Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.05.2008 abgeändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Nachzahlung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.12.2000 bis 30.09.2005.
Der Kläger ist am 00.00.1946 geboren und trägt in der Öffentlichkeit den Künstlernamen S. Er ist seit dem 01.10.2000 bei der Bundeszentrale für Q angestellt. Derzeit leitet er die Stabsstelle Kommunikation der Q. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesmantel-Angestelltentarifvertrag und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung.
Der Kläger war vom 01.07.1995 bis zum 30.09.2000 bei der E Krankenkasse (E) kranken- und pflegeversichert. In dieser Zeit war er in 1996, 1998, 1999 und in 2000 freiwillig versichert. Während seiner freiwilligen Versicherung wurde der Kläger sowohl als Firmenzahler, als auch – während einer Selbständigkeit – als Selbstzahler geführt.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten zu 1) am 10.10.2000 die Mitgliedschaft zur freiwilligen Krankenversicherung. In dem von ihm ausgefüllten und unterzeichneten Antrag gab er an, er werde brutto ca. 6.400 DM verdienen. Die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung würden von seiner Arbeitgeberin zusammen mit den Pflichtbeiträgen entrichtet.
Mit Schreiben vom 18.11.2000 bat das Bundesverwaltungsamt den Kläger um eine Bescheinigung seiner Krankenkasse, aus der der Beginn der Krankenversicherung sowie die Höhe der monatlich zu zahlenden Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung ersichtlich sei, damit ihm der Arbeitgeberzuschuss angewiesen werden könne.
Mit Schreiben vom 20.11.2000 bestätigten die Beklagten die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.10.2000. Nach der Höchstbemessung seien monatlich 767,56 DM an Kranken- und 109,66 DM als Pflegeversicherungsbeitrag (insgesamt 877,22 DM) zu entrichten. Die Beiträge würden von seiner Arbeitgeberin überwiesen.
Der Kläger legte das Schreiben vom 20.11.2000 am 27.11.2000 beim Bundesverwaltungsamt vor. Ab dem 01.10.2000 wurden die freiwilligen Beiträge des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung tatsächlich nicht von der Q an die Beklagten überwiesen. Vielmehr wurden dem Kläger die Beitragszuschüsse von der Q zusätzlich zu seinem Bruttoentgelt ausgezahlt. In den Gehaltsabrechnungen des Klägers wurden die Zuschüsse unter den Bezügen aufgeführt. Unter den gesetzlichen Abzügen fand sich kein die Kranken- oder Pflegeversicherung betreffender Posten. Ihm wurde z.B. im März 2001 ein (Netto)betrag von 5.220,51 DM ausgezahlt.
Der Kläger erhielt in den Folgejahren jährlich Beitragsanpassungsmitteilungen mit der Aufforderung, den neuen Beitrag mit Fälligkeit auf das angegebene Konto zu überweisen. Darunter befand sich folgender Hinweis:
"Sofern die Beitragszahlungen über Ihren Arbeitgeber bzw. über ein Steuerbüro erfolgen, leiten Sie diesen Bescheid bitte an die Abrechnungsstelle weiter!"
Im August 2005 stellte die Beklagte zu 1) fest, dass seit dem 01.10.2000 die Beiträge des Klägers zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung nicht auf dem Beitragskonto eingegangen waren.
Unter dem 30.08.2005 teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger mit, dass er die von der Q an ihn gezahlten Beitragszuschüsse an sie habe weiterleiten müssen. Sie beabsichtige daher, die Beiträge nachzufordern.
In einem Gesprächsvermerk über ein Telefonat mit Frau X (Bundesverwaltungsamt) vom 26.09.2005 notierte die Mitarbeiterin der Beklagten zu 1) Wähnert:
"- Frau X hat im Telefonat mit Herrn N nicht gesagt, er sei FZ – seit Beginn SZ – im Nov. 2000 erhielt er auch ein Schreiben vom AG – er soll seinen Beitragsbescheid einreichen, damit der AG-Zuschuss gezahlt werden kann."
Mit Beitragsbescheiden vom 18.10.2005 forderte die Beklagte zu 1) – auch im Namen der Beklagten zu 2) – vom Kläger insgesamt 29.431,28 Euro nach. Die Forderung teilte sie in den Bescheiden wie folgt auf:
Zeitraum: mon. KV-Beitrag: mon. PV-Beitrag: mon. gesamt:
01.01.2000 – 31.12.2000 392,45 Euro 56,07 Euro 448,52 Euro
01.01.2001 – 31.12.2001 397,01 Euro 56,71 Euro 453,72 Euro
01.01.2002 – 31.12.2002 428,62 Euro 57,38 Euro 486,00 Euro
01.01.2003 – 31.05.2003 458,86 Euro 58,66 Euro 517,52 Euro
01.06.2003 – 31.12.2003 479,46 Euro 58,66 Euro 538,22 Euro
01.01.2004 – 30.09.2004 484,76 Euro 59,28 Euro 544,04 Euro
01.10.2004 – 31.12.2004 474,30 Euro 59,28 Euro 533,58 Euro
01.01.2005 – 30.09.2005 479,40 Euro 59,92 Euro 539,32 Euro.
Die Beklagten führten aus, dass nach § 250 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die Beiträge von den freiwilligen Mitgliedern allein zu tragen seien. Soweit nichts Abweichendes bestimmt sei, seien die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen habe; § 252 S. 1 SGB V. Der hiernach Zahlungspflichtige sei Schuldner der Krankenkasse, unabhängig davon, ob er seinen Arbeitgeber mit der Beitragsabführung beauftragt habe. Der Kläger, der den Unterschied zwischen Bezügen und Abzügen sicherlich kenne, habe aus seinen Gehaltsabrechnungen erkennen können, dass er den Zuschuss erhalten habe, aber keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgeführt worden seien. Sie hätten kein Verhalten an den Tag gelegt, aus welchem der Kläger die Erwartung habe ziehen können, sie würden keine Beiträge mehr von ihm verlangen. Bei dem Beitragsbescheid vom 20.11.2000 handele es sich um einen rechtswidrigen begünstigten Verwaltungsakt, der nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 Abs. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden könne, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Der Kläger sei auch bei der E freiwillig versichert gewesen und habe Beiträge abführen müssen. Er habe nicht ernsthaft davon ausgehen können, durch einen Kassenwechsel keine Beiträge mehr zahlen zu müssen. Angesichts des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts des Klägers sei weder von einer Existenzbedrohung noch einer unbilligen Härte auszugehen. Wegen der Verjährungsfrist des § 25 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) habe man für Oktober und November 2000 von einer Rückforderung abgesehen.
Dem widersprach der Kläger. Man habe ihm bei der Personalstelle der Q mehrfach mitgeteilt, dass die Beiträge von dort aus an die Beklagten gezahlt würden und er nichts zu veranlassen habe. Das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 20.11.2000 habe auch den Hinweis enthalten, dass die Beiträge vom Arbeitgeber gezahlt würden. Da die Beklagten ihn nie angemahnt und in der gesamten Zeit Versicherungsleistungen erbracht hätten, habe er darauf vertraut. Er bestreite, im November 2000 dazu aufgefordert worden zu sein, die Höhe der Beiträge anzugeben. Unbeschadet dessen habe er davon ausgehen dürfen, dass die Beklagten die Beitragshöhe ihrerseits der Q mitteilen. Auch sei er vom Bundesverwaltungsamt bis 2005 als "Firmenzahler" geführt worden. Im August 2005 sei er als "Selbstzahler" verschlüsselt worden, worüber er zunächst nicht informiert worden sei. Da die Beklagten über fünf Jahre lang untätig gewesen seien, sei die Beitragsforderung nach Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) verwirkt. Im Übrigen habe er durch die ersparten Aufwendungen keinen Vermögensvorteil mehr inne, da er diesen in den vergangenen Jahren mit seiner Tochter verbraucht habe. Man habe eben nicht so sparsam gelebt, wie man es andernfalls wohl habe tun müssen.
Frau F von der Beklagten zu 1) fertigte unter dem 12.05.2006 folgende Gesprächsnotiz über ein weiteres Telefonat mit Frau X:
"- Zuschuss wurde seit Dienstantritt am 01.10.2000 ausgezahlt war aus Gehaltsabrechnungen zu erkennen wurde im oberen Teil als Zuschuss KV/GV gekennzeichnet es erfolgte nie eine Nachfrage von ihm, was es mit dem Betrag auf sich hat zum Dienstantritt wurde er aufgefordert, seinen Beitragsbescheid einzureichen, um den Zuschuss zahlen zu können Bund zahlt generell Zuschüsse aus"
Der Widerspruch des Klägers wurde seitens der Beklagten zu 1) mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Im Bescheid vom 20.11.2000 (und den folgenden Anpassungsbescheiden) habe man lediglich die Angabe des Klägers, dass der Arbeitgeber die Beiträge zahlen werde, wiederholt und die Verfahrensweise respektiert. Eine Zahlungsbefreiung des Klägers habe sie damit nicht geregelt und auch nicht regeln können, da der Kläger Beitragsschulder sei und bleibe. Selbst wenn es sich dabei um eine eigenständige Regelung gehandelt habe, hätte sie diese nach § 45 SGB X zurücknehmen dürfen. Der Kläger habe nicht erwarten dürfen, umsonst eine Kranken- und Pflegeversicherung zu erhalten und dafür noch einen Zuschuss ausgezahlt zu bekommen. Auch habe er sicher gemerkt, dass ihm monatlich erheblich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung gestanden hätten, als er habe beanspruchen können. Wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Bescheides gekannt oder grob fahrlässig nicht gekannt habe, könne der Bescheid bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Bekanntgabe zurückgenommen werden. Da sie erst Ende August 2005 erfahren habe, dass dem Kläger der Beitragszuschuss ausgezahlt und gerade nicht abgeführt worden sei, habe sie mit der Rücknahme des Ursprungsbescheids am 18.10.2005 auch die einjährige Handlungsfrist gewahrt. Im Rahmen der Ermessensabwägung sei berücksichtigt worden, welche Zeit zwischen Erlass des Ursprungsbescheids und der Kenntnis der Rechtswidrigkeit vergangen und inwieweit die Rechtswidrigkeit für den Kläger erkennbar gewesen sei. Auch habe man den Umfang der Begünstigungen des Klägers, das öffentliche Interesse und den zu erwartenden Verwaltungsaufwand sowie die unbillige Härte miteinander abgewogen. Der Anspruch sei weder verwirkt noch verjährt. Für eine Niederschlagung oder einen Erlass gebe es keine Anhaltspunkte. Auch stehe dem Kläger kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zu.
Mit seiner unter dem 13.07.2006 vor dem Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er wisse, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vom freiwillig Versicherten grundsätzlich selbst zu entrichten seien. Bei seinem Wechsel aus der freiberuflichen Tätigkeit in das Angestelltenverhältnis des öffentlichen Dienstes sei er davon ausgegangen, in ein Versicherungspflichtverhältnis einzutreten, bei dem der Arbeitgeber die Krankenversicherungsbeiträge unmittelbar an die zuständige Stelle überweise. In seinem Mitgliedsantrag habe er gutgläubig das Feld "Arbeitgeberzahler" angekreuzt. Er habe auf die Mitteilung im Bescheid vom 20.11.2000, der Arbeitgeber werde die Beiträge überweisen, vertraut. Da er schon bei der E als Firmenzahler geführt worden sei, habe er gedacht, dass auch hier die Beiträge vom Arbeitgeber weitergeleitet würden und daher die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 20.11.2000 nicht erkennen können. Vielmehr habe er aufgrund der jährlichen Beitragsmitteilungen gedacht, dass alles in Ordnung sei. Weder seine Arbeitgeberin noch die Beklagte hätten ihn darauf aufmerksam gemacht, das etwas nicht stimme. Insbesondere habe die Tatsache, dass die Beklagte zu 1) sogar die über mehrere Jahre andauernde kieferorthopädische Behandlung seiner Tochter übernommen habe, einen zusätzlichen Vertrauenstatbestand geschaffen. Die Gehaltsabrechnungen seien für ihn ungewohnt und unübersichtlich gewesen. Da es sich bei dem Bescheid vom 20.11.2000 um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gehandelt habe, sei die Frist zur Rücknahme am 24.11.2002 abgelaufen.
Die Beklagte zu 2) hat hinsichtlich des Widerspruchs in Bezug auf die Pflegeversicherung unter dem 13.02.2008 einen Widerspruchsbescheid erlassen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.10.2005 in der Fassung der Widerspruchbescheide vom 26.06.2006 und 13.02.2008 aufzuheben.
Die Beklagte zu 1) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe sie auf Grund seiner Mitwirkungspflichten darauf hinweisen müssen, dass er die Zuschüsse von seiner Arbeitgeberin ausgezahlt bekomme. In den Beitragsanpassungsmitteilungen sei er darauf hingewiesen worden, dass er selbst für die Tragung der freiwilligen Beiträge verantwortlich sei. Wie der Kläger, der eine Mitgliedschaftserklärung zur freiwilligen Krankenversicherung unterzeichnet habe, davon habe ausgehen können, in ein Pflichtversicherungsverhältnis einzutreten, sei unerklärlich.
Der Kläger und die Beklagte zu 1) haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Beklagte zu 2) hat keinen Antrag gestellt und kein Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Mit Urteil vom 27.05.2008 hat das Sozialgericht Köln der Klage stattgegeben. Die Aussage im Bescheid vom 20.11.2000, dass die Beiträge vom Arbeitgeber gezahlt würden, stelle eine Regelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts dar, die die Beklagte nicht nach Maßgabe des § 45 Abs. 3 SGB X habe aufheben können. Entgegen der Auffassung der Beklagten gelte für die Aufhebung vorliegend die Zwei-Jahres-Frist. Es sei nicht nachweisbar, dass die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 20.11.2000 auf grob fahrlässig gemachten falschen Angaben des Klägers beruht bzw. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Er habe aufgrund der Mitteilung im Bescheid vom 20.11.2000 davon ausgehen müssen, dass sein Arbeitgeber die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahle. Lediglich aus den Bezügemitteilungen sei ersichtlich, dass dem Kläger der Zuschuss zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ausgezahlt worden sei. Dass es sich hierbei um einen Zuschuss zu den vom Arbeitnehmer zu zahlenden Beiträgen handele, sei für einen unbefangenen Dritten aber nicht ohne weiteres ersichtlich. Die Beklagte habe den Arbeitgeber als Zahlungspflichtigen für die Beiträge benannt, worauf der Kläger habe vertrauen dürfen. Auch die Beitragsanpassungsbescheide hätten einen entsprechenden Passus enthalten. Da über fünf Jahre keine Beitragsnachforderungen erfolgt seien, könne die Kammer einen groben Fahrlässigkeitsverstoß nicht erkennen.
Gegen das der Beklagten zu 1) unter dem 03.07.2008 und der Beklagten zu 2) am 02.07.2008 zugestellte Urteil haben die Beklagten unter dem 11.08.2008 Berufung eingelegt. Bei der Mitteilung im Beitragsbescheid vom 20.11.2000, dass die Beiträge vom Arbeitgeber gezahlt würden, handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Vielmehr folge aus dem Gesetz, dass freiwillige Mitglieder den Beitrag selbst zu tragen hätten, sodass die Mitteilung nur als Hinweis ohne Regelungscharakter zu verstehen sei. Auch handele es sich nicht um eine Nebenbestimmung, Bedingung oder Auflage. Nach § 45 SGB X sei eine Nachforderung der Beiträge nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei zu überlegen, ob die weiteren ergangenen Beitragsanpassungsbescheide, die bestandskräftig und unanfechtbar geworden seien, nicht den Bescheid vom 20.11.2000 ersetzt hätten. Aus den Akten ergebe sich, dass die Arbeitgeberin den Arbeitgeberzuschuss grundsätzlich mit dem Gehalt auszahle und dem Kläger nie angeboten habe, die Beiträge für ihn zu überweisen. Der Kläger habe bei dem Wechsel von Arbeitgeber und Krankenkasse nicht ohne entsprechende Nachfrage davon ausgehen dürfen, dass auch der neue Arbeitgeber die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung direkt an die Krankenkasse überweisen werde. Dass er sich diesbezüglich nicht erkundigt habe, stelle ein grob fahrlässiges Verhalten dar. Infolge dessen habe er grob fahrlässig im Antrag falsche Angaben gemacht. Im Übrigen sei es die Pflicht eines Arbeitnehmers, Gehaltsbescheinigungen zu prüfen und bei Unklarheiten nachzufragen.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.05.2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ohne Zweifel handele es sich bei der Formulierung im Beitragsbescheid vom 20.11.2000, wonach die Beiträge vom Arbeitgeber gezahlt würden, um einen Verwaltungsakt. Im Übrigen seien die Beklagten hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der groben Fahrlässigkeit beweispflichtig. In 2000 sei ihm der Unterschied zwischen der "gesetzlichen Krankenversicherung" und der "gesetzlichen freiwilligen Krankenversicherung" nicht bekannt gewesen.
Der Senat hat vom Kläger Kopien weiterer Gehaltsabrechnungen und der Einkommensteuerbescheide ab 2005 angefordert. Von der Q ist ebenfalls eine Auskunft eingeholt worden. Diese teilte unter dem 27.11.2009 mit, die bei der Einstellung des Klägers zuständige Mitarbeiterin L habe dem Kläger bereits 2005 geschrieben, dass er die Regelung der ausstehenden Beiträge mit der Krankenkasse klären müsse. Bei freiwillig Versicherten zahle das Q in keinem Fall die Versicherungsbeiträge an die Krankenkasse. Eine andere Auskunft habe weder Frau L noch Frau O erteilt. Man habe weder eine entsprechende schriftliche noch mündliche Vereinbarung getroffen. So habe auch weder das Q noch das Bundesverwaltungsamt den Kläger als Firmenzahler geführt. Der Kläger habe am 27.11.2000 seine Mitgliedsbescheidigung nach entsprechender Aufforderung durch das Bundesverwaltungsamt vorgelegt. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, es sei richtig, dass er mit Schreiben vom 18.11.2000 vom Bundesverwaltungsamt dazu aufgefordert worden sei, eine Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse vorzulegen. Er habe aber zu Beginn seiner Beschäftigung keinerlei Informationen seitens des Bundesverwaltungsamts oder seitens der Q zu der Krankenversicherung erhalten. Wenn er die Beitragsanpassungsbescheide bei Frau O abgegeben habe, habe diese ihm auf Nachfrage immer versichert, er habe nichts zu veranlassen. Er habe vom Bundesverwaltungsamt die Auskunft erhalten, dass er dort als Firmenzahler geführt worden sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das SG Köln hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid vom 18.10.2000 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26.06.2006 und 14.02.2008 ist rechtmäßig. Den Beklagten steht die geltend gemachte Nachforderung zu. Das erstinstanzliche Urteil ist ohne mündliche Verhandlung ergangen, obwohl die Beklagte zu 2) keine Einverständniserklärung hierzu abgegeben hat; § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). In dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt zwar ein wesentlicher Verfahrensmangel. Von einer Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 SGG ist jedoch im Sinne der Verfahrensbeschleunigung abzusehen, zumal eine wesentliche weitere Verfahrensbeteiligung der Beklagten zu 2) nicht zu erwarten war und diese den Verfahrensfehler auch nicht gerügt hat. Der Kläger war als freiwillig Versicherter Beitragsschuldner hinsichtlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Nach § 250 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 252 SGB V tragen und zahlen freiwillige Mitglieder die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung selbst. Die Pflicht zur Beitragszahlung folgt dieser Pflicht zur Beitragstragung. Für die Soziale Pflegeversicherung ergibt sich diese Zahlungspflicht aus § 60 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) i.V.m. § 59 Abs. 4 Satz 1 SGB XI. Von dieser Zahlungspflicht kann sich das freiwillige Mitglied auch nicht dadurch befreien, dass es mit seinem Arbeitgeber vereinbart, dass dieser die Beiträge abführt. Der Anspruch des freiwilligen Mitglieds (welches nur wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei ist) gegen seinen Arbeitgeber auf einen Beitragszuschuss für die freiwillige Krankenversicherung nach § 257 Abs. 1 Satz 1 SGB V und die soziale Pflegeversicherung nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ändert nichts an der grundsätzlichen Pflicht des freiwilligen Mitglieds zur Tragung und Zahlung der Beiträge. Der Anspruch auf Auszahlung kann nur von dem freiwilligen Mitglied geltend gemacht werden, da § 28 e Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), wonach der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen hat, nach § 253 SGB V nur für versicherungspflichtig Beschäftigte anwendbar ist. Das Risiko, das der Arbeitgeber Beiträge nicht entrichtet, trägt das freiwillige Mitglied (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.02.2005 -L 5 ER 133/04 KR-; SG Frankfurt, Urteil vom 19.07.2007 -S 18 KR 3076/04-).
Der Kläger war danach grundsätzlich zur Tragung und Zahlung der Beiträge für den hier streitigen Zeitraum verpflichtet. Nichts anderes ergibt sich aus dem Bescheid der Beklagten vom 20.11.2000. Mit diesem Bescheid haben die Beklagten zum einen die Mitgliedschaft des Klägers ab dem 01.10.2000 bestätigt und ihm zum anderen Höhe und Fälligkeit der zu leistenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge mitgeteilt. Diese beiden Regelungsgehalte blieben auch durch den Bescheid vom 18.10.2000 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26.06.2006 und 14.02.2008 unberührt. Die Beklagten haben weder die Mitgliedschaft des Klägers noch die Höhe oder Fälligkeit der Beiträge geändert. Durch die in dem Bescheid vom 20.11.2000 enthaltene Formulierung "Die Beiträge werden von Ihrem Arbeitgeber überwiesen" haben die Beklagten die Zahlungsmodalität, die der Kläger in seinem Antrag angegeben hatte, wiedergegeben und sich hiermit grundsätzlich einverstanden erklärt. Die Formulierung kann aber nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Beklagten dadurch verbindlich geregelt haben, dass nunmehr die Q anstelle der Klägers Schuldnerin der Beiträge sein soll. Ein Verwaltungsakt ist eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die einen Einzelfall mit Außenwirkung regelt. Eine Regelung liegt vor, wenn die Behörde willentlich eine potentielle verbindliche Rechtsfolge setzen will und durch die Maßnahme Rechte begründet, ändert, aufhebt oder verbindlich feststellt (BSGE 75, 97, 107; BSG SozR 3-2200 § 306 Nr 7). Bei der Auslegung einer behördlichen Willenserklärung ist der objektive Sinngehalt der Erklärung nach dem Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann, zu beurteilen (BSG, Urteil vom 12.12.2001 -SozR 3-2500 § 82 Nr.3-). Der Kläger hatte selbst in seinem Antrag angegeben, dass die freiwilligen Beiträge von seinem Arbeitgeber überwiesen werden. In dem Bescheid vom 20.11.2000 hatten die Beklagten zunächst Höhe und Fälligkeit der Beiträge für die Versicherung des Klägers ausgeworfen und die Berechungsgrundlagen erklärt. Der nachfolgende Satz "Die Beiträge werden von Ihrem Arbeitgeber überwiesen." beinhaltet schließlich schon dem Wortlaut nach nur eine Feststellung über die Zahlungsweise. Hätten die Beklagten hier -abweichend von den gesetzlichen Regelungen- die Beitragsschuldnerschaft zu Gunsten des Klägers und damit gleichzeitig zu Lasten des nicht beteiligten Arbeitgebers regeln wollen, hätten sie deutlich zum Ausdruck bringen müssen, dass die Beiträge vom Arbeitgeber getragen werden und auf Grund welcher Umstände von der gesetzlichen Regelung abgewichen wird. Dies ist nicht geschehen und ohne Zustimmung des Arbeitgebers rechtlich unmöglich. Damit war der Kläger nach wie vor Schuldner der Beiträge.
Daran hat sich auch durch die nachfolgenden Anpassungsbescheide nichts geändert. In diesen wurde dem Kläger die Höhe der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge mitgeteilt. Er wurde aufgefordert, den Beitrag zum Fälligkeitstermin zu überweisen ("Bitte überweisen Sie daher erstmals zum …auf unser Konto.)" Darin kommt klar zum Ausdruck, dass der Kläger weiterhin Beitragsschuldnder ist. Der nachfolgende Hinweis "Sofern die Beitragszahlung über Ihren Arbeitgeber bzw. ein Steuerbüro erfolgt, leiten Sie diesen Bescheid bitte an die Abrechnungsstelle weiter" ändert daran ebenfalls nichts. Zum einen bezieht er sich dem Wortlaut nach nur auf die "Zahlung" und nicht auf das "Tragen" bzw. die Schuldnerschaft der Beiträge. Zum anderen wird aus der Verwendung des Begriffs "sofern" deutlich, dass es sich hier um einen allgemeinen Hinweis ohne Regelungscharakter im Einzelfall handelt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Formulierung im Bescheid vom 20.11.2000 Regelungscharakter zukommt und sie eine Änderung der Schuldnerschaft beinhaltet, ändert dies im Ergebnis nichts, da die Beklagten diesen rechtswidrigen begünstigenden Teil des Bescheids vom 20.11.2000 dann mit den streitgegenständlichen Bescheiden für die Vergangenheit nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X zurückgenommen hätten. Die Voraussetzungen dieser Norm lagen vor. Der Kläger kann sich im vorliegenden Fall nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Das ist dann zu bejahen, wenn schon einfachste Überlegungen nicht angestellt werden und damit nicht beachtet wird, was jedem hätte einleuchten müssen (BSGE 42, 184; BSGE 62, 32). Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger weder bei Aufnahme der Beschäftigung noch zu einem späteren Zeitpunkt mit seiner Arbeitgeberin vereinbart, dass die Beiträge von ihr an die Beklagten überwiesen werden. Das geht zum einen aus dem Schreiben der Q vom 27.11.2009 hervor und wurde zuletzt auch vom Kläger nicht mehr vorgetragen. Zudem entspricht es auch nicht der Praxis der Q, die freiwilligen Beiträge an die Kranken- und Pflegeversicherungen zu überweisen. Dass er dennoch in seinem am 02.10.2000 ausgefüllten Antrag angekreuzt hat, die Beiträge würden von seiner Arbeitgeberin überwiesen, stellt bereits ein grob fahrlässiges Verhalten im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X dar. Selbst wenn sich der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Gedanken über die Beitragszahlung gemacht haben sollte, was angesichts der Tatsache, dass er bereits zuvor sowohl als Selbst- als auch als Firmenzahler freiwillig versichert war, verwundert, hätte er seine eigenen Angaben prüfen und bei seiner Arbeitgeberin ausdrücklich nachfragen müssen, wer die Beiträge an die Beklagten überweist.
Dass der Kläger in 2000 nicht gewusst haben will, wo der Unterschied zwischen einer gesetzlichen und einer freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung liegt, ist für den Senat angesichts dieser Umstände auch schwer nachvollziehbar. Jedenfalls wird selbst der Kläger wohl nicht davon ausgegangen sein, dass sich die Freiwilligkeit der Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung auf die Beitragszahlung bezieht. Auch die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X sind erfüllt. Der Kläger hat die Rechtswidrigkeit der in dem Bescheid vom 20.11.2000 enthaltenen Regelung zumindest grob fahrlässig nicht erkannt. Bei § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X ist für das Kennenmüssen auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids abzustellen (BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24). Der Kläger wurde vor Erhalt des Bescheids vom 20.11.2000 vom Bundesverwaltungsamt mit Schreiben vom 18.11.2000 dazu aufgefordert, die Höhe seiner Beiträge zu belegen, damit "Ihnen der Arbeitgeberzuschuss angewiesen werden kann". Spätestens bei der Lektüre dieses Aufforderungsschreibens hätte der Kläger erkennen müssen, dass seitens der Arbeitgeberin keine Überweisung der Beiträge beabsichtigt ist. An seinem Vortrag, er habe das Schreiben vom 18.11.2000 nicht erhalten, hat der Kläger zuletzt nicht mehr festgehalten. Darüber hinaus dürfte der Kläger beim Erhalt des Bescheids vom 20.11.2000 bereits seine erste Gehaltsabrechnung erhalten haben. Daraus war ohne Weiteres ersichtlich, dass die Arbeitgeberin zwar einen Zuschuss zu der freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung auszahlt, aber keine entsprechenden Beiträge abführt. Die dem Senat vorliegenden Gehaltsabrechnungen sind weder unübersichtlich noch verwirrend, wie der Kläger vorträgt. Wenn der Kläger seine Gehaltsabrechnungen nicht gelesen haben will, muss er sich dies zurechnen lassen. Auch hätte der Kläger anhand des ihm ausgezahlten Nettogehalts, welches immerhin den ihm nicht zustehenden Zuschuss von 443,60 DM enthielt, erkennen können, dass etwas nicht stimmt und entsprechend nachfragen müssen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger ein Bruttogehalt von ca. 6.400 DM erwartet und z.B. im Monat März 2001 ein Nettogehalt von 5.220,51 DM ausgezahlt bekommen hat. Die einjährige Handlungsfrist wurde von der Beklagten eingehalten; § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Nach § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X konnte die Rücknahme des Bescheids vom 20.11.2000 bis zu zehn Jahre nach Bekanntgabe erfolgen. Die Behörde hat auch ihr Rücknahmeermessen ausgeübt. Der Anspruch der Beklagten ist nicht verjährt. Nach § 23 Abs. 1 SGB IV i.V.m. dem Bescheid der Beklagten vom 20.11.2000 waren die jeweiligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge jeweils am 15. des Folgemonats fällig. Nach § 25 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Somit wurden die Beiträge für Oktober und November 2000 noch im Jahr 2000, der Beitrag für Dezember 2000 am 15.01.2001 fällig. Die ab 2001 fällig gewordenen Beiträge wären folglich erst mit Ablauf des Kalendarjahres 2005 verjährt und waren zum Zeitpunkt des Nachforderungsbescheids der Beklagten vom 18.10.2005 noch nicht verjährt. Die Voraussetzungen einer Verwirkung sind nicht erfüllt. Das im bürgerlichen Recht als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entwickelte Rechtsinstitut der Verwirkung ist im Sozialrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen anerkannt. Danach entfällt eine Leistungspflicht, wenn der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, Urteil vom 29.01.1957 -5 RJ 52/94-).
An das Verwirkungsverhalten des Berechtigten sind allerdings grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die kurze Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen wird. Daher reicht das bloße "Nichtstun" als Verwirkungsverhalten regelmäßig nicht aus, es muss darüber hinaus ein konkretes Verhalten des Gläubigers hinzukommen, welches bei dem Schuldner die berechtigte Erwartung erweckt hat, dass eine Beitragsforderung nicht bestehe oder nicht geltend gemacht werde. Ein Unterlassen kann ein schutzwürdiges Vertrauen nur dann begründen und zur Verwirkung eines Rechts führen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (BSG, Urteil vom 29.1.1997 -5 RJ 52/94- und vom 30.11.1978 -12RK 6/76-; LSG NRW, Urteil vom 27.03.2003 -L 16 KR 263/02-; LSG Berlin, Urteil vom 14.01.2004 -L 5 KR 319/01-; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.01.2006 -L 3 P 9/05-). Ob der Kläger vorliegend tatsächlich darauf vertraut hat, dass die Beklagten ihre Beitragsnachforderung nicht mehr geltend machen, kann dahin stehen, da es schon an einem zu einer Verwirkung führenden Verhalten der Beklagten fehlt. Die Beklagten haben es unterlassen, den Kläger zeitnah von den Außenständen in Kenntnis zu setzten. Anders als im vom SG Frankfurt zu entscheidenden Fall (Urteil vom 19.07.2007 -S 18 KR 3076/04-) hat der Kläger hier in der Zwischenzeit weder Rücksprache mit den Beklagten gehalten, ob noch Beiträge offen seien, noch haben die Beklagten aktenkundig gegenüber dem Kläger bestätigt, dass keine Forderungen mehr bestehen. Es fehlt vorliegend an einem zu der schlichten Untätigkeit hinzutretenden zusätzlichen Verwirkungsverhalten der Beklagten. Die Formulierung in den Beitragsanpassungsbescheiden konnte -wie bereits oben ausgeführt- ebenfalls nicht den Eindruck erwecken, die Beklagten werden von fälligen Forderungen gegenüber dem Kläger absehen. Vielmehr hat der Kläger seine ihm gegenüber den Beklagten obliegenden Mitwirkungspflichten verletzt, in dem er -zumindest grob fahrlässig- nicht erkannt und den Beklagten nicht mitgeteilt hat, dass in seinen Gehaltsabrechnungen über Jahre keine Beiträge an die Beklagten abgeführt, sondern vielmehr die Zuschüsse an ihn ausgezahlt wurden. Unter diesem Gesichtspunkt und unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Klägers sind auch die Ausführungen der Beklagten zum Erlass der Beitragsschuld nach § 76 Abs. 2 Satz 1 SGB IV nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht; § 160 Abs. 2 SGG.
Erstellt am: 30.12.2010
Zuletzt verändert am: 30.12.2010