02.2002, Aktenzeichen (Az) 1 BvR 1450/00).
Nach Lage der Akten spricht auch bei nur summarischer Prüfung Einiges dafür, dass der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch bestehen könnte. Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) iVm Art. 24 Abs 1 des Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz – GKV-SolG) vom 19. Dezember 1998 (BGBl I 3853, 3862) in der Fassung des Art. 4a des 2. Gesetzes zur Änderung des 3. Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB III-Änderungsgesetz – 2.SGB III-ÄndG) vom 21. Juli 1999 (BGBl I 1648, 1654), die rückwirkend zum 01.01.1999 gilt, Art. 6 Abs. 3 2. SGB III-ÄndG. Danach besteht ab dem 01.01.1999 für Pflichtversicherte wie die Klägerin eine Regelung, wie sie mit dem 33. Nachtrag zum 01.10.1999 mit § 24 Abs. 4 auch Eingang in die Satzung der Beklagten gefunden hat: Pflichtversicherte [ …], die als Pflichtversicherte oder freiwillig Versicherte vor dem 01. Januar rechtswirksam Kostenerstattung gewählt hatten, behalten den Anspruch, Kostenerstattung zu wählen. Zwar stellte sich die Rechtslage ab dem 01.01.1999 aus der ex ante – Sicht zunächst so dar, wie die Klägerin in ihrem Schreiben vom 08.03.1999 dargelegt und die Beklagte mit ihrem Antwortschreiben vom 19.03.1999 bestätigt hatte, vgl. Art. 24 Abs 1, Art. 26 Abs 2 GKV SolG (und wohl auch noch Ihrem Bescheid vom 23.10.2000 zugrunde gelegt hat). Indes hat der Gesetzgeber diese Rechtslage durch Art. 4a, 6 Abs. 3 2. SGB III ÄndG rückwirkend wieder beseitigt. Das SG wird deshalb zu klären haben, ob die Klägerin vor dem 01.01.1999 rechtwirksam Kostenerstattung gewählt hatte und ob die dem Antrag vom 16.10.2000 beigefügten Belege, die sich bisher nicht bei den Akten befinden, nach Art und Umfang von dieser Erklärung umfasst waren.
Für die Entscheidung kommt es weiter darauf an, ob die Klägerin nach dem 01.01.1999 ihr Wahlrecht erneut ausüben musste. Ein einleuchtender sachlicher Grund dafür ist für den Senat nicht erkennbar (so auch: Kassler Kommentar – Höfler § 13 SGB V Rdnr 14). Das Erfordernis, erneut Kostenerstattung zu wählen, auch wenn diese Wahl bereits bis zum 31.12.1998 rechtsgültig getroffen war, ergibt sich insbesondere nicht aus § 24 Abs. 2 der Satzung der Beklagten. Deshalb kann insoweit unentschieden bleiben, ob diese Vorschrift mit höherrangigem (Gesetzes-) Recht in Einklang steht. § 24 Abs 2 der Satzung der Beklagten bezieht sich erkennbar nur auf das Wahlrecht nach Abs 1 für freiwillig Versicherte. Inwieweit sie ggf. entsprechend gilt in Fällen, in denen der Pflichtversicherte seine Wahl später widerrufen hat, kann hier offen bleiben. Ein solcher Widerruf liegt hier nicht vor. Er kann insbesondere nicht aus dem Schreiben vom 08.03.1999 entnommen werden, weil dort nur die Gesetzeslage und deren Konsequenz referiert werden, ein Wahlrecht (welches auch?) aber erkennbar nicht ausgeübt wird.
Sofern das SG gleichwohl die erneute Ausübung des Wahlrechts für erforderlich hielte, wird es prüfen müssen, ob die Klägerin aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen ist, als hätte sie das Wahlrecht rechtswirksam ausgeübt. In diesem Zusammenhang ist u.a. von Bedeutung, ob die Beklagte ihre betroffenen Mitglieder generell oder die Klägerin in Anbetracht ihres Schreibens vom 08.03.1999 und der darauf gegebenen Antwort vom 19.03.1999 insbesondere von der – rückwirkenden – Rechtsänderung in Kenntnis setzen musste, §§ 13ff 1. Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Keinesfalls durfte sie in Anbetracht des Schreibens vom 08.03.1999 davon ausgehen, auch die erneute Gesetzesänderung sei der Klägerin bekannt, zumal selbst der für die Klägerin zuständigen Sachbearbeiterin diese Rechtsänderung offenbar nicht bekannt war (vgl. die Schreiben vom 23.10.2000 und 21.03.2001).
Da im vorliegenden Verfahren rechtlich nicht einfach zu beurteilende Fragen zu beantworten sind, ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich, § 121 Abs. 2 ZPO.
Die Klägerin ist auch nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, § 115 Abs. 1 ZPO. Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem vorgelegten Bescheid der Bundesstadt Bonn, Allgemeine Sozialhilfe, Amt für Soziales und Wohnen, vom 28.02.2002 über die Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Erstellt am: 13.01.2004
Zuletzt verändert am: 13.01.2004