Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.02.2012 geändert. Der Klägerin wird für die Zeit ab 21.10.2011 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T, X, beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt Erstattung von Kosten, die sie für die Krankenhausbehandlung ihrer Mutter in Bosnien-Herzegowina gezahlt habe.
Die bei der Beklagten krankenversicherte Mutter der Klägerin, Frau N, verstarb am 00.00.2009 in Bosnien-Herzegowina. Nach dem Vorbringen der Klägerin wurde ihre Mutter vom 16.10.2009 bis zum 21.10.2009 im Kantonalen Krankenhaus A behandelt. Die Kosten für diese Behandlung in Höhe von 2.835 EUR habe ihr Ehemann bar bezahlt.
Mit Bescheid vom 04.02.2011 und Widerspruchsbescheid vom 27.09.2011 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung ab, weil eine schuldrechtliche Verpflichtung der verstorbenen Versicherten gegenüber dem Kantonalkrankenhaus A nicht feststellbar sei. Eine stationäre Krankenhausbehandlung von Frau N und eine Begleichung der Behandlungsrechnung sei aus den Unterlagen des Krankenhauses nicht ersichtlich. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 21.10.2011 Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Beschluss vom 22.02.2012 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Die Klage habe keine Aussicht auf Erfolg, denn gem. § 59 SGB I erlösche der Anspruch auf eine Geldleistung – hier: Kostenerstattung in Höhe von 2.835 EUR -, wenn der Anspruch im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt worden sei, noch ein Verfahren über den Anspruch auf Geldleistungen anhängig sei. Da die Versicherte einen Kostenerstattungsanspruch zu Lebzeiten nicht mehr im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens geltend gemacht habe, sei ein Anspruch der Klägerin ausgeschlossen.
Gegen diese der Klägerin am 27.02.2012 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 21.03.2012 erhobene Beschwerde.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 117 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint und hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Für die Bejahung der hinreichenden Erfolgsaussicht genügt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Antrags eine nicht ganz entfernt liegende Möglichkeit des Obsiegens besteht (BVerfG vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88, BVerfG 81, 347; BVerfG vom 19.02.2008 – 1 BvR 1807/07, NJW 2008 Seite 1060; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage § 73 a Rd. 7 a; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschluss vom 02.04.2012 – L 1 KR 63/12 B; Beschluss vom 08.11.2010 – L 1 B 1/09 BK).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bietet die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es besteht eine nicht ganz entfernt liegende Möglichkeit dafür, dass der von der Klägerin geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V besteht und nicht durch den Tod der Mutter der Klägerin erloschen ist.
Gem. § 59 Satz 2 SGB I erlöschen Ansprüche auf Geldleistungen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist.
Es liegen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte und rechtliche Gründe für die Annahme vor, dass über einen Anspruch der Versicherten auf Kostenerstattung noch zu deren Lebzeiten ein Verwaltungsverfahren anhängig war. Mit Schreiben vom 19.03.2010 hat die "Dienststelle für Finanzangelegenheiten – Rechenwesen des Kantonalkrankenhauses A" mitgeteilt, dass die Versicherte sich am 15.10.2009 an die Geschäftsstelle N der Krankenversicherungsanstalt des Kantons A1 gewandt habe. Diese habe der Versicherten aufgrund des Formblatts "BH 6" eine vom 14.10.2009 bis zum 31.12.2009 gültige Bescheinigung ausgestellt, damit sie während ihres vorläufigen Aufenthalts in Bosnien-Herzegowina in dringenden Fällen den Krankenversicherungsschutz zu Lasten des zuständigen deutschen Trägers in Anspruch nehmen könne. Bei dem Vordruck "BH 6" handelt es sich um ein Formular, das Grundlage für die in Inanspruchnahme von Sachleistungen bei Krankheit im Rahmen eines vorübergehenden Aufenthalts in Bosnien-Herzegowina ist (vgl. hierzu näher Information des GKV-Spitzenverbandes/Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland über "Arbeiten in Bosnien-Herzegowina" unter www.dvka.de). Der hierdurch ausgelöste Anspruch auf "Sachleistungsaushilfe" könnte sich nach Begleichung der Rechnung des Krankenhauses durch die Klägerin in einen Kostenerstattungsanspruch umgewandelt haben. Der Anspruch auf Kostenerstattung träte damit an die Stelle des Anspruchs auf Sachleistungsaushilfe mit der Folge, dass auch hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs ein Verwaltungsverfahren noch zu Lebzeiten der Versicherten anhängig war.
Die Fragen, ob die Aushändigung der Bescheinigung aufgrund des Vordrucks "BH 6" ausreichend für die Bejahung eines anhängigen Verwaltungsverfahrens i. S. d. § 59 Satz 2 SGB I – auch hinsichtlich eines Kostenerstattungsanspruchs – ist, ggfs. trotz des Anspruchs auf Sachleistungsaushilfe ein Kostenerstattungsanspruch bestehen kann, die Angaben der "Dienststelle für Finanzangelegenheiten" tatsächlich zutreffen, die geltend gemachte Krankenbehandlung sowie die Begleichung der Krankenhausrechnung tatsächlich stattgefunden haben und die Klägerin als Erbin ihrer Mutter Anspruchsinhaberin ist, sind nicht im PKH- sondern im Hauptsacheverfahren zu klären.
III.
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind erfüllt.
Die Beiordnung des Rechtsanwalts ist wegen der Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage geboten (§ 121 Abs. 2 ZPO).
IV.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 10.07.2012
Zuletzt verändert am: 10.07.2012