Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird – unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG Münster vom 17. Juni 2003 – an das zuständige Landgericht (LG) Wuppertal verwiesen. Die Beschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger beansprucht von der beklagten Ersatzkasse Schadensersatz. Die Beklagte entschied nach Ermittlungen mit Bescheid ihrer Geschäftsstelle im Bereich Münster vom 23.7.1993 und Widerspruchsbescheid vom 10.3.1994, der Kläger sei entgegen seiner Darstellung und Auffassung nicht bei der Firma K (abhängig) beschäftigt. Das SG Münster erhob Beweis, bestätigte die Richtigkeit der Sicht der Kasse und wies die Klage des Klägers mit Urteil vom 12.2.1996 – S 17 (13) Kr 22/94 – ab , während der erkennende Senat auf die Berufung des Klägers – nach weiterer Beweiserhebung – mit Urteil vom 20.11.1997 (L 16 Kr 161/96 LSG NW) – rechtskräftig – entschied, der Kläger sei vom 1.6. bis 30.11.1993 bei der Firma K versicherungspflichtig beschäftigt gewesen.
Nachdem der Kläger sich am 1.12.1993 arbeitslos gemeldet hatte, hatte das Arbeitsamt N die Gewährung von Arbeitslosengeld nach eigenen Ermittlungen mit Bescheid vom 24.1.1994 abgelehnt, weil es sich bei den vom Kläger behaupteten Beschäftigungen bei der Firma W vom 15.4. bis zum 31.5.1993 und bei der Firma K vom 1.6. bis zum 30.11.1993 nicht um abhängige Beschäftigungsverhältnisse gehandelt habe. Die Widerspruchstelle des Arbeitsamtes N wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.1994 zurück und befand, darauf, ob der Kläger vom 15.4. bis zum 30.11.1993 seinen Angaben entsprechend beschäftigt gewesen sei, komme es letztlich nicht an, da er auch damit die Anwartschaft für die Gewährung von Leistungen nicht erfüllt habe. Die Klage des Klägers gegen die Bundesanstalt für Arbeit (S 15 Ar 74/94 SG Münster) und die Berufung des Klägers blieben erfolglos. Das LSG NW hat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 14.4.1999 (L 12 AL 42/98 LSG ) ausgeführt: Selbst wenn diese beiden Beschäftigungsverhältnisse (15.4. – 31.5. und 1.6. – 30.11.1993) berücksichtigt würden, sei die Anwartschaftszeit allein wegen ihres geringen zeitlichen Umfangs von weniger als acht Monaten nicht erfüllt.
Mit Schriftsatz vom 30.12. hat der Kläger am 31.12.2002 beim SG Münster die hier streitige Klage gegen die Beklagte erhoben und erklärt: er beantrage die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1.12.1993 einen monatlichen Schadensersatz von 1100 EURO zuzüglich der angefallenen Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen und die Beträge mit 5 vH jährlich zu verzinsen; er sei seit dem 1.12.1993 arbeitslos und werde nach Erreichen des 65. Lebensjahres am 13.9.2003 Altersruhegeld beziehen; das Arbeitsamt N habe seinerzeit die Zahlung von Leistungen abgelehnt, weil die Kasse dem Amt mitgeteilt habe, daß er nach ihren Ermittlungen nicht in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe und für die Firma K freiberuflich tätig gewesen sei; aufgrund dieser, nach dem Urteil des LSG NW vom 20.11.1997 falschen Mitteilung sei die Beklagte verpflichtet, ihm Schadensersatz in Höhe der monatlichen Arbeitslosenhilfe- Leistungen ab dem 1.12.1993 zu zahlen.
Die Beklagte erklärte mit Schriftsatz vom 12.2.2003, der vom Kläger geltend gemachte Anspruch komme nur unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung nach § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) iVm Art 34 des Grundgesetzes (GG) in Betracht und insoweit seien ausschließlich die LGe zuständig. Auf die Frage des SG vom 17.2.2003, ob er die Verweisung an das zuständige LG beantrage, antwortete der Kläger mit Schriftsatz vom 7.4.2003, seiner Meinung nach sei das SG zuständig; über die vorangegangenen Rechtsstreite gegen die Beklagte und die Arbeitsverwaltung sei auch in der Sozialgerichtsbarkeit entschieden worden. Das SG teilte mit Schreiben vom 9.4.2003 mit, für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche sei die Zuständigkeit der Sozialgerichte nicht gegeben; es müsse vielmehr der ordentliche Rechtsweg beschritten werden; die Entscheidung werde durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erfolgen.
Das SG Münster hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2003 abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig, weil nach § 71 Abs 2 Nr 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) die LGe für Amtshaftungsklagen zuständig seien; der Kläger habe jedoch die Verweisung an das Landgericht ausdrücklich nicht beantragt.
Der Kläger hat gegen den Gerichtsbescheid – ihm zugestellt am 18.6.2003 – am 17.7.2003 Berufung eingelegt. Auf die Frage des Gerichts, ob er eine Verurteilung der Beklagten aus dem Sozialrecht wünsche oder den Rechtsstreit an das zuständige LG Wuppertal verwiesen wissen wolle, hat der Kläger erklärt, wenn das LSG sich für unzuständig halte, beantrage er, den Streit an das LG Münster zu verweisen. Auf die Anregung des Gerichts, die Berufung zurückzunehmen und ggf. selbst Klage beim LG zu erheben, hat der Kläger erwidert, er nehme die Berufung nicht zurück, da dann unter Umständen Verjährung eintreten können; seine Klage basiere auf dem rechtskräftigen Urteil des Senats vom 20.11.1997 und dem Fehlverhalten der Bezirksdirektion der Kasse in Münster, (((((weshalb er (hilfsweise) um Abgabe an das LG Münster bitte. ))
Für die Beteiligten ist zur mündlichen Verhandlung am 26.8.2004 niemand erschienen. Die Benachrichtigung vom Termin ist den Beteiligten am 04.07.2004 zugestellt worden. Mit der Terminsnachricht ist daraufhingewiesen worden, daß auch in Abwesenheit der Beteiligten entschieden werden könne.
Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer der Streitakten haben vorgelegen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Streitakten des SG Münster S 17 (13) Kr 22/94 = L 16 KR 161/96 LSG NW (3 Bd. nebst 3 Faszikeln), S 3 KR 148/99 = L 16 KR 156/01 LSG NW und S 3 KR 132/99 = L 5 KR 244/00 LSG NW.
II.
Obgleich für die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, hat der Senat nach Lage der Akten entscheiden können, denn die Beteiligten sind – mit Hinweis auf diese Möglichkeit – ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung am 26.8.2004 geladen worden (§ 153 Abs 1 iVm § 110 Abs 1 und 126 SGG. Es hat kein Anlaß bestanden, die mündliche Verhandlung zu vertagen. Das zunächst – zur Erörterung der Erfolgsaussichten – angeordnete Erscheinen des Klägers und eines Vertreters der Beklagten ist auf Wunsch der Beteiligten aufgehoben worden. Diese haben im übrigen um Terminsverlegung nicht ersucht und sie hatten hinreichend Gelegenheit, sich schriftsätzlich rechtliches Gehör zu verschaffen.
Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Beteiligten von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs (§ 17 a Abs 2 S 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG)).
Der vom Kläger erhobene Anspruch, die Beklagte möge ihm Schadensersatz in Höhe entgangener monatlicher Arbeitslosenhilfe-Leistungen von monatlich 1100 EURO zuzüglich der angefallenen Sozialversicherungsbeiträge leisten, beinhaltet – darin ist dem SG beizupflichten – einen Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB, denn der vom Kläger erhobene Anspruch gründet nach seiner Vorstellung auf einem Verstoß von Mitarbeitern der Beklagten gegen öffentlich-rechtliche Pflichten, der zu einem außerhalb des früheren Sozialrechtsverhältnisses von Kläger und Kasse liegenden Schaden geführt haben soll und nicht durch eine nach den Sozialversicherungsgesetzen gebotene oder mögliche Amtshandlung der Beklagten ausgeglichen werden kann und soll (vgl. BSGE 49, 76;50,25,29; 52,145; 55,40;60,43; 66,258; SozR 1200 § 2 Nr 21 und BSG Urt.v. 27.1.00 B 12 KR 10/99 R = SozR 3-2400 § 28 h Nr 11 – zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch), sondern durch die von einem sozialrechtlichen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte unabhängige Zahlung von Geld in Höhe von Beträgen, von denen er glaubt, daß er sie bei – aus seiner Sicht – richtigem Verhalten der Kasse von der Arbeitsverwaltung hätte bekommen können. Soweit der Kläger dabei betont, sein Anspruch fuße aber auf dem sozialgerichtlichen Urteil des erkennenden Senats vom 20.11.1997, so verkennt er, daß Grundlage des von ihm erhobenen Anspruchs nicht das Urteil des Senats mit der Feststellung seiner Versicherungspflicht, sondern das von ihm behauptete Fehlverhalten von Mitarbeitern der Beklagten ist, welches lediglich und auch nur u.a. voraussetzt, daß der Kläger entsprechend der Feststellung des Senats – im Gegensatz zur damals von der Kasse, vom Arbeitsamt und vom SG vertretenen Auffassung – bei der Firma K beschäftigt war.
Ausgehend von Art 34 S 3 GG, nach dem für den Anspruch auf Schadensersatz bei Amtspflichtverletzungen (§ 839 BGB) der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden darf, bestimmt § 40 Abs 2 S 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), daß für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten der ordentliche Rechtsweg gegeben ist (BSG SozR Nr 2 zu § 9 GAL 1965; BSGE 25,219; SozR 2200 § 886 Nr 1). Daran hat auch das seit dem 1.1.1991 geltende Gesetz zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vom 17.12.1990 (BGBl 2809) nichts geändert. Zwar entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtsweges nach § 17 Abs 2 S 1 GVG idF des Gesetzes vom 17.12.1990 den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten, es bleiben aber – so Satz 2 aaO – Art 14 Abs 3 und Art 34 S 3 GG unberührt.
Nach § 17 a Abs 2 S 1 GVG zu verfahren und den Rechtsstreit an das zuständige ordentliche Gericht zu verweisen, war der Senat auch nicht aufgrund von § 17 a Abs 5 GVG gehindert. Nach dieser Vorschrift prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Diese Regelung konnte hier indes nicht greifen, weil das erstinstanzliche Gericht die Zulässigkeit des Rechtswegs verneint und ausgehend davon eben nicht in der Hauptsache entschieden hat, so daß sich die vom BSG bejahte Frage hier nicht stellt, ob § 17 a Abs 5 GVG bei Amtshaftungsklagen ansonsten die Rechtswegregel aus § 40 Abs 2 S. 1 VwGO verdrängt (Entsch. v. 14.5.03 B 1 KR 7/03 R = SozR 4-1720 § 17 a Nr 1; zur Zulässigkeit der Ver- weisung noch in zweiter Instanz vgl. Zöller-Gummert, ZPO, Kommentar, 24. Aufl., 2004, RNr. 17 zu § 17a GVG m.w.N.; ebenso Baumbach-Albers, ZPO- Kommentar, 62. Aufl., 2004, RNr. 16 a.E. zu § 17a GVG m.w.N.)
Das SG durfte mithin die Klage nicht wegen Unzulässigkeit abweisen. Es hätte die Unzulässigkeit des Rechtswegs nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 17 a Abs 2 S. 1 GVG von Amts wegen aussprechen und den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs verweisen müssen, und zwar ungeachtet der Tatsache, daß der Kläger die Verweisung bis dahin nicht ausdrücklich beantragt hatte – gerade im Interesse des Amtshaftungsklägers und mit Blick auf die mögliche Verjährung des Anspruchs nach § 852 BGB. Der Gerichtsbescheid des SG vom 17.6.2003 war daher aufzuheben. Der Senat hat die Sache auf den zuletzt geäußerten Antrag des Klägers hin nicht an das zuständige LG am Ort der geltend gemachten unerlaubten Handlung in Münster (§ 32 ZPO), sondern an das LG am Sitz der Beklagten in Wuppertal verwiesen (§ 17 ZPO), dem auch die Entscheidung über die im sozialgerichtlichen Verfahren entstandenen Kosten vorbehalten bleibt (§ 17 b Abs 2 GVG).
Es bestand kein Anlaß, die Beschwerde zum BSG zuzulassen, denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch weicht der Beschluss des Senats von einer Entscheidung eines Obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes ab (§ 17 a Abs 2 S. 5 GVG).
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar, § 177 SGG, § 17a GVG.
Erstellt am: 16.06.2005
Zuletzt verändert am: 16.06.2005