Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.08.1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berechnung von nachzuzahlenden Rentenversicherungsbeiträgen.
Die im Jahre 1938 geborene Klägerin schied nach ihrer Verheiratung mit Ablauf des 30.04.1964 auf eigenen Antrag aus dem Dienst der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen aus. Sie erhielt eine einmalige Abfindung in Höhe von 4.944,00 DM. Im Jahre 1968 nahm die Klägerin eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung auf.
Im Dezember 1995 beantragte die Klägerin die Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen für die Zeit vom 03.04.1956 bis 30.04.1964 "zu den damaligen (alten) Werten" (§ 282 Abs. 2 Satz 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – SGB VI). Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 11.03.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.12.1996 ab mit der Begründung, eine Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen nach § 282 SGB VI komme nicht in Betracht, weil der Klägerin Beiträge aus Anlass der Heirat aufgrund des § 83 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) nicht erstattet worden seien.
Die Klägerin hat am 03.02.1997 Klage beim Sozialgericht Münster erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 02.09.1998 festgestellt, dass die Klägerin für den Zeitraum vom 01.04.1956 bis 30.06.1963 zur Nachzahlung freiwilliger Beiträge nach § 283 SGB VI berechtigt ist. Mit Bescheid vom 08.10.1998 hat die Beklagte den Bescheid vom 02.09.1998 abgeändert und die Höhe der nachzuzahlenden Beiträge neu festgestellt.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage, die Berechnung der Nachzahlung gemäß § 282 Abs. 2 Satz 2 SGB VI begehrt und vorgetragen, die Differenzierung hinsichtlich der Berechnung von nachzuzahlenden Rentenversicherungsbeiträgen für frühere Angestellte und frühere Beamtinnen verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), weil gleiche Sachverhalte ungleich behandelt würden. Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Klägerin auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.04.1998 Az: 1 BvL 16/90 verwiesen, in dem der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden hatte, dass Art. 2 § 27 Abs. 1 Satz 1 AnVNG bei verfassungskonformer Auslegung gestatte, dass auch frühere Beamtinnen für den Zeit raum, für den ihre Versorgungsbezüge abgefunden wurden, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachentrichten können, wenn sie später als Angestellte tätig wurden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.03.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.12.1996 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 02.09.1998 in der Form des Bescheides vom 08.10.1998 zu verurteilen, ihr zu gestatten, freiwillige Beiträge gemäß § 282 SGB VI nachzuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat an der von ihr im Vorverfahren vertretenen Auffassung festgehalten. Zur Begründung hat sie auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 07.11.1995, Az: 12 RK 23/95 hingewiesen und darauf, dass das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 16.03.1998 – 1 BvR 298/96 die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG vom 07.11.1995 – 12 RJ 23/95 – nicht zur Entscheidung angenommen hat.
Mit Urteil vom 25.08.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei nicht berechtigt, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäߧ 282 SGB VI alter Fassung nachzuentrichten. Diese gesetzliche Regelung betreffe lediglich die Frauen, denen anlässlich der Eheschließung Rentenversicherungsbeiträge erstattet worden seien. Frühere Beamtinnen, die, wie die Klägerin, aus einem Dienstverhältnis mit Anwartschaft aus Versorgung nach beamten rechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen unter Gewährung einer Abfindung ausgeschieden sind, könnten Beiträge nur nach § 283 SGB VI nachzahlen. Die unterschiedliche Berechnung der nachzuzahlenden Beiträge nach § 282 SGB VI und § 283 SGB VI begünstige zwar die Frauen, die nach § 282 SGB VI zur Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen berechtigt sind, gegenüber den Frauen, die zu dem Personenkreis des § 283 SGB VI gehören. Diese Ungleichbehandlung sei jedoch aufgrund ausreichender sachlicher Gründe gerechtfertigt. Die Kammer schließe sich insoweit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 07.11.1995 Az: 12 RK 23/95 in vollem Umfang an. Das Bundessozialgericht habe darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber unter Berücksichtigung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verpflichtet war, die günstigere Berechnung für die nach § 282 SGB VI nachzahlungsberechtigten früheren Versicherten auch auf die früheren Beamtinnen zu erstrecken, die erstmals nach § 283 SGB VI zur Nachzahlung berechtigt sind. Die im Urteil des BSG genannten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen seien wesentlich und rechtfertigten die unterschiedliche Regelung.
Gegen das ihr am 06.09.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin bereits am 27.08.1999 Berufung eingelegt.
Sie vertritt die Auffassung, ihr stehe bei der Nachentrichtung von Beiträgen auch die Vergünstigung des § 282 Abs. 2 Satz 2 SGB VI zu. Ihr Fall sei nicht vergleichbar mit dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall 12 RK 23/95. Das Sozialgericht habe sich deshalb zu Unrecht auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils gestützt. Es sei deshalb auch unerheblich, dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG 12 RJ 23/95 nicht zur Entscheidung angenommen habe. Die Klägerin in dem vom BSG entschiedenen Fall habe nach dem Ausscheiden aus dem Beamtendienst eine selbständige Tätigkeit ausgeübt. Dagegen habe sie – die Klägerin – eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen und damit eine Beziehung zur Rentenversicherung geschaffen. Eine Ungleichbehandlung von Beamtinnen, die nach dem Ausscheiden aus dem Beamtendienst mit einer Heiratsabfindung später eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben, und Angestellten, die nach dem Ausscheiden mit Heiratserstattung wieder eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben, sei nicht gerecht fertigt. Anknüpfungspunkt müsse der Berufswiedereintritt, nicht aber das frühere Arbeitsverhältnis sein. Hierzu weist die Klägerin erneut auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.04.1998 – 1 BvL 16/90 – hin, in dem das Bundesverfassungsgericht in einen ähnlich gelagerten Fall einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG angenommen habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.08.1999 abzuändern und nach dem Klageantrag zu zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte sieht die von ihr getroffenen Verwaltungsentscheidungen bestätigt durch das Urteil des BSG vom 07.11.1995 – 12 RK 23/95 – und den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.03.1998 – 1 BvR 298/96 -, mit dem die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG nicht zur Entscheidung angenommen wurde. Der Anknüpfungspunkt für die unterschiedliche Behandlung von früheren Angestellten und früheren Beamtinnen sei das Arbeitsverhältnis im Nachzahlungszeitraum und nicht der spätere berufliche Werdegang nach durchgeführter Heiratserstattung bzw. Heiratsabfindung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streit- und Rentenakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Auf die Nachzahlungsberechtigten des § 283 SGB VI ist § 282 Abs. 2 Satz 2 SGB VI nicht entsprechend anzuwenden.
Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass die un terschiedliche Beitragsberechnung verfassungswidrig ist. Wie das Sozialgericht, so schließt sich auch der Senat in vollem Umfang der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 07.11.1995 – 12 RK 23/95 – an. Zwar unterscheidet sich der vom BSG entschiedene Fall vom vorliegenden insoweit, als die Klägerin im anhängigen Verfahren im Gegensatz zu der im vom BSG entschiedenen Verfahren nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis mit Abfindung eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen und damit eine Verbindung zum System der Rentenversicherung geknüpft hat. Doch besteht – wie vom BSG in der genannten Entscheidung dargelegt – eine engere Verbindung der früheren Angestellten zur Rentenversicherung, weil diese im Gegensatz zu den früheren Beamtinnen Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet haben und damit bereits vor ihrer Heirat zur Funktionsfähigkeit der Rentenversicherung beigetragen haben. Auch sind die Arbeitgeberbeiträge bei der Heiratserstattung dem Rentenversicherungsträger verblieben. Das verbindende Merkmal beider Gruppen, die Aufnahme bzw. Wiederaufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach der Heiratserstattung bzw. Heiratsabfindung verbietet trotz der unterschiedlichen Merkmale im Erstattungszeitraum – wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 08.04.1998 – 1 BvL 16/90 – ausgeführt hat – den Ausschluss ehemaliger Beamtinnen von jeglicher Reaktivierung von Versorgungsanwartschaften, jedoch nicht eine Differenzierung. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausgeführt: "Allerdings darf der Gesetzgeber bei der Bestimmung der Bedingungen für die Reaktivierung früherer Versorgungsanwartschaften zwischen früheren Angestellten und früheren Beamtinnen im Hinblick auf die oben beschriebene größere Nähe der früheren Angestellten zur gesetzlichen Rentenversicherung differenzieren."
Diese Differenzierung hat der Gesetzgeber in den Vorschriften der §§ 282 bis 283 SGB VI sachgerecht vorgenommen. Durch § 283 wurde früheren Beamtinnen die Möglichkeit gegeben, Beiträge nachzuentrichten. Diese früheren Beamtinnen sind hinsichtlich der Nachentrichtung anderen Personengruppen gleichgestellt worden, die aus bestimmten, im Gesetz genannten Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt die Möglichkeit hatten, dem System der Rentenversicherung beizutreten. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes gerade nicht, dass allen früheren Beamtinnen, die nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben, die weitreichende Nachentrichtungsmöglichkeit des § 282 Abs. 2 Satz 2 SGB VI eingeräumt werden muss. In dem Beschluss heißt es vielmehr, dass der Ausschluss der früheren Beamtinnen und späteren Angestellten von der Möglichkeit einer Reaktivierung ihrer Versorgungsanwartschaften oder der Begründung einer Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung gegen das verfassungsrecht lich garantierte Gleichbehandlungsgebot verstößt, "soweit diesem Personenkreis die Möglichkeit der Nachzahlung nach § 283 SGB VI nicht offenstand." Damit hat auch das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass es die Differenzierung der Nachzahlungsmöglichkeiten in § 282 Abs. 2 Satz 2 und § 283 SGB VI als sachgemäß angesehen hat. Die erhebliche Begünstigung der nach § 282 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Nachzahlungsberechtigten gilt nicht nur gegenüber den früheren Beamtinnen, die nach § 283 SGB VI Beiträge nachzahlen können, sondern auch gegenüber allen anderen Gruppen von Nachzahlungsberechtigten. Die Geltung des sog. In-Prinzips ist die Regel, die des sog. Für-Prinzips in § 282 Abs. 2 Satz 2 SGB VI die Ausnahme. Die von der Klägerin geforderte Gleichstellung der nach § 283 SGB VI nachzahlungsberechtigten früheren Beamtinnen mit den nach § 282 SGB VI Nachzahlungsberechtigten würde eine ungerechtfertigt Bevorzugung dieser Personengruppe gegenüber den gemäß § 284 und § 285 SGB VI Nachzahlungsberechtigten darstellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht gegeben sind.
Erstellt am: 16.08.2003
Zuletzt verändert am: 16.08.2003