Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 14.10.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Freistellung von Kosten für eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET)-CT Untersuchung in Höhe von 1.361,29 EUR.
Am 08.03.2010 stellte Dr. S (radiologische und nuklearmedizinische Gemeinschaftspraxis N) bei dem am 00.00.1948 geborenen Kläger in der Lunge einen neu aufgetretenen Rundherd mit einem Durchmesser von knapp 2 cm im Oberlappen rechts mit Verbindung zur Pleura fest. Dr. S empfahl die Durchführung eines PET/CT. Am 11.03.2010 stellte die Internistin Dr. L eine Überweisung zur Durchführung einer PET/CT Untersuchung aus.
Am 11.03.2010 gab der Kläger folgende "Erklärung zur Kostenübernahme für eine PET/CT-Untersuchung" gegenüber der radiologischen und nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis N ab:
"Meine Krankenkasse erstattet die Kosten der o. g. Untersuchung nicht oder nur teilweise. Hiermit erkläre ich mich bereit, den Rechnungsbetrag oder den verbliebenen Rechnungsbetrag selbst zu erstatten."
Am 12.03.2010 beantragte Dr. L1 (radiologische und nuklearmedizinische Gemeinschaftspraxis N) bei der Beklagten die Kostenübernahme für die Untersuchung. Diese sei zur Abklärung des Rundherdes dringend erforderlich. Eine invasive Abklärung sei aufgrund der Lage des Herdes und wegen einer Vorerkrankung nicht möglich.
Die Untersuchung wurde am 15.03.2010 in der radiologischen und nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis N durchgeführt.
Nach Einholung eines Gutachtens des MDK teilte die Beklagte Herrn Dr. L1 mit, dass eine Kostenübernahme nicht in Betracht komme, weil eine invasive Abklärung des Befundes möglich sei (Schreiben vom 06.04.2010). Am 19.05.2010 stellte die Praxis dem Kläger für die Durchführung der PET/CT Untersuchung daraufhin 1.361,29 EUR in Rechnung.
Mit Schreiben vom 05.08.2010 "erläuterte" die Beklagte (ohne Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung) dem Kläger, dass aufgrund eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vom 18.01.2007 eine Kostenübernahme für die durchgeführte Untersuchung nur zulässig sei bei Patienten mit erhöhtem Operationsrisiko und wenn eine Diagnosestellung mittels einer invasiven Methodik nicht möglich sei. Nach dem Gutachten des MDK stehe beim Kläger eine invasive Methodik in Form einer Punktion zur Verfügung.
Eine am 04.10.2010 hiergegen erhobene Klage werteten die Beteiligten als Widerspruch gegen das Schreiben vom 05.08.2010. Diesen wies die Beklagte mit Bescheid vom 12.01.2011 zurück, wogegen der Kläger am 24.01.2011 Klage erhoben hat.
Der Kläger hat gemeint, dass eine invasive Abklärung wegen einer damit verbundenen erheblichen Gesundheitsgefährdung nicht möglich gewesen sei. Zudem habe es sich um eine unaufschiebbare Maßnahme gehandelt.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.08.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 zu verurteilen, die Kosten der PET/CT-Untersuchung gemäß Rechnung vom 19.05.2010 zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Rechtsauffassung festgehalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.10.2011 hat das Sozialgericht Münster die Klage abgewiesen. Als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers komme allein § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Da der Kläger die Leistung am 15.03.2010 vor der Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte am 06.04.2010 erhalten habe, fehle es an dem nach dieser Vorschrift erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Ablehnung und der Kostenbelastung. Bei der durchgeführten Untersuchung habe es sich auch nicht um eine unaufschiebbare Maßnahme gehandelt. Es sei weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Untersuchung bereits drei Tage nach Antragstellung habe durchgeführt werden müssen.
Gegen diese am 20.10.2011 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 10.11.2011 erhobene Berufung des Klägers. Die Beteiligten wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen aus dem bisherigen Verfahren.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 14.10.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 05.08.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der PET/CT-Untersuchung gemäß Rechnung vom 19.05.2010 in Höhe von 1.361,29 EUR zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie legt ergänzend ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK vom 24.02.2012 vor. Gestützt hierauf meint sie weiterhin, dass eine invasive Abklärung möglich und zumutbar gewesen sei. Selbst bei einem positiven PET-Befund sei eine weitere Abklärung mittels histologischer Sicherung medizinisch angezeigt gewesen.
Der Senat hat einen Bericht von Herrn Dr. L1 vom 17.01.2012 eingeholt, auf dessen Inhalt verwiesen wird.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung allein durch den Berichterstatter erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Berichterstatter mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 155 Abs. 3, 4 SGG anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) entscheidet, ist zulässig, nicht aber begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freistellung von Kosten für die PET/CT-Untersuchung.
Die allein für einen derartigen Anspruch in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Ist – wie hier – eine Leistung noch nicht bezahlt, ist eine Freistellung von Kosten der Anspruchsinhalt nach dieser Vorschrift (ständige Rechtsprechung, vergl. nur BSG, Urteil vom 18.07.2006 – B 1 KR 24/05 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 9 = BSGE 97, 6).
1. Unter Zugrundelegung des auf die medizinische Beurteilung von Dr. L1 gestützten Vorbringens, wonach ein erhöhtes Operationsrisiko bestand und eine Diagnosestellung mittels einer invasiven Methodik nicht möglich war, trifft den Kläger keine Kostenbelastung, von der die Beklagte ihn freizustellen hätte. Denn dann wären die Voraussetzungen für einen entsprechenden Behandlungsanspruch als Sach-leistungsanspruch erfüllt.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch unterliegt den sich aus §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Die Leistungen müssen hiernach ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Die Krankenkassen sind daher nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine Untersuchungsmethode im Einzelfall befürwortet wird. Vielmehr muss die Methode rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch diese Richtlinien wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen und damit der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 16.09.1997 – 1 RK 28/95, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 = BSGE 81, 54; Urteil vom 04.04.2006 – B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 8).
Bei der PET/CT-Untersuchung handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode. Nach dem Beschluss des GBA vom 18.01.2007 (Anfügung von Anlage I Nr. 14 zur Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) darf die PET als vertragsärztliche Leistung (u.a.) erbracht werden zur Charakterisierung von Lungenrundherden, insbesondere zur Beurteilung der Dignität peripherer Lungenrundherde bei Patienten mit erhöhtem Operationsrisiko und wenn eine Diagnosestellung mittels einer invasiven Methodik nicht möglich ist. Wenn diese Umstände vorlagen, waren die vom GBA aufgestellten Leistungsvoraussetzungen erfüllt. Die Leistung musste dann als Sachleistung zu Lasten der Krankenversicherung erbracht werden, ohne dass den Kläger eine Kostenbelastung trifft. Die Erklärung des Klägers vom 11.03.2010 ist für diesen Fall rechtlich unbeachtlich. Der Arzt ist nicht befugt, das Risiko, ob eine Leistung vom Sachleistungsanspruch umfasst ist, auf den Versicherten abzuwälzen. Die für den Versicherten eingetretenen Leistungserbringer müssen einen Streit über die Leistungspflicht der Krankenkasse unmittelbar mit dieser austragen (BSG, Urteil vom 16.02.2005 – B 1 KR 18/03 R, SozR 4-2500 § 39 Nr. 4 = BSGE 94, 161; Urteil vom 02.11.2007 – B 1 KR 14/07 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 5 = BSGE 99, 180).
2. Sollten – entgegen der von Dr. L1 selbst geäußerten Einschätzung – die vom GBA im Beschluss vom 18.01.2007 aufgestellten Voraussetzungen hingegen nicht vorliegen, würde der geltend gemachte Freistellungsanspruch ebenfalls ausscheiden. Der Freistellungsanspruch reicht nicht weiter, als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. nur Urteil des Senats vom 06.10.2011 – L 1 (16) KR 207/09).
Außerhalb der vom GBA aufgestellten Voraussetzungen gehört die PET/CT-Untersuchung nicht zu den Leistungen, die die Krankenkasse als Dienst- oder Sachleistung zu erbringen hat. Für diesen Fall fehlt es an einer positiven Empfehlung des GBA und damit an einer Voraussetzung für einen Leistungsanspruch.
Anhaltspunkte dafür, dass der Ausschluss der PET/CT auf einem Systemversagen (hierzu näher BSG, Urteil vom 16.09.1997 – 1 RK 28/95, SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 = BSGE 81, 54) beruht, sind nicht ersichtlich.
3. Der Kläger kann sich für den Fall, dass die vom GBA im Beschluss vom 18.01.2007 aufgestellten Zulassungsvoraussetzungen nicht vorliegen, auch nicht mit Erfolg auf eine notstandsähnliche Krankheitssituation unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1995 – 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr. 6 = BVerfGE 115, 25) berufen. Denn für diesen Fall stehen allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Untersuchungsmethoden – die von der Beklagten genannte invasive Diagnostik – zur Verfügung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Erstellt am: 18.10.2012
Zuletzt verändert am: 18.10.2012