Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19. Dezember 1995 wird unter folgender Neufassung des Tenors zurückgewiesen: Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 04. März 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 1994 verurteilt, an die Klägerin weitere 134.667,54 DM (= 68.854,17 Euro) zu zahlen. Die Beklagte trägt die der Beigeladenen zu 1) entstandenen außer- gerichtlichen Kosten im zweiten Rechtszug. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der klagende Sozialhilfeträger begehrt von der beklagten Krankenkasse die Erstattung der Kosten für Behandlungs- und Grundpflegeleistungen, die an die Beigeladene zu 1) zu erbringen sind.
Die 1969 geborene Beigeladene zu 1) erlitt bei einem Autounfall am 19.01.1991 eine Dens-Fraktur mit Halsmarkschädigung in Höhe des ersten Halssegments und daraus resultierende komplette motorische, sensible und vegetative Tetraplegie unterhalb C1. Sie ist bei bestehenden Restinnervationen vollständig von maschineller Beatmung und ständiger Betreuung abhängig. Nach Erstversorgung in der Klinik für allgemeine Chirurgie und Unfallchirurgie des B-Krankenhauses, F, wurde die Beigeladene am 25.02.1991 in das Zentrum für Rückenmarkverletzte der X-Klinik in C verlegt. Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Verlegung der Beigeladenen zu 1) in den häuslichen Bereich unter Pflege ihrer Eltern teilte die Beklagte der Beigeladenen zu 1) unter dem 04.03.1992 mit, bei Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes sei eine Kostenübernahme in Höhe des täglichen Pflegesatzes der X-Klinik von 569,79 DM möglich. Entgegenkommenderweise erfolge eine Kostenübernahme in Höhe von 796,60 DM – Pflegesatz der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E – entsprechend monatlich 23.898,00 DM. Darüber hinaus riet die Beklagte der Beigeladenen zu 1) wegen der Restkosten einen Antrag beim zuständigen Sozialhilfeträger zu stellen. In dieser Eigenschaft verpflichtete sich die Klägerin unter dem 30.03.1992 zur Übernahme der ungedeckten Kosten – damals monatlich 10.537,00 DM – und machte gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch geltend. Letzteren lehnte die Beklagte ab, weil die Übernahme von Pflegeleistungen nur im Falle einer an sich gebotenen Krankenhausbehandlung erfolgen könne, was hier jedoch nicht gegeben sei.
Die Klägerin hat am 04.01.1993 vor dem Sozialgericht – SG – Duisburg Klage auf Erstattung von 72.212,10 DM sowie eines noch zu beziffernden Restbetrages für den Zeitraum vom 01.09.1992 – 31.12.1992 und auf Feststellung erhoben, dass die Beklagte auch über den 31.12.1992 hinaus Kosten der häuslichen Krankenbehandlung in vollem Umfang zu tragen habe. Sie hat die Auffassung vertreten, im Hinblick auf die medizinisch indizierte Erforderlichkeit der häuslichen Dauerbehandlung sei die Beklagte zur Übernahme der vollen Behandlungskosten im Sinne einer Krankenhausersatzpflege (§ 37 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V)) verpflichtet. Eine lebenslange Betreuung der Beigeladenen zu 1) auf der Intensivstation sei als humane Alternative nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen. Eine kostengünstigere Alternative im Bereich der häuslichen Pflege bestehe nicht.
Das SG hat einen Bericht des Internisten Dr. S eingeholt, der unter dem 24.11.1993 unter anderem bescheinigt hat, dass die Beigeladene zu 1) ein Pflegefall im Sinne des Dauerzustandes sei und eine Besserung des Gesundheitszustandes bei den derzeitigen medizinischen Möglichkeiten nicht bestehe. Ferner hat das SG die Beklagte darauf hingewiesen, dass bisher ein Widerspruchsbescheid über die Einwendung der Klägerin gegen das als Bescheid aufzufassende Schreiben vom 04.03.1992 fehle. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.1994 hat die Beklagte daraufhin den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 04.03.1992 zurückgewiesen, weil nach den Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung – MDK – eindeutig feststehe, dass hinsichtlich der streitigen Zeiten keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der Beigeladenen zu 1) vorgelegen habe. Im übrigen sei die Bestimmung des § 37 Abs. 1 SGB V (häusliche Krankenpflege statt ansonsten notwendiger Krankenhausbehandlung) auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Die Kostentragungspflicht nach § 37 Abs. 2 SGB V (häusliche Krankenpflege zur Sicherung des ärztlichen Behandlungsziels) beziehe sich nur auf die Behandlungspflege, welche in Fällen der vorliegenden Art mit 55 bis 70 Prozent der Gesamtpflege anzusetzen sei. Insoweit sei eine pauschalierte Kostenübernahmeregelung daher angemessen. Die Klägerin hat daraufhin die Klage auch auf Anfechtung dieses Bescheides erweitert. Sie hat geltend gemacht, nach dem der derzeitigen Pflege zugrundeliegenden Pflegeplan nehme die Grundpflege 30,9 Prozent und die Behandlungspflege 69,1 Prozent in Anspruch; die Beklagte sei aber nicht einmal bereit, in diesem anteiligem Umfang Kosten zu übernehmen.
Unter dem 19.07.1995 hat die Pflegekasse (Beigeladene zu 2) der Beigeladenen zu 1) mitgeteilt, dass sie dem Grunde nach Pflegesachleistungen nach Pflegestufe III erbringen könne. Der Anspruch ruhe allerdings, falls die Beklagte antragsgemäß verurteilt würde.
Mit Urteil vom 19.12.1995 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, die bereits entstandenen und künftig entstehenden Kosten der häuslichen Krankenpflege der Beigeladenen zu 1) in voller Höhe zu übernehmen und die von der Klägerin ab dem 22.04.1992 verauslagten Kosten in vollem Umfang zu erstatten. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 23.01.1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.02.1996 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie sich auf Gutachten des MDK – Dr. B und Dr. K – berufen, die zu dem Ergebnis gekommen seien, dass bei der Beigeladenen zu 1) Pflegestufe III in der gesetzlichen Pflegeversicherung vorliege und eine ambulante hausärztliche Betreuung ausreichend sei. Aus medizinischer Sicht sei eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht geboten. Demzufolge seien die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 SGB V nicht erfüllt. Inwieweit Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 SGB V zu erbringen sei, müsse geprüft werden.
Der Senat hat ein Gutachten von Dr. N, Chefarzt der X-Klinik Klinik, eingeholt. Er ist unter dem 22.09.1998 zu dem Ergebnis gelangt, bei der Beigeladenen zu 1) liege 24 Stunden täglich durchgehend Behandlungs- und Grundpflegebedürftigkeit vor. Insbesondere sei der Behandlungspflege die ständige klinische Überwachung der Vitalfunktionen, insbesondere der Atmungsfunktion, zuzurechnen. Mindestens eine qualifizierte Pflegekraft, die mit der Handhabung des das Überleben der Beigeladenen zu 1) sichernden Beatmungssystems völlig sicher vertraut sei, müsse sich ständig bei der Beigeladenen zu 1) befinden.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 30.11.1998 hat Dr. N unter Beifügung der Richtlinien zur medizinischen Versorgung und Behandlung Querschnittgelähmter mit Abhängigkeit von Fremdbeatmung der Deutschsprachigen medizinischen Gesellschaft für Paraplegie ausgeführt, bei der Beigeladenen zu 1) lägen die Voraussetzungen zur Unterschreitung einer 24-stündigen Behandlungspflege nicht vor.
Dem ist die Beklagte in einer Stellungnahme des Dr. K vom 17.12.1998 entgegengetreten, wonach Maßnahmen der Grundpflege wie Einleitung der Darmentleerung, Lagerungsbehandlung, Prophylaxe und Therapie von Hautdruckschäden und sonstige prophylaktische Maßnahmen der Grundpflege zuzurechnen seien. Demgegenüber ist Dr. N bei seiner Auffassung verblieben und hat in einer weiteren Stellungnahme vom 30.04.1999 die Auffassung vertreten, eine qualitative und quantitative Ausdünnung der 24-stündigen Behandlungspflege sei nur mit einer Zunahme des Risikos für die zu pflegende Person möglich.
Die Beigeladene zu 2) (Pflegekasse) hat ein Gutachten des MDK Nordrhein (Dr. G, N1) vom 17.03.2000 vorgelegt, wonach der tägliche Grundpflegebedarf der Beigeladenen zu 1) 330 Minuten und der wöchentliche Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung 420 Minuten beträgt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen. Der Senat hat sodann den Altenpfleger S als Zeuge sowie die Eltern der Beigeladenen zu 1) gehört. Wegen derer Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.11.2000 Bezug genommen. Der Senat hat des weiteren über den Pflegebedarf der Beigeladenen zu 1) Beweis erhoben durch schriftliche Protokollierung des Einsatzes des Pflegedienstes, der die Beigeladene zu 1) betreut, über den Zeitraum vom 10.10. bis 17.10.2001. Bezüglich des Ergebnisses dieser Erhebung wird auf das entsprechende schriftliche Protokoll verwiesen.
Der Senat hat schließlich die mit diesem Pflegedienst bestehende Vergütungsvereinbarung beigezogen.
Die Klägerin und Beklagte haben sich vergleichsweise darauf geeinigt, dass die Beklagte der Klägerin für die Zeit bis zum 31.03.1995 70 Prozent der Pflegekosten erstattet und der Rechtsstreit im übrigen auf die Erstattung der Kosten für das Jahr 2001 beschränkt wird. In diesem Jahr betrug der tägliche pauschale Pflegesatz 1.693,- DM, wovon die Beklagte 858,67 DM täglich übernommen hat. Entsprechend hat die Beklagte im Jahr 2001 306.545,19 DM und die Klägerin 297.855,81 DM an Pflegekosten getragen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19.12.1995 abzuändern und die auf das Jahr 2001 nunmehr beschränkte Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur Zahlung weiterer 134.667,54 DM für das Jahr 2001 zu verurteilen unter Zurückweisung der Berufung in diesem Umfang.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist in dem aufgrund der Beschränkung des Klageantrags und der teilweisen vergleichsweisen Beilegung des Rechtsstreits noch streitigen Umfang nicht begründet.
Soweit die Klägerin die Änderung des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 04.03.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.1994 begehrt, ist dieses Begehren als (Teil-)Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) zulässig, da die Klägerin nach § 91a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) die Rechte der Beigeladenen zu 1) in diesem Umfang wahrnimmt, so dass in diesem Rahmen auch kein Gleichordnungsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagter besteht (vgl. BSG SozR 3-5910 § 91a Nr. 4 S. 18). Die daneben erhobene Erstattungsklage ist in der Form der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) zu verfolgen, da diesbezüglich ein eigener Anspruch der Klägerin im Streit steht (§§ 102 ff. SGB X – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -). Diese Klage ist, nachdem die Klägerin ihren Erstattungsanspruch für den noch streitigen Zeitraum beziffert hat, ebenfalls zulässig (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 37 Nr. 1 S. 10 f.).
Der Klageanspruch ist aus § 104 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 91a BSHG begründet. Nach § 104 Abs. 1 SGB X ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre.
§ 103 SGB X, der die Ansprüche des Leistungsträgers, dessen Leistungsverpflichtung nachträglich entfallen ist, regelt, findet vorliegend keine Anwendung, weil die Ansprüche der Beigeladenen zu 1) gegen die Klägerin auf Gewährung von Krankenhilfe nach § 37 BSHG eine Notlage voraussetzen (§§ 4, 5 BSHG), die durch die nachträgliche Erbringung einer anderen Sozialleistung nicht behoben werden kann (BSG SozR 3-1300 § 104 Nr. 12).
Die Klägerin war im Verhältnis zur Beklagten nachrangig zur Erbringung von Krankenhilfe verpflichtet (sog. Systemsubsidiarität der Sozialhilfe, vgl. BSG SozR 3-1200 § 53 Nr. 4). Letztere war auch im streitigen Zeitraum, in dem die Klägerin der Beigeladenen zu 1) die Leistung erbracht hat, zur Gewährung häuslicher Krankenhilfe verpflichtet.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. Daneben bestimmt § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V, dass Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege erhalten, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist vorliegend nicht einschlägig, weil hierdurch nur solche Fälle erfasst werden, in denen die Krankenhausbehandlung zwar erforderlich ist, der Anspruch auf stationäre Versorgung aber aus tatsächlichen Gründen, z.B. wegen Bettenmangels, nicht erfüllt werden kann (BSG SozR 3-2500 § 37 Nr. 1 S. 5). Diese Voraussetzungen sind unstreitig nicht erfüllt, weil die Beigeladene zu 1) einer stationären Versorgung nicht mehr bedarf, sondern auch in ihrer häuslichen Umgebung gepflegt werden kann.
Die Beklagte schuldet der Beigeladenen zu 1) aber die erforderliche Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Zur häuslichen Krankenpflege, die der Beigeladenen zu 1) erbracht werden muss, zählt die bei ihr rund um die Uhr erforderliche Medikamentengabe, Überwachung der Beatmung und die regelmäßige auch nachts erforderliche Sekretabsaugung (vgl. BSG a.a.O. S. 8 f.). Daneben bedarf die Beigeladene zu 1) allerdings einer grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Versorgung, für die die Beigeladene zu 2) (Pflegekasse) einzustehen und die die Beklagte nach § 37 Abs. 2 Satz 4 SGB V daher nicht erbringen darf. Die Eintrittspflicht der Pflegekasse beschränkt sich allerdings auf Leistungen nach einem Höchstbetrag von 3.750,- DM (§ 36 Abs. 4 SGB XI – Soziale Pflegeversicherung – bei dem hier anerkannten Härtefall); im übrigen muss die Beigeladene zu 1) bzw. die Klägerin als Sozialhilfeträgerin die Kosten der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung tragen.
Ausgehend von dem Grundsatz, dass während der "Erbringung der Hilfe der Grundpflege die Behandlungspflege im Regelfall in den Hintergrund tritt, so dass es gerechtfertigt ist, den Kostenaufwand für diese Zeit allein der sozialen Pflegeversicherung zuzurechnen" (so BSG a.a.O. S. 10), kann die Klägerin für letztere Zeiten keine Kostenerstattung von der Beklagten, sondern nur von der Beigeladenen zu 2) bis zu dem genannten Höchstsatz von 3.750,- DM begehren. Allerdings begegnet dieser Verteilungsmaßstab Bedenken, wenn, wie hier, ein sehr hoher pauschaler Pflegesatz mit dem Pflegedienst vereinbart ist (1.693,- DM täglich, entsprechend ca. 71,- DM stündlich), da der Versicherte trotz seiner Doppelversicherung in Kranken- und Pflegeversicherung einem erheblichen Kostenrisiko je nach Umfang der zu erbringenden Grundpflege ausgesetzt ist (aufgrund der beschränkten Einstandspflicht der Pflegeversicherung). Ob es in derartigen Fällen daher gerechtfertigt ist, nur die unterschiedlichen Zeiten der Behandlungs- und Grundpflege gegenüberzustellen oder ob die Krankenversicherung in Höhe des (die mit den Pflegeeinrichtungen vereinbarten Vergütungssätze nach dem SGB XI überschießenden) Betrages auch für den Zeitraum der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung einstandspflichtig wäre, braucht vorliegend im Ergebnis jedoch nicht beantwortet zu werden.
Nach den gesamten Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die der Beigeladenen zu 1) zu erbringende notwendige Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung im Tagesdurchschnitt 390 Minuten beträgt. Dies entspricht dem Ergebnis des MDK im Gutachten vom 17.03.2000 (330 Minuten Grundpflege und 60 Minuten hauswirtschaftliche Versorgung) und hat seine Bestätigung in den Angaben der Eltern der Beigeladenen zu 1) gefunden, die vergleichbare Zeiten anlässlich ihrer Anhörung angegeben haben. Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu dem von dem Pflegedienst in der Zeit vom 10. bis 17.10.2001 erstellten 24-Stunden-Protokoll seines Einsatzes. Aus diesem Protokoll folgt entgegen der Ansicht der Beklagten im Ergebnis kein höherer Zeitbedarf an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung. Soweit die Beklagte aus den dort angeführten Verrichtungen und Zeitangaben einen zeitlichen Umfang von ca. 540 Minuten (9 Stunden) an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung errechnet, berücksichtigt sie zwei Umstände nicht hinreichend.
Zum einen sind wiederholt Verrichtungskomplexe mit einem einheitlichen Zeitansatz protokolliert worden, die sowohl grundpflegerische als auch behandlungspflegerische Verrichtungen enthalten. Diese Verrichtungen wären nur einheitlich der Grundpflege zuzuordnen, wenn die insoweit angefallenen krankheitsspezifischen Hilfeleistungen entweder Bestandteil der sog. Katalogverrichtungen des § 14 Abs. 4 SGB XI (Grundpflegetatbestände) oder in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit letzteren Hilfen erforderlich gewesen sind (BSG Urt. vom 22.08.2001 – B 3 P 23/00 R -; BSG SozR 3-3300 § 14 Nrn. 2, 7). Ein solcher Zusammenhang ist hier aber zum Beispiel nicht feststellbar, wenn die Medikamentengabe mit der Nahrungsaufnahme zusammen dokumentiert ist, weil die Beigeladene zu 1) auf letztere für die Nahrungsaufnahme nicht zeitgleich angewiesen ist. Insbesondere kommt ein einheitlicher Ansatz bei der Grundpflege bezüglich des häufig dokumentierten Umlagerns nicht ohne weiteres in Betracht. Das Umlagern ist als Hilfe zum Liegen zwar der Grundpflege zuzurechnen, wenn es entweder als Vorsorgemaßnahme dem Wundliegen und der Bildung von Geschwüren entgegenwirken soll oder wenn es im Zusammenhang mit einer anderen Katalogverrichtung des § 14 Abs. 4 SGB XI erforderlich ist (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 14 S. 90 f.). Bei der Beigeladenen zu 1) ist das Umlagern aber auch zur Beatmung und Sekretabsaugung erforderlich und damit den krankheitsspezifischen Maßnahmen zuzurechnen.
Zum anderen können nur von der Sache und dem zeitlichen Umfang her notwendige Maßnahmen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung die Einstandspflicht der Krankenkasse verdrängen. Anderenfalls würden sich zufällige Ergebnisse und finanzielle Belastungen des Versicherten ergeben, wenn allein darauf abzustellen wäre, ob die Pflegeperson letztere Verrichtungen besonders gründlich und ausführlich neben der Behandlungspflege vornimmt. Die Dokumentation des Pflegedienstes zeigt insbesondere im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung erhebliche Zeitansätze für das Aufräumen und Reinigungsarbeiten an jedem Tag, meist verbunden mit dem Zusatz "Frau N (Mutter) ist bei T (Beigeladene zu 1)." Es ist naheliegend, dass bei einem Einsatz rund um die Uhr, der aber über weite Zeiträume kein aktives Handeln der Pflegeperson erfordert, letztere sich in unterschiedlicher Weise betätigen möchte. Dies war hier möglich, weil sich auch die Mutter der Beigeladenen zu 1) mit der Versorgungssituation ihrer Tochter auskannte und im Fall notwendiger Interventionen die Pflegeperson sofort rufen konnte. Dadurch werden die von der Pflegeperson vorgenommenen Handlungen im Bereich der Hauswirtschaft aber nicht im gesamten Umfang notwendig i.S.d. SGB XI. Dies belegen auch die Vergütungsvereinbarungen mit dem Pflegedienst entsprechend den dort vorgesehenen Zeitansätzen für die hauswirtschaftliche Versorgung.
Entgegen den dort vorgegebenen Komplexen für diesen Bereich (Abrufempfehlungen nur in größeren Tagesabständen) weist die Dokumentation des Pflegedienstes täglich zwischen 3 und 4 Stunden allein für die hauswirtschaftliche Versorgung aus. Dabei entfällt im Hinblick auf die Anwesenheit der Mutter der Beigeladenen zu 1) die Einstandspflicht der Beklagten nicht nach § 37 Abs. 3 SGB V, weil erstere zum einen nicht in einem Haushalt mit der Beigeladenen zu 1) lebt und zum anderen im Hinblick auf die jederzeit zu bewältigenden Krisensituationen eine krankenpflegerisch geschulte Pflegeperson in der Wohnung anwesend sein muss, wie der Sachverständige bestätigt hat.
Da der Senat keine Möglichkeit einer genaueren Spezifikation der Tätigkeiten des Pflegedienstes sieht, können daher die notwendigen Verrichtungszeiten, die auf die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung entfallen, nur geschätzt werden. Insbesondere auch unter Berücksichtigung der Angaben der Mutter der Beigeladenen zu 1) hat der Senat daher keinen Anlass, den notwendigen Rahmen der grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Versorgung mit mehr als 390 Minuten pro Tag im Durchschnitt anzusetzen. Dieses Ergebnis liegt im übrigen auch in dem Bereich, den das LSG Sachsen-Anhalt in seinem von der Beklagten vorgelegten Urteil vom 08.02.2001 – L 4 KR 18/00 – für einen vergleichbaren Sachverhalt ermittelt hat. Die im früheren Gutachten des MDK vom 10.05.1995 aufgeführten deutlich umfangreicheren Zeiten für die Grundpflege (Körperpflege 200 Minuten, Ernährung 160 Minuten, Mobilität 219 Minuten) finden dagegen weder in dem Pflegeprotokoll noch in den Angaben der Mutter der Beigeladenen zu 1) eine Bestätigung und rechtfertigen daher keine andere Beurteilung.
Unter Zugrundelegung eines entsprechenden Verhältnisses von 390 Minuten zu den verbleibenden 1050 Minuten täglicher Pflege ergibt sich ein Anteil von 27 Prozent, der kostenmäßig bei der Klägerin verbleibt, zu 73 Prozent, der der Beklagten obliegt. Die entsprechende kostenmäßige Verteilung ergibt einen Anteil, der auf die Pflegeversicherung entfällt, in Höhe von 457,11 DM täglich, was dem täglichen Ansatz sämtlicher Leistungskomplexe zusätzlich zweimaliger Berücksichtigung des Hauptkomplexes 24 nach der mit dem die Beigeladene zu 1) versorgenden Pflegedienst bestehenden Vergütungsvereinbarung.
Daher brauchte der Senat der Frage nicht weiter nachzugehen, wie hoch die Kosten für die grundpflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung bei Einschaltung eines externen Pflegedienstes wären, da dieser Betrag in keinem Fall höher und damit für die Beklagte günstiger läge und andererseits die Klägerin ihren Antrag entsprechend beschränkt hat.
Die im Jahr 2001 für die Pflegeleistungen insgesamt aufgebrachten 604.401,- DM entfielen daher zu einem Anteil von 441.212,73 DM auf die Beklagte, wovon sie bereits 306.545,19 DM gezahlt hat. In dem verbleibenden Umfang von 134.667,54 DM (= 68.854,17 Euro) war die Beklagte unter Änderung des angefochtenen Bescheides daher zur Zahlung an die Klägerin unter Zurückweisung der Berufung zu verpflichten. Im Hinblick auf die geänderten prozessualen Anträge und die vergleichsweise Teilerledigung des Rechtsstreits hat sich der Senat dabei veranlasst gesehen, den Urteilstenor vollständig mit dieser Maßgabe neu zu fassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.
Erstellt am: 12.12.2003
Zuletzt verändert am: 12.12.2003