Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.10.2003 insoweit geändert, als Zinsen nur in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz zu zahlen sind. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kosten einer stationären Behandlung vom 07.10. bis 19.11.1999 in Höhe von 7.050,11 Euro.
Die 1976 geborene beigeladene Frau N F (im Folgenden: Versicherte) wurde in der I-Klinik I (IK), deren Träger der Kläger ist, vom 17.09. bis 19.11.1999 stationär behandelt. Die Beklagte hat die Behandlungskosten bis 06.10.1999 getragen. Die Versicherte war wegen psychischer Störungen bereits seit 1994 mehrfach stationär behandelt worden. In der IK wurde sie erstmals vom 19.02. bis 18.09.1997 behandelt. Unmittelbar vor der hier streitigen Behandlung war sie dort in stationärer Behandlung vom 15.09.1998 bis 02.07.1999. Bereits vom 26.07. bis 05.08.1999 folgte die nächste Behandlung, wobei schon einen Tag nach der Entlassung am 06.08.1999 eine erneute Aufnahme erfolgte. Aus disziplinarischen Gründen wurde die Versicherte sodann am 16.09.1999 entlassen.
Am 17.09.1999 verordnete Internist C wegen paranoider Psychose, Suizidgefährdung erneut Krankenhausbehandlung. Auf den Kostenübernahmeantrag der Klinik vom 24.09.1999 erteilte die Beklagte unter dem 05.10.1999 eine Kostenzusage bis 06.10.1999. Ihren Verlängerungsantrag vom 15.09.1999 begründete die Klinik damit, die Versicherte habe ständig suizidale Gedanken und sei auf diese Gedanken eingeengt. Als Diagnose wurde eine paranoide Schizophrenie genannt. Die Therapie bestehe in häufigen Kriseninterventionen, regelmäßig engmaschigen Visiten und ärztlich geführten psychotherapeutischen Krisengesprächen. Die Ärztin des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) L forderte zunächst in einer Stellungnahme vom 26.01.2000 die Vorlage einer Epikrise und in einer weiteren Stellungnahme vom 16.02.2000 die Vorlage der kompletten Krankendokumentation. Nach deren Übersendung verneinte sie in ihrem Gutachten vom 02.05.2000 die Erforderlichkeit der stationären Behandlung. Sie begründete dies damit, die Versicherte sei im Bereich der geistig behinderten Patienten behandelt worden. Es gebe nur einen Behandlungsplan vom 22.09.1999, der von dem Bereichsleiter dieses Bereichs, einem Diplom-Psychologen, erstellt worden sei. In den Behandlungsunterlagen befinde sich keine Dokumentation zur Durchführung der vorgesehenen therapeutischen Planung. Es fehle auch eine Dokumentation fachärztlicher Weisungen bezüglich der Symptomatik bzw. der therapeutischen Konsequenzen. Im fraglichen Zeitraum hätten sozialtherapeutische und pädagogische Behandlungsaspekte eindeutig im Vordergrund gestanden. Sie wies darauf hin, der Umstand, dass die Versicherte am 02.11. und 04.11.1999 nicht zu dem verabredeten Zeitpunkt von einem Ausgang zurückgekehrt sei, habe zu keinen therapeutischen Konsequenzen geführt; auch sei trotz der laut Dokumentation vorliegenden Suizidalität keine Suchaktion veranlasst worden. Bei der Entlassung habe sich keine wesentliche Veränderung der psychischen Symptomatik gezeigt. Eine Unterbringung der Versicherten in einem Pflege- und Förderzentrum oder einem geeigneten pädagogisch betreuten Pflegeheim hätte unter ambulanter fachärztlicher Mitbehandlung hinreichend auf weitere Stabilisierung hinwirken können. Mit Schreiben vom 08.05.2000 teilte die Beklagte der IK mit, dass eine weitere Kostenübernahme abgelehnt werde. Mit Rechnung vom 30.04.2000, bei der Beklagten eingegangen am 05.05.2000, hatte die Klinik der Beklagten schon die streitigen Behandlungskosten in Rechnung gestellt.
Zur Begründung der am 15.05.2001 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, entgegen der Beurteilung der Beklagten sei im streitigen Zeitraum die stationäre Behandlung erforderlich gewesen. Mit der Klage hat er eine Verzinsung der Forderung in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gefordert. Insoweit hat er die Auffassung vertreten, zwar sehe der damals noch geltende Landesvertrag nur Zinsen in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz vor, jedoch müsse eine Anpassung an die seit dem 01.05.2000 geltenden Verzugsregeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erfolgen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von dem Neurologen und Psychiater Dr. C1. Dieser ist in seinem Gutachten vom 17.12.2002 zu dem Ergebnis gelangt, dass eine stationäre Behandlung erforderlich gewesen sei und dass insbesondere die Unterbringung in einem Pflege- und Förderzentrum wegen der Schwere des Krankheitsbildes eine "eher theoretische, völlig praxisferne Möglichkeit" dargestellt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen. In einer Stellungnahme des MDK (Dr. B vom 14.03.2003) wurde erneut darauf hingewiesen, trotz der behaupteten Suizidalität habe das Ausbleiben vom Ausgang keine therapeutischen Konsequenzen nach sich gezogen und es sei auch keine Suchaktion gestartet worden. Auch liege kein weiterer Behandlungsplan vor, so dass nach vorausgegangener dreizehnmonatiger stationärer Behandlung nicht von der Erforderlichkeit einer weiteren stationären Behandlung ausgegangen werden könne. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2003 blieb Dr. C1 bei seiner Beurteilung. Er meinte, die immer wieder geäußerten rezidivierenden Suizidgedanken seien sehr ernst zu nehmen gewesen, sie hätten unter anderem die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründet. Eine Heimunterbringung sei auf Dauer nur bei entsprechender Vorbereitung in Betracht gekommen. Dem ist die Beklagte mit einer weiteren Stellungnahme des MDK vom 03.07.2003 (Dr. G) entgegengetreten. In der Stellungnahme wird eingeräumt, zwar seien die Suizidgedanken ernst zu nehmen gewesen, sie hätten jedoch nach der ärztlichen und pflegerischen Dokumentation nicht zu therapeutischen Konsequenzen geführt, insbesondere nicht in einer Intensität, dass sie eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit bedingt hätten. Auf die vorgenannten Stellungnahmen wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 15.10.2003 hat das Sozialgericht gestützt auf das Gutachten von Dr. C1 die Beklagte antragsgemäß verurteilt, wobei es auch – ohne Begründung – Zinsen in der beantragten Höhe zugesprochen hat.
Im Berufungsverfahren bezweifelt die Beklagte weiterhin die Erforderlichkeit stationärer Behandlung, diese ergebe sich insbesondere nicht im Hinblick auf die von der Klinik behaupteten Suizidalität. Es bestehe eine Diskrepanz zwischen der Darstellung der Klinik und dem tatsächlichen Ablauf. Bei bestehender akuter Suizidalität hätte keine Verlegung auf eine eher pädagogisch ausgerichtete Station mit unbeaufsichtigtem Ausgang erfolgen dürfen. Auch der Umstand, dass die Versicherte verabredungswidrig vom Ausgang nicht zurückgekommen sei, ohne dass dies eine Suchaktion ausgelöst habe, zeige, dass die Suizidalität kein Grund für die Aufnahme gewesen sein könne. Die pädagogische Ausrichtung der Station lasse eher vermuten, dass wegen des Fehlens eines Heimplatzes der Aufenthalt eher eine "Haltefunktion" gehabt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.10.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
Gelegenheit zur Stellungnahme zum Schriftsatz der Beklagten vom 31.07.2006 zu geben,
hilfsweise, den Sachverständigen Dr. N zum Zwecke der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens anzuhören.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von dem Arzt für Psychiatrie Dr. N. Auch Dr. N ist in seinem Gutachten vom 19.03.2006 zu dem Ergebnis gelangt, dass wegen des psychischen Krankheitsbildes im streitigen Zeitraum eine stationäre Behandlung erforderlich gewesen sei. Die durchgeführte psychiatrische Behandlung sei weniger hinsichtlich ihrer Dauer als hinsichtlich ihrer Stringenz kritikwürdig. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen. Die Beklagte hat dem Gutachten mit einer weiteren Stellungnahme des MDK vom 12.07.2006 (Dr. C2) widersprochen. Zwar seien die Suizidgedanken bei der Versicherten ohne Zweifel ernst zu nehmen gewesen, nach der vorliegenden ärztlichen und pflegerischen Dokumentation habe sie jedoch nicht zu ärztlich-therapeutischen Konsequenzen geführt. Insoweit hätte die Patientin bereits ab dem 07.10.1999 im Rahmen einer betreuten Umgebung mit fachkompetenten Heimpersonal untergebracht werden können. Die besonderen Mittel eines Krankenhauses seien nicht erforderlich gewesen, sondern ein haltgebendes, strukturgebendes Setting, um das wesentliche Ziel einer Zustandsstabilisierung und Symptomreduktion zu erreichen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat sie zu Recht zur Zahlung der Behandlungskosten für den Zeitraum vom 07.10. bis 19.11.1999 verurteilt.
Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruches des Krankenhauses ist § 109 Abs. 4 Satz 2 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i. V. m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Leistungsanspruch des Versicherten. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Bei einem zugelassenen Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V ist die Krankenkasse als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch bei Fehlen vertraglicher Vereinbarungen zur Bezahlung der normativ bzw. vertraglich festgelegten Entgelde verpflichtet (BSG, SozR 3-2500 § 112 Nr. 2). Zur rechtlichen Begründung des Vergütungsanspruchs eines Krankenhauses bedarf es daher keines Rückgriffs auf den auf Landesebene nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V geschlossenen Vertrag (LSG NRW, Urteil vom 27.03.2003 – L 5 KR 141/01).
Eine unabhängig vom materiellen Bestand des Zahlungsanspruchs und evtl. Gegenansprüchen bestehende Pflicht der Beklagten zur Zahlung des von der IK in Rechnung gestellten Betrages ergibt sich nicht bereits aus § 15 Abs. 1 Satz 1 des in Nordrhein-Westfalen ab 01.01.1997 geltenden Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V vom 06.12.1996 (im Folgenden: Sicherstellungsvertrag – SVTr), der zum damaligen Zeitpunkt noch in Kraft war. Das BSG hat zwar eine vergleichbare Regelung des rheinland-pfälzischen SVTr dahin ausgelegt, dass die Krankenkasse auch bei Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art die Forderung des Krankenhauses innerhalb der Zahlungspflicht zu erfüllen habe (SozR 3-2500 § 112 Nr. 3; ebenso für eine entsprechende Regelung in einer Pflegesatzvereinbarung SozR 4-2500 § 109 Nr. 1). Es hat aber nunmehr im Urteil vom 22.07.2004 (SozR 4-2500 § 112 Nr. 3) klargestellt, dass die Rechnungen nicht in jedem Fall innerhalb der Zahlungsfrist zu begleichen und die Kassen nicht gehindert seien, auch nach Übersendung einer Rechnung die erhobene Forderung inhaltlich zu überprüfen und sachliche Einwendungen zu erheben.
Die Beklagte ist aber deshalb zur Begleichung der Rechnung vom 30.04.2000 verpflichtet, weil die Behandlung der beigeladenen Versicherten in der IK erforderlich war (§ 39 Abs. 1 SGB V). Das steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest.
Beide Sachverständige haben übereinstimmend die Erforderlichkeit einer stationären Behandlung insbesondere wegen der Suizidalität der Versicherten bejaht. Auch in den Stellungnahmen des MDK vom 02.07.2003 und 12.07.2006 wird eingeräumt, dass die Suizidgefahr ernst zu nehmen gewesen sei, so dass die insoweit in der Berufungsbegründung angedeuteten Zweifel, wegen der fehlenden Reaktionen auf das Ausbleiben vom Ausgang könne die Suizidalität kein Grund für den Aufenthalt gewesen sein, fehlt geht. Dr. N hat überzeugend dargelegt, das sich Suizidalität durch kein bekanntes diagnostisches Verfahren messen und auch durch einen sehr erfahrenen Behandler nicht immer zuverlässig erkennen lasse. Sehe man die Suizidalität als nicht durchgängig akut an, ergebe sich immer wieder die Erfordernis, durch schrittweise Lockerungen zu prüfen, inwieweit alternative Behandlungs- und Unterbringungsmöglichkeiten ausreichend und sinnvoll seien. Insoweit müsse im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden, ob man eine definitiv erkennbare latente Suizidalität im konkreten Fall jeweils als akut einzuschätzen habe oder ob man eine akute Selbst- und Fremdgefährdung verneine. Zwar belege der Behandlungsverlauf, dass sich kein konsistenter Umgang der Behandler mit dem Problembereich Suizidalität/Restriktionen finde. Man könne dies kritisch hinterfragen, könne jedoch nicht hieraus auf eine im Behandlungsverlauf nicht vorliegende oder ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr vorliegende Suizidalität schließen. Aus psychiatrischer Sicht sei es näherliegend, statt der Dauer der Behandlung zu hinterfragen, ob nicht auch eine längerfristige geschlossene Unterbringung mit restriktiverer Ausgangsregelung oder sogar eine längerfristige stationäre Behandlung vertretbar gewesen wäre. Auf diesen Aspekt geht Dr. C2 in ihrer Stellungnahme zu dem Gutachten von Dr. N nicht ein. Zwar trifft ihr Hinweis zu, dass therapeutische Konsequenzen auf das Verhalten der Versicherten nicht erfolgten (bzw. nicht dokumentiert sind), ihr Schluss, dass wegen der fehlenden Intensität ärztlich-therapeutische Maßnahmen die stationäre Behandlung nicht mehr erforderlich gewesen sei, geht aber vor dem Hintergrund der von Dr. N vermissten Stringenz der Behandlung fehl. Insoweit kann sich allenfalls die Frage stellen, ob die IK ausreichend auf das Verhalten der Versicherten reagiert hat und ob die Entlassung vom 19.11. 1999 in das konfliktbehaftete familiäre Milieu überhaupt sinnvoll war.
Was die Unterbringung der Versicherten in einem Wohn- bzw. Pflegeheim anbelangt, hat Dr. C1 sehr plastisch aus seiner langjährigen Kenntnis des stationären und ambulanten Bereichs dargelegt, eine solche Unterbringung habe wegen der Schwere des Krankheitsbildes eine "eher theoretische, völlig praxisferne Möglichkeit" dargestellt. Eine komplementäre Einrichtung nehme Patienten mit akuter Suizidalität nicht auf; hierauf hat auch die Betreuerin der Versicherten in ihren Stellungnahmen verwiesen und sogar betont, bei früherer Entlassung aus dem Krankenhaus hätte sich für sie die Frage der unterlassenen Hilfeleistung durch die Ärzte gestellt. Auf die Frage, wie das Fehlen eines geeigneten Heimplatzes rechtlich zu bewerten wäre (s. insoweit BSG, SozR 4-2500 § 39 Nr. 2; BSG, Urteil vom 16.02.2005 – B 1 KR 18/03 R), kommt es somit nicht an, da eine ambulante Behandlung und die Unterbringung in einem geeigneten Pflegeheim nach sachverständiger Beurteilung wegen der immer wieder auftretenden Suizidalität mit sehr schwieriger konkreter Einschätzung, der bestehenden Weglauftendenzen, der mangelnden Absprachefähigkeit und der nur geringen Compliance nicht ausreichend bzw. nicht möglich gewesen wäre.
Zwar ist der Beklagten einzuräumen, dass die Behandlungsdokumentation eher dürftig ist und neben der Tatsache, dass nur ein Behandlungsplan vom 22.09.1999 existiert, besonders erstaunt, dass die in diesem Plan beabsichtigten Einzel- und Gruppentherapie nur vereinzelt dokumentiert ist. Die im Verlängerungsantrag genannten regelmäßigen engmaschigen Visiten beschränken sich (nach der Dokumentation) auf einmal wöchentliche ärztliche Visiten. Auf der anderen Seite ist zu beachten, dass die Behandlungsnotwendigkeit aus ex ante Sicht zu beurteilen ist und somit aus dem Unterbleiben vorgesehener Maßnahmen nicht zwingend geschlossen werden kann, die Behandlung sei im fraglichen Zeitraum nicht erforderlich gewesen. Damit würde unzulässigerweise eine retrospektive Beurteilung vorgenommen werden. Im Falle der Versicherten kommt dazu, dass sie kaum zur Mitarbeit bereit und auch nur bedingt absprachefähig war, so dass ersichtlich eine konsequente Therapie in ihrem Falle schwierig war. Die Verlegung auf die Station, auf der sich die Beigeladene im streitigen Zeitraum befunden hat, erfolgte auch, um andere Therapieansätze zu versuchen. Weshalb die Beklagte unterstellt, es habe sich um eine mehr pflegerisch und pädagogisch ausgerichtete Station gehandelt, ist vor dem Hintergrund der Schilderung der Station durch den Kläger (Schriftsatz vom 10.10.2002) nicht ganz verständlich. In diesem Zusammenhang ist der Beklagten auch vorzuhalten, dass sie sich selbst nicht zeitnah um eine fachkundige Überprüfung der Behandlungsnotwendigkeit bemüht hat. Es ist schon nicht verständlich, warum sie am 05.10.1999 eine bis 06.10. befristete Kostenübernahme abgegeben hat, obwohl klar war, dass damit sofort ein Verlängerungsantrag folgen würde. Zu diesem Verlängerungsantrag ist dann erst im Januar 2000, also lange nach der Entlassung der Versicherten, eine Stellungnahme des MDK erfolgt (beschränkt auf die Anforderung einer Epikrise). Gerade bei schwierigen und komplexen Krankheitsbildern wie im vorliegenden Fall wäre es geboten gewesen, dass sich der MDK selbst ein Bild von dem Zustand und der Behandlung verschafft hätte. Zwar können solche "Versäumnisse" nicht zum Verlust von Einwendungen führen (s. aber BSG SozR 3-2500 § 112 Nr. 2), die Beklagte muss dann aber hinnehmen, dass sich eine sachverständige Einschätzung zur Behandlungsnotwendigkeit nicht im Einzelnen anhand der Behandlungsdokumentation nachvollziehen lässt.
Die Berufung hat nur hinsichtlich des Zinsausspruches Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht dem Kläger Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz zugesprochen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 4 des im Zeitpunkt der streitigen Behandlung geltenden SVTr bestand ein Anspruch auf Verzugszinsen bei Überschreitung des Zahlungszieles in Höhe von 2 v. H. über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank. Als Bezugsgröße sind an die Stelle des Diskontsatzes zunächst ab dem 01.01.1999 der Basiszinssatz nach Maßgabe des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 (BGBl I, 1242) und mit Wirkung vom 04.04.2002 durch Art. 4 § 2 Versicherungskapitalanlagen-Bewertungsgesetz vom 26.03.2002 (BGBl I, 1219) der Basiszinssatz nach § 247 BGB getreten. Unabhängig von dieser gesetzlichen Änderung der Bezugsgröße ist aber in dem SVTr die Zinshöhe eindeutig festgelegt. Eine Anpassung der Regelung im Wege einer "ergänzenden Vertragsauslegung" an den Zinssatz des § 288 Abs. 1 BGB ist nicht möglich. Der Senat schließt sich insoweit der vom 5. Senat des LSG NRW im Urteil vom 04.10.2004 (L 5 KR 161/03) vertretenen Auffassung an, dass angesichts der eindeutigen vertraglichen Regelung weder eine "Anpassung" an den Zinssatz des § 288 Abs. 1 BGB noch die Anwendung des § 291 BGB möglich sind. Der Kläger kann somit nur eine Verzinsung in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz beanspruchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (in der hier noch anzuwendenden Fassung bis 01.01.2002). Da der Kläger nur hinsichtlich eines Teils des Zinsanspruchs unterlegen ist, hält der Senat eine Kostenquotelung nicht für geboten.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 23.10.2006
Zuletzt verändert am: 23.10.2006