Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 27. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die 1922 geborene Antragstellerin (Ast.), die an Altersdemenz, Morbus Alzheimer, Folgen eines Schlaganfalls, multipler Sklerose und Querschnittslähmung leidet, wird, da sie nicht mehr in der Lage ist, ihren Aufenthaltsort selbst zu bestimmen, und eine Verständigung mit ihr nicht mehr möglich ist, in einer stationären Pflegeeinrichtung versorgt. Von der Antragsgegnerin (Ag.) – ihrer gesetzlichen Krankenkasse – begehrt sie die vorläufige Versorgung mit einem Multifunktionsrollstuhl. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag mit Beschluss vom 27.10.2005 abgelehnt.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) können einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erfolgen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Stattgabe des Antrags käme einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich. Eine solche ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nur dann gerechtfertigt, wenn das Rechtsmittel in der Hauptsache erkennbar Erfolg haben muss (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse des Senats vom 16.10.2002 – L 16 KR 219/02 ER und 13.05.2004 – L 16 B 20/04 KR ER). Dies ist nicht der Fall.
Die Antragstellerin räumt selbst ein, dass unter Zugrundelegung der auch vom SG herangezogenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (Bundessozialgericht – BSG -, Urt. v. 22.07.2004 – B 3 KR 5/03 R – = Sozialrecht (SozR) 4-2500 § 33 Nr. 5) der geltend gemachte Anspruch nicht begründet ist. Die von der Ast. dagegen für richtig gehaltene Abgrenzung der Zuständigkeit von gesetzlicher Krankenversicherung und sozialer Pflegeversicherung danach, ob das begehrte Hilfsmittel vorrangig dem Behinderungsausgleich dient, würde dagegen regelmäßig die Einstandspflicht der Krankenversicherung begründen, weil nahezu alle kostenaufwendigeren Hilfsmittel, die im stationären Pflegebereich Einsatz finden, dieses Erfordernis erfüllen (z.B. alle Rollstühle, unabhängig von ihrer Multifunktionalität). Angesichts der genannten Entscheidung des BSG kann derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche Auffassung sich in der Rechtsprechung durchsetzen wird.
Die Rechtsprechung des BSG führt auch nicht zu einer verfassungswidrigen Benachteiligung der Antragstellerin in ihren Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG). Es ist der Ast. allerdings zuzugestehen, dass die Wortwahl des BSG bedenklich erscheint, wenn sie im Zusammenhang mit einem Menschen den Begriff "Objekt der Pflege" (a.a.O. Rn. 12) verwendet. Gleichwohl bleiben auch entsprechend schwersterkrankten und -behinderten Versicherten Ansprüche auf eine ausreichende Versorgung mit (Pflege-)Hilfsmitteln erhalten. Dass es im Rahmen der sozialen Pflegeversicherung dabei wegen der gesetzlich vorgesehenen Kostenbeschränkungen zu Einschnitten kommt, ist eine Entscheidung des Gesetzgebers, dem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jedoch seit jeher einen weiten Gestaltungsspielraum im Rahmen der Ausgestaltung der Sozialversicherung einräumt (vgl. BVerfG SozR 4-3300 § 14 Nr. 1 S. 2 m.w.N.). Dies ist aber kein Grund, die Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auch in den Zuständigkeitsbereich der sozialen Pflegeversicherung hinein auszudehnen.
Die Beschwerde musste daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 04.05.2006
Zuletzt verändert am: 04.05.2006